Drei Monate Amman

Letzen Samstag war ich mit Lina, einer Jordanierin, die ich bei dem Seminar ueber "Citizenship" kennengelernt habe, in ihrer Uni.
Lina studiert an der Hashemite Universitaet in Zarqa Tourismus. Zarqa ist die zweitgroesste Stadt Ammans und in den naechsten Jahren werden die beiden Staedte wohl zusammen wachsen.
Ueber Zarqa gibt es ansonsten nicht viel zu sagen: es ist eine Industriestadt mit wenig Charme, sehr dreckig im Vergleich zu Amman und die Einwohner sind recht konservativ.
Ich hab meine langaermlige Bluse, die auch meinen Allerwertesten bedeckt, trotz 38 Grad im Schatten angezogen. Die Typen haben dennoch alle ganz schoen geklotzt.
Selbst Lina fand es super unangenehm und haette fast einen Streit mit dem "Geldeintreiber" im Bus angefangen, weil der immer so gierig geschaut hat.
Da wir uns am Abdali-Terminal getroffen haben, mussten wir drei verschiedene Busse nehmen, um an der Uni anzukommen. Kein Vergnuegen, wenn man in die Wueste faehrt. Ich war total durchgeschwitzt und wir sind erstmal auf die Toilette gestuerzt, um uns frisch zu machen.
Das war mal wieder ein lustiges Erlebnis. Lina traegt Kopftuch und ich hatte sie bis dahin nie ohne gesehen und ich bin immer noch jedes Mal uebberascht wie anders die Maedels ohne aussehen... meistens wesentlich huebscher- von daher erfuellt es seinen Zweck

Die Hashemite- Universitaet wurde erst 1996 eroeffnet und ist somit ziemlich neu. Sie hat ihren ganz speziellen Charme, weil sie mitten im Nirgendwo in der Wueste liegt.
Dadurch ist es aber auch ausgesprochen heiss. Lina hat mir gesagt, dass manche Studenten prinzipiell das Sommersemester ausfallen lassen.

Man merkt aber auch sofort, dass die Studenten dort konservativer sind. An der Jordan University sieht man in etwa gleich viele Maedels in T-Shirt und mit offenen Haaren wie Maedels mit Ninja-Outfit. An der Hashemite-Uni sieht man kaum Maedels ohne Kopftuch.
Die Yarmuk-Universitaet in Irbid soll die konservativste Uni Jordaniens sein. Laut Aussagen einer ehemaligen FES-Praktikantin, die dort ein Semester studiert hat, war sie die einzige ohne Kopftuch da.
Insgesamt studieren, laut Linas Angaben, ca. 16.000 Studenten an der Hashemite - Universitaet. Fuer eine neue Uni eine stolze Zahl. An der Jordan University studieren etwa 50.000 ... Dort fuehlt man sich auch gleich wie in einer kleinen Stadt.

Und wie kommt man nun dahin?
In Jordanien geht jedes Kind normalerweise 6 Jahre in die Grundschule, dann 4 Jahre auf die Sekundarschule und zum Schluss nochmal fuer zwei Jahre in eine Oberschule, wo man am Ende das "Taujih"- das jordanische Abitur - macht.
Schliesslich entscheidet dann die Punktzahl beim Taujih, an welche Uni man gehen kann. Oder es gibt bestimmte Sonderregelungen. Linas Vater zum Beispiel war bei der Armee und deswegen kann eines seiner Kinder garantiert auf die Hashemite-Universitaet gehen.

Im Allgemeinen ist natuerlich die Jordan University die angesehenste Uni, abgesehen von den Privatunis. Die meisten Faecher, bis auf Arabisch oder Islam, Islamisches Recht usw., werden auf Englisch unterrichtet. Trotzdem sprechen die Studenten nicht alle perfekt Englisch, wie man es erwarten koennte.
Obwohl Samstag war, wo die Bibliothek geschlossen ist, durfte ich sie mir netterweise trotzdem anschauen.
Dort haben sie in etwa das OPAC-System, aber man darf als Bachelor-Student nur drei Buecher ausleihen und wer im Masterprogramm ist, darf 5 Buecher ausleihen. Ich frag mich, wie die ihre Hausarbeiten schreiben...

Neben den Fakultaetsgebaeuden gibt es alles, was man als Student so braucht... Cafeteria, Buecher-und Schreibwarenladen, Kiosk und Chilling areas
Zur Zeit ist hier bereits Pruefungszeit und ueberall sassen Studenten, die laut vor sich hin brabbelten, um sich auf die naechste Pruefung vorzubereiten. Das hatte schon was von Irrenanstalt, aber laut Lina sind zu dieser Zeit auch alle irre.