Madagaskar Nordost
Auf Nosy Be
Auf Nosy Be
Dienstag, 09.06.2016
Um 9 Uhr starten wir in den Norden, unser heutiges Ziel ist Maevatanana. Unterwegs Mittagessen in einem moslemischen Restaurant. Und das im Ramadan. Zum Mißfallen von Michael gibt es Rauchverbot und kein Bier. Eine Runde Mitleid schenken wir ihm. Dann bekommen wir Hühnchen, Reis und Reiswasser. Die hügelige Landschaft ist ziemlich kahl, die Flüsse führen wenig Wasser. Zitrusfrüchte sind gerade reif. Grapefruit, Orangen und Mandarinen werden am Straßenrand angeboten. Ziemlich kernig, wie wir feststellen. Gegen 15 Uhr erreichen wir das Etappenziel und finden ein halbwegs vernünftiges Hotel für 8 Euro. Bis zum Einbruch der Dunkelheit schlendern wir über den Markt. Abends essen wir Hena Rita, Zebu in Soße mit Reis. Wir gehen recht früh ins Bett, denn um 4:30 morgen früh ist die Nacht zu Ende.
Mittwoch, 10.06.2016
Pünktlich um 5:00 Uhr stehen wir vor dem Hotelrestaurant. Es ist dunkel. Und auch Tsiresy schläft noch. Nur langsam kommt Leben in die Bude, so dass wir um 5:30 frühstücken können. Zum Baguette schlachte ich die mitgebrachte Salami, dazu gibt es Tomaten vom Markt. Wir decken uns noch mit Trinkwasser ein, dann starten wir die 650 Kilometer-Tour. Es wird schnell sehr heiß. Tsiresy fährt ziemlich flott, wir müssen heute in Ambanja ankommen. Für morgen früh ist ein Platz auf der Fähre bestellt.
Gegen 17:00 Uhr kündigen die ersten Kakaoplantagen an, dass es nicht mehr weit ist. Die Kakaoschoten werden das ganze Jahr über geerntet. Sie hängen an Bäumchen, die im Halbschatten von großen Eukalypten stehen. Ambanja ist das Zentrum der Kakaoproduktion und die gute Qualität ist weltbekannt.
Das von Tsiresy angesteuerte Hotel Patricia ist leider ausgebucht, wir kommen im "Palma Nova" unter. Ist direkt an der Hauptstraße gelegen, neben einem Umschlagplatz für THB-Bier. Das wiederum kommt Michael zugute. Bis spät in die Nacht werden LKWs ein- und ausgeladen. Die Arbeiter singen dabei laut im Chor, während sie sich die Bierkästen zuwerfen. Abends esse ich Crevetten in Tomatensauce im Hotel Patricia und schreibe anschließend noch an meinem Reisebericht.
Donnerstag, 09.06.2016
Baguette und Salami steht wieder auf dem Frühstückstisch. Pünktlich um 8 fahren wir los, 17 Kilometer sind es bis zum Fährhafen Ankify. Unterwegs stellt Michael fest, dass er noch den Zimmerschlüssel in der Hosentasche hat. Also kehren wir wieder um. Tsiresy telefoniert derweil mit dem Kapitän, dass er auf uns warten soll. Der Weg nach Ankify führt wieder durch große Kakaoplantagen. Am Hafen der große Schreck: Keine Fähre in Sicht. Nur ein paar kleinere Autofähren, auf die maximal 1 - 2 PKW passen. Ein Hafenmitarbeiter zeigt auf einen Punkt am Horizont: Da kommt die große Fähre. Wir hätten uns also noch ewig Zeit lassen können.
Auf die große Fähre passen 2 PKW und ein LKW. Zuerst aber wird eine Herde Zebus an Bord getrieben und angebunden. Dann die Autos und zum Schluß so viel Baumaterial, Säcke und Möbel, dass auch der letzte Stauraum ausgenutzt ist. Zwei Stunden dauert die Überfahrt, vorbei an der Lemureninsel Nosy Komba.
Nosy Be ist als Parfuminsel bekannt, weil hier Ylang-Ylang angebaut wird, ein Grundduft von guten Parfums. Während des japanisch-russischen Krieges ankerte hier ein Teil der russischen Flotte. Zu dieser Zeit entstand das Matrosenlied "Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord". Es gibt auch einen russischen Soldatenfriedhof. Nosy Be ist der touristisch am weitesten erschlossene Bereich Madagaskars. Es verfügt über einen internationalen Flughafen und zahlreiche Hotels. Wir klappern einige Unterkünfte ab. Aber entweder zu teuer oder in keiner schönen Lage. Ich hätte gerne was direkt am Strand. Für 13 Euro/Nacht finden wir ein ziemlich heruntergekommenes Gemäuer mit Zimmern direkt am Beach. Man könnte es wohlwollend morbiden Charm nennen. Hier könnten wir die nächsten vier Nächte verbringen. Eberhard möchte am Samstag ankommen und sicherlich von der Insel am nächsten Tag auch noch was sehen wollen. Also ist Abreise für Montag früh gedacht.
Gegenüber der Herberge ist ein vernünftiges Restaurant, "Safari". Dort haben wir WiFi und genehmigen uns einen Caipirinha und einen Papayasaft. Die Languste zum Abendessen ist so groß, dass ich die Hälfte an Jörg abtrete.
Freitag, 10.06.2016
Unsere Herberge ist ohne Bewirtschaftung, deshalb suchen wir in der Umgebung nach einer Frühstücksmöglichkeit. Am Beach werden wir schnell fündig. Es gibt das übliche französische Baguette, Butter, Marmelade und Eier. Nicht mein Geschmack, aber irgendwas braucht man im Bauch.
Um 10:00 Uhr starten wir unsere Inselrundfahrt. Zuerst geht es zum Wasserfall. Die Fremdenführerin nimmt 5000 Ariary Eintritt pro Person, das sind 1,35 Euro. An einer Ylang-Ylang-Plantage vorbei geht es über viele Stufen nach unten. Wir sind die einzigen Touristen weit und breit. Schmetterlinge und rote Libellen schwirren um uns herum. Riesige Tausendfüßler krabbeln auf dem Boden. Leider steht die Sonne so ungünstig, das der Wasserfall im Gegenlicht liegt und d salb kein gutes Fotomotiv darstellt. Zwei Bäume neben dem Wasserfall sind mit roten und weißen Tüchern behangen. Es sind heilige Bäume, an denen man sich etwas wünschen kann.
Am Auto zurück fragt die Führerin, ob wir Euro-Münzen in Ariary tauschen können. Über 30 Euro hat sie. Scheint hier ein sehr einträgliches Geschäft zu sein. Das Geld kommt von Touristen der großen Kreuzfahrtschiffe, die gelegentlich vor Anker gehen und mit Bussen Tagesausflüge über die Insel organisieren.
Weiter geht es zum Mont Passot, dem meistbesuchten Aussichtspunkt sehr Insel auf der Spitze eines 327 Meter hohen Hügels. Er bietet eine herrliche Rundumsicht. Ich fotografiere wunderschöne Blüten und sehe die 7 Vulkane und einige Kraterseen. Die Seen dürfen nur barfuß, ohne Hut und nur mit einem Tuch bekleidet besucht werden. Man muss nicht alle Regeln verstehen. Sie wurden halt von den Ahnen festgelegt.
Mittags essen wir in einem guten Restaurant Nähe des Andilana Beach. Das Zebusteak ist auf den Punkt gegrillt, aber zäh wie Schuhleder. Nur dank des superscharfen Messers bekomme ich es in millimeterdünnen Scheiben runter. Andilana Beach ist ein Traumstrand wie aus dem Bilderbuch. Kein Tourist, Kokospalmen, Teakholzbäume, ein paar Pierogen im Wasser und herrlich weicher Sand. Am Ende des Strandes ist ein Luxus-Resort mit Übernachtungspreisen ab 200 Euro/Nacht.
In der großen Ylang-Ylang-Destillerie zwei Dörfer weiter werden gerade 230 kg Blütenblätter für 48 Std gekocht. Die Tagesernte von 30 fleißigen Pflückerinnen, die pro Kilo 15 Cent Arbeitslohn bekommen. Gut 1 Euro Tagesverdienst. Dafür würde mein Steuerberater wahrscheinlich nicht arbeiten.
Aus den 230 Kilo Blütenblätter werden weniger als 3 Liter Parfumgrundstoff extrahiert. Für 500 Euro/Liter wird dieser nach Frankreich verkauft. Ich pflücke auch eine Blüte. Mal sehen, ob sie den Transport nach Deutschland übersteht.
In der Inselhauptstadt Helle Ville herrscht geschäftiges Treiben. Eine bunte, quirlige afrikanische Stadt ohne nennenswerte Sehenswürdigkeiten. Aber mit einem Bankautomaten, der nach 200.000 Ariary (55 Euro) leer ist.
Zurück im Restaurant Safari planen wir die Weiterfahrt: Die Straße von Ambilobe nach Vohemar ist eine 168 km lange Holperpiste, die mit normalem Geländewagen nicht befahrbar ist. Man braucht einen umgebauten höher gelegten Toyota Landcruiser oder Nissan Patrol 61. Tsiresy wird morgen nach Ambilobe fahren und versuchen, so einen Wagen zu organisieren. Wenn nicht, bleibt nur die Reise mit dem Taxi Brousse, einem umgebauten LKW mit Bänken auf der Ladefläche. Reisedauer damit 16 Stunden. Keine Fensterscheiben, weil sich die Passagiere ständig übergeben. Wird bestimmt lustig, ich freue mich schon drauf.
Wir packen die nicht dringend benötigten Sachen in Tsiresys Auto, damit wir am Montag nicht so viel Gepäck haben. Es soll dann mit dem Schnellboot aufs Festland gehen und da ist Gepäck recht hinderlich.
Nach dem Abendessen trinken wir noch zwei Bierchen in einer Kneipe mit Livemusik.
Samstag, 11.06.2016
Tsiresy hat die Fähre um 6:00 Uhr genommen. Wir frühstücken um 9 und vernichten den Rest der Salami. Dann stürzen wir uns in die Fluten. Um die 26 Grad wird das Wasser haben. Keine Wellen und glasklar. Wir machen es uns auf den Liegen bequem und hören madagassische Popmusik. Bevor ich Eberhard vom Flughafen abhole, gehen wir noch ins "Safari", ich esse Salat mit Hühnchenstücken. Von Eberhard kommt eine Whatsapp Nachricht:"Sitze in Nairobi fest, Flieger ist kaputt". Der Aermste. Hoffentlich kommt er morgen an, sonst haben wir mit der Weiterreise Probleme. Tsiresy ruft an und sagt uns, dass er einen passenden Nissan Patrol für die Weiterfahrt gefunden hat.
Den Rest des Tages verbringen wir am Strand, lassen uns massieren (5 Euro für eine Stunde) und faulenzen. Ein schrecklicher Urlaubstag.
Am frühen Abend machen wir noch einen Spaziergang die Hauptstraße entlang und finden einen Supermarkt, der erstaunlich gut sortiert ist. Ich kaufe Streichkäse für das Frühstücksbaguette und Tomaten. Wir setzen uns noch auf ein Bier ins Safari. Die Kellnerin fragt uns, ob wir sie auf einen Drink einladen. Wir diskutieren und kommen zur Entscheidung, ihr einen auszugeben. Sie stößt mit uns an und sagt, dass die nächste Runde für uns alle aufs Haus geht. Da haben wir wohl eine gute Entscheidung getroffen. Dutzende fette alte Franzosen schlendern mit hübschen jungen Damen an uns vorbei. Nosy Be hat einen entsprechenden Ruf als Vergnügungsinsel der französischen Rentner.
Sonntag, 12.06.2016
Auf der Frühstücksterrasse werden uns von den Strandverkäufern frische Früchte angeboten. Wir kaufen kleine, dicke Bananen mit wunderbarem Aroma. Der Vormittag ist Strand und faulenzen. Um 12 Uhr ist wieder Zeit zum Magen füllen. Ich bestelle nur eine kleine Suppe. Es kommt eine Schüssel mit einem knappen Liter Inhalt. Nicht zu schaffen, aber lecker. Wir sprechen einige Taxifahrer an bezüglich der Fahrt zum Flughafen. Die Preise sind horrend, 20 Euro hin und zurück, eine gute Stunde Fahrzeit. Jörg und ich fahren hin, Eberhard wartet schon. Total heiser, bringt wegen einer Erkältung kaum einen Ton raus. Heute war sein Flug pünktlich. Jörg tauscht noch Geld um, drückt mir eine Papiertüte mit 3,5 Millionen Ariary (1000 Euro) in die Hand. Es fängt zu regnen an. Kein schönes Wetter für eine so schöne Insel. Auf dem Rückweg pflücke ich eine gute handvoll Ylang-Ylang-Blüten für meine Lieben zuHause. Der Duft ist betörend. Hoffentlich überstehen sie die Reise.
Zurück im Hotel bezieht Eberhard erst mal sein Zimmer. Er hat einen mords Hunger. Als wir zum zweiten Mal Mittagessen gehen wollen, kommt der Taxifahrer zurück. Er bedankt sich überschwänglich und lachend bei mir. Dann holt er eine Papiertüte hervor, die mir bekannt vorkommt. Hab ich doch glatt das Geld im Taxi liegen lassen. Der Fahrer fragt, ob er jetzt 10.000 Ariary Finderlohn bekommt. Ja, diese Ehrlichkeit ist auf alle Fälle die 2,70 Euro wert. Schließlich hat er gerade auf drei Jahresgehälter verzichtet.
Im "Zeburger" genießt Eberhard seine erste Languste in diesem Urlaub. Meine Spaghetti Carbonara sind sensationell. Der Koch versteht sein Handwerk. Nach einem Spaziergang durchs Dorf buchen wir schon mal das Frühstück für den nächsten Tag um 6:30 Uhr. Das "Safari" ist heute geschlossen. Wir finden Platz an der Bar von "Le Taxi Be" mit Blick auf den Fernseher. Nicht viel los heute. Das liegt entweder am Regenwetter oder am Sonntag. Heute spielt Deutschland gegen die Ukraine. Das 2:0 begießen wir mit etlichen Drinks und verziehen uns in die Heia.
Aufbruch: | 04.06.2016 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 25.06.2016 |