Auf dem Weg durch Suedostasien
Bangkok, Stadt der Schlaflosen...
Montag, 06/02/06
Jetlag in Bangkok
In der vergangenen Nacht finde ich kaum in den Schlaf. Dafuer begruesst mich der naechste Morgen mit bohrenden Kopfschmerzen und einem labilen Kreislauf, der mir mit weichen Knien einen schwankenden Untergrund vorgaukelt. Ich fuehle mich leer, kaputt und schlapp. Jetlag vom Feinsten!!! Eine bleierne Muedigkeit haelt mich wie in Ketten gefangen und nimmt mir jegliche Motivation. Erst am spaeten Nachmittag fuehle ich mich in der Lage mein Zimmer verlassen.
Ich unternehme ein paar Schritte zum nahegelegenen Mah Boon Krong Center (MBK), tausche etwas Geld, besorge mir ein Starterkit von 1-2-Call fuer mein Handy (thailaendische SIM-Karte) und bin davon bereits wieder unsaeglich erschoepft. Dennoch entscheide ich mich fuer einen kleinen Abstecher zum benachbarten Siam Square. Der Siam Square ist ein in sich geschlossenes Einkaufsviertel mit einer quirligen, hippen Shopping-Szene, das aus unzaehligen Strassenlautsprechern mit den chartgeprueften Heroen der Hip-Hop-Kultur wie Usher und 50 Cent beschallt wird. Das Viertel wird dementsprechend besonders gerne von Schuelern, Studenten und Jugendlichen als Ausgangspunkt des Muessiggangs sowie zum Plauschen und Shoppen frequentiert, bevor sie sich in den angrenzenden riesigen Konsum- und Unterhaltungstempeln (Siam Center, Siam Discovery Center und World Trade Center) verlieren. Eine Vielzahl von Laeden mit Kinkerlitzchen, Modeschmuck und Textilien, gute Restaurants, bessere Restaurants sowie alle Fast Food- und Kaffeehaus-Ketten, die einem gelaeufig sind, Saftshops ("Dancing Carots")und Bakerys aller Art buhlen um Kundschaft. Ich hatte gehofft, dass unbaendige Treiben wuerde mir wieder etwas Leben in meine mueden Knochen einhauchen, was aber nur mit maessigem Erfolg gelingt. In einem der winzigen, engen Seitengaesschen, vollgestopft mit kleinen dampfenden Garkuechen, nehme ich mir leckeres, nicht genau definierbares Essen mit gebratenem Ei in Styropor mit. Es ist koestlich!!!
Wieder zurueck im Hotel telefonierte ich mit Freunden und Bekannten, die ich auf meiner Reise im letzten Jahr kennengelernt habe und verschaffe mir einen ersten Ueberblick wer sich zur Zeit in Asien aufhaelt. Von Nina erfahre ich, dass Sie am 18. Maerz auf Ko Chang einen Fischer heiraten will. Wow!!! Das war doch mal eine aufregende Neuigkeit! Eine thailaendisch-buddhistische Hochzeit wollte ich immer schon mal miterleben. Und so wie ich Nina kenne, wird das bestimmt ein rauschendes Fest werden.
Nach dem Abendessen kann ich mich nur noch mit groesster Selbstbeherrschung auf den Beinen halten. Ich sehe von meinem Vorhaben mich in den naechtliche Trubel zu stuerzen ab und begebe mich frueh zu Bett. Ach wie vernuenftig...
Dienstag, 07/02/06
Besserung in Sicht und Besuch von Chinatown
Trotz meiner Muedigkeit finde ich wieder kaum Schlaf, und am naechsten Morgen macht sich bei mir langsam Verzweiflung breit. Anfluege von Depression kommen auf und lassen mich fragen wie das alles blos weitergehen soll und was ich hier ueberhaupt zu suchen habe...
Nach einem spaeten Fruehstueck, leckere Reissuppe mit Seafood, unternehme ich eine Fahrt mit dem vollklimatisierten Skytrain bis zur Endstation "Saphan Taksin". Ich schlendere an den Essensstaendchen vorbei zum Pier am Chao Phraya, nicht ohne ein Paar "Dim Sum" gefuellt mit Irgendwas, bestreut mit Trockenzwiebelchen und mit Sojasosse im Plasticktuetchen uebergossen, verdrueckt zu haben. Danach nahm ich mir noch etwas Obst mit, um die Wartezeit auf das Boot zu vertreiben. Die Frucht mit glasig roter Farbe ist in Form und Geschmack irgendwo zwischen Apfel und Birne angesiedelt und aeusserst erfrischend.
Rose Apple
Anschliessend duese ich mit dem Passagierboot auf dem Chayo Praya in Richtung Norden.
Der breite Fluss, der Bangkok von der Schwesterstadt Thonburi trennt, belebt mit seiner Gischt und dem frischen Fahrtwind meine Lebensgeister merklich! Die Fahrkartenkassiererin klimpert mit ihrer Geldkassette und kuendigt den Ticketerwerb an, der Bootsjunge dirigiert den Steuermann mit seinen Pfeiffsignalen an das Oriental Pier, springt behend nach draussen und verankert das dicke Seil an einen Pfeiler. Leute steigen aus, Moenche steigen zu, und die Kassiererin zieht klackernd ihre Runden aufs Neue. Zum ersten Mal fuehle ich mich wieder richtig gut und finde langsam mein verlorengegangenes Laecheln wieder. Und das ist in Thailand schliesslich ueberlebenswichtig!
Bootsjunge beim Andocken des Bootes
Ich fahre bis zum "Ratchawong Pier", dem Zugang zur Chinatown. Die Buergersteige der Ratchawong Road werden von Essens- und Verkaufsstaenden so eng eingefasst, dass nur ein kleiner schmaler Pfad verbleibt um hindurch zu gelangen. Fuer europaeische Trampel ein mitunter schwieriges Unterfangen... Ich biege in die Soi Wanit 1, die man durch einen grossen Chinesischen Torbogen hindurch betritt, und in die ich mich auf der Stelle verliebe.
Ueber der Strasse haengen hunderte von Wimpeln und Lampions. Ein Gemenge aus Menschen, Motorraedern und Lastkarren aller Art wuseln zwischen den Markt- und Verkaufsstaenden einher und ziehen mich in ihren Bann. Gemuese, Fruechte und Gewuerze in allen farben und Formen, verschiedensten Wurzeln, Blaetter, Pilze und Tinkturen von denen oder deren Existenz man bisher nichts ahnte, saeumen die Strasse neben Plastickspielzeug, Haarspaengchen und sonstigem Krimskrams. Verfuehrerische Duefte der eingestreuten Garkuechen steigen mit den Daempfen durch die Gasse. Ich schaue, staune und geniese. Ploetzlich wird der Weg durch einen Kleinwaegen blockiert. Ware wird angeliefert und alles kommt zum Stillstand. Kein Durchkommen mehr! Es ist so eng, dass selbst Fussgaenger sich nicht vorbei zwaengen koennen. Der verfuegbare Raum des Straesschens wird bis in die letzte Nische genutzt. Um keine allzu langen Wartezeiten zu verursachen wird der kleine Lieferwagen schliesslich waehrend der Fahrt mittels einer kleinen Menschenstafette leergeraeumt, indem die Packete durch die Strasse geworfen werden...Die kleine Menschen- und Motoradansammlung loest sich wieder und auch ich kann weiter meines Weges.
Ich schlendere durch die schmalen autofreie Sampeng Lane, "einem einst verruchten Hafenviertel voller Opiumhoellen, Spielsalons und Bordelle" (Loose 2003), ueberquere einen Klong und gelange zum Pahurat Markt. Hier genehmige ich mir ein scharfes Curry und beschliesse zu meinem Hotel zurueckzulaufen. Aus Gruenden der Orientierung hielt ich das fuer eine gute Idee, nachdem mir ein Blick auf die Karte eine machbare Distanz angezeigt hatte. Vorher mache ich noch einen Abstecher in ein chinesisches Kaufhaus, kaufe mir ein Moskitonetz fuer 200 Baht (4 Eur), bestaunte die guenstigen kleinen Reiskocher und mache mich schliesslich ganz schnell auf die Suche nach einer Toillete (und jeder der schon einmal ein spicy Thaigericht gegessen hat, weiss wie schnell ich meine...).
Der Rueckweg zum Hotel entpuppte sich als unschoene Strecke entlang giftiger, beissender, abgasgeschwaengerten Hauptstrassen einer Megametropole. Nur wenige Minuten vernebeln einem den letzten Verstand.
Abends schlendere ich ueber den Nachtmarkt der Silomroad und von Patpong. Ich erstehe 6 CDs fuer 500 Baht (10 Euro) und erweitere damit mein musikalisches Angenot fuer die kommenden langen Busfahrten durch das Land. Ich setze mich in eine meiner Lieblingskneipen, dem "Telepfone", esse einen Spicy Thai Salad, trinke ein Bier und erlebe das taegliche schrille und bunte Schauspiel der kleinen Soi (Straesschen).
Mittwoch, 08/02/06
Missverstaendnisse und Misserfolge
Am Mittwoch morgen bin ich ganz frueh ( 7 Uhr) aufgestanden. Ich wollte eine Bootsfahrt durch die Klongs von Thonbury machen. Die Reisefuehrer berichten enthusiastisch ueber die malerische Stimmung am fruehen Morgen auf en Kanaelen der Bangkoker Vororte. Ich hatte endlich gut geschlafen und bin voller Tatendrang in den Tag gestartet. Die Fahrt sollte nach Bang Yai gehen, einem kleinen Ort ausserhalb der Stadt. Dort wollte ich ein bisschen Landluft schnappen und dem droehnenden Chaos von Bangkokein paar Stunden entfliehen.
Meine Unternehmung begann mit einer Fahrt im Skytrain. Am einzigen Umsteigebahnhof "Siam", an dem sich die zwei Linien kreuzen, wartete eine Masse von Menschen huebsch geordnet in Reihen auf den Zug. Ich hatte bisher noch nie so einen Andrang erlebt. Als sich die Tueren oeffnen stuerzt die Ordnung schlagartig in sich zusammen und die Thais entern das Wageninnere. Es ist zum bersten voll. Zum Glueck habe ich einen Sitzplatz. Da tritt aus der Menge ploetzlich ein kleiner etwa 4 - 5 Jahre alter Junge auf mich zu. Er laechelt mich freundlich an, begruesst mich mit einem "Wai" (Aneinanderlegen der Haende wie zum Gebet mit gleichzeitiger Verbeugung, Zeichen des Respektes) und spricht mich auf thailaendisch an. Natuerlich verstehe ich nicht was er sagt und ich bin verunsichert, denke aber noch, ach das ist ja mal nett. Die umstehenden Leute schauen mich erwartungsvoll an. Ich begruesse den Jungen auf thai und waehrend ich so nachdenke, ob dem ganzen irgend ein tieferer Sinn zu Grunde liegt, springt mein Nachbar wie von der Tarantel gestochen von seinem Sitzplatz auf und ueberlaesst ihn dem Jungen. Ich werde puterrot und es ist mir sehr peinlich! Ich erinnere mich wieder im letzten Jahr gelesen zu haben, dass in Thailand im Gegensatz zu unseren Gepflogenheiten in oeffentlichen Verkehrsmitteln grundsaetzlich die aelteren Menschen den Kindern einen Sitzplatz anbieten. Obwohl man mir als "Farang" (Fremder) diesen Fehler sicherlich nachsieht, war es mir noch eine ganze Weile richtig unangenehm...
Um 8.30 Uhr treffe ich am Pier des Koenigspalastes ein und muss feststellen das KEINE Boote mehr VORMITTAGS Richtung Bang Yai fahren. Sie fahren Vormittags nur von Bang Yai nach Bangkok und am erst am Nachmittag wieder von Bangkok nach Bang Yai. Also eigentlich ist der Bootsverkehr nur fuer Pendler eingerichtet, die in Bkk arbeiten und abends wieder nach Hause fahren. Man kann wohl von Bang Yai auch mit dem Bus zurueckfahren, das Risiko wollte ich aber abends nicht eingehen... So ein Mist! Das war ja wirklich aergerlich. Das wird nun leider nichts mit einem lauen Landluftchen auf einer erquickenden Landpartie...
Also disponiere ich um und entschliesse mich dem Koenigstempel "Wat Phra Keo" mit dem Koenigspalast einen Besuch abzustatten.
Koenigstempel "Wat Phra Keo" vom Chao Phraya aus
Ich bin nun noch relativ frueh unterwegs und das ist auch gut so. Denn der Koenigspalast wird als eine der wichtigsten Sehenswuerdigkeiten von Bkk von einer wahren Voelkerwanderung heimgesucht. Es herrscht eine strenge Kleiderordnung und einige Touristinen sind hell empoert, wenn sie aufgrund ihrer nackten Schultern in weisse geschlossene Hemden gesteckt werden oder bei offenen Schuhen mit nackten Fuessen klobiges Schuhwerg verordnet wird. Und die Palastwachen sind zwar stets freundlich aber auch UNERBITTLICH.
Die Sonne knallt erbarmungslos und ich bedauere es schon fast nicht ein orangenes Schirmchen gekauft zu haben, die in der Strasse vor dem Palastviertel von Kindern feilgeboten werden. Es erwartet mich eine ungeheuere maerchenhafte, bombastische Pracht, Thailaendisches Disney-World. Ein ueberborden dekorierter Bot im Zentrum der Anlage beherbergt eine der groessten Heiligtuemer des landes, den Jadebuddha (Smaragd-Buddah). Fotographieren ist nicht erlaubt.
Nach etwa 4 Stunden in der riesigen Tempelanlage und zahlreichen Fotos mit der Spiegelreflex, trete ich erschoepft aber erhellt den Rueckzug an. Draussen trinke ich erst mal eine eisgekuehlte Kokosnuss und verbringe den restlichen Tag in Banglampoo, dem Traveller-Zentrum von Bangkok.
Am Abend verschanze ich mich nach dem Essen mit Bier und Chips in meinem Hotel und falle schnell in den Schlaf.
Donnerstag, 09/02/06
Tag der Entscheidungen
Morgens erwache ich mit dem Gedanken Bangkok moeglichst schnell zu verlassen. Mein ursruenglicher Plan war es ueber Nord-Thailand nach Laos zu reisen. Doch im Moment sehne ich mich, gerade dem deutschen Winter entflohen, nach Sonne, Strand, Meer und "Happiness". Ich fahre wieder nach Banglampoo und kaufe mir im "Peachy" ein VIP-Bus-Ticket fuer den kommenden Taq nach Ko Samui. Abfahrtszeit ist 19.00 Uhr. Gleichzeitig beantrage ich ein 30-Tage-Visum fuer Laos, das ebenfalls um 19.00 Uhr am naechsten Tag fertig sein soll. Ich bin skeptisch und frage nach, ob das Visum wirklich rechtzeitig zur Busabfahrt eintreffen wird. "No problem" grinst mich die Verkaeuferin an "the bus never comes befor 8 pm."
Ich mache einen Abstecher zur "Khaosan Road", die durch Leonardo di Caprio zu zweifelhaftem Ruhm kam. Die Strasse ist Zentrum der Rucksacktouristen, bunte Freakshow, Rueckzugsgebiet aller Gestrandeten und Laufsteg fuer Erna aus Buxtehude mit Rastazoepfchenfrisur. Nach einer halben Stunde habe ich genug und trete den Rueckzug an.
Aufbruch: | 04.02.2006 |
Dauer: | 12 Wochen |
Heimkehr: | 28.04.2006 |