Polen und Slowakei von Osten erkunden

Reisezeit: August / September 2006  |  von Manfred Sürig

Quer durchs Bieszczadygebirge

Sonntag, 27.August 2006
Um 9 Uhr ist es immer noch absolut still im Haus, ich habe längst gefrühstückt und möchte starten. Aber meine Wirtsleute sind in der Kirche und ich weiß nicht, was ich zu bezahlen habe. Nach einigem Suchen frage ich eine Nachbarin, und die meint, man hätte mir doch gratis Obdach gewährt, ich hätte einen so niedergeschlagenen Eindruck gemacht, da habe man einfach helfen müssen. Ich lasse dann aus Dank 90 Zloty auf dem Tisch liegen und einen kleinen Zettel mit Danksprüchen in englisch und deutsch; die Hilfe, die mir hier zuteil geworden ist, könnte die Rettung meiner Radtour gewesen sein !
Der neue Tag beginnt hoffnungsvoll: ohne Regen, aber bewölkt und mit einem erbärmlichen Straßenzustand, der insbesondere beim Bergabfahren höchste Aufmerksamkeit verlangt. Dafür begegnet mir das erste Auto aber erst nach einer halben Stunde, als ich schon fast an der Wegegabelung in Olszanica bin. Von hier an kann ich wieder nach meiner Karte fahren, zeitweise sogar auf einem Radweg, und die vielen Tafeln für Fahrradtourismus lassen auf eine erschlossene Urlaubsgegend schließen.
Nun fahre ich auch über den nördlichen Rand meiner großmaßstäbigen Wanderkarte Bieszczady 1:65000 und kann mich bei Sonnenschein bestens orientieren. Nächstes Ziel ist der Stausee Jezioro Solinskie. Unterhalb der Staumauer ist ein großes Informationszentrum, in das Scharen von Touristen strömen. Ich erklimme lieber gleich die Stauhöhe, nun muß sich die geflickte Schaltung bewähren. Zum Herunterschalten ist weiter vorheriges Absteigen erforderlich, aber immerhin kann ich in allen Gängen fahren. Hier ist Erholungsgebiet pur und weil Sonntag ist, macht sich das leider auch am Autoverkehr bemerkbar. Endlich kann ich auch wieder schöne Ausblicke auf den See genießen, wo wohl gerade eine Segelregatta abgehalten wird - der Wind muß erst noch kommen.

Beim Abzweigen auf eine Nebenstraße nach Terka/Cizna bin ich zu voreilig und erwische eine Sackgasse, die nur als Wanderweg weiterführt. Ich will die erklommene Höhe aber nicht preisgeben und wieder zurückfahren und komme so auf eine Moutainbikepiste, die zwar wunderschön durch Wälder führt, aber äußerste Konzentration verlangt. Bei Polanki erreiche ich im Tal der Solinka wieder meine Straße. Aber die ist seit 60 Jahren nicht mehr gepflegt worden und hat mehr Schlaglöcher als Pflaster. Dennoch wollen ausgerechnet hier auch noch so viele Autos hin! Auch meine Idee, am wenigsten Steigungen auf einer Straße zu finden, die an einem Bach aufwärts führt, bestätigt sich nicht. Ich werde also wieder richtig gefordert! Immerhin werde ich auf den letzten beiden Kilometern entlohnt: nagelneue Straßendecke und leichtes Gefälle.
Ich lande in einem Luftkurort Cizna und finde für 30 Zloty sofort eine einfache Unterkunft - ein Lokal fürs Abendessen zu finden, ist schon schwieriger, die Touristen hier, Wanderer meist, leben alle aus dem Rucksack.

Montag, 28.August 2006

Ein sonniger Morgen lädt zum Weiterradeln ein. Zunächst geht es nach Süden bergauf nach Roztoki Gorne, ein Grenzort, der nur aus dem Forsthaus besteht. Das letzte Stück zur Grenze wird der Weg immer besser, um dann aber abrupt am Grenzpfahl zur Slowakei auf 801 m ü.M. zu enden. Dennoch ist das hier ein Übergang für Wanderer und Fahrradtouristen. Keine Kontrolle, nur Hinweisschilder in polnisch auf der einen und slowakisch auf der anderen Seite.

Auch Schatten ist zeitweise wieder willkommen

Auch Schatten ist zeitweise wieder willkommen

Blick von einer Brücke auf die Solinka. Ich werde noch steigen müssen, bis dieser Fluß ein Rinnsal ist

Blick von einer Brücke auf die Solinka. Ich werde noch steigen müssen, bis dieser Fluß ein Rinnsal ist

Immer schmaler wird die Straße, je näher man der Grenze zur Slowakei kommt

Immer schmaler wird die Straße, je näher man der Grenze zur Slowakei kommt

So wird Holzkohle hergestellt, ein Handwerk, das fest in der Hand von Zigeunern ist

So wird Holzkohle hergestellt, ein Handwerk, das fest in der Hand von Zigeunern ist

Hier ist Polen zuende, die Slowakei beginnt dahinter!

Hier ist Polen zuende, die Slowakei beginnt dahinter!

© Manfred Sürig, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eigentlich eine Flucht vor schlechtem Wetter, die am Ende doch nicht gelang, aber dennoch eine begeisterte Rückkehr von einer Radtour in Gebiete, die hier kaum jemand kennt. Mit Durst auf mehr....
Details:
Aufbruch: 24.08.2006
Dauer: 13 Tage
Heimkehr: 05.09.2006
Reiseziele: Polen
Slowakei
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.