Back to the roots
Brastagi - Parapat - Tomok - Tuk Tuk
Frühstück im Sinabung Hotel (und Frühstück ist mir immer die wichtigste Mahlzeit des Tages): Gestern abend war ich nicht hungrig und habe nur die Erdbeeren und Mandarinen gefuttert. Heute morgen könnte ich daher gut so ein richtig schweinisches american breakfast verdrücken oder zumindest ein doppeltes continental breakfast. Nee, Fehlanzeige. Herzlichen Glückwunsch zur Nudelsuppe ! Ich war schon ganz, ganz oft in Asien und dies ist absolut nicht das erste Mal, dass ich da durch muss, aber toll werde ich es nie finden ! Egal, der Hunger treibt es rein. Ich scanne das Buffett nach Obst und yes, es gibt Papaya. Ich kann mich begeistert durch das komplette tropische Obstangebot durchfuttern - einzige Ausnahme: Papaya ! Ausserdem gibt es nicht einmal Tee und ich würge eine Tasse Kopi (Kaffee) runter. Wobei Kaffee aus Sumatra echt sehr gut sein soll, aber ich bin nunmal kein Kaffeetrinker und kriege davon Durchfall, aber da steuert ja die Papaya gleich gegen...
Egal, Welly steht mit frisch gewaschenem Isuzu parat. Und in der Mittelkonsole liegen auch noch mindestens 20 kleine Bananen. Davon vertilge ich gierig gleich 3 wie ein Orang Utan. Welly grinst mich an "no breakfast ?" Ha, ha !
Einen ersten Stopp machen wir im Karo-Batak-Dorf Lingga, wo man sich die typischen Batak-Häuser mit ihren charakteristischen Dächern auch mal von innen ansehen kann. 8-12 Familien leben in einem solchen Haus, die jedoch alle zur selben Grossfamilie gehören. Unvorstellbar die Enge und vor allem die absolut nicht vorhandene Privatsphäre...
8 Familien unter einem Dach - für jede ist eine solche Feuerstelle mit "Vorratsregal" darüber und Schlafmatte daneben vorhanden. Es ist düster, verrusst und eng, aber kühl.
Lingga ist ein Dorf, das praktisch alle Tourigruppen aufsuchen. Da es aber nur so wenig Tourigruppen gibt, ist das jetzt nicht irgendwie blöd, oder so. Statt Eintrittsgeld wird auch hier das obligatorische Gäste- und Spendenbuch herumgereicht. Ab hier treffe ich jetzt auch immer wieder die wenigen anderen Touris, die ebenfalls organisiert unterwegs sind, wobei die jedoch alle einen Guide haben. Ein französisches Pärchen, eine Gruppe Holländer und einen einzelnen Deutschen mit seiner super-sympathischen Tourguide-Begleiterin.
Nächster Halt: Air Terjung Sipisopiso. Hört sich interessant an und ist es auch. Es ist ein 80m hoher Wasserfall. Aber noch besser ist der erste atemberaubende Ausblick auf den Toba See ! Weil sich hier ebenfalls die Touris tummeln, gibt es auch saubere Toiletten und ein paar Souvenirshops, die die Welt nicht braucht...
Welly versucht immer mal wieder, einen auf Tourguide zu machen, was echt süss von ihm ist, denn er tut es ja nur, weil er mir was Gutes tun will und weil er garantiert auch stolz auf seine schöne Heimat ist und mir etwas darüber erzählen möchte. Ich höre ihm auch immer aufmerksam zu, bin aber skeptisch, wenn er seine "Informationen" raushaut. Den Toba See erklärt er hier kurzerhand zum grössten See Südostasiens (richtig) und zum drittgrössten See der Welt (absolut falsch, es ist der 87-grösste See der Welt, was ich natürlich auch erst geradeeben gegooglet habe)... Sch..egal, es ist ein wunderschöner See und nur das zählt !
Lake Toba - die Insel Samosir im Lake Toba sei genauso gross, wie Singapore, sagt Welly. Und damit hat er recht !
Zu sehen auf dem Weg nach Parapat gibt es dann noch den Rumah Bolon, einen Königspalast mit Nebengebäuden. 180 Jahre alt und bis 1945 bewohnt. Der letzte König der Simalungun Batak ist an dieser Stätte auch begraben. Diese Informationen stammen aus meinem Guidebook und nicht von Welly. Wenn er nämlich überhaupt keinen Plan hat, dann gibt er das auch zu, hält die Klappe und zeigt mir nur Sachen, die er einfach kennt. Und so machen wir einfach nur einen Rundgang durch das ehemalige Königsdorf, ich schiesse meine Fotos und als die Holländer auftauchen, machen wir uns wieder vom Acker.
Das Fundament des Königspalastes - übrigens wurde hier kein einziger Nagel verwendet und alles ist aus Holz !
Das ist eine Blume, auf die Welly mich aufmerksam macht. Irgendetwas passiert mit der Blume, wenn man ein brennendes Feuerzeug dranhält, ich glaube, sie verfärbt sich blau, geht aber nicht kaputt. So genau kann ich mich nicht mehr erinnern...
Wir trudeln in Parapat ein, es ist Mittag geworden und wir haben Zeit, bis zur Fährabfahrt nach Tomok. Lunch-time ! Ich habe auch echt Hunger nach dem Nudelsuppenfrühstücksdesaster. Welly überlegt, wo er mich zum Essen hinschicken soll (als ob ich das nicht allein aussuchen könnte...), aber er denkt wohl auch an seine eigenen Essensgelüste, chinese food ??? Ja, klar, immer her damit ! Wir sind ja nicht in China, also sollte ich hier chinesisches Essen durchaus mögen. Ich habe nämlich die Erfahrung gemacht, dass Chinesen ihr Essen überall auf der Welt landestypisch so modifizieren, dass es auch die jeweils Einheimischen gerne mögen. China-Restaurants sind meistens toll für meinen Geschmack, nur eben in China nicht, wo´s das Original gibt. (Siehe meinen China-Reisebericht hier). Ich bestelle chicken sweet-sour mit Reis, eine Sprite und Tee. Damit kann man gar nichts falsch machen, ausser in China !
Chicken sweet & sour ist hervorragend, aber ich bin nach knapp 10 Minuten schon fertig, bin ein Schnellesser. Bezahle und latsche 20 Minuten durch Parapat, gähn. Total langweilig. Zurück zum Chinesen und finde Welly vorm Fernseher gefläzt vor. Er guckt ice age II. Ja, das ist doch die perfekte Mittagspausenbeschäftigung ! Wieso latsche ich bei brütender Hitze durch Parapat, wenn ich mich hier ganz bequem den Abenteuern von Sid, Manni und Konsorten hingeben kann ??? Ausser Welly und mir ist nur noch der behinderte und im Rollstuhl sitzende Sohn der Familie des Restaurants da. Ich kenne den Film, aber es ist lange her, dass ich ihn gesehen habe. Jedenfalls ist es ganz witzig, ice age hier auf Sumatra nochmal zu gucken in dieser Umgebung und mit diesen Leuten, wir lachen uns tot...
Es ist Zeit, aufzubrechen zur Fähre. Da wir das Auto mitnehmen, muss es die Autofähre sein und die fährt ein Stückchen ausserhalb von Parapat ab. Während Welly die Tickets besorgt, lungere ich herum und wundere mich bald sehr...
Indonesische Autofähre - dies ist das exakte Gegenstück zu dem Teil, auf dessen Anlegen wir warten. Seelenverkäufer ? Tja...ich kann schwimmen, jedenfalls eine ganze Weile...
Das ist der Grund, warum ich mich wundere: Der Typ auf dem Foto quatscht mich in perfektem englisch an und fragt, ob er ein Foto zusammen mit mir haben könne. Ok, wieso nicht, wenn´s ihn glücklich macht ?! Wir stellen uns auf, "cheese" und sein Freund betätigt die Handy-Kamera. Gleich anschliessend fragt mich der Typ, ob sein Freund auch ein Foto haben dürfe. Ok, bitte schön, "cheese" again. 2 Kinder kommen angerast, fangen an zu singen (für eine kleine Spende). Auftritt einer 3-köpfigen Gruppe (darunter 2 weibliche Teenager), auch sie wollen ein Foto mit mir. Hilfe ! Ich bin umzingelt und was wollen die bloss alle mit den bescheuerten Fotos ??? Der erste Typ fragt mich, woher ich komme und was ich beruflich mache. Auf diese Frage antworte ich wahrheitsgemäss, dass ich in einer Bank arbeite. Er sagt, er auch. Ob ich branch-manager sei ? (Sieht man mir das irgendwie an ???) Yes. Er auch. Aha. Zum Beweis drückt er mir seine business-card in die Hand. Ok, zack, das kann ich auch - ich haue auch meine "business-card" raus. Tue ich normalerweise nie, aber in Asien gehört das ja fast schon zum guten Ton. Gott sei Dank, sind jetzt alle Autos von der Fähre runter und Welly naht, mit dem Autoschlüssel winkend. Grund genug, mich aus der Umzingelung zu lösen und zu Welly in den Isuzu zu flüchten. All diejenigen, die mich umringt haben, waren echt supernett und freundlich, aber da ich nicht gern im Mittelpunkt stehe, bin ich froh, aus der Nummer nun raus zu sein. Tja, denkste !!!
Das "ferry-foto-shooting" ist nämlich noch längst nicht vorbei. Eine indisch-stämmige Großfamilie aus Jakarta ist an Bord, so ca. 14 Personen. Da Welly und ich uns gegenseitig an Deck fotografieren, kommen sie rüber und fragen Welly (nicht mich !), ob sie ein Foto mit mir haben könnten. Welly sagt ja - ohne mich zu fragen, also ist er ab sofort mein Manager, was die foto-shootings mit mir angehen... Ich posiere mit der kompletten Großfamilie und mit fast allen auch noch einzeln.
Welly hat mir schon erzählt, dass die Leute hier permanent Tuak saufen (ein Reis-Schnaps) und 2 ältere Männer stehen an der Reling und kippen ihren milchig-aussehenden Tuak direkt aus der Buddel. Die beiden beobachten schon die ganze Zeit belustigt unser Foto-Treiben und na, klar trauen sich auch die beiden älteren Herren schliesslich zu uns herüber und fragen nach einem Handy-Foto mit mir. Immerhin fragen die beiden mich, und nicht Welly, aber ich amüsiere mich über die ganze Angelegenheit sowieso schon köstlich. Während Welly das Foto macht, quatscht er die ganze Zeit mit den beiden Männern und zu meinem Erstaunen bekomme ich danach einen Tuak angeboten. Das hat Welly wohl gerade organisiert, denn ich hatte ihm schon gesagt, dass ich dieses Gesöff durchaus mal probieren möchte, irgendwann auf Samosir. Mein Fahrer rast allerdings erst zur mobilen "Bordküche" und besorgt einen Becher, denn Gott sei Dank erwartet niemand, dass ich einen Schluck direkt aus der angenuckelten Pulle nehme. Ich bekomme einen kleinen Schluck eingeschenkt und tja, mich schüttelt es ein wenig, aber das Zeug ist ansonsten soweit echt trinkbar. Da gibt es Schlimmeres...
Tomok kommt in Sicht - das wird auch Zeit, ansonsten wird diese knapp 2-stündige Fährüberfahrt immer mehr zur Kreuzfahrt mit Unterhaltungsprogramm auf meine Kosten. Wir sind ja schliesslich nicht in der Karibik !
So, Schluss mit lustig. Welly fährt mich nach Tuk Tuk ins Toledo Inn. Ein sehr schönes Hotel direkt am See mit einer fabelhaften Aussicht. Es gibt auch einen Badesteg und natürlich muss ich alte Wasserratte sofort in die Fluten steigen. Der See ist herrlich ! Ich schwimme, plansche und paddele eine Weile herum. Das Wasser ist nicht sehr warm, aber der See ist auch sehr tief. Am Abend gehe ich in einem netten Restaurant essen und genehmige mir mein Feierabend-Bir-Bintang. Es ist noch relativ früh, als ich ins Hotel zurückkehre, aber ich denke an den Regen, der normalerweise ja pünktlich einsetzt und ich habe weder Schirm, noch Regenjacke dabei. Unterwegs besorge ich noch eine Flasche Cola und erreiche just-in-time zum ersten Donnerschlag mein Zimmer. Ich habe es mir schon auf dem Balkon gemütlich gemacht, als es so gewaltig kracht, dass ich fast einen Herzinfarkt bekomme, so einen lauten Donnerschlag habe ich noch nie in meinem Leben gehört ! Augenblicklich setzt ein irre heftiger Regen ein. Ich lieeebe Gewitter und das hier-und-jetzt ist eines vom Allerfeinsten ! Es blitzt im Sekundentakt. Grund genug, meine Kamera auf´s Stativ zu schrauben und auf ein perfektes Blitz-Foto überm See zu hoffen. Klappt aber nicht, sehr schade ! Welly, der weiss, dass ich auswärts essen gehen wollte scheint besorgt zu sein, denn, zack, da ist die SMS von Welly:" Hey sister, where are you ? Can i give you umbrella ?" Sister ???? Wie ist der denn jetzt drauf ?
Ich sitze noch sehr lange draussen auf dem Balkon. Die Blitze über dem See sind einfach zu schön. Und offenbar habe ich seit ein paar Sekunden einen Bruder, tja immer mal wieder was Neues... Und na klar simse ich auch zurück: "Hey brother, safe and dry in the hotel, no worries."
Aufbruch: | 09.04.2011 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 25.04.2011 |
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