Las Vegas
Eine kurze Reise in eine verrückte Stadt.
Die Reise ist ein Wettbewerbspreis der Firma Digicomp Academy AG und daher nicht wirklich mein typisches Reiseziel. Das macht sie aber umso spannender. Ich bedanke mich hiermit bei der Digicomp nochmals ganz herzlich für den tollen Preis aus ihrem Jubiläumswettbewerb 2008 30 Jahre Digicomp
Erwachen
Laute Musik weckt mich. Wie spät ist es? Wo bin ich? Die Uhr auf dem Nachttisch zeigt mit grossen roten Zahlen die Zeit an: 3.30.
Ich bin in Las Vegas. Gestern Abend angekommen. Und mir scheint, dass ich eben erst eingeschlafen bin. Schlaftrunken greife ich zum Wecker, erspüre eine Taste. Die Musik hört auf. Zum Glück. Umdrehen, weiterschlafen. Ein paar Minuten später dasselbe, wieder Musik, wieder ausschalten, einschlafen. Beim dritten mal erst kann ich mich aufraffen, das Licht anzuzünden und den Wecker etwas genauer anzusehen. Und jetzt finde ich auch den Knopf, das Ding richtig auszuschalten.
Es ist ja nicht lange her, da wurde ich ebenfalls aufgeweckt. "Beatrice! Schläfst du noch?!" "Ja, jedenfalls bis vor einer Minute". Es war Seppi, der mich nach Kloten fahren wollte. Er stand in der Haustüre und rief nach mir. Zum Glück hatte ich sie am Abend vorher nicht abgeschlossen, denn sein Klingeln hatte ich nicht gehört. Ich wäre verschlafen, hätte den Flug verpasst, Las Vegas verpasst. Doch für solche Überlegungen war jetzt keine Zeit. Aufstehen, anziehen, Koffer, Laptop und Handtasche schnappen und zehn Minuten später konnten wir losfahren. Ein neuer Rekord.
"Hast du alles? Pass, Geld, Kreditkarte" fragte Seppi besorgt. "Ja, ja, ich hatte mir gestern alles bereitgelegt, aber gut dass du mich danach fragst, ich bin im Moment noch nicht sehr zurechnungsfähig." Bis wir beim Flugplatz ankamen, blieb genügend Zeit, aufzuwachen. "Machs gut und geniess die Tage."
Ich checkte ein. Allein. Wieder einmal. Wäre es nicht schöner, eine solche Reise zu zweit anzutreten? Nur kurz liess ich den Gedanken aufblitzen. Liess ihm Raum. Wollte meinen Wunsch nicht ganz unterdrücken. Doch dann verdrängte ich ihn. Erinnerte mich an die letzten Reisen. Diese waren nicht zuletzt so spannend, weil ich allein unterwegs war. Niemand, der mich zurückhielt, wenn ich etwas Neues entdecken wollte, einen ungeplanten Weg einschlug. Und es gab immer jemanden, mit dem ich die Erlebnisse teilen konnte, mit dem ich reden oder lachen konnte. Es hat überall Leute, mit denen man ins Gespräch kommt. Ja reden. In Englisch. Ob ich das überhaupt noch kann, ich war ja in letzter Zeit immer nur spanisch unterwegs.
Im Flugzeug versuchte ich, die Zeitschrift der Delta Airlines zu studieren, aber das Buch in meiner Handtasche fesselte mich mehr. Es blieb ja auch genügend Zeit. 11 Stunden bis Atlanta, 4 Stunden Aufenthalt und noch einmal fast 5 Stunden bis Las Vegas. Inzwischen hatte ich nicht nur das Buch fertig gelesen, etwas gedöst, sondern auch die englische Zeitschrift durchstöbert.
Spätestens beim Taxifahrer, der mich zum Hotel brachte, versuchte ich dann auch mein Englisch richtig anzuwenden. "Wie ist das Wetter in Las Vegas?" wollte ich wissen. "Oh, its fine, es ist wunderbar hier, angenehme Temperaturen." Er war äusserst freundlich, doch leider verschwand seine Freundlichkeit mit einem Schlag, als ich ihm den verlangten Preis mit einem (zu) kleinen Zuschlag bezahlte. Ich schien den Trinkgeldtarif nicht getroffen zu haben.
Egal, ich stand vor der gigantischen Pyramide des Luxor-Hotels in Las Vegas. Weiche Spannteppiche, gedämpftes Licht und Musik empfingen mich. Ich folgte dem breiten Gang in die riesige Halle. Rechts und links elegante Boutiquen. Oben an der Decke ein Pfeil: Registration. Das muss wohl die Rezeption sein. Ja, das war sie. Eine lange Theke mit unzähligen Angestellten dahinter. Daneben die ersten Spielkonsolen. Keine einarmigen Banditen, das sah ich auf den ersten Blick. Man hatte ihnen auch noch den zweiten Arm amputiert und dafür eine ganze Menge blinkender Lampen aufmontiert.
Der Geräuschpegel in der Halle war gigantisch. Musik aus allen Lautsprechern, als gedämpfter Soundteppich, dumpfe Basstöne von den Automaten, eine summende breite Rolltreppe, Gespräche von Menschen. Nur die Schritte der vielen Leute wurden durch den Spannteppich gedämpft. Zum Glück war grad ein Schalter frei und ich bekam meinen Schlüssel mit der Anweisung, den Lift rechts zu nehmen. Zum Zimmer 9102. Dass ich dann doch zuerst den falschen Lift erwischte, war angesichts meiner Müdigkeit und der gigantischen Ausmasse der Halle nicht weiter verwunderlich. Nach einer ersten Irrfahrt fand ich aber doch noch den richtigen Lift und stand schon bald in meinem Zimmer. Im 9. Stock. Mit Blick auf das nächste Resort-Hotel und vom Gang hinunter in die gewaltige Lobby mit Restaurants und Bars.
Diese Pyramide ist riesig. An der Aussenwand sind die Zimmer angebracht, erreichbar mit Lifts an allen vier Ecken. Im gewaltigen Innenraum gibt es Palmen, Boutiquen, Nightclubs und Bars. Selbstverständlich musste ich nach der ersten Begutachtung meines Zimmers gleich wieder hinaus, sehen, wo ich da eigentlich hingeraten war.
Es ging gegen 21 Uhr und mein Magen knurrte nach Nachtessen. Im Prospekt hatte ich gesehen, dass es ein feines Steakhouse gab und das wollte ich jetzt suchen. War gar nicht so einfach, die Orientierung in diesem riesigen Komplex nicht zu verlieren. Überall Spielautomaten, Spieltische, Leuchtreklamen, blinkende Lichter, Musikberieselung. Das Restaurant allerdings war sehr gediegen.
Wahrscheinlich habe ich gegen den Code verstossen, als ich mich einfach irgendwo hin setzte. Aber die dicken Polster sahen so einladend ein, dass ich mich erst mal ein wenig einkuschelte und der Dinge harrte, die da kommen sollten. Sie kamen in Form von Kellnern. Einer brachte ein Glas Wasser, der nächste das Brot mit Butter, einer nahm die Bestellung auf und empfahl mir ein Ribeye-Steak und ein feines Glas Wein dazu. Alles wunderbar, es blieben keine Wünsche offen, sogar einen kleinen Gruss aus der Küche zur Einstimmung gab es. Das Fleisch war exzellent, die Pommes bestimmt selbstgemacht, der Wein passte ausgezeichnet und die Bedienung war äusserst aufmerksam. Nach diesem feinen Essen, konnte mich nicht einmal mehr die Rechnung aus der Ruhe bringen, obwohl ich 12 Dollar für eine Portion Pommes doch etwas viel fand. Und für den Preis der zwei Gläser Wein hätte ich im Bahnhof Malters eine ganze Flasche vom besseren bekommen. Egal, Las Vegas ist eben nicht irgendein Ort. Hier wird mit Geld wahrscheinlich nur so um sich geworfen.
Ich machte noch einen kleinen Rundgang durch das endlose Entertaining, guckte den Leuten an den Automaten und an den Spieltischen zu und schlüpfte kurz vor Mitternacht in mein breites Bett. Beim Einschlafen kam mir in den Sinn, dass ich in diesem riesigen Vergnügungstempel nicht ein einziges lachendes Gesicht gesehen hatte.
Aufbruch: | 25.02.2009 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 01.03.2009 |