Kalabrien im Herbst

Reisezeit: September 2003  |  von Angelika Gutsche

Eine Fahrt nach Cosenza und durch die Sila

Sonntag

Und heute steht endlich das Städtchen Cosenza auf dem Ausflugsplan. Das Gedicht über den Gotenkönig Alerich, der in Cosenza sein Grab fand, sitzt immer noch tief in den Erinnerungen aus der Schulzeit:

"Nächtlich am Busento lispelt
bei Cosenza dumpfe Lieder
aus dem Wasser schallt es Antwort
und in Wirbel tönt es wieder
und den Fluss hinauf hinunter
reiten Scharen tapfrer Goten
die den Alerich beweinen
ihres Volkes besten Toten
allzu früh und fern der Heimat
mussten sie ihn hier begraben
während noch die Jugendlocken
seine Schultern blond umgaben..."

Nachzutragen, dass das Grab des Alerich mit dem dort vermuteten Westgoten-Schatz über Jahrhunderte an den Gestaden des Busento gesucht wurde, diese Schatzsuche selbst noch die Nazis in ihren Bann zog. Gefunden wurde das Grab jedoch nie.

Als wir Cosenza erreichen, beginnt eine chaotische Parkplatzsuche in der quirligen Neustadt. Endlich haben wir es geschafft, unser Auto in eine Parklücke zu quetschen. Zufuß machen wir uns auf in die Altstadt, flussabwärts entlang des Busentos. Wir kämpfen schon wieder gegen die Zeit. Wenigstens ein paar Kirchen wollen wir bis Mittag noch besichtigen bevor alles schließt.

Also zuerst schnell in die Chiesa di San Domenico. Nach deren Besichtigung hasten wir über eine Brücke zur Kirche San Francesco di Paola. Direkt unterhalb des Kirchplatzes hat man einen Blick auf den Zusammenfluss von Busento und Crati, die beide im Moment allerdings mehr an Rinnsale als an Flüsse erinnern. Der Gang durch die Altstadt ist deprimierend. Obwohl erkennbar saniert wird, bietet die Altstadt den Anblick des totalen Zerfalls. Heruntergekommene Häuserzeilen, aufgerissene Straßen, räudige Hunde. Die kaputten Häuser sind zum Teil noch bewohnt, ein Rückzugsgebiet für die sozial Schwächsten. Dazwischen der wunderschöne staufische Dom aus dem 12. Jahrhundert, mit dem Grab der Isabella von Aragon. An der Hauptstraße finden sich noch ein kleines, mit rotem Plüsch ausgestattetes Stadttheater und einige hübsche Läden. Und dann das absolut Größte: auf der Piazza hat mittags ein Restaurant geöffnet! Wir dürfen sogar Rex mit hineinnehmen. Der hat sowieso immer die größte Freude an Stadtbesichtigungen. Morgens sitzt er gleich nach dem Frühstück erwartungsvoll vor dem Auto, begierig auf die Gerüche einer noch unbekannten Stadt.

Wir essen in dem Restaurant sehr gut und genehmigen uns vor lauter Begeisterung eine exquisite Flasche Rotwein.
Die Rückfahrt geht über das sich durch die Mitte Kalabriens ziehende Gebirge, die Sila. Die breite Autostrada führt über gewaltige Serpentinen, durch unzählige Tunnels, entlang vieler Baustellen. Die weinselige Laune ist sofort dahin. Es geht bis auf 1700 Meter hoch, mitten hinein in das grüne Herz Kalabriens. Endlich kommen wir oben im touristisch aufgemotzten Ausflugsort Camigliatello Silano an. Wir halten uns nicht lange auf. Weiter geht es und immer höher geht es. Nur noch ganz selten begegnet uns ein Auto. Irgendwann halten wir in einem Waldweg und machen einen Spaziergang. Die Landschaft ist grandios. Hohe baumbedeckte Gipfel, dazwischen steile Täler. Der Wind pfeift und es ist frisch so hoch oben. Rex ist ganz aufgeregt. Riecht er seine Verwandten, die Wölfe?

Weiter geht's mit dem Auto, noch höher hinauf. Plötzlich erreichen wir eine Ortschaft mit wenigen Häusern. Am Straßenrand stehen plötzlich viele Menschen. Auch wir schauen neugierig, was es da gibt...körbeweise werden prächtige Steinpilze zum Verkauf angeboten. Natürlich erstehen wir auch welche, für unsere Campingplatzküche.

Endlich ist der höchste Punkt erreicht, danach führt die Straße durch ewig grüne Eichenwälder bergab. Wir sind die einzigen, die hier um diese Jahreszeit unterwegs sind. Als sich endlich der Blick wieder auf das Meer weit unten öffnet, hat man das Gefühl, aus einer anderen Welt zurück zu kehren.

Cosenza

Cosenza

Pilzkauf am Monte Pollino

© Angelika Gutsche, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisetagebuch durch den Norden Kalabriens
Details:
Aufbruch: September 2003
Dauer: unbekannt
Heimkehr: September 2003
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Angelika Gutsche berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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