Ägyptische Impressionen 2021

Reisezeit: Juli / August 2021  |  von Alfred Fuchs

Alexandria mal kurz

Bin ich in Byzanz, oder was?

Weil der Mietwagen auf sich warten lässt, beschließe ich, mit dem Zug nach Alexandria zu fahren, hundert Kilometer durch das Nildelta. Rosette und El Alamein würden mich auch reizen.
Am Bahnhof, der architektonisch interessant ist, und wo die Händler draussen bleiben müssen, erwerbe ich ein Rückfahrticket, aber die Rückfahrt ist aus irgend einem Grund erst am nächsten Nachmittag möglich.
Der Blick aus dem Zugfenster zeigt Vorstadt-Tristesse, Fellachen mit Pferdefuhrwerken und eiserne Brücken über alte Kanäle.
In Alexandria steige ich eine Station zu früh aus und schlendere durch die Stadt und am Ufer entlang ins Zentrum. Ich komme an der neu erbauten Bibliothek vorbei und bei der alten Zitadelle geht gerade die Sonne unter. Man könnte es romantisch finden, wenn da nicht der Duft wäre. Meine Nase ist wirklich nicht empfindlich, aber das verdirbt mir jede Lust auf Sightseeing.
Liebe Ägypter, wenn man mühsam einen Platz suchen muss, an dem es nicht brutal stinkt, dann kehre ich eben um. Ich beschließe, am nächsten Tag gleich morgens zurückzufahren.
Die Nacht verbringe ich in einer billigen Unterkunft, wo der Hausherr irgendwie seine Mutter ausquartiert hat meinetwegen, deren Utensilien aber das Schlafzimmer füllen.
Das Low-End bei AirBnb ist mit Vorsicht zu genießen.

Früh am Bahnhof angekommen tröste ich mich noch mit einem Kaffee, der aber auch nicht beeindruckt. Der Kellner meint, ich müsse los, obwohl noch zwanzig Minuten Zeit sind. Nach Kairo, also das wäre Bahnsteig 2. Ich frage ihn, ob er wisse, ob ich ein neues Ticket brauche wegen der geänderten Zeit.

Er beratschlagt sich mit einem anderen, der wohl Eisenbahner ist. Nach einigem Hin und Her empfiehlt man mir, doch zum Schalter zu gehen und wegen der Ticketänderung dort zu fragen. Das tue ich, aber die Dame dort versteht mich gleich nicht und verschwindet. Es kommt später ein junger Mann, der unerwartete Neuigkeiten hat: Der Zug um acht fährt gar nicht. Oh. Warum? Fahrplanänderung ab heute wegen irgendwelcher Schwierigkeiten. So ein Pech! Ich gehe vors Gebäude und rauche eine Zigarette. Da kommt er nochmal vorbei und sagt, dass ein anderer Zug um acht Uhr fünfzehn doch fahre, auf Gleis 3. Schön! Und muss ich das Ticket jetzt ändern lassen? Er weiß es nicht, wird aber den Bahnhofsvorstand fragen. Wir traben zu dessen Büro, wo sich mehrere ältere Herren versammelt haben und Tee trinken. Man beratschlagt, beäugt das Ticket, sieht mich fragend an, und ich blicke fragend zurück. Nach einiger Zeit möchte ich wissen, was das Ergebnis ist. Er weiß es nicht, wir müssen mit dem Zugmanager reden. Also gehen wir hinüber zum Bahnsteig 2, suchen den Schaffner und wieder beginnen die Beratungen. Da ist offenbar auch ein Oberschaffner da, der mitdiskutiert, und zwar länger. Nach ein paar Minuten hake ich wieder nach, was denn nun Sache sei. Es ist nicht klar, aber ich könne in Waggon 9 sitzen. Er begleitet mich noch da hin, es ist leicht genug Platz. Ich solle bloß nichts zusätzlich bezahlen, falls jemand etwas verlange, es sei ok.
Später kam der Schaffner vorbei, nahm mein Ticket und ward nicht mehr gesehen.
Und so fuhr ich um acht mit dem Zug, der gar nicht fährt, von Alexandria nach Kairo.

Kann mir jemand erklären, was ich hier erlebt habe? Ich weiß es schlicht nicht, interkulturelle Kompetenz ist nicht ganz trivial. War das einfach nur eine dysfunktionale Bürokratie? Hätte ich Bakschisch anbieten sollen? Ist das ein Lokalkolorit, das man „byzantinisch“ zu nennen pflegte? Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…

Außenbezirk

Außenbezirk

Nildelta

Nildelta

Es ist heiß

Es ist heiß

Mittelmeer

Mittelmeer

Bibliothek

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Nilarm

Nilarm

Marktstände

Marktstände

© Alfred Fuchs, 2021
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ziel: Von Alexandria bis nach Abu Simbel. Ergebnis: Kairo, ein Flop mit vielen Hindernissen.
Details:
Aufbruch: 27.07.2021
Dauer: 7 Tage
Heimkehr: 02.08.2021
Reiseziele: Ägypten
Der Autor
 
Alfred Fuchs berichtet seit 7 Jahren auf umdiewelt.