Frühlingserwachen 2017
Frühlingserwachen in den weißen Karpaten
Übrig bleiben die „richtigen“ Radfahrer: 4 Mann: Harald aus Wien, Erich aus Hodonin und Uwe und ich aus Neumünster.
Der Rückreiseplan: in 4 Tagen zurück nach Hodonin durch möglichst schöne, aber nicht zu bergige Landschaft. Harald, der in den 3 Wochen vorher schon bei jedem Wind und Wetter die Gegend nördlich von hier bereist hat, hat genaues Kartenmaterial und sehr konkrete Vorstellungen, welchen Weg wir fahren werden und hat es mit Erich besprochen. Uwe und ich wollen sich überraschen lassen, soweit es die Kondition hergeben wird.
Da macht Erich mir ein tolles Angebot: Ich kann sein E-Bike benutzen, er fährt mit dem E-Bike von Mirka, seiner Frau und die fährt mit dem Auto nach Hodonin mit meinem Fahrrad im Kofferraum. Zwar ist Erichs Rad etwas zu klein für mich, ich muß mit angewinkelten Beinen treten, was auf Dauer sehr anstrengen kann, es hat, für mich ungewohnt, Kettenschaltung und keine Rücktrittbremse. Aber schon die Übungsfahrt mit vollem Gepäck begeistert mich: Nur leichtes Antreten und fährt man mühelos.
Schon den ersten Paß von Frenstat nach Roznov schaffe ich locker und von dort an soll es erst einmal 45 km nur bergab gehen.
Wir fahren weiter von Rosnov am Bach entlang an einem Radweg vom feinsten bis nach Vallasske Mezerici und von dort, wieder auf herrlichem asphaltiertem Radweg südwärts im Tal bergauf nach Vsetin. Heute bestätigt sich der Zweck unserer Reise: Frühlingserwachen! Den ganzen Tag scheint die Sonne vom blauen Himmel.
Eine Rast auf einer grünen Wiese geht zwar noch nicht wegen der Nässe des Bodens, aber allenthalben finden wir ein ländliches Gasthaus mit gutem tschechischem Bier und einer reichen Auswahl an frisch zubereiteten Speisen.
Gut, dass Erich uns die auf tschechisch in der Speisekarte angebotenen Speisen übersetzen kann. Nach fast 70 Kilometern spüre ich nur mein Sitzfleisch etwas, aber anstrengend war es überhaupt nicht und die Batterie war am Ende auch noch nicht leer.
Die gegrillte Forelle in Mandelöl ist der kulinarische Höhepunkt des Abends in einer kleinen Gaststätte im Zentrum von Vsetin, wo wir solche Genüsse niemals erwartet hätten. So könnte es morgen weitergehen.
Doch am Morgen darauf trauen wir unseren Augen nicht: Es regnet in Strömen ohne Ende. Bis 10 Uhr können wir noch auf eine Besserung warten, aber dann müssen wir los, denn wir haben 65 km bis Uhersky Brod vor uns. Den Radweg flußaufwärts finden wir zwar, glauben aber nicht recht daran, dass er uns auf die nächste Etappe bringen wird.
So fragen wir uns nach der Autostraße durch, in der sich lebhafter Verkehr staut. Einzige Gewißheit: hier sind wir richtig in Richtung Vallaske Kloboucky in den weißen Karpaten. Bis dahin geht es immer bergauf, zunächst parallel zur Bahnstrecke in die Slowakei. Landschaftlich wahrscheinlich recht schön, aber bei der Sichtweite im Regen doch etwas begrenzt, die Entfernungsschilder bis nach Vallaske Kloboucky sind eine willkommene Abwechslung, denn es werden immer weniger Restkilometer......Die Fahrradbatterie bringt mich und Erich und mich gut voran, die beiden andern strampeln sich warm, bis wir Vallaske Kloboucky erreicht haben. Dort versprechen wir uns gegeneitig, das nächste Gasthaus mit Mittagessen unbedingt aufzusuchen.
Wir finden bald auch ein solides Lokal, wo unsre Klamotten abtropfen können, an der Suppe wärme ich mir die Hände, erst dann trinke ich das kühle Bierchen.
Überall kann man sich die Einkehr locker leisten: Der Halbe vom Faß kostet 1,15 €, das Mittagessen kaum mehr als 8 €.
Die Pause hat sich gelohnt, denn anschließend hört es auf zu regnen.
Auf den neuen Wegweisern taucht Uhersky Brod aber gar noch nicht auf. An jeder neuen Abzweigung warten wir auf den letzten von uns, bevor bekannt gegeben wird, wohin es weiter geht. So bleiben wir zusammen und fahren durch Orte, von denen ich noch nie etwas gehört habe: Slavicin, Bojkovice.
Aber Steigungen halten sich in Grenzen, wir fahren wieder parallel zu einem Bahngleis, das sich neben, über oder unter uns durch die Landschaft windet. Erstaunlicherweise fahren dort sogar häufig Züge, die gut besetzt sind.
Und Erich hatte recht: zumindest die Bahnstrecke führt immer bergab. Die letzten 19 km bis Uhersky Brod werden sogar eine Augenweide in einer Landschaft, in der wieder die Sonne lacht!
74 km liegen hinter uns, am Ende war es ein schöner Tag.
Alle Sehenswürdigkeiten auf einen Knopfdruck zu finden, in der Stadt selbst wie auch in der Umgebung. Vorbildlich! Leider nur in Tschechisch. Aber im tourist office bekommt man alle Informationen sogar in deutsch.
Morgen haben wir nur 35 km vor uns, kündigt Erich an. Da können wir vorher noch die Stadt besichtigen und ins Comeniusmuseum gehen. Comenius stammt aus Uhersky Brod, zu seinen Ehren hat man das Museum erbaut. Zwar alle Erklärungen nur in tschechisch, teilweise in Englisch, aber die Bilder und Skulpturen sagen viel aus über sein bewegtes Leben und die Zeit des Umbruchs, in der er lebte. Ohne Sponsoren und Beschützer, die seine Lehren begrüßten, wäre er mehrfach in seinem Leben umgekommen.
Abends soll es wieder Regen geben, deshalb beeilen wir uns nach dem Mittagessen, wieder in die Sättel zu kommen. Es geht noch mal in die Berge, den Javornik mit einem Sendeturm auf der Spitze von 970 Metern, sehen wir südlich vor uns. Immer wieder gibt es hervorragende asphaltierte Fahrradwege zwischen den Dörfern, aber die Orientierung in den Orten ist oft schwierig.
Doch der Weg 5052, den wir gewählt haben, ist ab Horni Nemci eindeutig bezeichnet und nicht zu verfehlen. Doch der verlangt uns eine saftige Steigung ab und ist nicht mehr asphaltiert. Zu schaffen ist es auch bei streckenweise 15 % Steigung dank der Batterie, aber das Stück kommt auch mir endlos vor.
Auf der Paßhöhe zweigt der Weg rechts ab, zeigt wieder die vertraute Nummer 46 und steigt erneut, wenn auch geringfügiger als bisher an. Da setzt auch noch Regen ein. Hoch oben im Wald, schätzungsweise 200 Höhenmeter unterhalb des Javornik, zweigen Radwege in alle Richtungen ab, nur mit vierstelligen Nummern, ohne Zielorte. Eine Karte nach neuestem Stand müßte man haben.
Aber da entdecke ich einen Pfeil mit der Aufschift Foljicky Mlyn und Erich erinnert sich, das dort ein nettes Gasthaus ist. Also dort runter! Es folgt eine flotte Abfahrt auf dem Waldweg über gewagte Kehren mit losem Kies in eine Richtung, die wir absolut nicht mehr definieren könnten. Doch am Ende, wie versprochen, ein uriges Gasthaus mit gutem Bier vom Faß.
Das genießen wir, und als wir rauskommen, regnet es nicht nur nicht mehr, die Straße ist sogar trocken und sie Sonne nicht mehr weit. 30 km zählt mein Tacho schon, die Batterie heute halb leer, da zweigt ein Weg nach links ab, der zugehörige Wegweiser hinter einem Busch versteckt, Nova Lhota 4,3 km.
Harald bremst scharf und zeigt uns, wo es weiter geht. Nach 5 Kilometern sollen wir am Ziel sein. Im Ort außer einer Bushaltestelle mit Post, kein Laden, keine Gastwirtschaft und niemand, den man fragen könnte. Wir fahren den Weg steil hinauf bis ans Ortsende und tatsächlich, da gibt es ein ganz modernes Hotel Haj. Wir sind die einzigen Gäste, wählen Halbpension für 36 € und sind bestens aufgehoben.
Das Hotel ist wohl hauptsächlich für Wintersportler gebaut, die an Wochenenden von Wien, Bratislava ud aus Mähren kommen.
Nur leider zeigt der Blick aus dem Fenster wieder Nebel und Regen an. Frühlingserwachen ? Keine Spur !
Erich beruhigt uns: morgen geht’s fast nur bergab bis Hodonin, etwa 70 Kilometer.
Morgens sieht die Sicht nicht besser aus, Schnee ist aber nicht dabei. Erich empfiehlt eine Abkürzung nach Javornik, die uns mindestens 4 km ersparen soll. Doch an der Abzweigung sind wir uns sofort einig: nicht hier entlang!
Eine Radwegnummer ist keine Garantie für Qualität, dieses Mal eher für Abenteuer. Aber darauf verzichten wir lieber und wählen die Asphaltstraße mit Umweg.
Wir müssen die Straße durch den Ort im Tal entlang nehmen, nicht schlecht, denn das Gefälle ist mäßig und das Pflaster gut. Also 4 km mehr Genuß, denn das Nieseln hört auf. Unser Tempo hat sich gesteigert, ohne Mühe fahren wir über 20 km/Std. in immer grünere Gegenden. Also doch Frühlingserwachen ! In Blatnice fahren wir durch Weinfelder und in Veseli nad Moravou sind wir an der March und am Batuv-Kanal, wo das Grün schon sommerlich wuchert. Tiefer geht’s nun kaum noch.
Wir fahren weiter flußabwärts auf dem Radwanderweg, der uns vor Straznice durch ein beeindruckendes Parkgelände führt, bevor wir in einem Gasthaus zum Mittag rasten, mit uns zahlose Radler. Hier scheint ein Zentrum für Radtouren zu sein, weil man von hier aus in Tagestouren alle Sehenswürdigkeiten Mährens erreichen kann. Ein Hotel nutzt diese zentrale Lage und bietet europaweit preiswert Unterkunft und viele reizvolle Tagestouren an.
Die letzten Kilometer bis Hodonin fahren wir entlang einer Hauptstraße, die uns im Ort auf schnellstem Weg zu Erichs Heim führt.
Der Frühling ist erwacht, wir kramen im Garten die getrockneten Abfälle zusammen und verbrennen sie. In den Flammen grillen wir Würstchen, zum ersten mal abends im Freien, ohne zu frösteln. Wer hätte das vor 5 Tagen schon für möglich gehalten ?
Aufbruch: | 27.04.2017 |
Dauer: | 9 Tage |
Heimkehr: | 05.05.2017 |