Dreamteam unterwegs in Nordindien
Kulturschock und triumphaler Sieg über Delhi
Delhi, 30.3. – 3.4.2016
Namaste aus Delhi!
Mit dem luxuriösen Shatabdi-Express (inklusive zwei Mahlzeiten!) sind wir wieder am Ausgangspunkt unserer abenteuerlichen Reise angelangt. Doch zum Glück ist der Urlaub noch nicht zu Ende, wir sehen uns Delhi und per Tagesausflug auch noch das Taj Mahal in Agra an.
Zunächst ist allerdings zu erwähnen, dass wir ein quasi unschlagbares Angebot von einem Buchungsportal annehmen und ein Fünf-Sterne-Hotel in Delhi buchen. THE PARK am Jantar Mantar. Wir erreichen Delhi am späten Abend, schnappen uns ein Tuk Tuk und halten vor dem Luxuskasten! Etwas komische Blicke des Wachpersonals – wir gehen davon aus, dass wir uns mit der Wahl des Verkehrsmittels als „exotische“ Gäste geoutet haben. Der nette Rezeptionist gibt uns einen „upgraded room“ im siebten Stock, ein Eckzimmer mit zwei bodentiefen Fensterfronten über Eck.
Ich erleide den vermutlich krassesten Kulturschock meines Lebens, ist dies doch ein ganz anderes, aber trotzdem existentes Indien, als ich es bisher gesehen habe. Nachdem ich etwa zwanzig Minuten recht stumm, fassungslos und „wie ein traumatisiertes Kaninchen“ durch das Zimmer getigert bin, greift Walli durch und ruft mich mit einem (naja …) Wodka zu Raison. Ein echtes Verdauerschnäpschen mit dem ich mich gut wieder gefangen habe!
Zimmer und Frühstücksbuffet sind ein Knaller! Es gibt nichts, was es nicht gibt … ein Überfluss ohnegleichen!
Am ersten Morgen in Delhi machen wir uns auf in meine ganz persönliche Delhi-Schlacht, hier habe ich noch eine Rechnung von 2013 offen, als man mich nicht auf die Gleise ließ. Heute will ich die Mafia besiegen und mit Lady Walli an meiner Seite wird mir das auch gelingen! Aber der Reihe nach:
der Beschluss steht: am 2.4. wollen wir nach Agra, eine Nordindientour ohne Taj Mahal wäre ja komisch; nach vorsichtiger Internetsichtung stelle ich fest: die Züge sind ziemlich ausgebucht
es folgt eine erkenntnisreiche Tour durch Delhis Kleinkorruptions-Mafia – wir wären bereit für eine Dissertation zum Thema Ticketkauf – Irrnisse und Wirrnisse des weißen Touristen … viel Spaß!
vor dem Hotel schnappen wir uns ein TukTuk und sagen, dass wir zur New Delhi Railway Station (NDRS) – wir treffen auf den Kleinkriminellen Nr. 1 (KK1), unseren Fahrer: „You have tickets?“, Julia: „No, we want to buy it there.“, KK1: „Not possible there. You go to Janpath.“, Julia: „No, I know it is possible for tourists!“, KK1 + (sich scheinbar zufällig dazugesellender Passant) KK2: “No, you go to Janpath. Not to Railway Station, not possible for tourists there.”, Julia: “We’ll try! Go to NDRS.”, KK 1 setzt sich etwas grummelig in Bewegung
KK1 lässt uns bei der NDRS raus, wir orientieren uns kurz, werden von einem „Passanten“ (KK3), einem Sikh mit Turban gefragt, ob wir Hilfe brauchen. Wir verneinen, er quatscht uns zu und schwupp, ehe wir uns versehen, sitzen wir mit KK1 und KK3 im Tuk Tuk, KK3 will dem Fahrer und uns nur schnell zeigen, wie wir dann zum Gleis kommen. Ich ahne, dass wir diese Runde verlieren und füge mich gedanklich in das Schicksal eines hartnäckigen Kampfes.
KK1 schlägt einen neuen Weg ein, während KK3 uns ausfragt „This your Mama?“, Julia: „Yes.“, KK3: „Good Mama?“, Julia: „Yes, the best. She gave me life, cooks food …!“, KK3: „Also cooking indian food?“, Julia: “Yes, of course.”, KK3: “Which?”, Julia: “Palak Paneer is our favourite.”, KK3 an Walli: “How do you cook it?”, Walli etwas überrollt: “I take spinache and ghee …”, KK3 wendet sich vom Essensthema ab und verkündet freudestrahlend, dass wir jetzt am Ticketbüro seien. Julia (ansatzweise genervt): “No, that’s not the official tourist booking office!” … nach kurzer Diskussion steigt KK3 genervt aus und KK1 fährt wieder zur NDRS. Lässt uns am indian booking office raus und sagt „Try … but only for Indians.“
Wir gehen die Straße runter und lassen uns am Eingang der NDRS von einem Typen (KK4) abwimmeln, der unsere Tickets kontrollieren möchte. Kenne ich … aber ich weiß, dass das Büro, in das ich will, IM Bahnhofsgebäude ist. Ich fühle mich ziemlich schlau, als ich zu Walli sage: „Komm, wir gehen mal ein Stück die Straße runter und probieren, woanders auf das Gelände zu kommen.“
KK5 kommt ins Spiel. Fängt uns auch ab, lässt uns nicht auf das Gelände, zeigt uns seinen Indian Railways Mitarbeiter Pass. Klärt uns auf, dass wir ohne Ticket nicht reinkommen. Lässt sich auf keine Diskussionen ein, setzt uns mit wichtiger Miene und zum echt indischen Preis wieder in ein TukTuk und schickt beide Fahrer (KK6 und KK7) mit Hindianweisungen los. Wieder landen wir am Connaught Place, wo wir nicht hinwollen. Ich reagiere unfreundlich und die beiden fahren uns wieder zurück.
Ich stürme in den indischen Ticketschalter, platziere Walli auf der Bank, fülle die Formulare gekonnt aus und stelle mich am Ladie’s Schalter an. Nette Bahnbedienstete, die aber leider nichts tun kann, da alle regulären Plätze ausgebucht sind und man das Touristenkontingent nur am – Ihr werdet es ahnen – Tourist Booking Office buchen kann. Immerhin sehen wir ziemlich wichtig mit den ausgefüllten Formularen aus und starten einen letzten Versuch.
Walli ermuntert mich, einfach an dem Typen am Eingang der NDRS vorbeizugehen, man würde ja vermutlich nicht erschossen! Hopefully.
Hintereinander marschieren wir kackenfrech durch den Eingang der Station, ignorieren KK4 von vorhin und stehen innerhalb weniger Minuten vor dem gewünschten Booking Office! Weitere 15 Minuten später sind wir stolze Besitzer gültiger Fahrkarten nach Agra!
NIE WIEDER WERDE ICH PROBLEME HABEN, EIN BAHNTICKT IN DELHI ZU BEKOMMEN!
WELCH TRIUMPH! DANKE AN WALLI FÜR DIE GUTE ENTTRAUMATISIERENDE BEGLEITUNG!
Unsere Zeit in Delhi verbringen wir mit Ausflügen zum Lotus Tempel der Bahai, wo wir uns nicht besonders willkommen fühlen. Alles ist kontrolliert, sauber und geregelt. Das engt auch ein! Der Tempel ist trotzdem schön!
Ein weiterer Ausflug führt uns – obwohl wir eigentlich in den Central Forest zum Spazieren wollten (war der Lacherkracher des Tages für den TukTuk-Fahrer „Ladies, not possible! It’s like jungle. No ways!“ gefolgt von Wallis Zusatz: „Then I want to go there, where the president lives!“ – hatten wir auf der Karte gesehen, war am gleichen Park! … der Fahrer hat richtig laut gelacht „Nobody can go there!“ und war ganz irritiert ob Wallis lautem Lachen und ihrer Begründung, sie lache halt gerne!) – zum Laxmi Narayan Tempel. Schöne Atmosphäre, Hintergrundmusik, ein bisschen Wind. Nach dem Tempelbesuch folgten: ein Chillout im Garten, der Versuch, einen Gewürzmarkt zu stürmen (Runde 3 – nach zwei Kashmiri-Emporiums mit teurem Touristennepp – geht an uns) … schlussendlich landen wir an einem Kiosk mit einem gut Englisch sprechenden Besitzer und ergattern an der wohl untouristischsten Ecke Delhis gute und preiswerte Gewürze. Per Fahrradriksche fahren wir nach Pahar Ganj, um dort noch einen Eisenwarenladen zu finden, damit wir Sylvies Ghee-Pot und Masala Dhabas (Gewürzkarussells) sowie einen indischen Henkelmann zu ergattern. Erfolgreich!
Mein Eiweiß-Jeeper wird durch ein abschließendes Lamm-Spinat-Curry gestillt, wir gönnen uns diverse Kingfisher Bierchen … Yummie Delhi!
Ich bin versöhnt mit Indiens Hauptstadt und kann mir durchaus vorstellen hier mal temporär Lebenszeit zu verbringen. Walli kann das nicht so richtig nachvollziehen – aber sie würde mich besuchen kommen. Das ist ja auch schon was!
Abschließend steht noch der Ausflug nach Agra an … davon mehr im nächsten Bericht.
Alles Liebe und Namaste! Walli und Julia
Aufbruch: | 18.03.2016 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 03.04.2016 |