Zum ersten Mal allein
Jurassic Park
28. April
Wilde Nashörner, Elefanten, Krokodile, Tigerspuren, ungebändigte Natur. Das war mein vorletzter Tag in Chitwan. Zusammen mit einem amerikanischen Pärchen und zwei nepalesischen Guides erkundete ich den Chitwan National Park zu Fuß - Eine Erfahrung, die ich absolut jedem empfehlen kann. Als wir dort durch Regenwälder und ausgetrocknete Flussbetten liefen, fühlte ich mich, als wäre ich ein Entdecker oder ein Forscher im Jurassic Park.
Der Tag ging sehr früh los. Tara brachte mich auf dem Moped zum Ausgangspunkt unserer Safari. Eine kleine Lodge, von der aus nicht viele Safaris starten - am anderen Ende des Parks in Sauraha ist deutlich mehr los. Von dort aus ging es mit dem Jeep zum East Rapti River. Auf einem Boot folgten wir dem Flusslauf nach Westen. Vorbei an einem Krokodil, Pfauen und verschiedensten Vögeln starteten wir in unser Abenteuer.
Dieses Abentuer zu Fuß anzutreten war wahrscheinlich der beste Weg, die behütete Wildnis des Nationalparks zu erleben. Na Klar, die Fotojagd nach Nashörnern, Elefanten und Tigern war aufregend - Am eindrucksvollsten jedoch war das Gefühl, als klitzekleiner Mensch durch unberührte Natur zu laufen und die Luft dort zu atmen. Es war, als würde man ein Gewächshaus in einem botanischen Garten besuchen - eines, das keinen Anfang und kein Ende hatte. Eines, in dem noch die Tiere herrschen und noch nicht der Mensch.
Unser Weg führte uns zunächst vom Flussufer durch den Wald und vorbei an einem Posten der Park-Verantwortlichen. Bald darauf öffnete sich zu unserer Linken der Wald zu einer Grasebene. Wir entdeckten zuerst die Rehe, welche schnell vor uns flüchteten. Dann wagten wir uns abseits des Weges zwischen die hohen Gras- und Schilfinseln - und tatsächlich: Unser Guide hatte dort ein Panzernashorn entdeckt. Aus sicherer Entfernung betrachteten wir es zwischen dem Gestrüpp. Trotz der herbivoren Ernährung ist es für Menschen nicht ungefährlich, sich einem so starken Tier zu nähern.
Auf unserer Wanderung durchquerten wir ausgetrockente Flussbetten, folgten schmalen Pfaden und ab und zu auch mal einem richtigen Weg. Unsere Guides, mit einem Stock bewaffnet, wussten genau wo wir lang gingen. Zur Mittagszeit erreichten wir einen Aussichtsturm, der eine perfekte Aussicht über eine sumpfige Ebene bot. Von diesem aus beobachteten wir die Nashörner. Dank Fernglas sahen wir eine Mutter mit ihrem Jungen und konnten einen Elefanten sichten, wie er sich an einer Badestelle Abkühlung verschaffte. Lange hielten wir die Augen auf, um vielleicht einen Tiger zu Gesicht zu bekommen, der hier wohl lebte - allerdings überkam uns bald die Mittagsmüdigkeit und wir machten ein kleines Nickerchen auf der hölzernen Plattform.
Schließlich überquerten wir die Ebene und näherten uns einem Wasserloch, in dem mehrere Nashörner der Mittagssonne entflohen. Die eigentlichen Einzelgänger genossen friedlich das kühle Nass - Bis wir uns für das perfekte Foto zu sehr näherten. Ein Nashorn blickte auf und uns direkt ins Gesicht. Panisch verließ das erste und dann die anderen Nashörner das Wasserloch. Tumult brach aus und wir machten uns schleunigst davon - so schnell das eben ging, ohne sich im unebenen Gelände das Bein zu brechen.
Als wir uns dem Fluss wieder näherten, sahen wir viele kleine Brände - kontrollierte Brände, wie uns unser Guide versicherte.
Schließlich erreichten wir den Fluss. Er war flach und breit an dieser Stelle und wir überquerten ihn zu Fuß. Nach schätzungsweise 6 Stunden Wanderung in Nepals trockenzeitlicher Hitze war das belebende Wasser eine schöne Abwechslung für die Füße.
Auf der anderen Seite hielten wir die Augen offen nach Tigern und Bären, sahen jedoch nur ihre Kratzspuren an den Bäumen und Pfotenabdrücke im Sand.
Nach dieser zehnstündigen Chitwan-Tour war ich erschöpft. Auf dem Rückweg auf Taras Moped hatten wir es eilig - ein Sturm braute sich zusammen und die schwüle Luft roch nach Regen. Mit der Melancholie eines Reisenden schaute ich mir die Landschaft Chitwans noch einmal genau an - Die Hütten, die Menschen, die Büffel, die kleinen Läden.... Übermorgen würde ich um 4.30 morgens in den Bus nach Pokhara steigen und dem südenepalesischen Flachland Lebwohl sagen. Im 822 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Pokhara warteten noch viele Erlebnisse auf mich...
Aufbruch: | 18.04.2023 |
Dauer: | 5 Wochen |
Heimkehr: | 24.05.2023 |