4 Wochen China

Reisezeit: Juli / August 2010  |  von Sébastien Vogt

Chongqing und Kreuzfahrt auf dem Jangtse

Am Montag hieß es nach nur wenigen Stunden Schlaf Rucksack packen und ab zum Bahnhof. Da wusste ich noch nicht, dass ich die Zugfahrt noch bereuen würde... Jedenfalls hat bis dahin alles super geklappt. Wartehalle direkt gefunden, Schlafplatz im Zug ok (hard sleeper). Bei dieser Kategorie sind drei Betten übereinander und jeweils sechs in einem Abteil, das sich allerdings nicht schließen lässt, so dass man die Geräusche aus den anliegenden Abteilen ebenfalls mitbekommt. Meine mitreisenden Chinesen waren u.a. ein junges Pärchen das mich gelegentlich mit Süßigkeiten versorgte und noch zwei ältere Damen. Leider konnten alle kein Englisch, so dass sich nur gelegentlich eine "Konversation" ergab.
Der Zug fuhr um halb zwei nachmittags los und tuckerte durch die grüne Landschaft bis am nächsten Tag, 24 Stunden später. Dass ich nen ganzen TAg im Zug sitzen würde, hätte ich nicht gedacht. Auf dem Zugticket steht das leider nicht drauf. Naja, in Chongqing angekommen, schnappte ich mir direkt ein Taxi, zeigte ihm die chinesische Adresse des Hostels (die er nicht kannte) und los gings. Nach einiger Zeit und trotz mehrfacher Erkundigungen bei anderen Chinesen, war das Glück doch noch auf meiner Seite, denn durch Zufall fuhren wir an einem anderen Hostel (Yangtze River Hostel) vorbei, bei dem ich mich dann absetzen ließ. In diesem Hostel war zwar kein "Dorm" (Mehrbettzimmer) mehr frei, aber ich konnte zum Glück noch ein Doppelzimmer bekommen. Das Zimmer war in Ordnung und ein bißchen Privatsphäre war auch mal ne willkommene Abwechslung. Betrieben wurde das Hostel von mehreren jungen, völlig verrückten aber sehr netten und hilfsbereiten Chinesinnen, die hervorragend Englisch sprechen. Nachdem ich eingecheckt und mich frisch gemacht hatte, fuhr ich mit dem Bus in die Innenstadt und lief zwischen den Hochhäusern entlang, auf der Suche nach der "Foodstreet". Ein netter Polizist half mir weiter und im Nuh musste ich mich für etwas Essbares entscheiden. Die Wahl fiel auf, naja ich nenn es mal gedämpfte Teigtaschen mit Schweinefleisch, die gut geschmeckt haben. Nur wusste ich nicht so recht, wie man sie mit den Stäbchen essen soll. Ich gab mein Bestes und hab es auch irgendwie geschafft.

bao - Teigtaschen mit Schweinefleisch

bao - Teigtaschen mit Schweinefleisch

Zurück gings wieder mit dem Taxi, diesmal wusste ich ja auch so halbwegs wo das Hostel liegt. Am nächsten Tag hab ich mal wieder schön ausgeschlafen, ausgecheckt und im Hostel zu Mittag gegessen. Danach gings zu Fuß zu einer Seilbahnstation (Yangtze-Seilbahn) die, nachdem ich mich bei Bullenhitze den Berg hochgequält hatte, allerdings geschlossen war. Super! Naja, erstmal durchschnaufen, was trinken und dann gings wieder weiter. Da ich eigentlich mit der Seilbahn auf die andere Seite des Yangtze fahren und mir einen Tempel ansehen wollte, musste ich meinen Plan ändern. Ich lief also einfach mal los, ohne einen direkten Plan zu haben wo es hingehen sollte. Nach einiger Zeit kam ich ans Flussufer und schlenderte dort einige Zeit entlang. Unterwegs traf ich auf einen jungen chinesischen Touristen, der sich mit mir fotografieren lassen wollte. Diesmal habe ich den Spieß einfach mal umgedreht und hab auch meine Kamera angeschaltet. Beweis seht ihr ja hier

mein neuer Freund

mein neuer Freund

Wir tauschten noch unsere Kontaktdaten aus und ich musste ihm versprechen, dass ich ihn bei meiner nächsten Chinareise besuchen komme (er wohnt übrigens in Guilin, wo ich ja die letzten Tage schon war).
So, dann gings weiter, immer am Fluss entlang und dann irgendwann wieder Richtung Innenstadt. Ist auch mal ganz nett gewesen, einfach ohne Stadtplan umherzuirren. Zeit hatte ich ja und zu sehen bekam ich auch so einiges. Es ist schon beeindruckend, wie viele kleine Straßenstände nebeneinander passen. Die meisten verkaufen Obst und Gemüse, aber auch rohes Fleisch baumelt hier und da herum.
Nachdem ich vom ganzen Rumlaufen mal wieder das Gefühl hatte, in einen Pool gesprungen zu sein, da meine Kleider komplett nass waren, rief ich mir ein Taxi, die hier zum Glück überall herumfahren und dazu noch sehr günstig sind (von den Taxipreisen können wir in Deutschland leider nur träumen, gell ihr Mehringer??)
Im Hostel hab ich mich zunächst akklimatisiert, mit den Chinesinnen gesprochen, ein Stück Kuchen geschenkt bekommen und ein Geschicklichkeitsspiel gespielt. An der Bar habe ich mich außerdem noch mit einem Russen unterhalten, der auf einem der vielen Kreuzfahrtschiffe arbeitet.

Am Abend konnte ich schließlich auf auf mein Schiff ("Dragon") gehen, das ich am Vortag gebucht hatte. Wow, sooo viel Kitsch haben die hier verarbeitet, das ist echt phänomenal. Mir gefällts! An Board haben wir "Wessis" uns direkt zusammen geschlossen und festgestellt, dass wir zu fünft recht unterlegen sind. Zwei Mädels kommen aus Großbritannien, eine aus Schweden und ihr Freund ebenfalls aus England. Die Zimmer sind hier echt geräumig, anders als auf der AIDA, denn wir haben hier sogar ne Badewanne! Da es nur Zweibettzimmer gibt, teile ich mir mein Zimmer mit einem Südkoreaner, der seit vier Monaten in China studiert und schon sehr gut chinesisch sprechen kann. Lustig ist es, wenn er mit mir Chinesisch spricht und ich ihm dann ein Zeichen mache, dass er ruhig Englisch sprechen kann, da ja meine Chinesischsprachkenntnisse nicht soooo gut sind. Er ist aber echt nett und lässt mich soager an seinen Laptop um ins Internet zu gehen. Und da ich die ganze Zeit schwitze, hat er mir sogar nen Fächer geschenkt..

Der "Dragon" - unser tolles Kreuzfahrschiff

Der "Dragon" - unser tolles Kreuzfahrschiff

Das Leben an Board gestaltet sich recht ruhig, manchmal kommt man sich vor wie auf einem Geisterschiff, da alle Chinesen den ganzen Tag in ihrer Kabine verharren und nur zu den Essenszeiten und den Ausflügen in Massen herbei geströmt kommen. Aber trotzdem kann man den Tripp sehr genießen und ein kleines Luxusleben führen. Geweckt wird man hier jeden Morgen mit sanfter Musik, die auch immer eingespielt wird, wenn es wichtige Durchsagen gibt. Diese Musik sollte sich noch als echter Ohrwurm entpuppen...

Der erste Ausflug ging nach Fendu, der Geisterstadt. Hier kommen alle bösen Menschen nach ihrem Tode hin. Ursprünglich nutzten Terroristen diesen Berg als Rückzugsort, doch mit der Zeit entwickelte sich die Legende, dass hier eben die Unterwelt ihr Zuhause hat. Wenn man drei Prüfungen besteht, darf man der Legende nach wiedergeboren werden. Ich habe sie zum Glück alle bestanden (waren auch nicht besonders schwer). Bei der ersten muss man eine kleine Brücke überqueren, dabei muss man darauf achten mit dem richtigen Fuß zu beginnen (Männer links, Frauen rechts).

1. Prüfung: Brücke passieren

1. Prüfung: Brücke passieren

Die zweite Prüfung besteht man eigentlich automatisch, da mein ein schwarzes Tor passieren muss ohne es zu berühren. Tote Menschen müssen einen Ausweis vorzeigen, doch dies hat sich ja eben in unserem Fall erübrigt.

2. Prüfung: Durchs Tor gehen

2. Prüfung: Durchs Tor gehen

Die dritte Prüfung war die schwierigste, da man mit einem Fuß auf einem runden Stein für drei Sekunden balancieren musste. Also, ich lebe noch und habe noch etwas Zeit bis ich in die Unterwelt muss....

3. Prüfung: ins Karree steigen und 3 Sekunden auf einem Bein balancieren

3. Prüfung: ins Karree steigen und 3 Sekunden auf einem Bein balancieren

Die Tempelanlage ist mal was ganz anderes, da sich alles mit dem Thema Tod beschäftigt und die Skulpturen alle sehr düster dargestellt sind. Nichtsdestotrotz ist der ganze Ort sehr lebendig, was wohl den Einheimischen zu verdanken ist die überall kleine Läden aufgebaut haben und einem Wasser, Bier und sonst irgendwelche Souvenirs andrehen wollen. Für den kleinen Hunger zwischendurch kann man auch mal nen Schweinskopf zu sich nehmen...Mmmmm sehr lecker!

Zurück auf dem Schiff hieß es mal wieder duschen, relaxen und dann ab zum Captainsdinner. Wir durften ihm die Hand schütteln und dann wurden die Gläser gehoben. Verlass war mal wieder auf unseren Koreaner, der für uns sein Verhandlungsgeschick bewies. Wir wollten nämlich nen Nachschlag vom Fisch, der im Nachhinein allerdings was kosten sollte. Dank ihm mussten wir schließlich doch nichts extra zahlen. Zurück im Zimmer wartete eine nette Überraschung auf mich: auf meinem Bett lag ein Zettel von einer mir bis dahin unbekannten Person...Konnte zunächst aber nix lesen, da chinesisch. Aber der letzte Satz war auf englisch und ließ so einiges erahnen: "Just for you!" Ich ließ es schnell von meinem Zimmergenossen übersetzen: es war von einem Zimmermädchen, das sich freut, dass ich an Bord bin. Ihre Durchwahl hat sie auch gleich mit angegeben. Doch kurze Zeit später sollte meine Seifenblase abrupt platzen, da sich herausstellte, dass auch andere Zimmer solche Briefe bekommen haben..
Abends haben wir mit zwei Chinsesinnen oben auf dem Deck gesessen und erzählt. Danach gings dann zur großen Live-Show. Uns wurde eine kleine Modenschau präsentiert, außerdem bekamen wir zwei Tänze vorgeführt. Dann gab es ein Gewinnspiel, bei dem man vier Karten ziehen musste. Der Hauptpreis wäre die Luxussuite gewesen. Als Trostpreis gab es vier Flaschen Bier. Na da musste ich einfach mitspielen! Vier Karten ziehen und ich bekommen dann auch noch Bier dafür? Wie cool ist das denn?? Blöd nur, dass wir erst später gecheckt haben, dass der Einsatz 100 Yuan betrug.. Hätte das Bier also auch direkt an der Bar bestellen können und hätte genau so viel bezahlt. Aber egal, hatte mir zwar extra an Land ein paar billigere Biere gekauft, aber die würden bestimmt auch noch getrunken werden. Nach der Show saßen wir noch ein bisschen zusammen, bis wir schließlich todmüde ins Bett fielen.

Am Freitag konnten wir einen extra Ausflug für 260 Yuan buchen. War mir aber zu viel und zu früh. Laut meinem Zimmergenossen habe ich mich aber richtig entschieden, da der Ausflug jetzt nicht soo aufregend war.
Am Mittag haben wir dann die erste der drei Schluchten erreicht. Ziemlich steil erheben sie sich recht und links am Ufer. Wir standen alle auf dem Deck und machten fleißig Fotos von der Schlucht, bis sich plötzlich das Motiv änderte, zumindest für die Chinesen. Sie fanden nämlich uns Europäer viel interessanter und so bildete sich eine kleine chinesische Gruppe die uns begeistert ablichtete.

Einfahrt in die große Schlucht

Einfahrt in die große Schlucht

Am Nachmittag stiegen wir auf ein kleinere Boot um, damit fuhren wir in eine kleinere Schlucht, die für unser Kreuzfahrtschiff zu groß war. Auch an Deck dieses Schiffes hieß es mal wieder: Foto-Time....

Foto, nachdem sich der Junge (nach 10 Minuten) traute mich nach einem Foto zu fragen

Foto, nachdem sich der Junge (nach 10 Minuten) traute mich nach einem Foto zu fragen

Nach einer Stunde Fahrzeit mussten wir abermals umsteigen, diesmal in kleine Holzboote. Starke chinesische Männer ruderten uns durch die beeindruckende Passage. Dieser Ausflug war wirklich genial, da man so nah an den Felsen und dem Wasser war, so dass die Schlucht (obwohl es nur eine kleine war) noch viel imposanter wirkte. Auf dem Rückweg sang unsere Führerin noch ein paar schöne chinesische Volkslieder und anschließend durften wir Wessis auch unser musisches Talent unter Beweis stellen und ein englischen Lied singen (you are my sunshine).

in der kleinen Schlucht

in der kleinen Schlucht

Zurück an Bord des Dragons gab es auch schon bald das Abendessen. Beim Mittag- und Abendessen werden verschiedene Speisen (meist Fisch, Fleisch, Gemüse, Suppe und natürlich Reis) auf einer großen Drehscheibe platziert und man kann sich dann sein Gericht zusammen stellen.

Abendessen an Bord des Kreuzfahrtschiffs

Abendessen an Bord des Kreuzfahrtschiffs

Für den Abend hat sich die Crew einen Karaokeabend einfallen lassen. Etwas überrascht war ich, dass sich wirklich nicht viele Gäste dazu eingefunden haben. Ich meine es war schließlich der letzte Abend an Bord des Schiffs...naja, wir hatten auch so unseren Spaß. Zunächst haben ein paar Kinder chinesische Lieder gesungen. Die Lieder waren
eigentlich ganz gut, die meisten Kinder haben sich Balladen ausgesucht. Aber auch wir Wessis haben ein paar Lieder getrellert: Die Britinnen haben von den Spice Girls "Wannabe" gesungen und später mit mir zusammen "Barbie-Girl". Als letztes Lied des Abends habe ich noch "Let it be" ausgewählt.

Karaoke

Karaoke

Der Samstag war leider der letzte Tag der Kreuzfahrt. Nach frühem Aufstehen, Frühstück und Koffer packen mussten wir schon morgens das Schiff verlassen. Mit dem Bus wurden wir zum Drei-Schluchten-Staudamm kutschiert. Wahnsinn was da in die Landschaft reingebaut wurde. Der Damm ist über zwei Kilometer lang und 185 m hoch und hat eine potenzielle Kraftwerkleistung, die der von 18 Atomkraftwerken entspricht.

Schiffsschleusen neben dem Damm

Schiffsschleusen neben dem Damm

Drei-Schluchten-Staudamm

Drei-Schluchten-Staudamm

Nach der Besichtigung des Damms wurden wir nach Yinchang gefahren wo unsere Reise nun endgültig zu Ende war. Da die Britinnen und der Koreaner ebenfalls einen Flug gebucht hatten, schlossen wir uns zusammen und sind zuerst mal was Essen gegangen. Unser Koreaner hat das alles mal wieder in die Hand genommen und uns in einem Restaurant einquartiert. Da der Speisesaal noch nicht angerichtet war, haben wir ein kleines Hinterzimmer bekommen indem wir dann bedient wurden. Die Speisekarte war mit ansprechenden Bildern ausgestattet, so dass wir recht schnell unsere Gerichte gefunden haben. Bei einem Gericht haben wir gefragt um welches Fleisch es sich handelt und uns wurde gesagt, dass es Schweinefleisch ist. Also bestellten wir es natürlich. Ja und als es dann kam stellten wir fest, dass dort wirklich Schweinefleisch drin ist und zwar in Form von Baconstreifen. Diese waren allerdings nur dazu da, den Geschmack des Aals, der nämlich die Hauptzutat war, zu unterstreichen. Tja, man muss einem ja auch nicht alles sagen...Aber ich hab zumindest probiert und es hat echt gut geschmeckt!
Nach dem Mittagessen gings dann zum Flughafen und wir saßen noch einige Zeit lang zusammen bis sich die Gruppe dann auflöste, weil jeder einen unterschiedlichen Flug nahm.

© Sébastien Vogt, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Am 05.07.10 gehts für vier Wochen nach China. Nach ein paar Tagen Hongkong gehts dann allein mit dem Rucksack durch das riesige Land bis nach Peking.
Details:
Aufbruch: 05.07.2010
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 02.08.2010
Reiseziele: China
Der Autor
 
Sébastien Vogt berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.