Apulien mit dem Motorrad entdecken
Über Brindisi an die apulische Südspitze
Tour 2: Entlang der Adria und des Ionischen Meeres an die Südspitze Apuliens
Erholt und gestärkt wollen wir nun den Süden Apuliens erobern! Entlang der superstrada, die Tomaten-, Salat- und Artischockenfelder säumen, fahren wir zunächst in die alte Hafenstadt Brindisi, wo einst die berühmte Via Appia endete. Bei den davon noch zeugenden Säulen gedenken wir nicht nur der römischen Legionen, sondern aller Reisenden der Antike, die sich hier einschifften, um ihre Fahrt auf den Balkan, nach Byzanz (Konstantinopel/Istanbul) oder noch weiter in den Orient anzutreten. Auch heute legen im Hafen von Brindisi Fähren nach Griechenland, Albanien und in die Türkei ab.
Wir verlassen Brindisi Richtung Lecce, halten uns aber schon bei der Masseria Trullo links Richtung Cerano und San Gennaro, um der hübschen Küstenstraße, als literanea ausgezeichnet, über San Cataldo bis Otranto zu folgen.
Dass wir nun in der Provinz Salento angekommen sind, zeigt sich an dem hier betriebenen Weinanbau. Immer wieder führen Stichstraßen zu den kleinen, am Meer gelegenen Badeorten und ihren Stränden und auch wir legen nach Casalabate an einem weit gestreckten Dünenstrand eine erfrischende Schwimmpause ein. Zwischen Casalabate und Torre Rinalda folgen wir rechts der Ausschilderung zu der Basilika Santa Maria di Cerrate. Ein Abstecher, der sich wirklich lohnt! Diese Kirche aus byzantinischer Zeit mit ihren gut erhaltenen Fresken und griechischen Inschriften stammt aus dem 12. Jahrhundert und liegt verträumt inmitten des Gartens eines ehemaligen Basilianerklosters; in den ehemaligen Klosterräumen ist ein kleines, nett gemachtes Heimatmuseum untergebracht.
Zurück auf der litoranea säumt nun Macchia die Fahrbahn und vor Cataldo erstrecken sich große Lagunen. Kurz vor dem Ort besuchen wir ein an einem Kreisverkehr gelegenes, sehr nettes, Schilf gedecktes ristorante mit wirklich guter Küche. Wie schade, dass - unterwegs mit Motorrad - der vorzügliche vino, nur äußerst sparsam genossen werden kann. Nach San Cataldo steht ein längerer Küstenstreifen unter der Obhut des WWF. Leider haben wir nicht die Zeit, uns einem geführten "Birdwatching" anzuschließen, jedoch zu einem Spaziergang in der geschützten Zone reicht es allemal. Und dann kommen zu unserer Rechten auch schon die beiden Alimini-Seen in Sicht. Die Landschaft ist so wunderschön, dass wir nicht umhin können, auch hier einen Halt und einen kleinen Spaziergang einzulegen.
In Otranto angekommen, parken wir das Motorrad auf dem vor den dicken Mauern der Altstadt angelegten Parkplatz. Nachdem wir das gewaltige Tor durchquert haben, machen wir uns gleich auf zur Kathedrale, um deren berühmten Mosaikfußboden zu bewundern. Er stammt aus dem Jahre 1166 und ist das einzige fast vollständig erhaltene Mosaik aus dieser Zeit. Die Darstellung der Fabelwesen und die religiösen sowie geschichtlichen Motive muten etwas naiv an, doch ist die hinter ihnen verborgene Mystik auch heute noch spürbar und man kann sich gut erklären, wie dieses Mosaik den Autor Roberto Cotroneo zu seinem Roman "Otranto" anregen konnte. Ein leichtes Gruseln kann ich beim Besuch der Märtyrerkapelle nur schwer unterdrücken: Hier sind die Schädel und Gebeine von 500 Menschen aufgestapelt, die bei der Eroberung der Stadt durch die Türken geköpft wurden. Und auch die Krypta aus dem 11. Jahrhundert mit ihren 42 ganz unterschiedlich gestalteten Säulen hinterlässt einen tiefen Eindruck. Natürlich schließen wir noch einen Spaziergang durch die Altstadt von Otranto an mit ihrem mächtigen Kastell und den vielen Restaurants und kleinen Souvenirläden. Interessant ist auch noch die aus dem 10. Jahrhundert stammende Basilika San Pietro. Otranto war einst Sitz des griechischen Bischofs und wie auch Brindisi eine der letzten byzantinischen Bastionen, bevor sie 1070 von den Normannen eingenommen wurde.
Übrigens endet hier in Otranto der Teil des Mittelmeeres, der als Adria bezeichnet wird und es beginnt das Ionische Meer, an dessen wildromantischer Steilküste wir nun unsere Fahrt nach Santa Cesarea Terme fortsetzen. In diesem Kurort fallen sofort die im indisch-maurischen Stil erbauten Villen ins Auge. Kurz vor Castro Marina führt eine Abzweigung zur prähistorischen Zinzulusa-Grotte. Vom Parkplatz aus geht es viele Stufen und Gischt umspritzte, schmale Stege hinunter zur Grotte, die vor rund 20.000 Jahren von Menschen bewohnt war.
Weiter folgen wir der Panoramastraße mit ihren herrlichen Ausblicken, vorbei an kleinen Badeorten, nach Santa Maria di Léuca. Dieser südlichste Punkt Apuliens erlangte durch das Buch von Roberto Saviano "Gomorrah" und dem gleichnamigen Film neue Bekanntheit: In dieser Gegend sollen sich die illegalen Nähfabriken befinden, in denen sogar die Haute Couture von der Mafia schneidern lässt.
Es ist schon spät und wir sind müde und so nehmen wir den kürzesten Weg über Maglie nach Hause. Weder schaffen wir es heute noch, das sicher sehenswerte Paläontologische Museum in Maglie zu besuchen, noch uns auf die Suche nach den hier auffindbaren, jungsteinzeitlichen Menhiren zu begeben und sogar die ältesten Fresken Apuliens, die in der Grottenkirche von Carpignano zu finden wären, lassen wir links liegen.
Aufbruch: | Juli 2009 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | August 2009 |