Südfrankreich - Touren durch die Haute Provence

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Ralf Beelitz

Im Herzen der Haute-Provence

Bereits nach wenigen Km auf der D1 verengt sich das recht unberührte Vallée de la Sasse. Hinter dem auf einem Felssporn gelegenem Clamensane wird die Landschaft stetig karger und wilder. Von beiden Seiten schnüren die Felswände die Straße immer enger ein, die sich ihren Weg durch die plötzlich auftauchende schluchtartige "Clue de Bayons" bahnt. Eine erste Doppelkurve kündigt die Serpentinen "Les Tourniquets" an. Recht eng sind die Radien der Kehren; immer wieder geht der Blick nach oben, ob keiner herunterkommt. Ein kurzer Kurvenreigen führt uns schnell auf 1.000m Höhe. Hochgebirgsgefühl kommt auf - Motorrollerfahren kann ja so schön sein. Nach der letzten Kehre wandelt sich die Landschaft dann völlig. Statt kahler Felsen liegen plötzlich Almwiesen vor uns und schon bald überwinden wir den Col des Sagnes (1.182) am Rande des Bergmassivs um die Grande Gautière (1.825). Hinter Turriers, das sich malerisch gegen die umliegenden Berge abhebt, wird die Straße merklich schlechter. Eine Symbiose von Buckelpiste und Flickenteppich. Langsam steigt die Straße zum Col des Garcinets (1.250) auf. Die Passhöhe selbst ist lediglich ein breiter Durchbruch im Felsgestein. Ein Passschild, ein kleiner Parkplatz, das war`s. Was folgt, ist eine Schutthalde, in die eine schmale, holperige Straße eingefräst wurde. Rechts die schwarz-graue, geschieferte Felswand; links am Abhang liegen der Schutt, der hin und wieder vom Berg rutscht und offenbar nur beiseite geschoben wird, um als Fahrbahnbegrenzung zu dienen. Auf der Fahrbahn liegen immer wieder Felsbrocken. Einsam ist es hier; da möchte man keine Panne haben. Nach einigen Kilometern lassen wir diesen unwirtlichen Teil hinter uns und es wird wieder etwas grüner. In Seyne folgen wir einem kurvenreichen Sträßchen zum Col du Fanget (1.459). Den schönsten Blick hat man hier nach Norden ins Blanche Tal über dem sich der Dormillouse (2.505) und die Montagen de la Blanche (2.739) erheben. Am Horizont die Berge des Gapencais und des Parpaillon-Massivs. Bei der Abfahrt gibt es wieder reichlich Splitt auf der Strecke; dafür wird die Landschaft immer beeindruckender. Gebirgsflüsse haben in die Felskämme aus Kalkstein tiefe Täler gegraben, die sich dann zu so genannten "Clues" verengen. Wir kurven durch die enge "Clues de Verdaches" mit ihren hoch aufragenden Steilwänden, durch die die Straße geschlagen wurde, dann folgt auch schon die malerische "Clues de Barles", die sich wie ein dünner Riss durch die Felsen zieht. Eng drängt sich die Straße an den Fluss. Atemberaubend; diese Strecke ist unbedingt einen Abstecher wert!

In Digne-Les-Bains holt uns die Zivilisation dann wieder ein. Viele Autos, Lkw's, Lärm, Gestank, alles prallt wieder auf uns ein. Also schnell wieder runter von der Hauptstrasse. Über die schmale D3 im Tal der Bléone schwingen wir uns zügig den kleinen Col du Pas de Bonnet (886) hinauf. Die Strecke ist schmal, der Belag bis auf einige Unebenheiten gut. Kurz hinter dem mittelalterlichen Örtchen Thoard wird unsere Fahrt jäh unterbrochen. Schafe werden umgesiedelt. In Wellen ergießen sich hunderte von Tieren aus LKW`s auf die Straße. Es geht nicht mehr vor und zurück. Schafshirten und ihre Hunde versuchen, die Schafe auf eine nahe gelegene Weide zu treiben. Schließlich können wir unsere Fahrt vorsichtig fortsetzen. Auf dem dampfenden Asphalt liegt ein Belag wie Schmierseife. Sch....; aber dennoch war es ein imposantes Schauspiel.

Durch den Forêt de Fontbelle mit seinen dichten Nadelwäldern gelangen wir über den Col de l´Hysope (1.236) auf der schmale "Route du Temps" mit zahlreichen Haarnadelkurven zum Col de Fontbelle (1.304). Rundum öffnet sich die hochalpine Landschaft des Vallée Sauvage. In Authon machen wir einen kleinen Zwischenstopp. Zu schön ist das "Panorama de Lebre" 5 Bergreihen liegen in leichtem Dunst vor uns. Unser Blick schweift über die Montagne de Mélan (1.708), Les Monges (2.115), den Géruen (1.880) und zahlreiche weitere Bergspitzen. Unter uns erstreckt sich das Tal des Riou de Jabron. Durch die enge Clou "Défilé de Pierre-Écrite" - die Schlucht des beschriebenen Steins; so genannt wegen einer römischen Inschrift an der Felswand - erreichen wir bald darauf Sisteron und unsere Pension.

Schafe on tour

Schafe on tour

© Ralf Beelitz, 2011
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Haute-Provence ist der nördliche, an die Seealpen grenzende Teil der Provence. Die Landschaft ist ein wenig rauer und deutlich weniger besiedelt als die „klassische“ Provence. Tief eingeschnittene Täler und Schluchten wechseln sich hier mit einsamen Hochebenen ab. Der Massentourismus hat das Hinterland der Provence noch nicht erreicht.
Details:
Aufbruch: 27.09.2011
Dauer: 9 Tage
Heimkehr: 05.10.2011
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Ralf Beelitz berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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