Apfelblüte am Titicaca-See

Reisezeit: Februar 2005  |  von Robert Rauch

Der Titicaca-See: Die Ruine Sampaia

Ich folge einem gut erhaltenen Inka Weg, seit meinem Aufbruch am frühen Morgen habe ich an die 50km zurückgelegt und jetzt doch etwas schwere Beine.

Ich zweige von dem breiten Inka Weg ab und folge schmalen Tierpfaden durch eine Natur mit verschwenderischer Pracht. Der Titicacasee ist nicht wie die schnell zur Last werdende Süße des Honigs, sondern wie der herbe Wein, von dem man nicht mehr lassen kann. Je weiter ich fortschreite umso geheimnisvoller wird das Land. Ich gleite in einen Zustand weit hinter und über der rastlosen Welt, mir vergeht die Zeit. Stille weht mich an. Meine Augen nehmen die Landschaft auf, dabei geht der Blick nach innen, das Herz verschmilzt mit dem Urgrund des Kosmos, ich gehe in die Tiefe.

Hinter einer Wegbiegung hoch über dem See stoße ich unverhofft auf einen windgeschützten Hang, in den sich ein Dorf schmiegt, wie ich es noch nie vorher sah: Sampaia. Es besteht aus Blumen und Ruinen, auf und zwischen denen die Häuser der Bewohner stehen. Weit entfernt davon unbelebt und tot wie das peruanische Machu Picchu zu sein wohnen hier Menschen, Erben einer stolzen Rasse uralter Herkunft, Aymaras, welche den altehrwürdigen Ort täglich aufs neue mit Leben erfüllen, ein Leben so langsam und ruhig, so zeitlos wie der große Titicacasee.

Mein Zelt im Innenhof Geronimos.

Mein Zelt im Innenhof Geronimos.

Ich kann nicht aufhören, über die Wunder Sampaias zu staunen: kurz vor Einbruch der Dunkelheit zeigt mir Geronimo seine Apfelbäume, die in voller Blüte stehen - und was für prächtige Blüten das sind, das wird riesige Äpfel geben! Du meine Güte, und das in einer Höhe von über 4000 Metern, einer Höhe also, wo in Europa nur noch Eis und Schnee zu finden sind. Geronimo lädt mich im Dezember zur Apfelernte ein. Ich würde gerne kommen, wenn es sich einrichten lässt. Ehrlich gesagt, am liebsten würde ich gleich ganz hier bleiben. Bevor ich mich schlafen lege schreibe ich in mein Notizbuch:
"Sampaia kann ich in einem Satz beschreiben: Ein faszinierender Ort, wo ich nicht anders kann, als glücklich zu sein".

© Robert Rauch, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Begleiten Sie Robert Rauch auf seiner Tour von Copacabana rund um den Titicaca-See: eine Tour, wie sie nur wenige erleben dürften - mit Abstechern in entlegene Dörfer, aber natürlich auch auf die bekannte Sonneninsel.
Details:
Aufbruch: 18.02.2005
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 28.02.2005
Reiseziele: Bolivien
Der Autor
 
Robert Rauch berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Robert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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