Segeltörn auf der "Sorlandet"

Reisezeit: Juli 2003  |  von Bettina Köster

20.07.2003 Die 1. Wache

Ich werde eingeteilt zur Brandwache. Nach zwei Runden, also gegen 00:30 Uhr, kann ich nicht mehr. Die Seekrankheit gewinnt wieder die Oberhand. Astrid, das für meine Schicht verantwortliche Crewmitglied, spricht mich an und schickt mich ins Bett. Allerdings fordert sie mich auf, zuvor noch etwas zu essen. Dankbar gehe ich hinunter aufs Banjer-Deck und brav in die Pantry. Als ich das Brot sehe, stelle ich fest, dass ich definitiv nichts essen will, eher im Gegenteil. Ich missachte also ihre Anweisung (das ist übrigens das einzige Mal) und gehe direkt in meine Koje.

07:30 Uhr: Um mich herum erwachen die anderen langsam zum Leben. Die Nacht ist vorüber. Vorsichtig richte ich mich auf. Es ist nicht viel Seegang, außer in meinem Magen. Dort geht es immer noch drunter und drüber. Marlies ist ebenfalls seekrank, sie bietet mir eine ihrer Reisetabletten an, meine Kaugummis haben nicht geholfen. Gemeinsam überlegen wir, ob wir unseren Mägen ein Frühstück zumuten sollen. Da wir uns an Astrids Rat erinnern, versuchen wir es ganz vorsichtig mit einer Scheibe Brot. Und obwohl die Blaubeermarmelade einfach nur himmlisch ist, schaffe ich es nicht, die Scheibe aufzuessen (wahrscheinlich der Grund für den Regen in der folgenden Nacht).

Als ich an Deck komme, scheint die Sonne. Es ist friedlich und ich atme tief durch. Es fühlt sich richtig an, obwohl Magen noch immer nicht in Ordnung ist. Über Nacht wurden Segel gesetzt, es ist ein unglaublicher Anblick. Obwohl nur vergleichsweise wenig Segel oben sind, sieht die Sørlandet dadurch sehr viel majestätischer aus. So hatte ich mir die Fahrt schon eher vorgestellt. Mein Magen beruhigt sich immer mehr und bis zum Mittagessen genieße ich einfach nur die Fahrt.

Pünktlich um 11:55 Uhr treten wir an zur Wache. Ich werde eingeteilt zum Ausguck, wunderbar bei diesem Wetter. Dann habe ich Ruderwache, zum ersten Mal. Darauf habe ich mich gefreut, seit ich erfahren habe, dass wir das dürfen. Welche Aussicht, so ein Schiff zu steuern! Doch dann folgt die Ernüchterung: Kein Wind + ein gleich bleibender Kurs = ein festgebundenes Ruder. Der Steuermann und Peer haben das Ruder festgestellt, so dass ich mich daneben setzen kann.

Wie aus dem Nichts landet eine Taube auf einem der Beiboote. Peer - buchstäblich in Räuberzivil - zieht sein Messer, einer der Steuermänner seine Kamera. Vorsichtig steigt Peer in das Beiboot, umfasst den Griff seines Messers und schleicht sich an die Taube heran. Kurz bevor die Taube sich wieder in die Lüfte erhebt, macht der Steuermann ein Foto. Halwa verspricht uns Fleisch zum Abendbrot, vorausgesetzt, wir fangen die Taube. Zum Glück sehe ich den Vogel kurz vor dem Essen noch.

23:35 Uhr: Wir werden geweckt mit dem Hinweis, dass es regnen wird. So genau wollte ich es eigentlich gar nicht wissen. Das Deck ist bereits nass, als ich nach oben komme. Vorsichtig teste ich, wie glatt es ist. Erstaunlicherweise rutsche ich kein bisschen. Dafür ist es sehr dunkel und ziemlich windstill.

© Bettina Köster, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
4 Tage als Trainee (Crewmitglied auf Zeit) auf dem norwegischen Segelschulschiff Sorlandet
Details:
Aufbruch: 18.07.2003
Dauer: 5 Tage
Heimkehr: 22.07.2003
Reiseziele: Norwegen
Der Autor
 
Bettina Köster berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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