Nordwärts - Oslo, Helsinki, Tallinn
Helsinki total in 3 Tagen
Im Hotel Arthur bekomme ich ein Buffett-Frühstück vom Feinsten. Ist in meiner Buchung inklusive. Nur das Rührei sieht komisch aus, sehr hellgelbe, wabbelige Pampe. Ich ignoriere es am ersten Tag, wohlweislich.
Jetzt gilt es, Helsinki zu erkunden ! Ich freue mich total auf diesen ersten, vollen Tag in dieser sehr aufgeräumt und sauber wirkenden Stadt.
Im Grunde muss man nur einmal die Nase in die Luft halten und schon weiß man, wo die frische Seeluft herkommt: Also immer der Nase nach ! Entlang der Aleksanterinkatu erreiche ich den Senaatintori und komme dabei an wichtigen Gebäuden der Universität von Helsinki vorbei. Ich werde euch jetzt ohne Ende mit finnischen Begriffen quälen...
Das Ziel ist jedoch am Senatsplatz mit dem Staatsratsgebäude (finnischer Regierungssitz), dem Uni-Hauptgebäude, dem Sederholm-Haus von 1757 und dem Wahrzeichen von Helsinki - der Tuomiokirkko zunächst erreicht. Ein streng klassizistischer Platz mit dem Denkmal von Zar Alexander II. in der Mitte des Platzes. Hoch über dem Platz thront der Dom von Helsinki, Tuomiokirkko.
BILDSCHÖN !!!
Und trotzdem zeige ich euch den erst später...wegen Spannungskurve und so...
...und einsam und allein steht ein roter Citysightseeing-Bus auf dem fast menschenleeren Platz... Eine Offenbarung für mich, denn ich bin ja - wie schon erwähnt - ein Fan dieser Hop-on-hop-off-Touren, die es in vielen bedeutenden Städten dieser Welt in mehr oder weniger guter Qualität gibt. Relativ teuer sind sie überall, nicht immer funktioniert alles, die Touren sind manchmal live kommentiert, meistens kommt die Erläuterung jedoch vom Band über Kopfhörer, die Pünktlichkeit der Busse lässt oftmals sehr zu wünschen übrig, was jedoch auch oft dem Verkehr der jeweiligen Stadt geschuldet ist. Ich habe die roten Busse jedenfalls schon in sehr vielen Städten benutzt.
Die besten Erfahrungen mit den Citysightseeing-Bussen habe ich übrigens in New York, Toronto, Dublin und Athen gemacht. Die schlechtesten Erfahrungen stammen aus Nizza, Monaco und Sevilla. Berlin ist übrigens ok in dieser Hinsicht.
Zurück zu diesem strahlenden Morgen in Helsinki: Ich hin zum Bus. "How much is the ticket ?" "23". "For one or two days ?" "Just one" Heijeijei, ist schon teuer, zumal - das ist Luxus - man kommt in Helsinki auch herum mit der Straßenbahn, den öffentlichen Bussen und der Mini-Metro für weniger Geld.
Die Bequemlichkeit siegt: Ich kaufe das Ticket und zwar als 1. Kundin der Saison 2016 (was jedoch keinen Grund für irgendeinen Rabatt darzustellen scheint - schade) ! Denn heute ist der erste Tag, an dem das rote Mobil in Helsinki wieder nach dem Winterschlaf im Einsatz ist.
Nicht extra erwähnen muss ich wohl, dass sowohl die finnische Ticketverkäuferin, als auch der Busfahrer hammernett waren. Bis zur allerersten Abfahrt der Saison 2016 war noch viel Zeit und man schickte mich los zum wahlweise Dom-besichtigen, fotografieren auf dem Platz, Kaffee-trinken im Traditions-Café Engel oder Eis-essen aus dem mobilen Kiosk am Platze. Ich entscheide mich dafür, Zar Alexander II. zu fotografieren.
Es haben sich zwischenzeitlich noch ein paar mehr faule Touristen angefunden, die mit in den roten Bus steigen für die City-Tour. Es geht los. Die Bustour soll mir als erste Orientierung dienen, obwohl das in dieser sehr übersichtlichen Hauptstadt wahrlich nicht schwierig ist. Helsinki ist sowohl Hauptstadt, als auch gleichzeitig die mit Abstand größte finnische Stadt. Finnland hat ca. 5,5 Mio. Einwohner und davon leben ca. 630.000 in Helsinki und insgesamt 1,4 Mio. im Großraum Helsinkis. Es gibt noch ein paar andere Städte in Finnland, die diesen Namen verdient haben, wie z.B. Turku und Tampere (das sind diejenigen, von denen ich zumindest schon einmal gehört habe). Der Rest des Landes ist also praktisch leer, da gibt es Seen, im Sommer Trillionen von Mücken, ziemlich weit oben zumindest 1 x jährlich den Weihnachtsmann in Rovaniemi und ansonsten Elche.
Aber: Das dünn-besiedelte Finnland macht offenbar einiges sehr richtig. Sie stehen immer an Nr. 1 der PISA-Listen in Sachen Schuldbildung und gerade habe ich gelesen, dass Finnland das Land mit der höchsten Lebensqualität weltweit ist. Wie kann das sein ? Mega-hohe Steuern und somit viel Geld für´s Gemeinwesen und wenn das, was alle genießen dürfen, schon so toll ist, herrscht offenbar sozialer Frieden und der persönliche, monetäre Reichtum ist dann gar nicht mehr so wichtig. Soweit meine Theorie.
Dänemark (dort leben lt. Statistik die glücklichsten Menschen der Welt), Schweden, Norwegen und Island machen es nicht anders und alle tauchen in den Top-Ten der Lebensqualitätsliste auf. Soviel zur Skandinavien-Soziologie à la Sabine...
Als erstes geht es runter zum Hafen und da befindet sich der berühmte Brunnen mit der Meerjungfrau namens "Amanda". Die sehr sympathische Amanda ist nackt, aber top-in-shape trotz ihrer 98 Jahre, entsteigt der Ostsee aus Seetang und ist umzingelt von 4 Seelöwen. Ihr bekommt später noch mehr zu Amanda zu lesen...
Das ist die Silja Symphony, die irgendwann heute wieder nach Stockholm abdampfen wird vom Olympia Terminal...
Die Fähren nach Tallinn fahren von einem anderen Hafenbecken ab. Und die Fähren der Viking line vom hier gegenüberliegenden Terminal Katajanokka.
Die Kirche stammt aus den 1960er Jahren und ist ein sehr gutes Beispiel für finnisches Design. Sie wurde in einen riesigen Granitblock hineingehauen und die Kirchenwände bestehen aus unbehauenem Gestein. Die Dachkuppel-Konstruktion besteht aus Kupfer und durch 180 Fenster scheint das Licht herein. Das erzeugt eine wirklich einzigartige Atmosphäre. Da die Kirche auch eine sehr gute Akustik hat, wird sie häufig für Konzerte genutzt. Außerdem ist sie eine der Top-Sehenswürdigkeiten Helsinkis und wird jährlich von ca. 500.000 Menschen besucht.
Das Stadion mit einem damaligen Fassungsvermögen von 70.000 Personen wurde zwischen 1934 und 1938 erbaut, weil eigentlich die Olympiade 1940 hier hätte stattfinden sollen. Die fiel weltkriegsbedingt natürlich aus. Dafür gingen die Spiele 1952 nach Finnland und wurden in diesem - immer noch größten - Stadion Finnlands abgehalten. Normalerweise kann man das Stadion besichtigen, aber seit diesem Jahr wird es wieder mal umgebaut und erst 2019 wieder eröffnet. Die Kapazität wird dann auf 36.000 Zuschauer geschrumpft sein (bedingt durch Sitzplatz-Pflicht).
Das Stadion dient auch immer wieder als Konzertarena, hier traten von Michael Jackson über Tina Turner bis zu den Rolling Stones schon alle auf.
Witzig: Selbst die Statue des 9-fachen Olympiasiegers Paavo Nurmi vor dem Stadion trägt heute das obligatorische weiße Käppi, mit dem ganz Finnland heute herumläuft. Der Typ war ein mega-erfolgreicher Mittel- und Langstreckenläufer und gewann seine olympischen Medaillen zwischen 1920 und 1928 in Antwerpen, Paris und Amsterdam.
zurück in Hafennähe zwischen den Prachtstrassen Helsinkis mit dem Park Esplanadin Puisto in der Mitte.
Das war jetzt genug Heimatkunde zum Thema Helsinki/Finnland...
Es ist Mittag geworden und der Bus spuckt mich am Senatsplatz wieder aus. 3 Minuten später bin ich an der Waterkant und halte Ausschau nach der Anlegestelle für die im Busticket inkludierte 2-stündige Bootstour. Das Hinweisschild ist schnell gefunden, aber ich habe offenbar noch eine halbe Stunde Zeit bis zur nächsten Abfahrt. HUNGER !
An der Hafenmeile ist jeden Tag ein kleiner Souvenirmarkt aufgebaut mit auch Obst- und Essensständen. Ich sehe mich an der Fressmeile um und entdecke mobile Küchen + einfache Sitzgelegenheiten für reichlich Fischiges und ansonsten deftig Suppiges. Mit Fisch kann man mich jagen, also suche ich nach einer Alternative und werde schnell fündig: Eine Hotdog-Bude, sehr geil. Es gibt den klassischen, dänischen Pølser, yeah !!! Inkl. Coke Zero macht das 8 EUR, "kat-sching" macht es in der Steuerkasse Finnlands für den guten Gemeinzweck. Nu, ja, ich bin satt.
hier, in der historischen Markthalle "old market hall" kann man auch sehr gut essen, aber schon relativ teuer. Das Flair ist jedoch einmalig schön.
weiß-blau: Jetzt präsentiere ich erstmals die Hafensicht mit Dom und Flagge, dazu Himmel in hellblau, Wasser in mittelblau und Wolken in weiß:
Nicht nur in Schweden gibt es die sogenannten Schären, auch hier vor Helsinki. Große und kleine Inseln, manchmal nur aus der Ostsee herausragende Felsen. Bebaut oder nicht, bewohnt oder Natur pur, manchmal Museumsinsel, Werft oder Tierparadies. Mit Strand oder ohne, viele komplett unberührt.
Der Nachmittag ist traumschön, es ist richtig warm, ich halte das Gesicht in die Sonne und höre den Erklärungen vom Band kaum zu. Deswegen an Kommentaren nur, was ich zweifelsfrei mitbekommen habe und das ist nicht viel...
Auf jeden Fall cruisen wir um die Festung aus dem 18. Jahrhundert namens Suomenlinna herum, ein eigener Stadtteil von Helsinki, der früher militärisch genutzt wurde und wo sich heute Museen befinden, aber auch noch 850 Menschen leben, ca. 500 täglich zum Arbeiten rüberkommen und ansonsten jährlich 900.000 Menschen zwecks Ausflug.
Recht skurril ist die Geschichte eines kleinen Holzsteges mit Holzgestellen, den man aus der Ferne betrachten kann (auf der Bustour von ganz nah): Hier waschen die Hauptstadtbewohner ihre Teppiche ! Ich habe jetzt keine Ahnung, was für Teppiche die Finnen in ihren Behausungen üblicherweise so auszulegen belieben, aber offenbar sieht man die Notwendigkeit, sie hin und wieder im etwas brackigen Ostseewasser zu waschen. Und zwar im Rahmen eines gemeinschaftlichen "Events", denn man trifft sich am besagten Holzsteg zum Teppich-waschen und kann sich am benachbarten Kiosk mit Snacks und Getränken versorgen, während die Teppiche vom weichen Ostseewasser gespült werden. Zum Trocknen werden sie dann über die Holzgestelle gehängt, was eine Weile dauern kann, aber da hier niemand Teppiche klaut, kann man sie wohl getrost über Nacht hängen lassen, oder so. Ich sagte es bereits: Die spinnen, die Finnen !
U-Boot aus dem 2. Weltkrieg - heute Museumsschiff auf Suomenlinna. Das Ding sieht so aus, wie aus einem Tim-und-Struppi-Comic entschwunden und heißt Vesikko...
Finnland verfügt über diese 3 mehr-oder-weniger baugleichen Eisbrecher, die im arktischen Winter den bottnischen Meerbusen eisfrei halten, bzw. die Fahrrinnen.
Per Wikipedia habe ich gerade herausgefunden, dass Finnland wohl sogar 10 Eisbrecher hat, wo die anderen 7 sich befinden, weiß ich nicht. In Helsinki liegen jedenfalls heute "Sisu", "Voima" und "Kontio" vertäut. Man kann sie wohl auch zu bestimmten Terminen besichtigen, aber dazu habe ich leider keine Chance.
Die Schiffe wurden alle in finnischen Werften gebaut, verfügen über den typischen flach-winkeligen Bug, sind ca. 100 m lang und ca. 24 m breit. Der Tiefgang mit nur 8 m ist flach. Dafür gibt der Schiffsdiesel gewaltige 15.000 kW her, die Verdrängung beträgt 9.000 Tonnen. Es gibt jede Menge andere spezielle Details, die das "Eisbrechen" möglich machen, bzw. erleichtern. Ein Airbubbling-System z.B. und nach außen schlagende Propeller, sowie eine Krängungsanlage, die in 40 Sekunden 630 Tonnen Wasser hin-und-her pumpen kann. Ich verstehe fast nur "Bahnhof"..., finde jedoch den Anblick der Eisbrecher extrem schön und interessant.
Schick, aber nicht überwältigend für mich. In meiner Heimatstadt Flensburg gibt es oft sehr grandiose Segelschiffe zu sehen, inklusive Gorch Fock.
Und da haben wir doch eine Kirche mit Zwiebelturm, russisch-orthodox, sehr schön. Die Uspenski-Kathedrale, da muss ich unbedingt gleich hin. Aber mehr Eisbrecher-Fotos first.
Voima heißt auf deutsch soviel wie "Macht", die anderen 2 heißen Sisu (eigentlich "gehen", aber ein ansonsten unübersetzlicher Begriff - spinn-finnlandtechnisch - sowas, wie Stärke, Kraft) und Kontio (=Bär)
Es gibt eine sehr seltene Beerensorte dort oben in Skandinavien, im restlichen Europa gibt es sie mehr-oder-weniger gar nicht und auch in Finnland eigentlich nur in Lappland. Sie sieht aus, wie eine kleine Brombeere, gehört auch in die Familie der Rosengewächse, ist aber gelb, wenn sie reif ist. Frische Moltebeeren entdecke ich jetzt nicht hier in der Markthalle, aber vielleicht werde ich ja morgen in Estland fündig...
Aufbruch: | 28.04.2016 |
Dauer: | 9 Tage |
Heimkehr: | 06.05.2016 |
Norwegen
Finnland
Estland