Costa Rica - Dschungel, Feuerkegel und Tukane

Reisezeit: Dezember 2002 - Januar 2003  |  von Anke Schlingemann

Gandoca Manzanillo Wildlife Refuge

28.12.2002 San Jose - Gandoca

Ein wider Erwarten umfangreiches Frühstück entschädigt uns ein wenig für den fehlenden Schlaf. Glücklicherweise ist das Hotel mit einem Internet-Anschluss ausgestattet. So können wir auch ohne funktionierendes D1-Netz ein Lebenszeichen in die Heimat senden. Um 8:00 h holt uns ein in Korea gebauter Kleinbus zur 270 km langen Fahrt über Guapiles, Siquirres, Puerto Limon nach Gandoca an der Karibikküste in der Region Limon ab.

Das Wetter ist uns noch nicht wohlgesonnen. Dafür hat die Fahrt durch die Nebelwälder etwas Faszinierendes. Teilweise befinden wir uns auf Wolkenhöhe oder erhaschen einen Blick in ein tiefes, sattgrünes Tal und entdecken einige Wasserfälle. Uns fehlt es an geologischem Wissen, um zu erkennen, wie viele der insgesamt 12 Vegetationszonen in Costa Rica wir durchfahren. Die Rast, die wir nach zweistündiger Fahrt einlegen, kommt uns angesichts der schlechten Federung und des eingeschränkten Platzangebotes sehr entgegen.

Langsam nähern wir uns Puerto Limon und damit auch der Küste. Wir fahren vorbei an riesigen Kaffee-, Bananen- und Ananasplantagen. Die Straßen werden zunehmend schlechter, was nicht nur die Folgen der Anfang Dezember an der Karibikküste stattgefundenen Überschwemmungen (der Präsident hatte den Notstand ausgerufen) sind. Noch vor gut 100 Jahren war die gesamte Region von dichtem, schwer zugänglichem Regenwald bedeckt. Erst mit Beginn der Kaffee-, Kakao- und später Bananenexporte wurde das Gebiet erschlossen. Mit den Bananenplantagen der United Fruit Company kam auch eine Eisenbahnlinie in die Region, die den Export erleichterte.

Gegen Mittag erreichen wir unser Ziel für die nächsten zwei Tage - die "Almonds & Corals Lodge" im Gandoca Manzanillo Wildlife Refuge. Auch hier ist alles gut durchorganisiert. Zunächst einmal gibt es Lunch. Vertrauend auf die Tagesdosis Perenterol und einen kleinen Whisky vor dem Essen, wagen wir uns sogar an die frischen Fruchtsäfte heran. Ob die Coca-Cola-Sauce, die es zum Hühnchen gab, wirklich selbige enthielt, werden wir wohl nie erfahren.

Nach dem Essen beziehen wir unsere Lodge oder besser unser Holzhaus auf Stelzen und sind absolut positiv überrascht.

"Almonds & Corals Lodge" im Gandoca Manzanillo Wildlife Refuge

"Almonds & Corals Lodge" im Gandoca Manzanillo Wildlife Refuge

Mosquito-Netze umspannen die offene Balkenkonstruktion. Ein Schlafzelt schützt vor ungebetenen Einblicken. Toilette und Warmwasserdusche erleichtern uns zivilisationsverwöhnten Touristen den Dschungel-Aufenthalt.

Den frei verfügbaren Nachmittag verbringen wir am Strand. Auch bei grauem, wolkenverhangenen Himmel und tropischen Wolkengüssen hat dies durchaus seinen Reiz. Erste Affen, Vögel und Krebse begleiten uns.

Jetlag- und vor allem Autosirenen-geschädigt ist der Abend bereits nach dem Abendessen für uns beendet. Die Geräusche des tropischen Regenwaldes wiegen uns sanft in den Schlaf.

29.12.2002 Gandoca Manzanillo Wildlife Refuge

Der Tag beginnt um 6:00 h mit einer fälschlicherweise als "Nature Walk" bezeichneten Tour. Auf dem Gelände der Lodge ist eine Art Lehrpfad angelegt. Ein Guide versucht uns anhand von Schautafeln die Flora und Fauna näherzubringen, was ihm aber -auch aufgrund der unverständlichen englischen Aussprache- nicht ganz gelingen will. Erwartungsvoll suchen wir die Bäume nach Vögeln und anderen Urwaldtieren ab. Im Froschgehege wird es interessanter. Wir sehen Froscheier, die von den Froschweibchen unterhalb großer Blätter abgelegt werden. Einige kleine rote Frösche zeigen sich uns genauso wie einige Schmetterlinge. Die Tour endet mit einem kleinen Einblick in das Leben der heute nur noch wenig verbreiteten indianischen Stämme und einer kleinen Gewürzkunde. 30 US$ hätte diese Aktion kosten sollen, definitiv zu viel.

Angesichts des noch jungen Tages entschließen wir uns, den programmfreien weiteren Vormittag mit einem kleinen Ausflug ins 10 km entfernte Aussteigerdorf Puerto Viejo zu füllen. Selbst im Dschungel ist es möglich, hierfür ein Taxi zu rufen.

Die schaukelige Fahrt über Schotterpisten dauert ca. 15 Minuten. Mit dem Fahrer verabreden wir Zeit und Ort für die Rückfahrt und begeben uns in das morgendliche Treiben - dass Leben scheint hier gerade erst zu erwachen.

Bunte, zum Teil sehr heruntergekommene, Boote säumen den Strand. Auch ausgebrannte Autowracks scheinen -direkt vor der Gendarmerie- niemanden zu stören. Im Wasser liegt ein verrostetes und wild bewachsenes Schiffswrack. Faszinierend ist, dass der helle Sandstrand an einer Stelle in tiefschwarzen Sand übergeht. Das Wolkenband hat sich zwischenzeitlich verzogen, strahlend blauer Himmel unterstreicht das Karibik-Gefühl.

Puerto Viejo

Puerto Viejo

Wir schlendern durch die kleinen bunten Dorfstraßen. Viele Aussteigertypen laufen uns über den Weg. Bei einem kalten Getränk beobachten wir das Treiben am Strand - in der Luft liegt ein leicht süßlicher Hanfgeruch. Viele einheimische Familien genießen den freien Sonntag am Strand.
An der verabredeten Stelle warten wir gerade auf unseren Taxifahrer, als wir von einem Fremden angesprochen werden. Zunächst lehnen wir jede Kontaktaufnahme ab, bis wir näher hinhören und gefragt werden, ob wir diejenigen seien, die zur Almonds und Corals Lodge wollen. Wir riskieren einen näheren Blick aufs Auto, was man als solches kaum mehr bezeichnen kann. Die Beifahrertür lässt sich nicht öffnen, die fehlenden Scheiben wurden durch Plastikfolie ersetzt und als Türgriff dient eine Zange -womit die Mängel nur sehr oberflächlich beschrieben sind. Nach einigem Zögern steigen wir dennoch ein und glauben dem Fahrer, dass sein Freund -inzwischen mit Familie am Strand- ihn geschickt hat, zumal Uhrzeit und Fahrtziel bekannt sind. Gut durchgeschüttelt werden wir auch tatsächlich an unserer Lodge abgesetzt.

Nach dem Lunch wartet auf uns eine weitere Attraktion - eine Canopy-Tour. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die eine costaricanische Erfindung, nämlich eine Baumkronen- oder vielleicht eher "Tarzan"-Tour. Hierfür ausgestattet gehen wir zunächst zu einer Teststrecke, wo eine kleine Einweisung stattfindet. Unterwegs begegnen wir einem Faultier, das offensichtlich dem wöchentlich stattfindenden Grundbedürfnis auf Nahrungsresteentsorgung folgt. Die Bewegungen sind derart langsam, dass wir sogar eine Nahaufnahme machen können.
Nun kann die Canopy-Tour starten. Über Holztreppen nähern wir uns den Baumwipfeln und erreichen die erste Plattform. Per Seil gesichert müssen wir nun eine Hängebrücke überqueren - für nicht schwindelfreie die erste kleine Herausforderung. Dann wird es ernst. Die Rolle wird auf das in 30 m Höhe angebrachte Seil gesetzt und selbstverständlich gesichert. Das mulmige Gefühl legt sich, nachdem wir die erste Teiletappe gemeistert haben und auf der nächsten Plattform vom Guide in Empfang genommen werden. Etwa zehn Drahtseile sind quer durch den Dschungel gespannt. In 30 bis 40 m Höhe bewegen wir uns von Baumkrone zu Baumkrone. In dieser Höhe zeigen sich uns ein paar Affen - für Vogelbeobachtungen fehlt die Zeit. Insgesamt war die zweistündige (inkl. Einkleidung und Teststrecke) Canopy-Tour ein schönes Erlebnis (für 40 US $ auch nicht ganz billig).

Natürlich ist Canopy nicht für jeden das Richtige, so dass Detlef die Zeit lieber am Strand verbracht hat. Gemeinsam gehen wir nach der Tour am Strand entlang nach Manzanillo. Auch hier haben sich viele Einheimische zum sonntäglichen Zeitvertreib eingefunden. Wir beobachten das Treiben -die Strandspiele sind uns aus Europa wohl bekannt- und genießen ein kühles, eiswürfelfreies "Cerveza".

Auch der heutige Abend endet kurz nach dem Abendessen. Aber die Geräusche beim Einschlafen im Dschungel, so denn nicht amerikanische Jugendliche alles übertönen, sind schon toll.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Stationen u.a.: Gandoca Manzanillo Wildlife Refuge, Tortuguero Nat. Park, La Fortuna - El Arenal, Monteverde Nebelwälder, Manuel Antonio Nat. Park, San Jose, Meseta Central, Vulkan Poas
Details:
Aufbruch: 27.12.2002
Dauer: 15 Tage
Heimkehr: 10.01.2003
Reiseziele: Costa Rica
Der Autor
 
Anke Schlingemann berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Anke sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!