Irland - Keltenkreuze, Kleeblätter und schroffen Küsten
The Ring of Kerry - Derrynane Beach
Full irish breakfast
Der nächste Tag startet mit einem "Full irish breakfast": Spiegel- und Rühreier, gebratener Speck, Schweinswürstchen, Rösti, gebratene Tomaten und Pilze, Black and White Pudding nebst Baked Beans. Na ja, dass ist nicht jedermanns Geschmack; für mich reichen auch 2 Scheiben Toast und eine große Tasse Kaffee.
Meine Mitfahrer haben sich heute den berühmten „Ring of Kerry“ auf der Iveragh-Halbinsel vorgenommen; mein Rücken sagt: warte noch ein Weilchen. Gegen 11.00 Uhr erkläre ich das Weilchen für beendet. Ein Versuch ist es auf jeden Fall wert. Die Jeans mit den Motorradklamotten getauscht und meine Silver Wing 600 gestartet.
Ring of Kerry
Der „Ring of Kerry“ beginnt praktisch vor der Hoteltür. Entlang der felsigen Südküste jagt ein Fotomotiv das andere. Die Küstenlinie erscheint unzähmbar zu sein und sich ständig im Kampf gegen den atlantischen Ozean zu befinden, der seine Wellen immer wieder mit Macht dagegen wirft. Mein Blick schweift weit hinaus auf das raue Meer. Fast könnte ich mehr fotografieren als fahren.
5 km hinter der kunterbunten Kleinstadt Sneem biege ich in einen Single Trail ab, eine einspurige Nebenstraße, halb versteckt zwischen uralten, grauen Steinmauern und dichten Fuchsienhecken. Ich schlängle mich hinauf zum „Staigue Stone Fort“, eine der am besten erhaltenen und wohl auch größten prähistorischen (Ring)Festungen Irlands. Ihre 6 m hohe und bis zu 4 m breite Ringmauer ist schon von weitem sichtbar.
Ich teile mir die imposante Festung lediglich mit einigen Schafen. Der Eintritt von zwei Euro wird wie so oft an einem Tor auf Vertrauensbasis erhoben. Dafür bekomme ich neben dem Fort selbst noch eine herrliche Aussicht gratis dazu. Das sollte man sich nicht entgehen lassen!
Ein kleiner Caféstand ist schon geöffnet und so genieße ich wieder einmal die schon bekannten Scones.
Gestärkt starte ich meine Silver Wing, um sie schon nach wenigen Kilometern wieder abzustellen. Ein kleiner, einsamer Parkplatz vor einer großen Sanddüne. Ich erklimme den „Berg“ und bin von einem Moment zum andern plötzlich an einem Südseestrand. Strahlend weißer Sand vor dunkelblauem Wasser, auf dem kleine Schaumkronen tanzen. Im Hintergrund erheben sich flache Felsinseln aus dem Meer und über allem erhebt sich ein strahlend blauer Himmel. Das Panorama des „Darrynane Beach“ ist fast kitschig schön, lediglich Palmen fehlen. Ein herrlicher Flecken Erde!
Molls Gap
Zurück auf den Ring of Kerry zieht sich die N70 hinauf zum „Coomakesta Pass“ (215 m) und bietet noch einmal eine unbeschreibliche Aussicht über die „Darrynane Bay“ und die Deenish and Scariff Islands. Eine der schönsten Punkte der Panoramastrasse.
An der Saint Finian's Catholic Church in Waterville verlasse ich den Ring of Kerry. Der „Ballaghisheen Gap“ (315 m), einer der verborgenen Schätze Irlands, ist es wert, einen Abstecher ins Landesinnere zu machen. Auf einer „single track road“ mit zahlreichen Kehren kurve ich durch eine raue Landschaft. Mit einem sonoren Brummen zieht meine Silver Wing dahin. Die Strecke ist malerisch. Gelbes, hartes Gras auf braunem Hochmoor, uralte Steinbrücken und vom Torf geschwärzte Bachläufe. Der Wind treibt trockene Gräser und kleine Knäuel Schafswolle vor sich her. Die meisten Touristen kennen diesen Pass nicht und so kann ich die unendliche Stille und Einsamkeit dieser Berglandschaft ganz in Ruhe in mich aufnehmen.
Nach einiger Zeit wird die Landschaft schroffer, felsiger und noch kurviger. Das Teerband schwenkt nach Süden ab. Vor mir „erhebt“ sich der „Ballaghbeama Gap“ (256 m), ein kleiner Pass im südlichen Randgebirge der Halbinsel Iveragh.
Der Pass schneidet sich tief zwischen den „Mullaghanattin Mountains“ (773 m) im Westen und den „Knockaunanattin Mountains“ (569 m) im Osten ein. Zwischen Felsblöcken windet sich die Straße, mehr oder weniger sanft ansteigend, durch ein scheinbar menschenleeres Gebiet. Man könnte ins Träumen geraten, wären da nicht die immer wieder am Straßenrand grasenden Schafe. Schmeckt das Grün am Fahrbahnrand besser? Ist das Schafleben aufregender, wenn man beim Nahen eines Großrollers quer über die Strasse flüchten kann?
Beeindruckend ist auch der letzte steile Abschnitt durch die beidseitig hoch aufragenden Schieferwände, die kaum Platz für den schmalen Asphaltstreifen bieten. Ein kleiner Wasserfall stürzt neben mir zu Tal. Fehlt nur noch, dass ich hier auf Feen und Trolle stoße! Die Passhöhe überrascht dann sogar noch mit einem Passschild.
Zu Tal geht es durch braun-grüne Wiesen und vorbei an einigen Wasserfällen. Auf der Passhöhe des „Molls Gap“ (262 m) treffe ich erneut auf den Ring of Kerry. Nach Norden hin schweift der Blick über das Black Valley und zu den “Macgillycuddy´s Reeks”(1.041 m). Die N71 biegt nach rechts ab, um mich wieder in vielen Kehren zurück nach Kenmare zu führen.
Das Beste des Tages folgt wie immer am Schluss - mein Rücken hat 150 km durchgehalten und es hat - fast - nicht geregnet!
Aufbruch: | 22.06.2022 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 03.07.2022 |