Andalusien - Mai 2012
Schunken! Schunken!
Andalusien - Reisetipp #3:
Solange du in der Provinz Granada unterwegs bist werden deine Ausgaben für feste Nahrung kaum ins Gewicht fallen. Du solltest allerdings trinkfest sein.
Nun war es an der Zeit unserem Berlingo die Sporen zu geben, der erste Ausflug stand an - die Alpujarras an den Südhängen der Sierra Nevada standen auf dem Programm.
Zunächst aber fuhren wir einige Kilometer die Küstenstrasse entlang ehe wir hinter Salobreña den Weg Richtung Norden einschlugen. Bald darauf passierten wir die Brücke von Orgiva, die eine tragende Rolle im weltberühmten Film "The last Run" spielte, einem Meisterwerk seines Genres!
Nachdem wir die Location ausreichend gewürdigt hatten und dabei aufs Fotografieren vergaßen ging es ab in die Berge.
Das Panorama mit den schneebedeckten Gipfeln der Sierra Nevada war an allen Ecken traumhaft, die Fahrt an sich hinauf über unzählige Kurven weniger.
Einen Radfahrer hätten wir beinahe geschnupft weil er auf seiner Abfahrt zu sehr Kampflinie fuhr, danach verirrten wir uns ins gottverlassene Dorf Rubite wo wir die Tagesattraktion für sämtliche 4 Einwohner sowie die 38 Schafe, 4 Geißen und 3 Hunde des Ortes waren.
All dies ließ uns nicht verzagen, tapfer fuhren wir weiterhin den Berg hoch und in Torvizcón hielten wir Rast. Hier soll es Brauch sein, dass Jahr und Tag ein Schwein mit einer roten Schleife frei durch den Ort läuft, das von den Einwohnern gemästet wird um am jährlichen örtlichen Fest verlost zu werden.
Gesehen haben wir das Schweinchen leider nicht, dafür im Stadtpark vollreife Orangen von denen wir uns 2 Stück stibitzt haben und vor deren Genuss wir 2x eindringlich von den freundlichen Einwohnern gewarnt worden waren.
Was macht ein Kind, dem man sagt es solle nicht auf die heiße Herdplatte greifen?
Und was machen wir wenn man uns sagt irgendetwas nicht zu tun?
Richtig geraten!
Und weil der Top-Kandidat für derlei Aktionen "Halsschmerzen" vorschützt muss meine Mutter in die verlockend duftende Frucht beißen...
Lange Rede, gar kein Sinn - noch als wir vieeel später an unserem Tagesziel, nämlich in Trevélez, angekommen waren hat meine liebe Mami noch gespuckt - ei ei ei, so ein Pech...
In Trevélez aber, immerhin die höchstgelegene Gemeinde Spaniens auf 1476 Metern, dreht sich alles nur um Eines: um die Beine vom Schweine, um die Haxen der Sau, um den besten Schunken der Welt, um den Jamón Serrano!
In allerhöchster Qualität wird er hier allerorts angeboten und auch an jeder Ecke produziert. Gerne würden wir sehen wie diese Spezerei entsteht, doch weil Sonntag ist haben die Manufakturen geschlossen.
Schade aber auch, Ersatzprogramm:
1.) Schunken gucken!
2.) Schunken kaufen!
3.) Schunken essen!
(Ui jeh, wegen zu großer Gierigkeit leider kein Bild vorhanden...)
Wir jedenfalls sprechen eine fette Empfehlung aus, Leute wenn ihr nach Andalusien kommt schaut in Trevélez vorbei - es lohnt sich!
Gut gestärkt konnten wir nun wieder die Serpentinenstraße hinunter ins Tal angehen, andere geplante Stopps mussten auf Grund der vorgerückten Tageszeit leider entfallen.
Nur einen, den wollten wir uns nicht nehmen lassen. Nämlich den der maurischen Burg in Salobreña!
Warum?
Weil sie derart fett auf einem Riesenfelsen steht dass man sie aus halb Spanien sehen kann, deshalb müssen wir da rauf.
Na ja, um an etwas zu kommen was hoch oben ist muss man auch lang und steil bergauf fahren - in unserem Fall durch enge Gassen mit unserem Berlingo, fragt lieber nicht wie...
Irgendwie waren wir dann doch oben, schön war nicht nur die Aussicht, auch die maurische Festung macht was her!
Dann wurde noch schnell Kaffee geschlurrt, eine Jacke vergessen, und danach war es nicht mehr weit zurück nach Almuñécar.
Vis à vis von unserem Hotel ist auch hier ein mächtiger Felsen, man kann raufgehen deshalb tun wir es auch.
Leider hat sich der Wind gehoben, es ist weit ungemütlicher als es auf den Bildern aussieht. Trotzdem, vom heutigen Blasius abgesehen ist Almuñécar ein nettes Städtchen an der Costa Tropical, wir würden jederzeit gerne wiederkommen!
Und dass wir gerne zurückkommen würden hat nicht nur mit der Schönheit der Stadt zu tun. Nein, es ist noch eine andere Sache, die uns wieder hierher treiben würde.
Es geht um die wahrscheinlich wundersamste Sache, der wir auf unseren bisherigen Reisen begegnet sind: Zu jedem Getränk wird nämlich in den Lokalen der hiesigen Provinz ein Gratishappen ("Tapas") gereicht.
Nun ist der Begriff "Tapas" ja einer der dehnbar ist.
Während andernorts vielleicht einer meint dass eine Handvoll Erdnüsse bereits Tapas sein können bestehen die Wirte in Almuñécar darauf dass es entweder SPEZIELL oder VIEL, am Besten aber BEIDES sein sollte.
Ein Dank an dieser Stelle an das Spanienforum, durch eure Tipps sind wir an den genau richtigen Adressen gelandet!
Als wir uns tatsächlich noch dachten "Ein kleiner Appetithappen vor dem Abendessen kann nicht schaden" brachte die Kellnerin zum ersten Getränk folgendes:
Zarte Pulpos in einer Sauce zum Niederknien, dazu noch Pommes und Brot!
Ich will euch an dieser Stelle mit Tellerbildern verschonen, sonst artet das Ganze wieder zum Foodblog aus...
Soviel sei gesagt:
2. Runde: Ein Bocadillo (belegtes Baguette) für jeden
3. Runde: eine Platte mit gedämpften Muscheln
4. Runde: Curry-Hühnerspieß, dazu Mayo-Kartoffeln
Das Ganze - wiegesagt - zu jeder Getränkebestellung unaufgefordert an den Tisch und ohne Aufpreis...
Danach war guter Rat teuer!
- Ich hätte zwar noch was trinken können, hatte aber Angst vor dem nächsten Tapas-Gang.
- Christa hätte zwar noch gerne gewusst was als nächstes kredenzt wird, konnte aber nichts mehr trinken.
- Und meine Mutter war weder zu einem weiteren Getränk in der Lage, noch war sie auf den 5. Gang neugierig...
Was also tun?
Wir wechseln das Lokal!
War da nicht gestern der nette ältere Wirt in seiner kleinen Bodega?
Dorthin gehen wir, es sind Maximum 10 Minuten zu gehen, Hunger und Durst stellen sich bis dahin sicher wieder ein!
Nachdem wir das Gesagte in das Getane umgesetzt hatten war es tatsächlich wie erhofft - 4 weitere Runden waren kein Problem.
Es war allerdings so dass sowohl die Getränke als auch die Tapas magenfreundlicher - sprich kleiner - wurden.
Das soll nicht heißen dass die Qualität gelitten hat, im Gegenteil!
Beim Genuss von 4 herrlichen Gläschen Manzanilla konnte ich meine beiden Damen tatsächlich zu Hühnerkeulen, Fischgulasch, Serranoschunken und schlussendlich eingelegten Sardinen-Liebhabern formen!
Oder war es anders herum, eventuell sogar umgekehrt wer könnte es heute noch sagen?
"Mach keine längeren Schritte,
als du Beine hast"
aus Spanien
*Schunken: Ein in kleinen Teilen Österreichs** verwendetes Wort für Schinken. Abgeleitet vom Wodschunken, dem Teil des Rindes das man hervorragend für Gulasch verwenden kann werden alle wortabgeleiteten Teile als "Schunken" bezeichnet, das schließt damit z.B auch die österreichische Spezialität Palatschunken sowie das immer gern genommene Geschunk mit ein.
**Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Ein in SEEEHR kleinen Teilen Österreichs verwendetes Wort für Schinken.
Aufbruch: | 05.05.2012 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 18.05.2012 |