Komfort-Trekking Nordthailand und Birma/Burma/Myanmar
Birma Teil 1
Mittwoch, 24.11.2004 Chiang Rai, Bangkok, Yangon
Heute beginnt der Reiseabschnitt auf den ich am neugierigsten bin. Wir verabschieden uns von Him, unserem Führer und Ban, unserem Fahrer und fliegen von Chiang Rai zurück nach Bangkok. Dort steigen wir um in die Maschine nach Yangon in Birma. Vorneweg ein paar Worte zum Landesnamen. In Deutschland ist das Land meist als Birma oder Burma bekannt. Ich glaube die Bezeichnung ist von den Engländern geprägt. Ich habe im Loose Reiseführer gelesen, dass im Deutschen die Aussprache "Birma" noch am ehesten korrekt ist und versuche mich daran zu halten. Die Militärregierung hat den Landesnamen jedoch vor einigen Jahren in Myanmar geändert um sich von der englischen Kolonialzeit abzugrenzen. Die Hauptstadt wurde von Rangun in Yangon umgetauft. Historisch gesehen sind die jetzigen Namen wohl korrekt. Dennoch hat die Aktion zu einer anhaltenden Verwirrung geführt.
Bei der Einreise in Yangon ist zunächst der Papierkrieg zu erledigen. Visum, Application Form for Entry Visa und Visit Report werden genau geprüft und gestempelt. Ebenso die Arrival Card, die wir im Flugzeug ausgefüllt haben. Die Departure Card erhalten wir zurück. Die müssen wir bei der Ausreise wieder vorlegen. Beim Schlangestehen am Immigration Counter werden wir automatisch mit einer Thermo-Kamera auf erhöhte Temperatur geprüft (vermutlich aus Angst vor SARS). Wir kommen mit einem "echten" Rucksack-Touri aus Nürnberg ins Gespräch. Er ist ca. 23 Jahre alt und derzeit arbeitslos. Er war schon in Vientiang (Hauptstadt von Laos) und fand die Stadt schön ruhig und großzügig angelegt. Nicht so hektisch wie Bangkok. Es ist inzwischen fast 20:00 Uhr und er weiß noch nicht, wo er in Yangon schlafen wird.
Wir sind endlich an der Immigration vorbei und können unsere Koffer abholen. Him hatte die Koffer für uns von Chiang Rai bis Yangon durchgecheckt, so dass wir uns in Bangkok nicht damit rumplagen mussten. Unsere Bedenken, die Koffer könnten vielleicht nicht in Yangon ankommen, waren unbegründet. Jetzt noch vorbei am Zoll. Zu Hause hatte uns jemand erzählt, dass man bei der Einreise in Birma das Handy abgeben muss. Außerdem sprachen einige Reiseführer immer noch davon, dass bei der Einreise ein Zwangsumtausch von 200 US Dollar verlangt wird. Kontrolle? Nein. Niemand interessiert sich für unsere Handys und Geld umtauschen müssen wir auch nicht.
Unsere Reiseleiterin erwartet uns schon beim Arrival Gate. Ihr Deutsch ist ausgezeichnet. Alles gelernt in 4 Jahren Studium in Yangon und dann noch bei einem 3-monatigen Aufenthalt in Deutschland und Österreich, während des letzten Sommers. Respekt. Sie heißt Aye Thin Si, aber sie fordert uns auf, sie SiSi zu nennen, weil das für uns Europäer einfacher sei. Damit hat sie uns bei unserem Ergeiz gepackt und natürlich bemühen wir uns fortan sie mit ihrem richtigen Namen anzusprechen.
Ein Auto steht auch gleich für uns bereit. Es ist ein japanisches Fabrikat, ich schätze, so etwa Baujahr 1990. Rechtsgesteuert. Gepflegt. Ein Modell, das in Europa offenbar nicht verkauft wurde. Drei bis vier Männer in Wickelröcken reisen sich darum, unsere Koffer verstauen zu dürfen. Es kommt, was ich schon beim Abflug in Chiang Rai befürchtet hatte. Das Auto ist groß, aber nicht groß genug. Unser Gepäck passt nicht in den Kofferraum. Selbst wenn Karin ihrer große Reisetasche mit nach vorne nimmt, lässt sich der Kofferraumdeckel nicht schließen. Letztlich bleibt dieser eben geöffnet, wird nur mit einem Bindfaden nach unten gezerrt und festgebunden. Für die 10 Kilometer bis zum Hotel ist das okay. Die hilfsbereiten Gepäckträger fordern unverblümt ihr Trinkgeld ein. Ich gebe 1 Dollar, es reicht nicht. Ich gebe noch einen. Es reicht nicht. 3 Dollar müssen es schon sein. Ich habe den Eindruck, dass die Leute in Thailand um einiges freundlicher sind. Das wird sich in den nächsten zwei Tagen noch wiederholen.
Das Hotel: "Savoy". Kolonialstil pur. Und damit meine ich nicht nur den Baustil, sondern vor allem auch die Atmosphäre. Das Personal erweckt den Eindruck, sie seien Dienstboten und vermittelt dem Gast das Gefühl, zur Herrscherklasse zu gehören. Dadurch und durch das ganze Ambiente fühlt man sich zurückversetzt in eine Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts. Man kann das natürlich genießen. Aber nach drei Übernachtungen in dem Hotel habe ich letztlich ein schlechtes Gefühl dabei, schäme mich für diese moderne Form der Ausbeuterei und beschließe, hier nicht mehr zu wohnen, falls ich mal wieder nach Birma komme. Für die Leute ist es zwar Glück, wenn Sie einen Job in so einem Hotel bekommen aber sie verdienen teilweise nur 15 Dollar im Monat. Das reicht nicht mal in Birma zum leben. Und es gibt Westler, die darauf achten, dass mit dem Trinkgeld nicht zu üppig verfahren wird. Bei diesem Lohnniveau verdirbt ein 5-Dollar-Trinkgeld schließlich den Charakter! Nein danke. Das ist mir zu dekadent. Lasst die Leute doch etwas mehr teilhaben an den Unsummen, die die Touris in diesen Hotels lassen.
Über die Qualität des Hotels selbst kann man allerdings nicht klagen. Es ist Spitzenklasse. Unser Zimmer ist geräumig, sauber und komfortabel. Das Personal ist, wie oben bereits erwähnt, mehr als freundlich. Für uns ist an diesem Abend noch ein Dinner vorbereitet. Wir bekommen die mit Abstand beste Piccata Milanese unseres Lebens serviert. Und das in Yangon!
Dinner im Savoy
Wie sich später herausstellt, ist der Küchenchef Deutscher. Von unserem Platz im Restaurant, und auch von dem kleinen Balkon unseres Zimmers, haben wir einen einmaligen Blick auf die beleuchtete Schwedagon Pagode.
Donnerstag, 25.11.2004
Inside Yangon
Aye Thin Si holt uns im Hotel ab. Unser Fahrer bringt uns zum Kann daw gyi See, der in einem schön angelegten Park liegt und an dessen Ufern ein tempelähnliches Gebäude in Form einer Königlichen Barke errichtet wurde. Mit einem König hat die Barke aber in Wirklichkeit nichts zu tun. Birma hat seit 1885 keinen König mehr. Dieser Park mit dem See und der Königlichen Barke gehört zu den Schmuckstücken Yangons.
Kann daw gyi See, Yangon
Anschließend besichtigen wir den liegenden Buddha, der mit 70 Metern Länge der fünftgrößte in Birma ist (Chauk htat gyi Paya). Eine reiche Familie hat die Figur vor einigen Jahren errichten lassen. War bestimmt sehr gut fürs Karma.
70 Meter Buddha
Aye Thin Si nutzt die Gelegenheit uns ausführlich über den buddhistischen Glauben im Allgemeinen und die Symbole auf Buddhas Fußsohlen im Besonderen aufzuklären.
Vom Buddha machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Strand Hotel in der Strand Road. Wir gehen durch die Straßen Yangons und sehen, worauf wir von der Travel Agency schon vorbereitet wurden: kaputte Bürgersteige, verfallene Häuser, Schmutz. In den Straßen ist es lebhaft und bunt aber bei Weitem nicht so heftig wie in Bangkok. Straßenrestaurant:
Straßenrestaurant
Überall am Wegesrand sitzen Kleinsthändler, Köchinnen, auch Astrologen. Betel-Blätter werden verkauft. Wir haben Gelegenheit bei der Zubereitung einer verkaufsfertigen Portion zuzusehen. Auf ein einzelnes Blatt wird weißer Kalk als eine flüssige Masse aufgestrichen. Dann kommen Gewürze dazu und gekochte Betel-Nuß. Dann wird das Blatt gerollt - fertig ist die Portion. Es stimmt tatsächlich, dass überall auf den Bürgersteigen und Straßen die roten Flecken der ausgespuckten Kaumasse zu sehen sind.
Die Garküchen sind in der Regel leicht transportabel. Viele Verkaufsstände bestehen aus einem stabilen Holzbrett und zwei überdimensionalen Waagschalen. Das Ganze wird auf den Schultern zum Verkaufsplatz auf dem Bürgersteig getragen, abgestellt und los geht's. Abends wird der Laden wieder geschultert und nach Hause getragen.
Schulter-Laden
Wenn wir durch die Straßen gehen, fällt mir auf, dass viele Kinder, aber auch Erwachsene uns mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen nachblicken. Zum Teil liegt es wohl an Karins blonden Haaren, die für die Birmesen wirklich was Seltenes sind. Zum Teil sitzt bei der Bevölkerung aber auch eine alte Angst vor den Kolonialherren noch tief. Aye Thin Si erklärt uns, dass Ausländer - besonders von den Menschen auf dem Land - einfach in zwei Kategorien eingeteilt werden: alle grossgewachsenen Ausländer werden als Engländer bezeichnet. Alle kleineren Ausländer gelten als Japaner.
Als wir das Strand Hotel ("The Strand") erreichen, könnte der Unterschied kaum drastischer sein. Draußen Staub, Schmutz, Armut, Bettler und drinnen mondäner Luxus pur. Zimmerpreise, die 1000 Euro pro Nacht erreichen können stehen Monatseinkommen im einstelligen Eurobereich gegenüber. In den zum Hotel gehörenden Shops werden Kostbarkeiten birmesischer Juweliers- und Handwerkskunst dargeboten. Wir sehen zum Beispiel ein Möbelstück, das auf den ersten und zweiten Blick wie ein wuchtiger Ledersessel im Bauhausstil anmutet. Erst bei genauem Hinsehen und bei Berührung stellen wir fest, dass das Teil tatsächlich aus Teakholz ist. Das ebenfalls geschnitzte "Sitzkissen" lässt sich sogar herausnehmen.
Aye Thin Si (SiSi) im Teaksessel
Ich habe nicht gefragt, was das Prachtstück kostet, aber ich vermute, dass man für den Kaufpreis ein bis zwei Jahre eine birmesische Grundschule betreiben könnte.
Unser Mittagessen nehmen wir in einem Lokal der 50th Street ein, die als "un-official home of expatriates" angekündigt wurde. Ich stelle mir also eine Straße in gutem Zustand vor, in der eine Anzahl westlicher Lokale in renovierten Kolonialbauten zu finden ist - und liege gründlich daneben. Als wir mit unserer Rikscha ankommen wundere ich mich über den Stopp in der "Hinterhof-Gasse". Hier besteht der Straßenbelag großteils nur aus Schotter. Die umliegenden Gebäude sind 3-4 geschossig, weitgehend verfallen und zum Teil von Pflanzen und Unkraut überwuchert. Laut Aye Thin Si wohnen hier Beamte des Militärregimes. Die Beamten haben kein hohes Einkommen, aber dafür eine Reihe von Privilegien. Eine Wohnung in einem der heruntergekommenen Gebäude zählt genauso dazu wie zum Beispiel ein Dienstwagen. Der nagelneue 5er BWM auf dem Parkplatz schräg gegenüber dürfte allerdings keinem der hier lebenden Beamten gehören.
Dienstfahrzeug ?
Erst auf den zweiten Blick erkenne ich, dass wir vor einer halbwegs passablen Eingangstür stehen. Diese wird geöffnet, wir treten ein und sind - wieder - in eine andere Welt versetzt. Das Pub im irischen Stil könnte genauso gut in München, London oder Heidelberg stehen. Davon was sich außerhalb abspielt bekommt man hier nichts mit. In der anderen Ecke sitzen zwei chinesische Geschäftsleute. Die Chinesen spielen hier in Yangon eine wichtige, weil finanzkräftige, Rolle. Später treffen noch zwei Westler ein, die vielleicht Touristikmanager sein könnten. Weitere Gäste sehen wir nicht. Unser Essen ist birmesisch, einfach und lecker. Auch das Myanmar-Bier schmeckt uns.
Nach dem Essen wird uns eine einstündige Fußmassage gegönnt. Die Einrichtung des Beauty Salons ist einfach aber sauber und für birmesische Verhältnisse schon luxuriös und durchaus geeignet auch westliche Besucher aufzunehmen. Während der Massage wird uns grüner Tee serviert. Gar nicht schlecht. Das Personal hat seine Künste nach eigener Aussage von einem Koreaner gelernt und bringt sie nun durchaus schmerzhaft zur Anwendung. An meiner Mimik liest mein Masseur ab, wie viel ich aushalte. Mir dünkt, immer kurz bevor ich zu einem Schmerzensschrei ansetze wechselt der Sadist auf einen sanfteren Griff. Im Laufe unserer Behandlung betreten auch noch ein Europäer und zwei Einheimische den Salon. Der Europäer gönnt sich ein Vollprogramm mit Haarwäsche, Gurkenmaske, Fuß-, Körper- und Kopfmassage. Er trägt, wie die Einheimischen, einen Wickelrock. Für seine Behandlung muss er sich übrigens nicht entkleiden. Die beiden Birmesen lassen sich mittels einer Salzwasser-Fußwaschung den Körper entgiften. Und natürlich gibt's danach ebenfalls noch eine Fußmassage. Die Kosten für unsere Fußmassage belaufen sich auf 3000 Kyat (ca. 3 Dollar) pro Person. Wirklich günstig für eine ganze Stunde.
Den Nachmittagskaffee nehmen wir im modernen Einkaufscenter "Dagon Center" ein. Dagon ist übrigens der alte Name der Stadt. Daher kommt auch die Bezeichnung für die Schwedagon Pagode. "Schwe" heißt Gold und Dagon ist der Ortsname. Das Dagon Center ist ein Vorzeigebau. Hier gibt es jede Menge Geschäfte auf westlichen Standard.
Einkaufspassage im Dagon Center
Wir sehen viele Jugendliche. Wer in Yangon "In" sein will kauft hier ein und nimmt im hiesigen Internet Cafe (Cafe Aroma) seinen Milchshake ein. Die jungen Leute, die sich hier amüsieren, sind vermutlich die Kinder der birmesischen Militär-Nomenklatur.
Danach begeben wir uns endlich zur weltbekannten Schwedagon Pagode. Zunächst denkt man dabei nur an die 99 Meter hohe, vergoldete Stupa. Aber eigentlich handelt es sich um einen ganzen Pagoden-Komplex der um die Hauptstupa gruppiert ist. Die Anlage an sich hinterlässt bereits einen unglaublichen Eindruck. Die größte Manifestation buddhistischen Glaubens, die wir bis dahin gesehen haben. Nun aber wird das Erlebnis noch gesteigert, als anlässlich des Novembervollmondes (in Thailand Loy Kratong) große Prozessionen ihren Weg zur Schwedagon Pagode nehmen und unter mystischen Gesängen und Glockenschlägen die Stupa umrunden.
Prozession um die Schwedagon Pagode
Auf dem Gelände sind festlich geschmückte Webstühle aufgebaut. Junge Frauen werden in der kommenden Nacht im religiösen Wettbewerb Tücher für Buddha weben.
Festlich geschmückte Webstühle
Festlich geschmückte Weberinnen
Als die Sonne untergeht und die goldenen Stupas im Scheinwerferlicht erstrahlen, bleibt uns nur stilles Staunen und das aufsaugen dieser fremdländischen Atmosphäre.
Schwedagon Pagode
Im Padoma Restaurant nehmen wir ein vorzügliches birmesisches Diner ein.
... Fortsetzung im Kapitel "Birma Teil 2"
Aufbruch: | 14.11.2004 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 05.12.2004 |
Myanmar