Ägyptische Impressionen 2021
Highlights
Was sein muss, muss sein.
Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, zuerst immer das Nationalmuseum aufzusuchen, da sieht man, wie ein Land sich darstellt, was es wichtig findet und worauf es stolz ist. Also auf zum Ägyptische Museum! Ich erfahre zwar, dass das Museum der ägyptischen Zivilisation neuer und besser sein soll, und dass gerade ein ganz großes am Gizeh-Plateau fertiggestellt wird, aber es gibt nur ein Original.
Und tatsächlich: Inmitten der Statuen, Sarkophage und Papyri beginnt man die Faszination zu verstehen, die diese frühe Hochkultur noch immer ausübt.
Die handwerklichen Schätze aus dem Grabmahl von Tutenchamun würden auch heute noch Preise einheimsen. Und wenn sie damals schon Facebook gehabt hätten, dann hätten Kleopatra, Nofretete & Co mit ihren Geschichten locker von den Werbeeinnahmen als Influencer leben können.
Es ist erstaunlich, wie genau man die Zeitläufte von vor mehreren tausend Jahren rekonstruieren konnte. Ich erfahre, dass Echnaton einen neuen Gott einführte, dann zunehmend religiösem Irrsinn verfiel und die alten Götter verbieten wollte.
Was umgekehrt die interessante Frage aufwirft, ob man nicht in den Pyramiden auch einen Akt religiösen Massenwahns sehen sollte. Als Himmelfahrt mit altägyptischen Mitteln sozusagen, technologisch basierend auf Steinmetzen mit hohem aspirativem Niveau, global ziemlich konkurrenzlos.
Was so ein Pharao alles in Bewegung setzte, nur um ein paar tausend Jahre später als Mumie in einem Museum begafft zu werden!
Tja, dumm gelaufen. Dass die Zukunft unberechenbar ist, verstehen wir heute ein wenig besser als die Hohepriester anno dazumal.
Wären sie nicht so islamisch, würden die Erben der Urägypter wohl gegen die ungenierte Ausräumung ihrer heiligen Gräber klagen wie die Indigenen Nordamerikas und eine „Zurück zu den Pyramiden!“-Bewegung starten. Immerhin könnte man so einen Umzug regelmäßig als Fremdenverkehrsattraktion veranstalten.
Es zieht mich anschließend noch nach Gizeh hinaus, das am westlichen Stadtrand an der Grenze zur Wüste liegt. Ich nehme die Buslinie M11 und komme in der Abenddämmerung an. Die Eingänge sind schon geschlossen, aber mir war ohnehin nicht nach Wandern und Kamelreiten. Der Anblick ist auch so beeindruckend und ich genieße ihn von der Dachterrasse eines Restaurants, wo ich mir eine leckere Pizza gönne. Nach Sonnenuntergang werden die Pyramiden mit einer Lichtshow dramatisiert, ein Stil, der nicht meiner ist. Das ärmliche Vorstadt-Umfeld muss man ausblenden.
Für den Rückweg - es sind 25 Kilometer - versuche ich es mit den weißen Minibussen, die das Standardverkehrsmittel sind. Sie sind privat, nicht beschriftet und man muss sein Ansinnen den Vorbeikommenden mit Handzeichen-Codes signalisieren, also zuerst studieren. Obwohl unzählige auftauchen und ihr Geschäft machen, bleibt es mir rätselhaft wie ein Ameisenhaufen.
Reisen nach Kairo ist einfacher als Reisen in Kairo.
Ich bete zu Re, Aton, Osiris und allen sonstigen Göttern, dass der M11 wiederkommen möge und nach einer halben Stunde werde ich erhört. Ich entere ihn wie ein Rettungsboot.
Aufbruch: | 27.07.2021 |
Dauer: | 7 Tage |
Heimkehr: | 02.08.2021 |