Batterien aufladen
Taxifahrer
Der Blick aus dem Hotel 'Sol de Pucallpa'
Mein Taxifahrer, Leonardo heisst er, hat mich zum Hotel 'Sol de Pucallpa' gefahren. Eigentlich bin ich nach der langen Reise hundemüde, aber auf der anderen Seite auch sehr gespannt, wo ich denn jetzt gelandet bin. Ich war noch nie hier. Es ist eine Millionenstadt am Ucayali. Es führt eine Stasse hin und so fahren von hier viele Frachtschiffe los mit Ziel Iquitos, oder weiter nach Brasilien.
Vor der Kathedrale von Pucallpa startet eine Prozession. Sie dauert fast den ganzen Tag und führt zur Polizeistation. Scheint, dass sich heute alle Polizisten der Umgebung hier versammeln
Weil ich noch nicht weiss, wie lange ich hier bleiben werde, will ich die Zeit nutzen, die Stadt kennen zu lernen und engagiere Leonardo spontan zu einer Stadtrundfahrt. Er hat auch schon Ideen was er mir zeigen will: die Lagune, den Zoo, den Hafen. "und ich will unbedingt abklären, wann ein Schiff nach Iquitos fährt" trage ich ihm noch auf, bevor wir losfahren. Täusche ich mich, oder knattern die Mototaxis hier noch lauter als in Iquitos? Wir fahren am gedeckten Markt vorbei: Mercado dos. Der Plaza des armas wird gerade umgebaut und ist durch eine Bretterwand vor neugierigen Blicken geschützt. 'Trabajamos por un limpio y ordenado Pucallpa' steht auf einem grossen Plakat. Sauber und ordentlich wollen die Leute also ihre Stadt sehen. Bald verlassen wir die Innenstadt und kommen zur Lagune.
In der Lagune von Yarinagocha
Hier fängt gleich ein Gerangel an. Jeder Bootsbesitzer will mir sein Boot empfehlen, will mich hinaus in die Lagune fahren. Ich entscheide mich für Edi und sitze schon bald in seinem frisch gestrichenen Boot, das von seinem Bruder Alex gesteuert wird. Die Lagune ist ein kleiner See neben dem Ucayali. Bei Regenzeit ist er mit zwei Zugängen mit dem Ucayali verbunden, meistens aber führt nur eine enge Wasserstrasse hinaus zum Fluss. Das reicht aber, dass sich hier in der Lagune die Delfine tummeln. Und wirklich, nachdem Alex den Motor abgestellt hat, sehen wir ein paar dieser ungewöhnlichen Säuger. Leider springen die Süsswasserdelphine nicht, sie sind grösser und träger als ihre Artgenossen im Meer, aber es ist trotzdem immer wieder spannend, sie in ihrem Element zu entdecken. Wir fahren weiter und kommen zu einem Restaurant, das mit einem Naturpark die Leute anzieht.
ein komischer Vogel
Es gibt hier ein paar Käfige mit Tieren. Bei einigen macht es mich richtig traurig, wie wenig Platz sie für ihr Leben haben und beim Otter kann ich es überhaupt kaum ansehen, in welch winziger Wasserpfütze er sein Dasein fristen muss. Und trotzdem scheint das putzige Kerlchen freundlich zu lächeln. Später im Restaurant sage ich der Besitzerin, dass das Gehege und das Bassin viel zu klein sei, worauf sie mir zustimmt und erklärt, dass der Verschlag, der hinter dem Restaurant gebaut wird, das zukünftige Heim des Otters sein wird. "Es wird viel grösser sein", sagt sie überzeugend, während mir auch die vierfache Grösse noch immer zu klein scheint.
Gleich neben der Anlage gibt es eine Lodge, die scheinbar einem Schweizer gehört. Die Fahne am Steg zeigt es an. Sie wird im Moment nicht betrieben, weiss Edi, er kennt den Besitzer. Ihm gehört nicht nur das Hotel Mercedes in der Stadt sondern auch das neue schwimmende Restaurant in der Lagune. Zu schade, dass ich nicht mehr Zeit habe, wäre gern da noch eingekehrt. Aber zurück am Strand erwartet mich Leonardo. Bevor wir losfahren kaufe ich bei einer indianischen Händlerin noch eine Halskette. Sie macht sie selber, aus Samen des Waldes. D"ie roten Perlen sind Glücksperlen", erzählt sie und wünscht mir alles Gute für die Reise. Sie heisst Isabell und schenkt mir ein Lächeln für meine Foto.
Isabell
Nächste Station meiner Rundfahrt durch Pucallpa ist der Zoo. Er ist in einem Wald angelegt und hat vor allem Tiere aus der Region. Besonders fruchtbar scheinen die Wildschweine zu sein. Sie verbreiten sich in mehreren Gehegen. Es sind kleine zierliche Tiere und wahrscheinlich würde man sie nicht als Wildschweine bezeichnen, aber sie sind bestimmt verwandt mit ihnen.
Auf dem Waldweg plagen sich Blattschneideameisen ab. Sie ziehen ihr Bahn unbeeindruckt von den Zoobesuchern. Vollgepackt in die eine Richtung und leer und unbeschwert in die andere. Und immer wenn sie sich begegnen, tauschen sie mit ihren Fühlern kurze Informationen aus. Eindrücklich, was für Gewichte sie transportieren.
Im nächsten Käfig döst ganz oben auf einem Ast das Ozelot. Auch es lebt allein. Daneben gibt es den eleganten Puma und den imposanten schwarzen Panter. Eindrücklich sind sie, die wunderschön gezeichneten Katzen. Ob es ihnen wohl reicht, hier ihr Leben zu verdösen, immer genug Nahrung und Wasser zu haben? Ich weiss es nicht und eigentlich macht es auch keinen Sinn, immer alles zu hinterfragen.
Auf einem Weiher entdecke ich wunderschöne lila Wasserlilien. Solche habe ich überhaupt noch nie gesehen und als ich den kleinen Zaun überschreite, um bessere Fotos zu bekommen, hoffe ich, dass sich im Wasser keine Lagartos verstecken. Nein, beruhige ich mich, die lagen in einem grossen Gehege, umgeben mit einem Gitterzaun. Und ausserdem sind sie nicht so aggressiv wie ihre Verwandten, die Krokodile.
Ich gehe zurück zum Ausgang, wo Leonardo auf mich wartet. Es braucht ein paar Versuche, und seine Kollegen pfeifen bereits, bis ich ihn aus seinem Mittagsschlaf geweckt habe.
Wir fahren zurück in die Stadt, zum Hafen. Hier auf einer hohen Bildersäule entdecke ich den Frauenverführer des Dschungels. Der rosa Delfin verwandelt sich des Nachts gern in einen schönen Jüngling. Er verführt die Frauen der Dörfer und versucht sie in sein nasses Element zu ziehen. Nicht immer gelingt ihm das, aber er bietet trotzdem eine praktische Erklärung wenn ein junges Mädchen plötzlich schwanger wird.
el bufeo, der rosa Flussdelfin, Frauenverführer in Amazonia
"Ich muss wissen, wann ein Schiff nach Iquitos losfährt", erinnere ich meinen Taxifahrer. Er muss sich erst einmal bei verschiedenen Kollegen erkundigen, wo ein Schiff liegen könnte, aber am Schluss kommen wir zum Frachthafen, wo ganz viele Lastwagen stehen. Obwohl heute Sonntag ist, wird die Ladung auf einen bereitstehenden Frachter geladen. Einzeln, Sack für Sack, Paket für Paket tragen starke Männer die Ladung ins Schiff. Ich erkenne Säcke voller Reis und Schachteln mit Milchpulver. Und auf dem Deck liegt ein riesiger Haufen Computerschrott. Daraus fischen ein paar Leute einzelne Computer oder Drucker und tragen sie von Bord.
Die Ladefläche ist riesig und der ganze Computerschrott muss noch entladen werden.
Wir suchen den Administrator des Schiffes und finden ihn im Kreis einiger Männer die die Ladung berechnen. Nein, Kabinen hat er keine mehr frei, aber wenn ich eine Hängematte mitbringe, kann ich diese im 2. Deck aufhängen. "Kann ich wenigstens mein Gepäck irgendwo sicher aufbewahren?" Will ich wissen. "Nein, dafür bist du selber verantwortlich".
Ich sehe mir das zweite Deck an und treffe auf zwei Frauen, die sich mit ihrem Bebe und viel Gepäck bereits eingerichtet haben. Ja, sie reisen bis Iquitos, und sie willigen ein, mit mir zusammen auf mein Gepäck aufzupassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich die nächsten vier Tage nicht mehr vom Fleck bewegen werde, obwohl ich mich auf die trägen Tage in der Hängematte gefreut habe. Ich werde also morgen an Deck gehen. Mit Fresia und Gloria. Sie werden mir einen Platz für meine Hängematte neben ihnen frei halten.
Mein Heim für die nächsten Tage: 2. Deck der Henry 8
Jetzt ist es endgültig Zeit, zurück zum Hotel zu fahren, ich brauche dringend eine Dusche. Wer weiss, wann ich das das nächste Mal geniessen kann. Von Geniessen kann zwar nicht die Rede sein, es gibt nur kaltes Wasser und damit habe ich auch Muehe, wenn es so heiss ist wie heute.
Eine Stunde später bin ich wieder fit und gehe zum Nachtessen aus. Der Taxifahrer, den ich nach einem guten Restaurant frage, empfiehlt mir ein einheimisches Lokal. Ich stimme ein, werde aber kurz danach wieder etwas unsicher. "Könnte ich nicht dort in das hell erleuchtete grosse Restaurant gehen?" "Ja", meint er, "das kannst du, aber du hast doch gesagt, dass du einheimische Küche willst". Ok, kleinlaut lasse ich mich wieder umstimmen und er bringt mich zu einem kleinen Lokal, wo der Grill draussen auf der Strasse steht und wo Fisch und Fanas zubereitet werden.
"Hol mich in einer Stunde wieder ab", bitte ich ihn, bevor er losfährt. Ich bestelle mir einen Fisch und einen dieser in Blätter eingewickelten Reisballen. Es schmeckt wunderbar, aber weil der Service so schnell war, bin ich nach gut 20 Minuten fertig. Was fange ich jetzt nur mit dem Rest der Zeitan? Ich habe kein Buch und nichts zum Schreiben mitgenommen. Die Zeit wird lang, andere Gäste gehen, es gibt nicht viel zu beobachten.
Da kommt mein Taxifahrer zurück. Er hätte sich gedacht, dass es mir vielleicht langweilig werde, so allein da zu sitzen. Ich freue mich so sehr, dass ich ihn gleich zu einem Bier einlade und er erzählt mir ein wenig von sich. Er ist 60 Jahre alt, heisst Eficio und hat vier Kinder, auf die er sehr stolz ist. Und alle von der gleichen Frau, meint er augenzwinkernd. 'Andas sola?' Diese Frage höre ich immer wieder. Bist du allein unterwegs? Ja, das bin ich und ich kann mir im Moment überhaupt nichts Spannenderes vorstellen.
La Chonta, ein typisches Einheimischenrestaurant
Aufbruch: | 29.05.2010 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 20.06.2010 |