Auf der Spur Kolumbiens Schätze
Medellin und Umland : Die Stadt des ewigen Frühlings
Das Neapel oder Marseille Kolumbiens ist die Stadt des ewigen Frühlings. Medellín, nach Bogotá einwohnerstärkste Metropole des Landes, ist für mich zunächst eine Stadt der Gegensätze. Vielleicht auch nur weil sie für mich das Eingangstor Südamerikas bedeutet und somit für eine Fülle an neuen Eindrücken und Besonderheiten sorgt. Dennoch treffen hier Kontraste aufeinander: Licht und Dunkelheit, Reichtum und Armut, Fortschritt und Fall, Stadt und Land. Die Menschen bewegen sich in einem anderen Tempo, mit einer anderen Energie, als wären sie von etwas Unsichtbarem angetrieben. Vielleicht sind es ihre Träume, die Sehnsucht nach dem Unbekannten, die Versuchung einer florierenden Metropolregion mit ihren schier unbegrenzten Möglichkeiten, oder schlicht die Notwendigkeit einem Broterwerb nachzugehen, der sie in die Millionenmetropole drängt. Entlang der Schnellstraßen hausen Menschen, überall wird gewerkelt und die Straßenverkäufer versuchen Süßigkeiten und Lebensmittel an Mann und Frau zu bringen.
Am zentral gelegenen Plaza Botero verbringe ich viel Zeit im „Palacio de la Cultura“ und dem „Museo del Antico“. Abseits des Straßenlärms und Gassengedränges werden die Kunstwerke kolumbianischer Künstler in einem vom städtischen Umfeld eher abgeschotteten Museumsrahmen ausgestellt. Eine zentrale Rolle nehmen die Werke des in Medellín geborenen und einem der als einflussreichsten Künstler Kolumbiens geltenden Botero ein. Präkoloniale, christliche und zeitgenössische Werke vermitteln dem aufmerksamen Besucher einen reichhaltigen Überblick über die Schätze als auch die Last des kulturellen Erbes Kolumbiens. Kunst kann Brücken schlagen, neue Horizonte eröffnen und Erfolge erzielen, die auf anderen Wegen in dieser Form nicht stattfinden könnten. Dies unterstreicht ein im Erdgeschoss des „Museo del Antico“ installiertes Schaubild, das die Zahl der Ausstellungen mit der Kriminalitätsrate in Medellín gegenüberstellt und eine gewisse Parallele aufweist. „Horizontes“ des Künstlers Francisco Antonio Cano Cardona ist für mich das charakteristischste Bild der Ausstellung, dass die kolombianische Aufbruchstimmung vermittelt. Vor einer weiten, kargen Berglandschaft ruht ein kolombianisches Ehepaar. Während die Frau das Kind im Arm hält zeigt der Mann in die Ferne, gefolgt von den sehnsuchtsvollen Blicken der Dreien in Richtung des Unbekannten.
Medellín muss man mögen. Insgesamt wirken die Menschen deutlich abgehärteter und gezeichneter vom Leben. Kein Wunder angesichts der turbulenten Geschichte und der noch bis vor wenigen Jahren vorhanden Kriminalität und Drogenkultur.
Ich fühle mich in dieser Stadt eher unwohl, dafür habe ich zu wenig Erfahrungen mit dem Reisen in fremden Regionen, zu wenig Spanischkenntnisse und eine recht empfindliche Wahrnehmung was Lärm und Abgase angeht. Doch bin ich getrieben von dem Drang Abenteuer zu erleben und in diesem Land etwas zu finden, was mir bislang verwehrt geblieben ist. Eine intensive Mischung aus Träumen, der Farbfülle und Intensität. Was ich jetzt schon merke ist, der Spruch: „Nichts ist so wie es scheint“, den mir meine Mutter mit auf den Weg gegeben hat trifft voll und ganz zu. Es hilft nicht ausschließlich misstrauisch zu sein, dafür sind viele Begegnungen mit den Einheimischen von der ersten Sekunde an zu tief und herzlich. Dennoch ist eine gesunde Menschenkenntnis und eine Portion Vertrauen nötig, um statt Gefahren erfüllte Eindrücke zu erleben.
Im Hostel verbringe ich viel Zeit mit den anderen Reisenden. Alles Menschen, die auf der Suche nach dem Abenteuer, nach dem Glück und der Erfüllung ihren Träumen wie einem hellen Stern am Horizont folgen und in der Hoffnung leben, dass das Universum ihnen ihre Wünsche verwirklichen möge. Ich wünsche ihnen, dass sie die Schätze und Reichtümer, nach denen sie trachten, finden mögen und erkennen, was ihre Leben für wahre Bedeutungen in sich tragen.
Im Zimmer spielt mir der Franzose Arnaud ein paar selbst komponierte Musikstücke auf seinem PC vor. Ich bin der erste Mensch, dem er diese Stücke vorspielt und ich ermuntere ihn, weiterzuarbeiten und diesen Traum, seine Musik mit den Menschen zu teilen, zu realisieren. Vielleicht ist auch ein wenig Eigennutz dabei, denn mir gefallen die Lieder wirklich sehr und ich würde mich freuen, eines Tages seine Musik wieder zu hören.
Aufbruch: | 27.02.2020 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 21.03.2020 |