Main-Radferntour 2024
3. Tag am 17.7.2024
Von Dorfprozelten bis Kelsterbach
Über Collenberg, Freudenberg, Miltenberg, Klingenberg am Main, Wörth am Main, Großwallstadt, Aschaffenburg, Stockstadt, Seligenstadt, Hanau, Offenbach und Frankfurt am Main.
Der 3. Tag besteht aus 52 Bildern und hat eine Lesezeit von ca. 25-30 Minuten.
Rückblick auf Dorfprozelten bei morgendlicher Stimmung an der ersten Mainwindung.
Ein nicht identifizierter Binnenfrachter befindet sich auch bereits auf seiner weiteren Tour. Diese Schiffe legen abends an geeigneten Plätzen an bzw. gehen vor Anker. Nachts ist also Ruhe. Bei Containertransporten oder Festterminen dagegen wird in der Regel "durchgefahren", wobei dann meist ein zusätzlicher Steuermann an Bord ist.
Über der Stadt Freudenberg liegt etwas verdeckt Burg Freudenberg, auch Freudenburg genannt, als Hangburg am Ausläufer des fränkischen Odenwalds.
Bauzeit war ab 1196/97, in 1556 kam es zum fortschreitenden Verfall, mit dem ausgehenden Mittelalter wurde sie mit Gestrüpp und Baumbewuchs überwuchert und geriet in Vergessenheit. Nach dem 2. Weltkrieg wurde sie schrittweise freigelegt, renoviert und 1995 der Öffentlichkeit wieder übergeben.
Ein kurzes Stück nach Burg Freudenberg verlagert sich die Landesgrenze BW/BY aus der Flußmitte und der Main verläuft wieder komplett auf bayerischen (unterfränkischen) Boden.
Alsbald wird Miltenberg (knapp 9.300 Einwohner) erreicht, dessen Name von der oberhalb des Ortes liegenden Mildenburg (hinter der Mainbrücke Miltenberg aus dem Jahre 1900)
abstammt.
Das heutige Zentrum Miltenbergs liegt linksmainisch am Knie des Mainvierecks, von wo der Main auf eine Fließrichtung gen Norden umschwenkt.
Ganz links das zur Mainbrücke gehörende Zwillingstor, gleich rechts daneben ein nicht identifizierbares Objekt und oberhalb der Schiffe die Mildenburg.
Die Burg wurde sehr wahrscheinlich ab 1144 im Auftrag König Konrads III. erbaut und nach mehreren Besitzerwechseln in 1979 von der Stadt Miltenberg erworben.
Seit 2011 beherbergt die Burg ein Museum zu Ikonen und moderner Kunst.
Ein gutes Stück weiter nördlich findet sich in Wörth am Main diese komfortable
2-Personen-Liegebank.
Darauf läßt sich kurz vor 10 Uhr eine gemütliche Pause einlegen.
Handy in einer Packtaschenfalte positioniert, Kamera auf Selbstauslösung eingestellt und fertig ist das berührungslose Spezial-Selfie.
Wie immer hat mein getätigtes Victory-Zeichen keinen politischen Bezug.
Am gegenüberliegenden rechtsmainischen Ufer befindet sich die Erlenbacher Schiffswerft, die seit 1668 (damals noch auf Wörther Seite) schon hölzerne Mainschiffe fertigte.
1917 wurde die Werft auf die Erlenbacher Seite verlegt und ist seit Mai 2022 mehrheitlich vom oberösterreichischen Familienunternehmen Felbermayr, bekannt
u.a. für riesige Autokräne, übernommen worden.
Bis 2024 wurden in der Werft bereits 1.178 Schiffe bis zu einer max. Länge von 135 m gebaut.
Die Schiffe werden entweder gekauft und in der Werft komplett ausgebaut oder bereits von Anfang an in der Werft geplant und gebaut.
Die Werft umfasst eine Gesamtfläche von 50.000 m².
Von weitem schon wird man auf das Industrie Center Obernburg aufmerksam.
Dieser gewachsene Standort mit ca. 3.000 Beschäftigen fertigt hauptsächlich technische Fasern und Garne, die heutzutage beispielsweise für Airbags, Sicherheitsgurte, Autoreifen und Bekleidung eingesetzt werden.
Die Roland-Schwing-Brücke von Niedernberg bei Großwallstadt (meine Seite) nach
Sulzbach am Main. Insgesamt 318 m lang, hat der den Main überspannende Teil eine Stützweite von 150 m. Diese Stabbogenbrückenkonstruktion mit in Deutschland selten vorkommend gekreuzten Hängern vom Bogen zur Fahrbahn ist aber entlang des Mains öfters anzutreffen, wie etwa von Grafenrheinfeld nach Bergrheinfeld (im Bericht der 2023er-Tour vorgestellt).
Die Ersatzübergangsstelle im Vordergrund für Amphibienfahrzeuge im Verteidigungsfall bzw. für Schwertransporte, die die Brücke nicht passieren können, wird auchv "Nato-Rampe" genannt und die Brücke auch NATO-Brücke.
Das Wasserwerk der Stadtwerke Aschaffenburg.
Von diesem Werk werden von jährlich ca. 7,8 Mio. m³ Grundwasser, die aus
7 Brunnen aus dem Großostheimer Becken gefördert werden, ca. 7,3 Mio. m³ Trinkwasser jährlich an rund 130.000 Einwohner der Region Aschaffenburg
abgegeben.
Gegen Mittag ist die Stadt Aschaffenburg erreicht und ab der roten Radwegmarkierung eine vorangegangene längere baustellenbedingte Umleitung des Radwegs wieder aufgehoben.
Von der Willigisbrücke aus erblickt man Schloß Johannisburg.
Die Vierflügelanlage wurde zwischen 1605 und 1614 errichtet, nach dem
2. Weltkrieg bis 1964 wieder instandgesetzt und beinhaltet seit 1972 Teile der Städtischen Sammlungen. Unterhalb des Schlosses sieht man am rechten Mainufer den weiteren Verlauf des Mainradwegs als schmalen grauen Streifen.
Kurz nach Schloß Johannisburg sollte man sich gut auf die Strecke konzentrieren und in Fahrtrichtung blicken, damit es keine unliebsame Kollision mit dem vorstehenden Felsteil gibt. Etwas weiter sieht man eine weitere Kollisionsgefahr und gleich nach dieser ein unvermittelter Rechtsknick (nicht dokumentiert). Wenn man da zu schnell dran ist, landet man in einer kleinen Ausbuchtung des Mains.
Von freundlichen weiteren Radlern wurde ich schon auf Höhe des Schlosses zur Vorsicht angemahnt.
Ein trauriges Kapitel der Reise ist für mich als Papiermacher die Sappi Papierfabrik in Stockstadt, die im März 2024 geschlossen wurde, ab November 2023 bereits kein Papier mehr produziert. Gleich in der Nähe meines Fotostandpunkts hatte ich einen Anwohner nach dem weiteren Verlauf des Radwegs befragt. Dabei stellte sich heraus, daß dieser selbst in der Papierfabrik beschäftigt war und gute Einblicke in interne Vorgänge hatte, die zum fortwährenden Verfall dieses Unternehmens führten. Da will ich an dieser Stelle nichts von dem beschreiben - da kommt in einem eine gewisse Wut auf, auch wenn man selbst nicht betroffen ist. Aber schließlich war ich mit einem Papiermacher dieser Firma auf der Papiermacherschule in derselben Klasse.
Vom Radlersteg der Eisenbahnbrücke von Mainaschaff hinüber nach Stockstadt eine nähere Aufnahme der stillgelegten Papierfabrik.
Außer hin und wieder metallenen Demontageschlägen nur gespenstische Stille
Wenige km nach Stockstadt passiert man das romanische Palatium in Seligenstadt.
Diese ehemalige Kaiserpfalz wurde um 1188 von Friedrich I. Barbarossa errichtet und bereits in mittelalterlicher Zeit zerstört.
Gegenwärtig sieht man nur eine repräsentative Schaufront zur Mainseite.
Am rechtsmainischen Uferbereich des Hanauer Ortsteils Großauheim erscheint zuerst die katholische Kirche St. Paul, errichtet zwischen 1905 und 1907. Wegen der imposanten Lage hat sie auch den Beinamen "Dom am Main". Die Kirche ist 48,5 m lang, hat einen 42 m hohen Kirchturm, wurde 1981 letztmals renoviert und ist ein Kulturdenkmal nach dem Hessischen Denkmalschutzgesetz.
Keine 200 m weiter postiert die evangelische Gustav-Adolf-Kirche, die im Januar 1911 eröffnet wurde. Im Gegensatz zur vorigen Kirche St. Paul ist sie quer zum Main ausgerichtet und bildet aufgrund der Nähe zu St. Paul ein markantes Ensemble.
Über die Ausmaße war im Netz leider nichts in Erfahrung zu bringen.
St. Paul rechts und links der großteils verdeckte Turm der Gustav-Adolf-Kirche vom gleichen Standpunkt zur Verdeutlichung der räumlichen Nähe der beiden Gotteshäuser.
Man fährt so gemächlich entlang von landwirtschaftlichen Flächen, da tut sich doch im hintersten Hintergrunde eine Art Vision einer größeren Ansiedlung auf. Der Radwegweiser von vorhin lieferte ja bereits einen Fingerzeig.
Den Schlot in der linken Bildmitte klammern wir mal aus, da er von der hinteren Erscheinung zu weit entfernt ist.
Befinden sich im Hintergrund etwa mittelalterliche Stadttürme an einer Stadtmauer?
Ist das etwa die Römer-Siedlung Nida, die römische "Metropole" mit lebendiger Kultur, regem Handel und einem Hauch von Luxus? Und die dort lebenden Römer den Ausgrabungen nach eine Wegwerfgesellschaft wie wir?
Natürlich handelt es sich bei dieser Skyline um Frankfurt am Main oder auch neuzeitlich als "Mainhattan" tituliert. Der linke Tower müsste der
Commerzbank-Tower sein, der rechts etwas vom Block der Türme abgesetzte, oben zugespitzte Turm ist ganz sicher der "Messe Turm", von den Frankfurtern wegen seiner Erscheinung auch "Bleistift" genannt.
Vor weiteren Beschreibungen tasten wir uns aber erstmal vorsichtig am Main entlang in die Vis-à-vis-Position vor Ort am Mainufer.
Als erstes Hochhaus tritt am gegenüberliegenden Mainufer der EZB-Tower in Erscheinung, seit 2014 die neue Hauptzentrale der Europäischen Zentralbank.
Incl. der aufgesetzten Spitze erreicht er eine Höhe von 201 m.
Der Tower hat keine privaten Eigentümer, sondern gehört rein den Zentralbanken, um nicht von privaten finanziellen Interessen beeinträchtigt werden zu können.
Für mich allerdings ist das absolute Highlight dieses Bildes das gelbe Objekt rechts vor dem Tower.
Es handelt sich um einen knallgelben gedeckten Güterwagen, wie er früher zum Transport von Bananen verwendet wurde und direkt vor der EZB an den früheren Güterbahnhof und die Großmarkthalle hier in Frankfurt Ost erinnern soll.
Als Restaurationskosten für den historischen Güterwagen sollen € 40.000 investiert worden sein.
In Bildmitte mit 95 m Höhe der Turm des Kaiserdoms St. Bartholomäus.
Der heutige Dom ist die vierte Kirche an derselben Position. Die Vorgängerbauten datieren dabei bis ins 7. Jahrhundert zurück.
Das Feuerlöschboot Frankfurt am Main, Baujahr 1970. Es läßt sich gasdicht verschließen und kann somit durch ein explosives Gas-Luft-Gemisch hindurchsteuern. Das mitgeführte Schaumextrakt ist dermaßen dimensioniert, daß ein normales Fußballfeld etwa 7 m hoch mit Schaum bedeckt werden könnte.
Leider war ich nicht einmal eine halbe Minute zu spät dran, da das Boot gerade aus dem vorderen Wasserwerfer eine riesige Fontäne von sich gab - wäre ein schönes Kurzvideo geworden.
Der Turm mit der grünlichen Kuppel gehört zur historischen Paulskirche, die in 1270 erbaut wurde und in der gewählte Volksvertreter ab 1848 die erste deutsche Verfassung ausarbeiteten.
Im Hintergrund der Messeturm mit seinem charakteristischen Spitzdach ("Bleistift") mit 256,5 m Höhe das zweithöchste Hochhaus in der EU.
Rechts davon der Westend Tower oder auch Kronenhochhaus mit 208 m Höhe auf 53 Obergeschosse. Wurde 1993 fertiggestellt und ist Sitz der DZ-Bank.
Von rechts: Der Commerzbank-Tower mit 259 m (incl. Spitze 300 m) Höhe höchstes Hochhaus Deutschlands und der EU. Dann folgt der Taunus Turm mit 170 m Höhe.
Weiterhin der MAIN TOWER, eingeweiht in 2000. Mit 200 m Höhe (mit 240 m) vierthöchstes Hochhaus Deutschlands und Rundfunkstudio des HR.
In Bildmitte der Gallileo (das Doppel-l ist eine bewußte Bezeichnung).
Bis 2008 diente es als Zentrale der Dresdner Bank, bis diese von der Commerzbank übernommen wurde.
Zweiter von links: Der 1978 eröffnete und 166,3 m hohe Silberturm wurde nach einer Nutzung von 2012 bis 2020 durch die Deutsche Bahn und deren Dienstleister DB Systel an ein Wiener Unternehmen verkauft.
Ganz links: Das Trianon aus dem Jahre 1993 und 186 m Höhe ist der Hauptsitz der Deka-Bank (Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe).
Kein anderes Bürohochhaus liegt so nah am Wasser wie der Westhafen Tower.
In 2004 fertiggestellt und 112,3 m hoch, dient es mit seinen 3.556 Glasscheiben an der Außenhaut als Bürogebäude der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung.
Späte Quartierssuche
Die Zeit auf dem letzten Bild ist schon relativ fortgeschritten (17:38) und noch ist kein Quartier gefunden.
Kurz nach der Main-Neckar-Eisenbahnbrücke lege ich eine Verschnaufpause ein und werde außerhalb von Frankfurt (also ich muß nicht vom komfortablen Radweg am Main entlang irgendwo in die unübersichtliche City hineinwechseln) über meine früher schon beschriebene Handy-Quartierssuche in der Stadt Kelsterbach, gleich nördlich an das Flughafengelände angrenzend, fündig.
Übrigens war Fluglärm kein Problem, weder vor Betriebsschluss des Airports
um 23 Uhr noch ab 5 Uhr früh (planmäßige Flüge).
Ab Ortsende Frankfurt gab es zwar leider wieder mal eine Umleitung weg vom Mainradweg in Richtung Kelsterbach, aber das war auf die wenigen Kilometer Fahrstrecke nicht gerade maßgeblich.
Kelsterbach ist erreicht und das Quartier "Riverside Airport Hotel" mit schlichter, aber völlig ausreichender Ausstattung in ruhiger Lage und im Verbund mit einem traditionellen Gasthaus mit ansprechenden Innenhof-Biergarten war schnell gefunden und der Biergarten natürlich bei bester Abendstimmung lange Zeit genutzt.
Übrigens: die gestrigen Vorsätze "keine 100 km am Tag mehr" waren schon lange vergessen, da angenehmstes Wetter mit nur teils spärlichen Gegenwind bestand.
Die Tachodaten dann am Anfang des morgigen 4. und letzten Fahrtags.
Aufbruch: | 15.07.2024 |
Dauer: | 4 Tage |
Heimkehr: | 18.07.2024 |