Madagaskar Nordost

Reisezeit: Juni 2016  |  von Frank Dittrich

Fahrt von Antananarivo über Majunga nach Ambanja, mit der Fähre nach Nosy Be und zurück, Fahrt von Ambilobe nach Sambava. Und natürlich Besuch der DMG-Schule in Anosivola

In der Hauptstadt

In der Hauptstadt

Reisebericht Madagaskar Juni 2016

Die Schule auf Madagaskar hat ein Wasserproblem: Nachdem immer mehr Kinder in meine Schule gehen, reicht die kleine Quelle im Dorf nicht mehr aus, um jedermanns Durst zu stillen. Im Moment gibt es als Alternative einen Bach unterhalb der Schule. 10 Minuten mit dem leeren Kanister runter, 20 Minuten mit dem vollen Kanister hoch. Das ist natürlich keine Lösung, wenn die ersten Praktikanten ihre Arbeit anfangen.

Mein Plan ist also, das Problem vor Ort dauerhaft zu beheben. So fliege ich wieder einmal auf die Rote Insel. Meine Schwester und ihre Familie haben fleißig Kinderkleidung gespendet und ich mache wieder Großeinkauf in der Süßigkeitenabteilung der Metro. Klaus Konnerth, ein Reiseleiter auf Madagaskar hat bei mir eine Großbestellung an Technik, Vollkornbrot und Würstchen aufgegeben und so kommen gut 70 Kilo Reisegepäck zusammen. Da 46 Kilo pro Person frei sind, verteile ich das Übergepäck auf meine Mitreisenden Michael und Jörg.

Mit KLM starte ich am 04.06. um 9:10 Uhr in Tegel, steige in Amsterdam um nach Nairobi. Im Internet habe ich ein Upgrade für 60 Euro gebucht, um auf der Langstrecke einen Platz mit viel Beinfreiheit direkt am Ausgang zu bekommen. Doch oh Schreck - ich passe mit meiner breiten Hüfte nicht in den Sitz. Er ist deutlich schmaler als die Sitze in der Economy-Class. So finde ich mich ganz hinten in dem Jumbojet wieder. Die Chefstewardess kommt während des Fluges zu mir und entschuldigt sich vielmals. Die Rückerstattung macht sie gleich auf einem Tablet-PC. Sie will wissen, ob ich in den Urlaub fliege oder businessmäßig unterwegs bin. Ich erzähle ihr von der Schule und sie ist entzückt und erklärt mir, dass die 8000 KLM-Mitarbeiter jedes Jahr für solche Projekte in Afrika Spenden sammeln und sie meine Schule gerne auf die Spendenliste schreiben würde. Da hab ich wirklich nichts dagegen und drücke ihr einen Flyer in die Hand.

Leider hat der Flug etwas Verspätung. Boarding Time für den Flug Nairobi - Antananarivo ist 22:00 Uhr, wir landen 21:50. Die Stewardess holt mich kurz vor der Landung nach vorne, damit ich die Pool-Position beim Aussteigen habe. Insgesamt sind wir 6 Leute, die diesen knappen Weiterflug haben. Eine Flughafenmitarbeiterin wartet schon an der Gangway und hetzt mit uns zum anderen Gate. Das ist schon geschlossen und so laufen wir über das Vorfeld zur wartenden Maschine, einer fast leeren Embraer 190. In der treffe ich auf Michael und Jörg, die über Paris nach Nairobi geflogen sind.

Sonntag, 05.06.2016

Überpünktlich landen wir um 1:50 morgens in Madagaskars Hauptstadt. Leider kam mein Gepäck nicht mit. Auch nicht das der anderen 5 Leute, die mit mir das Umsteigeproblem in Nairobi hatten. Drei davon sind junge deutsche Rucksacktouristen, die kein Französisch sprechen. Ich helfe Ihnen bei den Formalitäten am Gepäckermittlungsschalter. Um 14:30 soll die nächste Maschine aus Nairobi kommen.  Die Nacht wollen die Drei auf der Straße verbringen. Eine ganz schlechte Idee angesichts der Kriminalitätsrate in Antananarivo.  Tsiresy wartet schon auf uns und fährt die drei Gestrandeten in ein billiges Hotel in Flughafennähe. Dann holt er uns ab und es geht ins Hotel Raphia Basmati. Sehr schöner Internetauftritt, allerdings weit entfernt von der Realität. Ziemlich heruntergekommene Zimmer und sehr langsames unqualifiziertes Personal. Der Preis von 18 Euro/ Nacht tröstet darüber ein wenig hinweg.

Die Nacht ist kurz, um 9:00 Uhr ist Klaus K. mit seiner Frau zum Frühstück da. Die meisten von ihm bestellten Sachen sind noch mit meinem Gepäck unterwegs. Um 10:00 Uhr kommt Heri dazu, der Bruder von Prof. Dr. Mahefa.  Wir machen uns auf den Weg zur Schule. Ich lasse Klaus den BMW fahren und darf dafür ans Steuer seines Toyota Landcruiser. Tsiresy hat vor ein paar Tagen mit der Lehrerin telefoniert und unser Kommen angekündigt. So sitzen alle 60 Kinder erwartungsvoll und brav an ihren Schulbänken, als wir in der Schule ankommen.  Ich nehme die Kreide und schreibe an die Tafel: "Guten Tag. Mein Name ist Frank.". Die erste Lektion Deutsch. Dann werden die Mitbringsel ausgepackt. Die Lehrerin ist außer sich vor Freude, als sie Sabines altes Handy bekommt. Nun ist sie auch mit der restlichen Welt vernetzt. Strom dafür gibt ein kleines Solarpanel. Michael hat für die Erstklässler Schokolade und für die Zweitklässler Sonnenbrillen dabei. Und Jörg hat noch einen Beutel voll Traubenzuckerketten mitgebracht.

Mit Klaus, Heri und dem Schuldirektor diskutieren wir die Möglichkeiten der Wasserversorgung. Am sinnvollsten ist ein Brunnen.  Heri hat schon Kontakt mit einem Brunnenbauer aufgenommen. Mit ihm verabreden wir uns am nächsten Tag.

Mittags essen wir auf dem Weg zum Flughafen.

Am Gepäckermittlungsschalter erfahre ich, dass das Gepäck leider nicht mitgekommen ist. Wir sollen es am nächsten Morgen noch mal versuchen.

Zum Abendessen sind wir bei Klaus und Nicole eingeladen. Sie wohnen auf einem Hügel am nördlichen Stadtrand, nicht weit weg vom Flughafen. Wir sprechen über den BMW, den ich gerne an Klaus übergeben würde und werden uns schnell einig.

Das Essen ist lecker, als Vorspeise gibt es pikante Fleischbällchen und einen Couscous-Salat. Dann hausgemachte Zebuwürste mit Linsen und Reis, als Nachspeise Bananen-Avokado-Eis. Klaus erzählt uns viel über das Land, die Korruption und das Problem, hochwertige Waren zu bekommen. Im Laden kostet ein hochwertiges Porzellanservice um die 3000 Euro und die günstigen Chinawaren zerspringen schon vom Anschauen. Champagner kostet ab 120 Euro aufwärts und gute Unterhaltungselektronik ist erst garnicht zu haben. Ihm gefällt es trotzdem auf der Insel, er möchte nicht mehr weg.

Montag, 06.06.2016

Noch vor dem Frühstück fahren wir zum Flughafen. Der Gepäckermittlungsschalter ist verwaist. Es gibt noch ein weiteres Büro für verlorenes Gepäck. Das ist auch zu, aber es hängt ein Zettel mit Telefonnummer dran. Tsiresy ruft dort an und erfährt, dass der Sachbearbeiter gerade in einer Besprechung ist und gleich kommt. Nach einer guten halben Stunde erscheint er dann, sich die Frühstückskrümel vom Mund abwischend. Aus einer Liste erfahren wir die freudige Nachricht, dass mein Gepäck angekommen ist. Mitnehmen? Nein. Der Schlüsselträger des Gepäckaufbewahrungsraumes kommt erst um 11 Uhr. Jetzt ist es 9. Also wieder zurück ins Hotel zum frühstücken.

Heri kommt um 10:00. Er fährt schon vor zur Schule. Am Flughafen ist es endlich so weit: Ich darf mein Gepäck in Empfang nehmen. Dann muß ich noch auf einen Zöllner warten, der den Inhalt sehen möchte. Ein kurzer Blick in die IKEA-Reisetasche zeigt ihm kiloweise Bonbons. Für den Koffer mit der Technik interessiert er sich nicht mehr.

An der Schule verteilen wir die restlichen Stücke Kinderkleidung und eine Menge Bonbons. Der Brunnenbauer kommt mit einem Gehilfen. Er hat zwei mit Kupferdraht umwickelte transparente Kunststoffröhrchen, in die er je einen rechtwinklig gebogenen Eisendraht steckt. Die hält er vor sich, während er über das Schulgelände geht. An einer Stelle bewegen sich die Eisendrähte und überkreuzen sich. Hier soll die Wasserader sein. In 32 Meter Tiefe. Und wenn nicht? Dann gräbt er auf eigene Kosten so lange, bis wir einen funktionierenden Brunnen haben.

Die Kosten für Material und Arbeitslohn belaufen sich auf 700 Euro. Festpreis. Die untersten 4 Meter bestehen aus Betonringen, die 28 Meter darüber werden mit Ziegelsteinen gemauert. So schnell ist meine Aufgabe auf Madagaskar gelöst.

Anschließend machen wir uns auf den Weg zu Klaus, seine lang ersehnte Bestellung abliefern. Den BMW lassen wir gleich bei ihm und Klaus fährt uns mit dem Landcruiser zu Tsiresy, wo wir zu Abend essen. Auf dem Weg dahin stoppen wir bei einem Telefonshop, damit ich eine SIM-Karte für meinen mobilen WiFi-Hotspot kaufe. Eine Stunde muss ich dafür anstehen. Und am nächsten Tag stellen wir fest, dass das Teil nicht funktioniert.

Klaus ist sehr überrascht vom Luxus, in dem Tsiresy wohnt. Er kann sich nicht erklären, wo ein Chauffeur so viel Geld verdienen kann. Es wird wohl ein Geheimnis bleiben.

© Frank Dittrich, 2017
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 04.06.2016
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 25.06.2016
Reiseziele: Madagaskar
Der Autor
 
Frank Dittrich berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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