Segeltörn auf der "Sorlandet"

Reisezeit: Juli 2003  |  von Bettina Köster

19.07.2003 Es geht los

Der Fahrer erzählt uns, dass der Bus ganz neu sei und er ihn noch nie gefahren habe. Will ich das wirklich wissen?. Ich bin müde und möchte schlafen, leider ist es jedoch sehr eng im Bus. Bei dem Versuch, es mir bequem zu machen, hole ich mir blaue Knie. Auch die anderen befinden sich irgendwo zwischen schlafen und Nervosität. Gegen 07:00 Uhr erreichen wir Hirtshals. Der Fahrer besorgt die Karten für die Fähre. Wir sind so müde, dass wir erst nach einer ganzen Weile merken, dass keiner die auf seinen Namen ausgestellte Karte hat. Es nützt nichts, wir holen unser Gepäck und machen uns auf den Weg zur Fähre. Wir stellen uns in den Warteraum, um 07:30 Uhr dürfen wir an Bord.

Die Fähre ist ziemlich voll, aber oben entdecken wir noch eine Ecke, in die wir unsere Taschen stellen können. Dann machen wir uns auf, Kaffee zu finden. Nichts ist jetzt wichtiger! Ich bekomme nicht einmal richtig mit, wie wir Hirtshals verlassen. Tatsächlich finden wir ein Restaurant. Lange hält es mich dort jedoch nicht, es zieht mich zurück in "unsere" Ecke. Ich versuche zu schlafen. Als ich wieder einigermaßen zu mir komme, sind wir kurz vor Kristiansand. Der Hafen ist sehr schön, nur stören die vielen Fabriken. Auf der Steuerbordseite tauchen Masten auf. Ist das die Sørlandet? Wir stehen jetzt alle sieben zusammen und beobachten die Einfahrt. So langsam steigt die Aufregung. Die Fähre umrundet eine Landspitze und vor uns sehen wir die Sørlandet. Strahlend weiß liegt sie am Pier. Wunderschön, mir stockt für einen Moment der Atem. Wir bleiben bis zum Anlegen draußen.

Der Anblick des Schiffes entschädigt uns für die Strapazen. Sie ist wunderschön und als wir sie betreten, ist auf einmal all meine Müdigkeit verfolgen. Ein junger Mann in Uniform begrüßt uns und stellt sich als Peer vor. Dann führt er uns hinter auf das Banjer-Deck, auf dem wir Trainees gemeinsam in einem großen Raum untergebracht werden. Dort teilt er uns in 3 Gruppen zur Wache ein. Marlies, Hartwig und ich entscheiden uns für 12:00 bis 04:00 Uhr, auf die erste Sicht eine gute Wahl, dann stellt sich jedoch heraus, dass wir auch in der Nacht Wache haben werden. Doch wohl keine so gute Idee. Aber dafür eine Herausforderung. Peer gibt die Schlüssel für unsere Schränke aus. Da wir so wenig Trainees sind, hat jeder einen Spind für sich allein. Peer erzählt uns, dass sie Sørlandet bis zu 70 Trainees mitnehmen kann. Später erfahren wir, dass zwei weitere von der Crew angeheuert worden sind. Die Kojen derer, die zusammen Wache haben, liegen beieinander. So wird das Wecken einfacher und stört die anderen nicht so. Dann erklärt er uns, wie wir die Betten aufbauen müssen. Erstaunlich, aber wir brauchen dazu tatsächlich eine Anleitung. Unter der Decke werden zwei Ketten mit Haken eingehängt. Dann wird das Rückenteil der Sitze hochgeklappt und in die Ketten eingehängt. Unter der unteren Liege befinden sich zwei Fächer, in denen wir zusätzlich Sachen verstauen können.

Wir packen kurz aus und machen uns auf den Weg nach Kristiansand. Es ist eine schöne Stadt, aber ich bin wieder viel zu müde, um sie richtig zu genießen. Glücklicherweise gehen wir vor der Zeit wieder zurück. Zurück an Bord bekommen wir eine Einweisung in die Pantry damit wir uns auch selbst verpflegen können und anschließend gibt es Abendbrot. Als die Sørlandet ablegt, stehen wir alle wieder an Deck und sind fasziniert. Das Crewmitglied steuert das Schiff sehr präzise und sicher. Endlich nehmen wir Fahrt auf.

Der Kapitän begrüßt uns an Bord. Da er nur Englisch spricht, überlässt er es einem der Steuermänner, uns eine Sicherheitseinweisung zu geben. Unglaublich, wie viele Rettungswesten es auf dem Schiff gibt und wo diese alle sind.

Im Anschluss weist uns Ida in die verschiedenen Wachen, unsere Aufgaben, ein. Sie geht mit uns über das Schiff, um uns die verschiedenen Stationen der Brandwache zu zeigen. Außerdem haben wir Ruderwache (dürfen also das Schiff steuern) und müssen Ausguck nach anderen Schiffen oder Gefahren halten. Trotz dieser Einführung erinnern wir uns jeden Tag bei der Brandwache an neue Orte, die wir kontrollieren müssen. Wir bekommen Life-Belts, die wir während der Wache zu tragen haben, damit wir uns jederzeit sichern können.

Und dann kommt es: Wir dürfen hinauf in die Wanten! Jetzt? So müde wie wir sind? Die ganze Zeit wollte ich mir beweisen, dass ich es kann. Aber jetzt? Ungesichert? Den Gurt sollen wir erst einklinken, wenn wir über die Schräge auf den ersten Absatz klettern. Ida geht hoch, um uns dort zusätzlich zu helfen. Ich entscheide mich, es zumindest zu versuchen. Einhängen kann ich den Gurt unterwegs ja jederzeit. Also Augen zu und durch. Ganz langsam und konzentriert steige ich immer höher. Kurz vor dem ersten Absatz bleibe ich stehen. Höher möchte ich nicht, vor dem Absatz habe ich Respekt. Die Aussicht von hier ist dennoch atemberaubend. Langsam steige ich wieder herunter. Unglaublich, ich habe es geschafft! Jetzt muss ich erst einmal tief durchatmen und meine zitternden Knie beruhigen.

19:45 Uhr: Ich bin seekrank. Na toll! So lange wie ich liege, geht es mir einigermaßen und ich kann schlafen, aber nur bis 23:35 Uhr. Dann werden wir zur Wache aus dem Schlaf geholt. Ich greife mir meine Kleidung und ziehe mir einfach alles über. Um kurz vor 00:00 Uhr stehen wir drei - Marlies, Hartwig und ich - an Bord.

© Bettina Köster, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
4 Tage als Trainee (Crewmitglied auf Zeit) auf dem norwegischen Segelschulschiff Sorlandet
Details:
Aufbruch: 18.07.2003
Dauer: 5 Tage
Heimkehr: 22.07.2003
Reiseziele: Norwegen
Der Autor
 
Bettina Köster berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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