Nordnorwegen, Lofoten und Vesteralen, Vogelinsel Runde

Reisezeit: Juni / Juli 2016  |  von Gerlinde Dormeier

4 Wochen waren mein Mann und ich in einem Ford- Transit mit zwei selbst eingebauten Betten auf den Lofoten und Vesteralen unterwegs, sowie auf der RV 17 und der Vogelinsel Runde. Viele Elche, Seeadler, Puffins und Schweinswale haben wir gesehen und uns verzaubern lassen von der einzigartigen Landschaft, den Wetterkabriolen, der Mitternachtssonne und dem Farbenspiel des Himmels und der Erde, die der stete Wechsel aus Sonne, Wind und Regen immer wieder in ein anderes Licht tauchte.

Norwegen

Die Anreise - der Weg ist das Ziel

Den Lesern sei zu empfehlen, zur Einstimmung zunächst das Kapitel "Norwegen- So bereiten wir uns vor" zu lesen.

Gut vorbereitet wie es also schien, starteten wir Ende Juni gegen 8 Uhr Richtung Dänemark. Wir verbrachten die erste Nacht in unserem Chaosmobil auf einem Parkplatz ca. 100 km südlich des Fährhafens und fuhren ausgeruht und ohne besondere Vorkommnisse mit unseren zwei kleinen Hunden Emma und Pauline am nächsten Morgen mit der Fähre vom norddänischen Frederikshavn ins südnorwegische Oslo. Von hier aus ging es direkt weiter zu Freunden von uns, die nicht weit von hier eine Ranch besitzen und für Gruppen, aber auch Einzelne Führungen und Events anbieten. Näheres und Konditionen: www.stirling.no.

Hier verbrachten wir unsere 2. Nacht. Eine schöne, aber einsame Strecke führte uns am 3. Tag zum nächsten Übernachtungsplatz, den ich zuvor noch zuhause im Internet gefunden hatte: direkt an einem See im schwedischen Herrö. Hier waren wir ganz alleine und wurden bei einem Spaziergang von Starkregen und Gewitter überrascht und unfreiwillig geduscht.

Stellplatz in Herrö, Schweden

Stellplatz in Herrö, Schweden

Den nächsten Morgen werden wir wohl nicht so schnell vergessen, denn kaum hatte ich den Gaskocher ausgepackt, überfielen uns die Mücken. An eine ruhige Kaffeepause war nicht mehr zu denken. Eilig packten wir unsere Sachen und machten uns auf dem Weg zu unserem nächsten Übernachtungsplatz, den ich ebenfalls im Internet gefunden hatte, fast 900 km weiter im nordschwedischen Gällivare.

Wie ein langer grüner Schlauch zog sich die Strecke nun an großen Flächen vorbei mit Rentierflechte und dichten Wäldern. Unsere Pausen fielen recht kurz aus; selbst die Hunde weigerten sich angesichts der Killermückenkampfgeschwaderangriffe, nach draußen zu gehen. Wir fuhren an Östersund vorbei und kamen schließlich gegen 22 Uhr am Stellplatz in Gällivare an. Nach einem guten Kaffee am nächsten Morgen, den uns bulgarische Wanderarbeiter, die ebenfalls hier übernachtet hatten, anboten, ging es weiter über zum Teil noch schneebedeckte Straßen, vorbei an ersten Rentieren immer weiter Richtung Norden. Das Landschaftsbild änderte sich und westlich von Abisko machten wir lange Rast auf einer Hochebene mit Seen und schneebedeckten Bergen.

Fluss in Nordschweden Richtung Abisko

Fluss in Nordschweden Richtung Abisko

Die Vesteralen - Inselgruppe in Nordnorwegen

Es war nun nicht mehr weit bis in die Vesteralen, und über eine herrliche Panoramastraße erreichten wir den Gullesfjord, wo wir auf einem Campingplatz übernachteten: www.gullesfjordcamping.no.
Leider war kein Stellplatz mehr frei, so dass wir uns für eine Nacht ausnahmsweise eine kleine Hütte mieteten. Die Hütten waren wirklich total niedlich, aber im Nachhinein haben mein Mann und ich feststellen müssen, dass wir im eigenen Auto und in der Einsamkeit besser schliefen. Ich hatte mich noch nicht an die Mitternachtssonne gewöhnt und schlief auch mit Schlafmaske schlecht. Vom Bett aus beobachtete ich nachts gegen 3 Uhr, wie ein Seeadler zunächst lange mit einem großen Fisch kämpfte und schließlich dann mit ihm weg flog. Schade, dass ich im oberen Stockbett lag, und mir in der Aufregung vermutlich das Genick gebrochen hätte, wäre ich schnell zu meiner Kamera gesprungen.
Hier am Campingplatz durften wir uns am nächsten Morgen noch kurz vor der Weiterfahrt auf die Vesteraleninsel Andoya das Ruderboot nehmen und ich konnte meinen ersten Fisch angeln. An der Ostküste Andoyas entlang, vorbei an Andenes ging es jetzt Richtung Bleik.

Andenes und die dort angebotene Walsafari kannten wir bereits von einem vorherigen Aufenthalt dort. (Wer die Walsafari plant, bitte Kapitel "An Seekrankheit stirbt man nicht" lesen!) Die folgenden Fotos geben einen kleinen Einblick in das einzigartige Landschaftsbild der Ostküste Andoyas.

Erste Rentiere sahen wir schon in Schweden

Erste Rentiere sahen wir schon in Schweden

Ein Strandgutsammler auf Andoya

Ein Strandgutsammler auf Andoya

Bleik auf Andoya

Kaum hatten wir mit unserem Chaosmobil unseren Stellplatz am Ende eines Schotterweges südlich von Bleik erreicht, fielen mir die Worte unserer ältesten Tochter ein, die uns diesen Platz empfohlen hatte: Bleibt dort, schöner wird es nicht mehr. - Wie recht sie hatte!

Fast handzahme Schafe am Strand und Farben, wie ich sie zuvor nur auf Sardinien gesehen hatte. Hin und wieder sah es so aus, als hätte man Milch und dunkelblaue Farbe ins Wasser gekippt.

Fast handzahme Schafe am Strand und Farben, wie ich sie zuvor nur auf Sardinien gesehen hatte. Hin und wieder sah es so aus, als hätte man Milch und dunkelblaue Farbe ins Wasser gekippt.

Blick auf Bleik

Blick auf Bleik

Abends grillten wir den von mir am Morgen geangelten Fisch und tranken dazu einen guten Wein.

Abends grillten wir den von mir am Morgen geangelten Fisch und tranken dazu einen guten Wein.

Wanderung zum Matind

Während mein Mann eher ein gemütlicher, stiller Mensch ist, habe ich Hummeln im Hintern, und der Berg rief mich. Bei herrlichem Sonnenschein bestieg ich ganz alleine den Matind.

Was für ein Tag, und dann diese Stille..... Kein Mensch ist mir begegnet.

Ausblick auf die Küste südlich von Bleik

Ausblick auf die Küste südlich von Bleik

Auf dem Weg zum Matind schaut man von ganz oben auf Bleik.

Auf dem Weg zum Matind schaut man von ganz oben auf Bleik.

Puffinsafari in Bleik

Wegen eines Meniskusschadens im Knie hatte ich trotz der Mitnahme meiner Wanderstöcke große Probleme beim Abstieg vom Matind. Aber eine Puffinsafari ließ ich mir nicht nehmen. Um 14 Uhr sollte es im Hafen von Bleik losgehen. Angesichts meiner Seekrankheitsvorgeschichte (Siehe Kapitel "An Seekrankheit stirbt man nicht!") schluckte ich genau eine halbe Stunde vor Abfahrt die Reisetablette, um dann bei unserer Ankunft im Hafen zu erfahren, dass man die Abfahrt vorverlegt hätte und es gleich losgehen würde. Mir wurde also schon schlecht, bevor es los ging und ich ging mit wackligen Beinen an Bord. Das Meer aber war ruhig, die Fahrt um die Vogelfelsen dauerte nur knapp eine Stunde. Als die Schifffahrt zu Ende war, wurde ich hundemüde; jetzt wirkte die Tablette.

Es war schwierig vom Boot aus die kleinen fliegenden Düsenjäger, die Puffins zu fotografieren

Es war schwierig vom Boot aus die kleinen fliegenden Düsenjäger, die Puffins zu fotografieren

Es gab auf den Vogelfelsen wirklich viel zu sehen. Noch näher aber sollten wir den Puffins, Raubmöwen und Seeadlern später auf der Vogelinsel RUNDE südwestlich von Alesund kommen.

Westküste von Andoya - Stave-Camping

Schon vor Beginn der Puffinsafari hatten wir alles für die Weiterfahrt gepackt, und so fuhren wir nun ein Stück an der Westküste entlang zum Stave-Campingplatz. Zuhause hatte ich schon die professionell gestaltete Seite im Internet bewundert, aber in Wirklichkeit und jetzt bei Nieselregen, gepaart mit den Erinnerungen an die Strände von Bleik, kam doch eine gewisse Enttäuschung auf. Der Platz ist durch die Küstenstraße getrennt, und anders als es die Bilder im Web vermuten lassen, ist zwischen den Hütten und dem Strand die Straße. Lediglich die Zeltplätze ohne Stromanschlüsse befinden sich direkt am Strand. Auch der sichelförmige Sandstrand konnte mit den malerischen Stränden von Bleik nicht konkurrieren. Hinter unserem Stellplatz aber befand sich eine herrliche bunte Blumenwiese, auf der ich Wildkräuter sammelte und daraus einen Salat machte. Dann folgte nach den Ansteh-Riten zum spülen und duschen noch ein Strandspaziergang bei wolkenverhangenem Himmel.

Aussicht auf den STAVE - Campingplatz

Aussicht auf den STAVE - Campingplatz

Elche und Adler - Nordmela - Sto- Nyksund - Stokmarknes - Hadsel

Auch der nächste Morgen begann regnerisch, wir konnten aber auf unserer Strecke über Nordmela, Nyksund und Stokmarknes auf dem Weg zu unserem nächsten Stellplatz in TAEN auf der Vesteraleninsel Hatsel (Empfehlung aus dem Velbinger Reiseführer) ein paar tolle Stimmungsfotos machen. Schlechte Straßen, aber ein landschaftlicher Hochgenuss, Elche, Seeadler, Gewitter- und Weltuntergangsstimmung- wie gerne hätte ich jetzt eine bessere Kamera und ein größeres Objektiv zur Hand gehabt.

Und immer wieder Elche

Und immer wieder Elche

All jenen, die möglicherweise planen, diese Fotostrecke nachzufahren, sei empfohlen, einen Blick auf das nächste Foto unseres TomToms zu werfen: für die 10 km lange Strecke zwischen Myre und Nyksund benötigte man 56 Minuten, mit den Fotopausen locker 2 Stunden. Belohnt wurden wir später mit einem wunderschönen Stellplatz bei TAEN, Mitternachtssonne inclusive.

Landschaft bei TAEN

Landschaft bei TAEN

Stellplatz bei TAEN, um Mitternacht fotografiert

Stellplatz bei TAEN, um Mitternacht fotografiert

Wir hatten mittlerweile festgestellt, dass es mit dem Einkauf für uns beide Frühaufsteher schlecht bestellt war. Immer wenn uns nach frischem Obst oder Gemüse war, standen wir vor verschlossenen Türen, so dass uns irgendwann der Teufel ritt und wir einen Container, der unverschlossen vor dem Supermarkt stand, öffneten. Hatten unsere Kinder nicht erzählt, dass sie sich regelmäßig mit ihren Kommolitonen schon aus rein ideologischen Gründen regelmäßig zum Containern verabredeten und dann alles in der WG miteinander teilten? Wir waren neugierig und mein Mann, der Jäger seltener Kostbarkeiten und Sammler ebensolcher auch im wirklichen Leben ist, beugte sich mit Wanderstock und Grillzange bewaffnet tief in den Container. Nur noch Po und Beine schauten heraus. Ich hörte lange nichts und sah nur die Beine zappeln. Welch ein Anblick! Es hätte nur noch einen Schups von mir gebraucht ....... Aber jetzt das Ergebnis dieser Erfahrung mit dem Containern: Tomaten, Äpfel, Apfelsinen, Bananen, Brot (alles noch gut in Schuss und verpackt) und mindestens 10 Pack Orangensaft, dessen Haltbarkeitsdatum in wenigen Tagen ablief. Vieles davon haben wir später an Rucksackurlauber verteilt. Uns hat dieser Versuch angeregt, über unsere Wegwerfgesellschaft nachzudenken, und wir fragten uns, warum man diese Lebensmittel nicht den wirklich Bedürftigen gibt. Auf jeden Fall wussten wir jetzt, dass man auch ohne Geld in Norwegen nicht verhungern musste.

Melbu, Fiskebol und die Wanderung zum Digermulkollen/Lofoten

Bei Regen nahmen wir am nächsten Tag die Fähre nach Fiskebol und fuhren von dort aus weiter bis nach Digermulen in die Lofoten, von wo aus wir später, als sich das Wetter gebessert hatte, zum Digermulkollen wanderten. Mit viel weiblicher Raffinesse konnte ich meinen Mann, der das Trägheitsgesetz während des Urlaubs noch einmal neu erfunden hatte, überzeugen, mich zu begleiten. Für mich war der Weg kinderleicht, für ihn schwer, für mich kurz, mit ihm 5 Stunden hin und zurück. Einig waren wir uns oben am Gipfel in den Wolken mit einer phantastischen Aussicht: Der Weg hatte sich gelohnt. Auf dem Rückweg war ich froh, meinen Mann dabei gehabt zu haben, denn ganz schnell waren wir von Wolken umfangen und ich verlor die Orientierung, doch mein Mann wusste wie immer wo es lang ging. Wir fanden abends einen schönen Stellplatz am Wasser, den wir uns diesmal allerdings mit einem Wohnwagengespann teilen mussten.

Auf dem Weg hoch zum Digermulkollen gab es immer wieder phantastische Ausblicke

Auf dem Weg hoch zum Digermulkollen gab es immer wieder phantastische Ausblicke

Delp, Henningsvaer und Gimsoya und die ausgefallene Wanderung auf den Hoven

Es war so kalt in der Nacht, dass ich mit 3 Pullis, einem dicken Schal und Wärmflasche schlafen musste. Der heiße Kaffee nach dem Aufstehen tat gut, und wir teilten ihn mit einem jungen, russischen Radfahrer, der in Schweden wohnte und nun per Rad und Zelt Norwegen bereisen wollte. Es war immer wieder schön, mit anderen Reisenden ins Gespräch zu kommen und ihren zum Teil abenteuerlichen Reiseberichten zu lauschen.

Unsere nächsten Ziele waren heute Delp, Henningsvaer und Gimsoya. Leider war das Wetter noch immer schlecht, so dass wir die wenigen Regenpausen nur für kurze Spaziergänge nutzen konnten. Meine geplante Wanderung auf den Hoven fiel buchstäblich ins Wasser. Abends fanden wir einen Stellplatz, der mit Blick auf den Hoven, mitten in einem Naturschutzgebiet lag. Unerlaubterweise in einem Naturschutzgebiet zu übernachten war natürlich nicht unsere Absicht, aber wir lasen das entsprechende Hinweisschild erst am nächsten Morgen.

Kühe am Strand- kein ungewohntes Bild auf der stürmischen Meerseite der Lofoten

Kühe am Strand- kein ungewohntes Bild auf der stürmischen Meerseite der Lofoten

Auf dem Weg nach Henningsvaer

Auf dem Weg nach Henningsvaer

Und wie gerne wäre ich hier hochgekraxelt: der Hoven mit Wollgras im Vordergrund

Und wie gerne wäre ich hier hochgekraxelt: der Hoven mit Wollgras im Vordergrund

Fredvang, dicke Fische, die Bucht von Kvalvika und der Nusfjord

Wir hatten gut geschlafen, hatte doch der Wind unser kleines Chaosmobil kräftig durchgeschüttelt, und der brasselnde Regen auf das Autodach für die entsprechende akustische Untermalung gesorgt. Wir passierten nun herrliche Strände bei Utakleiv und fanden dann in Fredvang direkt am Ortseingang den besten offiziellen Stellplatz der Lofoten: mehrere überdachte Picknickplätze, Frischwasser und ein süßes WC-Häuschen luden natürlich auch andere Urlauber ein. Wir genossen es sehr, hier am Abend meine zuvor geangelten Fische zu grillen und an einem großen Holztisch zu essen. Und dann kam doch noch einmal gegen Abend die Sonne raus und wir wanderten zur Bucht von Kvalvika.

Auch diese Wanderroute hatte ich im Rother Wanderführer gefunden

Auch diese Wanderroute hatte ich im Rother Wanderführer gefunden

Und so sah dann der Rückweg von Kvalvik nach Fredvang am späten Abend aus

Und so sah dann der Rückweg von Kvalvik nach Fredvang am späten Abend aus

Angeln auf einem Holzsteg bei Fredvang. Immer bissen die Fische.

Angeln auf einem Holzsteg bei Fredvang. Immer bissen die Fische.

Am offiziellen Stellplatz in Fredvang

Am offiziellen Stellplatz in Fredvang

Abends wurde dann der zuvor gefangene Fisch gegrillt.

Abends wurde dann der zuvor gefangene Fisch gegrillt.

Und wieder regnete es am nächsten Tag, und wir teilten unser Frühstück und den Kaffee am großen überdachten Tisch mit einem jungen Backpacker, der in Schottland gestartet und seit nunmehr 6 Monaten unterwegs war und unternahmen später einen Ausflug zum Nusfjord. Hier fielen mir wieder die Unterschiede der Lofoten zu den Vesteralen auf. Die Lofoten erschienen uns organisierter, aufgeräumter, aber auch wesentlich touristischer als die Vesteralen, und deswegen würden wir in Zukunft mehr Zeit in den Vesteralen verbringen wollen, sollten wir noch einmal so hoch in den Norden fahren. Die Vesteralen präsentierten sich uns schroffer, wilder, einsamer. Aber das ist eine rein subjektive Empfindung. Nach der Rückkehr vom Nusfjord angelte ich noch einmal 3 Fische und konnte keine 5 Meter vor mir vom Holzsteg aus einen Schweinswal sehen.

Mein Mann und ich hatten uns übrigens auf eine strikte Aufgabenteilung geeinigt: er fuhr, ich angelte. Zum Ende unseres Urlaubs - das möchte ich schon einmal vorwegnehmen- konnten wir beide keine Fische mehr sehen.

Gerade noch rechtzeitig erwischte ich die Rückenflosse des Schweinswales.

Gerade noch rechtzeitig erwischte ich die Rückenflosse des Schweinswales.

Holzhäuser, Nieselregen und das Geschrei der Möwen am Nusfjord

Holzhäuser, Nieselregen und das Geschrei der Möwen am Nusfjord

Fast jeden Tag: Fische satt.

Fast jeden Tag: Fische satt.

Jetzt stand nach einer weiteren ruhigen Nacht auf unserem Lieblingsstellplatz in Fredvang die Weiterfahrt in den Süden der Lofoten an. Was für eine Enttäuschung im Ort mit dem kürzesten Namen: Å. Der Parkplatz war randvoll mit Wohnmobilen und Reisebussen. Nach einem kurzen Spaziergang an den hübschen Fischerhäuser vorbei, kamen wir bei einem Kaffee ins Gespräch mit einigen frustrierten und gehetzt wirkenden Pauschaltouristen, denen das Busunternehmen nur wenige Stunden Ausgang hier in den Lofoten gewährte. Im Schnitt hatten sie pro Person für 14 Tage über 3000 Euro bezahlt, mehr als mein Mann und ich zu zweit für 4 Wochen. Uns wurde es hier aber auch zu viel und wir beschlossen, noch einmal zurück in die Vesteralen zu fahren, zumal mein Mann dort Glaskugeln gesehen hatte, die er unbedingt noch kaufen wollte. Wir ließen diesmal das malerische REINE aus, dessen Hausberg, der Reinebringen aber auf jeden Fall besucht werden sollte. Ich füge einmal Fotos bei, die ich bei einer früheren Tour mit meinen beiden Freundinnn zum Reinebringen gemacht habe. Auf dem Rückweg übernachteten wir zunächst noch einmal in der Nähe von Svolvaer direkt an der E10 hinter einem Felsen.

Reine im Sonnenschein, malerisch, aber auch recht touristisch.

Reine im Sonnenschein, malerisch, aber auch recht touristisch.

In knapp einer Stunde ist man über einen sehr steilen Pfad hoch oben auf dem Reinebringen und genießt dann diesen Blick.

In knapp einer Stunde ist man über einen sehr steilen Pfad hoch oben auf dem Reinebringen und genießt dann diesen Blick.

Stellplatz bei Svolvaer

Stellplatz bei Svolvaer

Wir hatten übrigens nicht mehr, als die erlaubte Alkoholmene dabei, also nichts geschmuggelt. Da mein Mann jedoch ein überaus geselliger und vor allem freigiebiger ist und jedem Radfahrer oder Wanderer Wein von uns anbot, reichte dieser nicht bis zum Ende des Urlaubs und es war schwierig irgendwo Wein zu kaufen. Ein Tankwart bot mir Leichtbier an und meinte, dass ich beim trinken von 10 solcher Flaschen auf die im deutschen Bier übliche Alkoholmenge kommen würde. Ich aber erinnerte mich an die Kapazität unseres Porta-Pottis und blieb abstinent. Am nächsten Morgen fuhren wir jetzt noch einmal zum Kauf der Glaskugeln in die Vesteralen. Wie mein Mann diese dann in unserem winzigen Chaosmobil verstaute, möchte ich hier im Hinblick auf meinen Blutdruck lieber nicht kommentieren.

Weiter ging es dann mit mehreren Kartons alter und wirklich stinkender Glaskugeln in Netzen, die Platz fanden zwischen den anderen Gepäckstücken und meinen Füßen zur Fähre Lodingen- Bognes und dann in den Ort Nordskot auf die Halbinsel STEIGEN. Ich weiß nicht, ob es an den scheppernden Glaskugeln lag, an den vielen Mücken, die sich sofort nach dem Öffnen der Autotür gierig auf uns stürzten, oder an dem schlechten Wetter: Der offizielle Stellplatz gefiel uns nicht, und die Gegend noch weniger. Hier waren Hund und Katz' begraben. Vielleicht waren wir aus diesem Grund auch ganz alleine hier. Trotzdem blieben wir, machten noch einen Spaziergang im Ort, fanden die ersten, leider noch unreifen Moltebeeren und gingen früh zu Bett.

Die Moltebeeere, noch nicht ganz reif.

Die Moltebeeere, noch nicht ganz reif.

Angeln am Saltstraumen

Der Tag war gerettet: In kürzester Zeit fing ich im Saltstraumen am nächsten Nachmittag 8 Fische. Dass in der Zwischenzeit das Wasser bis zu meinen Knöcheln stand, merkte ich erst später, als ich wieder im Auto saß. Jetzt hatte ich kein einziges Paar saubere Socken mehr, und musste während der Fahrt im Gebläse des Autos die Schuhe trocknen. Eine Einheimische, die neben mir angelte, und mit der ich ein nettes Gespräch führte, fing keinen einzigen Fisch, und deshalb teilte ich meine Beute mit ihr. Später tauchten mein Mann und ich nacheinander, während der Partner "Schmiere stand" in einem eiskalten Fluss unter. Was für eine Erfrischung! Auch mit dem Stellplatz direkt an der RV 17 ca. 20 km südlich von Bodö wurden wir belohnt. Wir wanderten noch ein wenig im Fjell, brieten unseren Fisch und schliefen mit Fjord- Fjell- und Bergblick ein. In dieser Nacht vergaß ich die Glaskugeln und den Duft der modrigen alten Netze, die diese umgaben, den intensiven Fischgestank meines Käschers im Auto, die noch immer nassen Schuhe und schmutzigen Socken, und aus unserem Chaosmobil wurde beim Blick auf den See, worin sich die schneebedeckten Bergkuppen spiegelten, ein 5-Sterne-Hotel. Wie glücklich konnten wir uns schätzen, dieses Land auf eine so zwang- und grenzenlose Weise erleben zu dürfen.

Unterwegs auf der RV 17

Unterwegs auf der RV 17

Aussicht von unserem Stellplatz aus.

Aussicht von unserem Stellplatz aus.

Und ganz schnell während einer Pause geangelt: zwei schöne Makrelen.

Und ganz schnell während einer Pause geangelt: zwei schöne Makrelen.

Weiter auf der RV 17

In unserem Auto müffelte es jetzt so richtig, obwohl man ja sagt, dass es mit schmutzigen Autos so ist, wie mit schmutzigen Fensterscheiben: irgendwann haben sie einen Verschmutzungsgrad erreicht, der nicht mehr zu steigern ist.
Ich wollte mich waschen und wir hatten kein Wasser mehr. Jetzt musste das Wasser der Wärmflasche herhalten. Not macht erfinderisch, und ein solcher Urlaub ohne üblichen Komfort fördert die Kreativität.

Wir hatten uns schon zuhause entschieden, auf jeden Fall die RV 17, die fast immer am Meer entlang führt und zahlreiche Fährüberfahrten nötig machte, zu nehmen. Wir wurden nicht enttäuscht, und es hat sich wirklich gelohnt. Gerne hätten wir auch die Bootsfahrt zum Svartissen-Gletscher am nächsten Tag mitgenommen, aber als wir die vollen Parkplätze sahen, verging uns die Lust. Wir fuhren weiter Richtung Nesna und wieder angelte ich vom Ufer aus direkt im Fjord zwei wunderschöne Makrelen. Diese Strecke nun war der landschaftlich schönste Teil der Küstenstraße. Unterwegs fanden wir einen hoch über dem Wasser gelegenen, aber auch wegen der tollen Lage gut besuchten Rastplatz, wo wir in einer stillen Ecke auf einem großen Holztisch unsere Fische brieten und aßen. Spät abends entdeckten wir wieder einen ruhigen Stellplatz an einem Strandabschnitt mit Gras und Sand. Später gesellten sich noch ein paar Schafe dazu und noch ein junges Paar in einem alten, liebevoll hergerichteten T3 wagten sich über den holprigen Feldweg in unsere Nähe. Später teilten wir den Rest unseres Weines und ihren Schnaps, saßen noch ein wenig gemeinsam und plauderten im Schein der Mitternachtssonne. Am nächsten Morgen trafen wir uns wieder an der Fähre und wir angelten zu viert am Fährhafen so viel Fische, dass wir einen Teil davon an eine nette Familie abgaben, die mit einem Kleinkind unterwegs waren. Unter der Anleitung meines Mannes musste der junge Vater dann direkt vor Ort seinen ersten Fisch ausnehmen. Nicht nur die Möwen freuten sich.

Ein holpriger Feldweg führte zu diesem tollen Platz. Im Hintergrund ganz klein ist unser Chaosmobil zu sehen.

Ein holpriger Feldweg führte zu diesem tollen Platz. Im Hintergrund ganz klein ist unser Chaosmobil zu sehen.

Die folgenden Bilder kann ich kaum noch chronologisch zuordnen bei der Masse und all den Eindrücken, die wir auf der Weiterfahrt an der Küste entlang sammelten.

Ich konnte manchmal gar nicht schnell genug die Objektive meiner Kamera wechseln.

Auf dem Weg über die RV 17 kam man immer wieder an einsamen Stränden vorbei, die zu Spaziergängen einluden.

Auf dem Weg über die RV 17 kam man immer wieder an einsamen Stränden vorbei, die zu Spaziergängen einluden.

Ein touristisches Highlight: der Svartissengletscher

Ein touristisches Highlight: der Svartissengletscher

Farben, Gerüche und leise Töne........Norwegens Welness- und Animationsprogramm

Farben, Gerüche und leise Töne........Norwegens Welness- und Animationsprogramm

Mittagessen (wie immer Fisch) mit dieser Aussicht.

Mittagessen (wie immer Fisch) mit dieser Aussicht.

In Steinskjer endete die RV 17 und wir begaben uns auf dem Weg nach Alesund. Kaum hatten wir die schöne, wirklich sehenswerte Stadt erreicht, setzte Starkregen ein, wir mussten im Auto bleiben und fuhren direkt weiter auf die Vogelinsel RUNDE

Die Brücke nach RUNDE

Die Brücke nach RUNDE

Vogelinsel RUNDE, wild, stürmisch und kalt

Vogelinsel RUNDE, wild, stürmisch und kalt

Es ist schon erstaunlich, wie gut getarnt sich diese beiden Möwenjungen direkt vor unserem Schlafplatz bei den Felsen versteckten.

Es ist schon erstaunlich, wie gut getarnt sich diese beiden Möwenjungen direkt vor unserem Schlafplatz bei den Felsen versteckten.

Während einer Rundfahrt über die regnerische Insel musste mein Mann Motorradfahrern auf einer einsamen Schotterstraße ausweichen und wir landeten in absoluter Schieflage im Graben. Ich stieg schnell aus, weil ich dachte, dass sich das Auto gleich auf' s Dach drehen würde und musste dann einige Kilometer durch Sturm und Regen laufen, um Hilfe zu holen. Ein Franzose mit Auto und Abschleppseil und drei starke bayrische Männer zogen und drückten das Auto wieder raus.

Der Weg zu den Vogelfelsen beginnt direkt hinter dem Gokøyr-Campingplatz

Der Weg zu den Vogelfelsen beginnt direkt hinter dem Gokøyr-Campingplatz

Den Campingplatz von RUNDE können wir wirklich sehr empfehlen. Neben ausreichend Toiletten und Duschen verfügt er außerdem über einen großen Aufenthaltsraum mit genügend Kochstellen, Waschmaschine und Trockner. Hier haben wir gerne gekocht und gegessen und mit anderen Gleichgesinnten aus der ganzen Welt geplaudert. Es herrschte, bedingt durch das rauhe Klima draußen und den gemeinsamen Interessen an der Natur eine ganz besondere Atmosphäre. Einige kochten, andere legten ihre Wäsche zusammen, Kinder saßen auf dem Sofa und spielten.......Es war fast so wie früher zuhause mit der Großfamilie.

Hier sieht man die große Raubmöwe beim Anflug.....

Hier sieht man die große Raubmöwe beim Anflug.....

.... und hier die ganze Familie

.... und hier die ganze Familie

Was für eine Stimmung, wenn man während der Wanderung zurückblickte

Was für eine Stimmung, wenn man während der Wanderung zurückblickte

Ein Puffin ganz nah mit Futter im Schnabel

Ein Puffin ganz nah mit Futter im Schnabel

Das Geschrei der Möwen an den Felsen war schon von Weitem zu hören

Das Geschrei der Möwen an den Felsen war schon von Weitem zu hören

Und natürlich tauchten auch wieder Seeadler auf

Und natürlich tauchten auch wieder Seeadler auf

Nach der Wanderung zu den Vogelfelsen und eigentlich schon auf dem Heimweg angelte ich noch rasch beim kleinen Hafen an der Mole. Hier kochte das Wasser, denn Makrelenschwärme waren am jagen. Kaum war die Angel im Wasser, erfolgte schon der erste Biss. Ich angelte in kürzester Zeit die Mittagessen für 3 Tage. Mein Mann nahm die Fische direkt aus, und sofort kamen die Möwen und stritten sich mit lautem Geschrei um die Reste.

Möwen zanken sich um die Fischabfälle

Möwen zanken sich um die Fischabfälle

Rückfahrt über den Geirangerfjord

Schon sehr interessant und landschaftlich wirklich ein Highlight war die Fahrt über den Geirangerfjord. Wir entschieden uns auch direkt vor Ort, ganz oben im Schnee die Nacht zu verbringen. In engen Haarnadelkurven führte der letzte Teil der Strecke auf einer mautpflichtigen Straße hoch in die Wolken. Mein Mann hatte die Idee, mangels Platz in der Kühlbox, all unsere zuvor auf RUNDE gefangenen Fische im tiefen Schnee zu vergraben. Ich hatte dann am nächsten Morgen Mühe, die Stelle wieder zu finden.

Der Geirangerfjord vom Schiff aus fotografiert

Der Geirangerfjord vom Schiff aus fotografiert

Der Geirangerfjord von ganz oben. Ganz hinten sieht man winzig klein das Ende des Fjords.

Der Geirangerfjord von ganz oben. Ganz hinten sieht man winzig klein das Ende des Fjords.

Am Übernachtungsplatz über dem Fjord

Am Übernachtungsplatz über dem Fjord

Emma und Pauline freuten sich, nach der langen Autofahrt endlich wieder einmal toben zu können.

Emma und Pauline freuten sich, nach der langen Autofahrt endlich wieder einmal toben zu können.

Sonne, Wolken, Schnee......meine Welt!

Sonne, Wolken, Schnee......meine Welt!

Auf der Heimreise

Es stimmt: Die Vesteralen waren nicht zu toppen, aber trotzdem haben wir noch auf der Rückreise weiter südlich wunderschöne Landschaften mit tiefblauen Wasser, schneebedeckte Berge, Wasserfälle und immer wieder Elche gesehen. Auch hier können, gerade wenn man die lange Anreise nach Nordnorwegen scheut und seinen Urlaub hier verbringen möchte, der Anblick, diese Stille und die Ursprünglichkeit verzaubern.

Norweger sind hervorragende Gastgeber, stellen sie doch selbst in der tiefsten Einsamkeit ihren Gästen immer wieder wunderschöne Picknickplätze zur Verfügung.

Norweger sind hervorragende Gastgeber, stellen sie doch selbst in der tiefsten Einsamkeit ihren Gästen immer wieder wunderschöne Picknickplätze zur Verfügung.

Während der Rückreise über die eintönige E 6 entschlossen wir uns, einen Umweg über den Peer-Gynt-Vegen zu machen. Hierbei handelt es sich um eine fast 60 km lange, mautpflichtigen Hochgebirgsstraße. Endlich waren wir wieder fast alleine.

Für mich war das ein Vogel, für meinen Mann ein Goldregenpfeifer im Brutkleid.

Für mich war das ein Vogel, für meinen Mann ein Goldregenpfeifer im Brutkleid.

Spaziergang am Peer-Gynt-Vegen.

Spaziergang am Peer-Gynt-Vegen.

Rückreise über Schweden

Einen weiteren schönen Tag und eine ruhige Nacht verbrachten wir noch in Möllesund auf ORUST an der schwedischen Schärenküste.

Die schwedische Schärenküste von Orust

Die schwedische Schärenküste von Orust

Auch hier auf der schwedischen Halbinsel ORUST mangelte es nicht an guten Fotomotiven.
Dann ging es weiter nach Kopenhagen zu unserer Kleinsten und am nächsten Tag über einen kleinen Abstecher zu unserer ältesten Tochter und unserem Enkelkind in Kassel wieder nach Hause. Es war eine schöne Zeit, zu kurz natürlich. Norwegen ist ein tolles Land, aber wir hatten uns viel zu viel vorgenommen. Das Wetter hätte besser sein können, wir hatten zu wenig Zeit. 4 Wochen sind für eine solche Tour zu wenig. Mal sehen..... vielleicht schaffen wir es noch einmal in diesem Leben in dieses tolle Land zu reisen, dann aber länger. Was ich empfinde, wenn ich heute zurückblicke? ........Dankbarkeit! Dankbarkeit, weil ich dieses schöne Land ungezwungen und frei in all seiner Schönheit erleben durfte, und mir auf unserer immerhin 8000 km langen Reise nur nette und hilfsbereite Menschen begegnet sind. Mein Mann und ich haben viele Eindrücke gesammelt und ich konnte  traumhafte Bilder machen. Die schönsten aber sind in unseren Herzen, für immer!

Auch hier auf der schwedischen Halbinsel ORUST mangelte es nicht an guten Fotomotiven.

Dann ging es weiter nach Kopenhagen zu unserer Kleinsten und am nächsten Tag über einen kleinen Abstecher zu unserer ältesten Tochter und unserem Enkelkind in Kassel wieder nach Hause. Es war eine schöne Zeit, zu kurz natürlich. Norwegen ist ein tolles Land, aber wir hatten uns viel zu viel vorgenommen. Das Wetter hätte besser sein können, wir hatten zu wenig Zeit. 4 Wochen sind für eine solche Tour zu wenig. Mal sehen..... vielleicht schaffen wir es noch einmal in diesem Leben in dieses tolle Land zu reisen, dann aber länger. Was ich empfinde, wenn ich heute zurückblicke? ........Dankbarkeit! Dankbarkeit, weil ich dieses schöne Land ungezwungen und frei in all seiner Schönheit erleben durfte, und mir auf unserer immerhin 8000 km langen Reise nur nette und hilfsbereite Menschen begegnet sind. Mein Mann und ich haben viele Eindrücke gesammelt und ich konnte traumhafte Bilder machen. Die schönsten aber sind in unseren Herzen, für immer!

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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 26.06.2016
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 23.07.2016
Reiseziele: Norwegen
Der Autor
 
Gerlinde Dormeier berichtet seit 8 Jahren auf umdiewelt.