Wanderpaddeln in Südwestfrankreich

Reisezeit: August / September 2007  |  von Stefan Beyer

Fahrtbeginn

Freitag, der 31. August, 4 Uhr morgens, nun wirklich keine Zeit zum aufstehen. Jochen rollt pünktlich mit seinem Auto bei mir an, einsteigen, gähnen und los geht's. Nils hat Fips und Hasso in Dresden eingesammelt. Wir treffen uns kurz vor Chemnitz auf einem Rastplatz. Sagenhaft, keine Staus in Deutschland, freie Fahrt, Sven müssen wir noch aufsammeln, er wartet bei Karlsruhe auf einem Rasthof auf uns. Weiter Richtung Baden-Baden, bei Iffezheim geht's wie jedes Jahr über den Rhein, auf der französischen Seite ist Autofahren irgendwie entspannter. Kurz vor Lyon heißt es dann entweder weiter die Autobahn durch Lyon über Saint Etienne nach Clermont-Ferrand fahren, oder aber mehr als100 km abkürzen und von Villefranche sur Soane per Nationalstrasse wieder auf die Autobahn nach Clermont. Ich entschließe mich für die Abkürzung, zeitmäßig die total falsche Entscheidung, für 40 km Landstrasse haben wir 2 Stunden gebraucht. Soviel zum Thema entspannt fahren in Frankreich. Um 22 Uhr sind wir am Ziel, Saint Julien de Lampon an der Dordogne, haben immerhin die 1500 km in einem Ritt bewältigt. Übernachtet wird beim Bootsverleih direkt am Fluss. Ich setze mich erst mal mit einem Bierchen ans Ufer und freue mich wieder hier zusein. Am nächsten Morgen liegt über der Dordogne dichter Nebel, ein herrlicher Anblick.

Erstes Frühstück in der Natur.
Natürlich wird hinterher alles aufgeräumt

Erstes Frühstück in der Natur.
Natürlich wird hinterher alles aufgeräumt

Punkt 10 treiben wir gemütlich auf dem Fluss, der Nebel löst sich langsam auf und die nachdrängende Sonne verspricht uns einen schönen Spätsommertag.

Wir wollen heute bis Vitrac paddeln. Mittags wird auf einer Insel im Fluss bei Verignac Suppe gekocht. Dreibein, Kessel und natürlich die Zutaten hatten wir mitgenommen und auch an Holz für ein kleines Feuer fehlte es nicht.

Nach einer geruhsamen Fahrt kamen wir gegen 18 Uhr herrlich entspannt in Vitrac an. Unterwegs, natürlich wie immer ein Erlebnis, der Cingle de Montfort, dort macht der Fluss einen Bogen. Auf der rechten Seite ragen steile Felsen direkt aus dem Wasser und an der höchsten Stelle thront das Chateau Montfort. Links Sandstrände und eine Vielzahl kleiner Inseln, dazwischen manche schöne Badebucht. Kurz ein zauberhaftes Stück Erde.

Wir sind dann von Saint Julien de Lampon mit den Autos noch ein Stück in Richtung Souillac gefahren, wo wir aus den letzten Jahren eine schöne Stelle am Fluss zum Übernachten kannten. Eigentlich hatte ich geplant 2 Tage auf der Dordogne zu paddeln, wollte noch mal von Vitrac bis Beynac weil es landschaftlich auch ein sehr schöner Flussabschnitt ist. Aber unsere "Kulturfraktion" hat auf völlig demokratischem Weg mit 3 zu 2 Stimmen, bei einer Enthaltung, den Zweiten Dordognepaddeltag zum Kultursonntag umfunktioniert. Also fahren wir Sonntag früh wieder Richtung Westen, Domme und La Roque Gageau sind die Ziele. Bei La Roque Gageau wird die Dordogne, durch steilaufragende Felsen gezwungen ihren Lauf um 90° zu ändern. Und genau nach dieser Biegung ist der Hafen. Ja, die Dordogne hat hier einen richtigen Hafen. Der Fluss wird stromaufwärts bis genau hierher von Ausflugsschiffen befahren, die auf alt getrimmt sind und irgendwie aussehen als ob gleich Störtebecker oder Käpn Kid mit Kriegsgeschrei an der Reeling erscheinen würde. Übrigens herrscht in dieser Flussbiegung, zumindest bei höherem Wasserstand, eine mörderische Strömung, Nils kennt das genau, bitte nicht unterschätzen. Der Ort La Roque Gageau klebt an den Felsen wie ein Schwalbennest. Anfang der 60ziger Jahre hat ein Felssturz einen großen Teil des Dorfes mit sich gerissen. Es soll allerdings niemand dabei umgekommen sein, weil sämtliche Bewohner auf Arbeit waren. Ein schönes Märchen! Einiges ist originalgetreu restauriert worden, anderes neu aufgebaut. Insgesamt gelungen, eine gute Mischung, mir hat es gefallen zumal an diesem Tag dort ein großer Trödelmarkt abgehalten wurde. Da ich Zuhause regelmäßig Trödelmärkte besuche, ist mir aufgefallen, das das Angebot an alten Möbeln bedeutend größer war. Es waren einige Schmuckstücke dabei, die ich sofort mitgenommen hätte, wenn meine Transport und vor allen Dingen die Finanzierungskapazität ausreichend gewesen wäre.

Von Domme war ich dann doch etwas enttäuscht. Es ist zwar sehr schön gelegen, wie so viele Ortschaften in Okzitannien, dieser ur alten europäischen Kulturlandschaft, zutiefst von dem hundertjährigem Krieg zwischen Franzosen und Engländern im 13. Jahrhundert und dem Kampf der christlichen Volksbewegung der Katharer gegen das dekadente Papsttum seiner Zeit geprägt. Hoch auf einem Felsen über der Dordogne, fast kreisrund angelegt. Eine alte, gewachsene Bausubstanz, die jedes Architektenherz höher schlagen lassen müsste. Aber ganz entschieden zuviel Rummel und Kommerz. An jahrhundertealten Gebäuden elektronische Reklame finde ich nun mal blöd. Wie gesagt, für meinen Geschmack war's ein bisschen "totsaniert". Der Ausblick vom Belvedere de la Barre, einem Aussichtsplatz, zentral neben dem Marktplatz gelegen entschädigt dafür mit einem phantastischen Blick über das Tal der Dordogne. Nach rechts reicht der Blick bis Vitrac, links kann man La Roque Gageau erkennen.

Noch schnell ins Cafe einen Espresso trinken, dabei immer den Stadtpolizisten im Auge, der schon wie der Fuchs um die Gänse um unsere Autos schleicht. Voila Monsieur Steuereintreibergehilfe, noch haben wir 5 Minuten Zeit.

© Stefan Beyer, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Woche kreuz und quer durch Südwestfrankreich fahren und überall die schönsten Flussabschnitte paddeln. Dazu bißchen Kultur und allgemeines.
Details:
Aufbruch: 30.08.2007
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 09.09.2007
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Stefan Beyer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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