Stephan in Lateinamerika

Reisezeit: März - August 2008  |  von Stephan Lass

Puerto Escondido

Tja, da war ich doch ziemlich froh, endlich mal an den Strand zu kommen und ein wenig Leben um mich zu haben, und dann war das ganze aber nicht unbedingt berauschend. Klar, schoen in der Sonne liegen und ein wenig baden, das was super. Ich hatte ja doch ein ziemlich grosses Beduerfnis nach Meer und Strand. Allerdings hat sich dann doch bald herausgestellt, dass Puerto Escondido doch auf die Dauer recht langweilig ist. Die Stadt hat nichts zu bieten, ausser einer langen Strasse, wo sich die - auch in Frankreich oder Italien ueberall zu findenden - Verkaufsstaende aneinanderreihen. Die etwas diktatorenhafte Besitzerin meines Hostels erklaerte immer in donnerndem Gebruell, dass irgendein Reisefuehrer Puerte Escondido zu den "10-must-see-places in the world" erhoben habe. Voelliger Unsinn. Der Strand ist fuer Surfer sicher ideal; die Wellen sehen aus wie im Bilderbuch (man nennt das auch die "mexican tube", weil die Wellen sich schlauchartig brechen, man also in der Welle reiten kann - wenn man's kann ...). Aber ansonsten hat der Strand nichts aussergewoehnliches zu bieten. Es gab aber eine kleine Bucht in der Naehe (30 Minuten zu Fuss bei Backofentemperaturen), die einigermassen huebsch war. Hab gerade leider vergessen wie sie heisst.

Die unbenannte Bucht am Abend

Die unbenannte Bucht am Abend

Mein Tagesablauf bestand dann aus: Aufstehen (spaeter als 10 geht eh nicht, weil es dann trotz Deckenpropellor zu schwuel wurde) - dann ein wenig was essen - um 14 Uhr ab an den Strand - abends dann in der ersten Kneipe einen Heben - dann zu dem Surferstrand laufen und noch sehr viel mehr heben - um 3 oder 4 dann zurueck ins Hostel und bedudelt ins Bett fallen. Naechster Tag: "same procedure all over again." Klingt jetzt ein wenig negativ, aber ich bin dann doch in Ferienstimmung gekommen, v.a. dann abends am Strand, wenn die Sonne unterging und ich meinen MP3-player angeschmissen habe. Das war dann schon ziemlich geil. Abends war das Wasser auch etwas angenehmer. Tagsueber hatte man sich z.T. gesagt, "bloss nicht zu viel bewegen, sonst faengt man selbst im Wasser an mit schwitzen." Ich habe ausserdem ein paar sehr nette Traveller getroffen, z.B. aus Bozen, Mexiko, Argentinien oder Australien. Zusammen trinkt es sich dann doch lustiger und erfolgreicher.
Abgesehen davon, dass man hier der Polizei am liebsten aus dem Weg geht (die nehmen einem unter Umstaenden mal so 50,60 Euro ab, weil man z.B. ein gruenes T-Shirt anhat, was man aber an Montagen nicht tragen darf - als dummer Touri weiss man das natuerlich nicht), ist es eigentlich wie in Frankreich oder Italien an einem x-beliebigen Strand. In Europa ist man eigentlich daran gewoehnt, dass die Polizei tatsaechlich "Freund und Helfer" ist oder zumindest nicht Quell des Uebels.
Ich merke jetzt schon, dass ich anders ticke als in D-land. Ich schau mir die fleissig ins Handy einprogrammierten Termine (wie Geburtstage und so) immer nur an, um festzustellen, was ich jetzt schon wieder vergessen habe - nicht, um die Termine irgendwie zu wuerdigen. Sorry, wenn Geburtstagsglueckwuensche ein wenig verspaetet eintreffen.

Dieser faulen Bruder-Luftikus-Grundeinstellung habe ich auch den Verlust von 40 Euro zu verdanken. Ich war naemlich felsenfest davon ueberzeugt, dass mein Bus nach San Cristóbal um 23 Uhr abends Puerto Escondido verlaesst - was aber zu meinem Erstaunen nicht der Fall war. Er fuhr naemlich schon um 21.30 Uhr. Dummerweise habe ich das erst nach einem schoenen Candlelightdinner am Strand gemerkt (Fisch fuer 2,50 Euro) - so um 22 Uhr. Mierda! Musste dann noch eine Nacht in Puerto Escondido verbringen - weil die Hostel total ausgebucht war, wurde mir fuer unverschaemte 130 Pesos ein Sofa auf dem Gang angeboten. Netterweise hat mir ein deutscher Mitreisender sein Bett ueberlassen, weil er es vorzog, bei seiner mexikanischen Reisebekanntschaft zu naechtigen. Merci nochmals!
A propos Geld: Der Kapitalismus scheint im Mexiko noch nicht so gaanz Einzug gehalten zu haben. Zumindest gibt es noch an jeder Ecke - was ganz huebsch ist - kleine Laeden fuer alles nur Erdenkliche oder nicht-Erdenkliche: haufenweise Schuhmacher, Bilderrahmenfertiger, Laeden fuer Schnuere, Laeden fuer Stoffe, Laeden fuer Huete, Laeden fuer Pferdesaettel etc. Alles Berufe, die bei uns ja fast schon ausgestorben sind. Andererseits - und das ist nicht so spassig - bekommen die Mexikaner jedesmal eine Panikattacke, wenn ich meine Einkauefe mit einem 50-Pesos Schein bezahlen will (das sind so 4 Euro). Anscheinend bezahlen alle Mexikaner mit Kleingeld und nur die Touris kommen mit den aus dem Geldautomaten gezogenen 500-Pesos Schein an. Liebe Mexikaner: ihr hindert uns am Konsumieren. Ich habe oft genug gedacht - "nee, das kauf ich jetzt nicht, sonst gibt es wegen meinem 100-Pesos Schein wieder so ein Theater an der Kasse!"

Christian, ich etc. am Strand von Puerto Escondido (= versteckte Bucht)

Christian, ich etc. am Strand von Puerto Escondido (= versteckte Bucht)

© Stephan Lass, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Abgesehen von den ersten vier Tagen in Mexiko-City ist nichts geplant - nur die Freiheit, mich treiben zu lassen ...
Details:
Aufbruch: 05.03.2008
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 19.08.2008
Reiseziele: Mexiko
Der Autor
 
Stephan Lass berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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