Island -Snæfellsnes, Westfjorde, Vatnsnes
Westfjorde
Wir freuten uns. Endlich würden wir die touristischen Hochburgen verlassen und in die einsamen Westfjorde eintauchen. Es war der 30. Mai, noch sah man vom Frühling nicht viel, 213 km bis Reykhólahrepp lagen vor uns, 3,5 Stunden Fahrzeit laut Navi. Die Fahrzeiten, das wussten wir schon, konnten wir gut verdoppeln, mussten wir doch alle paar Minuten anhalten, gucken, staunen, fotografieren und diese wahnsinnig frische, reine Luft einatmen.
Am frühen Abend erreichten wir unsere Unterkunft. Wir hatten Glück und waren die einzigen Gäste auf dem Bauernhof. Deshalb erhielt jeder von uns ein Doppelzimmer zur Alleinbenutzung. Auch hier war die Küche gut ausgestattet, die Betten - wie übrigens in allen von uns gebuchten Unterkünften- von guter Qualität. Die Gastgeber waren überaus freundlich und wir wurden herzlich empfangen. Schön war es, in der Küche zu sitzen und die Schafe direkt vor dem Küchenfenster zu beobachten, oder vom großen Wohnzimmer aus auf das Meer zu blicken. Dies war die günstigste und zudem noch eine der schönsten Unterkünfte auf Island.
Schnell verstauten wir die Koffer. Die Mitternachtssonne und das trockenen Wetter bei ca. 6 Grad Celsius mussten wir ausnutzen. Wir wollten noch einmal raus und an der Küste entlang laufen.
Dieser Teil der Westfjorde war ein Paradies für Ornithologen. Bei unseren Spaziergängen mussten wir auf Schritt und Tritt achten, denn überall brüteten die Vögel am Boden.
Nach nur einer Nacht hieß es schon wieder Abschied zu nehmen. Schade, hier wären wir gerne länger geblieben. Nun wollten wir über einen Abstecher zu den Vogelfelsen von Latrabjarg nach Patreksfjörður fahren. Ein langer Tag lag vor uns.
Eine Pause legten wir ein bei einem Hotpott in der Nähe von Flökalundur. Die genaue Stelle hatte ich mir vorher zuhause schon im Internet herausgesucht und auf meiner Karte eingezeichnet. Wie herrlich war es, bei vielleicht 5 Grad Außentemperatur in 38-40 Grad warmes Wasser zu steigen und bis zum Hals unterzutauchen, umgeben von einer atemberaubenden Landschaft. In meiner Erinnerung sind diese einsamen Hotpotts mitten in der Wildnis das Schönste, was die Westfjorde zu bieten haben.
Wieder kamen wir nicht voran. Anhalten, ein Stück laufen, da, wieder ein Wasserfall, ein Flusslauf, ein Schneefeld, Singschwäne........ Gut, dass es nachts nicht mehr dunkel wurde. Wir konnten uns also Zeit lassen.
Dass wir die Vogelfelsen in Latrabjarg besuchen wollten, stand schon zuhause fest. Ich hatte das Glück, die kleinen Puffins schon mehrmals während meiner Norwegenreisen bewundern zu können. Jetzt lag Lagrabjarg praktisch um die Ecke.
Die letzten Kilomenter aber zogen sich: Schlaglochpisten, Engpässe und Abgründe am Fahrbahnrand zwangen uns zum langsamen Fahren.
Dann endlich waren wir angekommen. Ein paar Autos standen auf dem Parkplatz. Das hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Das Wetter hielt sich, immerhin regnete es nicht. Wir gingen vom Parkplatz aus ein paar Meter steil nach oben, und dann sah ich schon die ersten Papageitaucher. Was für ein Anblick! Sie waren zum Greifen nah.
Hier hätte ich einen ganzen Tag verbringen können. Es war unbeschreiblich schön, den Vögeln zuzusehen und die Polarfüchse beim Spiel und der Jagd zu beobachten.
Gegen Abend mussten wir dann leider aufbrechen zur nächsten Unterkunft nach Patreksfjörður. Hier hatten wir ein 3-Bettzimmer mit Frühstück gebucht.
Auch mit dieser Unterkunft waren wir sehr zufrieden. Besonders das Frühstück mit frischen Waffeln und Fjordblick hat uns begeistert.
Unser nächstes Ziel war nun Bolungarvik, 190 km von Patreksfjördur entfernt, ca. 3,25 Stunden reine Fahrzeit. Hier waren Pausen, Foto-Stopps und Bäder in Hotpotts noch nicht mitgerechnet. Es würde also wieder ein langer Tag werden.
Und dann tauchte plötzlich direkt an der Straße ein Pool auf mit warmen, türkisfarbenem Wasser. Es gehörte uns ganz alleine. Schnell hieß es jetzt, raus aus den Klamotten, rein ins Wasser und gleich ein paar Runden schwimmen.
Kein Chlor, kein Zaun, kein Schild, kein Ein- oder Ausgang, kein Laut, nur das Geschrei der Vögel und das Rauschen des Meeres. Das ist Urlaub!
Auf der Fahrt nach Bolungarvik kamen wir auch am Dynjandi-Wasserfall vorbei. Er war ganz nett anzusehen, und wir sind auch ein bisschen dort geklettert. Aber wie das so ist mit den touristischen Hotspots der Insel: Es ist nicht Jedermanns Sache!
Der Weg bis Bolungarvik zog sich. Wie gut, dass wir für jede Tagesetappe nie mehr als 250 km geplant hatten. In Bolungarvik erwartete uns für die nächsten beiden Nächte ein kleines Ferienhaus. Es war niedlich anzusehen, sehr sauber, mit einer kleinen, einfachen Küche und einem Bad, in dem man sich kaum drehen könnte. Zum einzigen Schlafzimmer musste man eine Hühnerleiter nach oben klettern. Es war nicht möglich, einen großen Koffer mit ins Schlafzimmer zu nehmen. Die dritte Person schlief unten im Wohnzimmer. Aber egal, wir machten das Beste daraus. Ich hatte vorsorglich eine Schlafmaske mitgenommen; meine Freundin aber wurde mitten in der Nacht vom Schein der Sonne durch das Schlafzimmerfenster geweckt.
Bolungarvik war ein recht unspektakulärer Ort. Gerne wären wir hoch zum Bolafjall gefahren, der Weg war jedoch noch gesperrt. Aber wir unternahmen einen schönen Ausflug über eine Stichstraße zur Küste und spazierten dort am Wasser entlang.
Und nach zwei Nächten in Bolungarvik brachen wir auf nach Latur, wo wir eine Nacht in einem Country-Hotel gebucht hatten. Auf dem Weg dort hin sollten aber noch viele Überraschungen auf uns warten.
Aus unterschiedlichen Island-Foren im Internet hatte ich erfahren, dass ganz in der Nähe eines Cafés eine Stelle war, wo man gut Seehunde beobachten konnte. Schnell war die Stelle gefunden, und wir waren nicht die Einzigen. Erfurchtsvoll und still saßen dort noch andere Touristen und beobachteten vom Ufer aus die spielenden Seehunde.
Dann fanden wir auch das Café, wo es angeblich die besten Waffeln der Insel geben sollte. Wir haben es getestet. Es musste stimmen! Besser ging es nicht mehr. Die ältere, nette Betreiberin des Cafés verkaufte außerdem noch Marmelade und isländische Strickwaren. Hier erstand ich für mein Enkelkind einen Pullover.
Und noch einmal sahen wir ein Stück weiter einige Seehunde, und am Horizont die Rücken und untertauchenden Flunken von Walen. Wir sind uns auch heute noch nicht einig, um welche Art von Walen es sich handelte. Es waren Pott- oder Buckelwale, keinesfalls Schweinswale. Aber für eine genaue Identifikation waren sie einfach zu weit weg.
Aufbruch: | 27.05.2018 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 07.06.2018 |