middle east - Jordanien und Israel (hm, nicht wirklich)
King´s Highway II
Wir erreichen das Wadi Mujib, auch bekannt als der Grand Canyon von Jordanien. 1 KM tief und 4 KM breit. Und ich habe Glück: Das Wetter bessert sich von Minute zu Minute. Als wir den beliebtesten Aussichtspunkt erreichen, habe ich beste Sicht. Ist wahrscheinlich bei völlig klarem Himmel noch weit besser, aber dennoch: Ich staune !
Saudi´s, wie das Kennzeichen an der Protz-Karre, sowie die blütenweissen Dishdashas + (nicht zu sehen) blickdichten, schwarzen, riesigen Designer-Sonnenbrillen verraten...
Jordanien als Wüstenstaat hat naturgemäß ein Wasserproblem. Der einzige Fluss, dem man Trinkwasser und Gebrauchswasser entnehmen kann, ist der Jordan. Den teilt sich Jordanien aber mit Israel und die Israelis entnehmen dem Jordan weit mehr Wasser, als die Jordanier und auch weit mehr, als gut ist. Der Spiegel des Jordan sinkt seit Jahren dramatisch. Und auch der Spiegel des Toten Meeres, dessen einziger Zufluss der Jordan ist. In Jordanien fällt der jahreszeitlich bedingte und dringend benötigte Regen normalerweise ab spätestens Mitte Oktober. Nun haben wir aber schon Mitte November und erst jetzt hat es angefangen, zu regnen. Eine Entwicklung, die Sorgen bereitet. Und den Blick auf´s Klimaproblem der Erde richtet. Auch hier. Viele Siedlungen in Jordanien haben überhaupt keine Wasserquellen und müssen per Tanklaster versorgt werden, daher sieht man kreuz und quer auf Jordaniens Strassen auch soviele Tanklaster, die einfach nur Wasser transportieren. Gemüse ist aufgrund der Wasserknappheit in den letzten Jahren wahnsinnig teuer geworden, erzählt H. Übrigens kann man in den Aussenbezirken von Amman riesige Gemüseplantagen sehen, die alle überdacht sind und künstlich bewässert werden müssen. Man kann sich vorstellen, warum Gemüse daher so teuer ist. Obst wird importiert und ist insofern auch nicht billiger.
Die Raststätte besteht normalerweise aus einem Beduinenzelt, in dem gemütliche Sessel stehen, direkt am Abgrund mit Blick auf den Stausee. Hier bekommt man lecker Tee/Kaffee, es gibt eine Toilette, Souvenirs und den Hammerblick auf den Stausee. Der Betreiber dieser Raststätte - siehe Foto - ist ultra-nett und spricht gut englisch. Der Regen hat ihm jedoch gerade sein Zelt kaputt gemacht, seine Polstersessel durchnässt und jetzt improvisiert er einfach. Und hofft trotzdem auf Kunden.
Wir machen hier eine längere Pause, geniessen Beduinen-Tee und ich kaufe dem netten Herren eine Kette aus Kamelknochen ab, sie ist wunderschön !
Das Gestänge des Zeltes steht noch. Die Zeltplanen hängen tropfnass ausser Sichtweite. Hoffentlich kriegt er das wieder aufgebaut !
So richtig wohl fühle ich mich ja nie an irgendwelchen steilen Abgründen, aber der zerfledderte Stuhl wird dort hingerückt und ich geniesse die Aussicht !
Kerak ist eine alte Kreuzzüglerstadt, die an der antiken Karawanenroute zwischen Ägypten und Syrien lag. Heute hat Kerak ca. 23.000 Einwohner. Sie ist mehrfach in der Bibel erwähnt und findet sich auch in der Mosaik-Karte von Madaba verzeichnet. Wichtigster Besuchsgrund ist das alte Kreuzfahrer-Fort von Kerak, eine relativ gut erhaltene Festung aus dem Jahr 1142 AD. Schauplatz legendärer Schlachten u.a. zwischen den Kreuzfahrern und den Arabern (Saladin). Die Mauern des Forts liegen hoch über der Stadt und eine besonders fiese Geschichte ist folgende: Das Fort fiel irgendwann in die Hände des französischen Kreuzfahrers Renauld de Chatillon. Er war ein Sadist und gierig. Von hier aus kontrollierte er die Handelsrouten nach Ägypten und Mekka. Eine besonders grausige Praxis war, Gefangenen eine Holzkiste über den Kopf zu stülpen und sie von den Mauern der Festung 450 m in die Tiefe des Tals zu stürzen, wobei die Holzkiste dafür sorgte, dass die Opfer bis zum Aufprall nicht das Bewusstsein verloren.
Selbsternannte Guides mit Taschenlampe bieten ihre Dienste an und ich nehme das gern in Anspruch, denn meine Taschenlampe liegt praktischerweise in meiner Reisetasche im Auto.
Das Fort ist ein Labyrinth, nicht schwierig, sich zurechtzufinden, aber ich wäre ohne meinen Guide wahrscheinlich längst nicht überall hineingewandert (weil oft auch zu dunkel ohne Taschenlampe)
Seine Erklärungen sind jetzt nicht die eines Historikers, sondern eher nach dem Motto "...und das war die Küche...", aber ganz ohne Führung wäre man doch etwas verloren hier.
10 Dinar drücke ich meinem Guide in die Hand und treffe auf dem Parkplatz wieder auf H. Hunger ? Nicht wirklich. Bin noch halbsatt von den ganzen Falafel. Ich bitte nur um einen kurzen Stopp an einer Shawarma-Bude. Shawarma ist die arabische Ausgabe des Döner. H. ist überrascht, dass ich das a) kenne und b) willens bin, aus so einem Strassen-Imbiss zu essen. Da kennt er mich und meinen Magen aber schlecht ! Ich bin da schmerzfrei und vertilge das Shawarma begeistert
Im Gewühl der Altstadt von Kerak nach dem erfolgreichen Erwerb eines jordanischen Shawarmas. Ich esse im Auto und bin bemüht, die Karre nicht weiter einzusauen. (Im Fussraum haben meine schlammverkrusteten Trekking-Schuhe nämlich durchaus schon für reichlich Dreck gesorgt).
Und weiter gehts Richtung Petra bzw. Wadi Musa, dem Endziel des Tages. Petra ist natürlich der ultimative Grund, warum die meisten Leute Jordanien überhaupt besuchen. Die alte Nabatäer-Stadt, red-rose city und laut weltweiter Abstimmung eines der 7 modernen Weltwunder. Aber dazu morgen mehr.
Wir verlassen den King´s Highway und fahren auf der Autobahn, dem desert highway weiter südwärts. Es gibt im kleinen Jordanien nur 3 Nord-Süd-Verbindungen streetwise: Den dead-sea highway entlang des Toten Meeres, den King´s highway quasi in der Mitte und weiter östlich den desert highway, die gut ausgebaute, 4-spurige Autobahn.
H. erklärt ab irgendeinem Punkt, wir würden gleich das sogenannte Shobak durchqueren, eine bergige Gegend mit zwar vielen Bäumen, aber wenig Häusern. Hier sei es oft unfassbar neblig. Und da geraten wir nun auch gleich hinein. Sichtweite = 0. Beide kleben wir kurz vor der Windschutzscheibe, um wenigstens den Mittelstreifen zu scannen. Fernlicht ist kontraproduktiv, Abblendlicht ebenfalls und Nebelscheinwerfer hat der Hyundai nicht. Teilweise ist nur ein "Tempo" von 20 KM/h möglich. Es zieht sich über etliche Kilometer... So zu fahren, ist echt anstrengend und dabei sitze ich nur auf dem Beifahrersitz !
Offenbar bin ich eine anstrengende und nervige Beifahrerin, denn H. drückt mir ein Handy in die Hand, das ab morgen unser Kommunikationsmittel werden soll. In Petra werde ich ohne ihn unterwegs sein, aber wenn ich ihn brauche oder er mich irgendwo abholen soll, dann kann ich dieses halbwegs schrottreife Nokia mit jordanischer SIM-card benutzen, um ihn zu kontaktieren. Ich muss nur üben, das Teil zu bedienen. Was ist man doch schon iphone-verwöhnt ! Klar, hatte ich auch mal so ein Steinzeit-Nokia. Aber wie das zu händeln ist, habe ich vergessen. H. fährt weiter durch den Nebel und ich drücke auf dem Handy herum. Es macht es nicht einfacher, dass das display so zerkratzt ist, dass kaum noch irgendeine Schrift lesbar ist. Und noch weniger einfach macht es, dass die Schrift arabisch ist !!! Da die einzige eingespeicherte Nummer die von H. ist, werde ich es aber hinkriegen, ihn anzurufen mit diesem Teil.
Nee, doch nicht. Erstmal wieder Verschwinden im Nebel des Jahrhunderts. Blick aus der Windsschutzscheibe...
Wir erreichen Wadi Musa, durchfahren die Stadt, alles hell erleuchtet, aber die Bürgersteige sind um 19.30 Uhr schon hochgeklappt. Kein Mensch unterwegs. Die Touris sind in ihren Hotels, die Einheimischen zuhause. Nightlife gibt es in Wadi Musa so nicht. Und mein Hotel, das "Taybet Zaman" liegt auch noch 10 KM ausserhalb von Wadi Musa. H. flucht zwar nicht, aber er fragt wirklich, warum ich ausgerechnet dieses abgelegene Hotel ausgesucht habe ? Habe ich doch gar nicht ! Ich wollte mitten in die Stadt, aber laut der Tante von Jordan Direct war alles ausgebucht, ansonsten ! Naja, wir stoppen auf meinen Wunsch noch an einem Geldautomaten und erreichen dann auch relativ schnell das Taybet Zaman. Ich checke ein und mache es mir gemütlich.
Die Nokia-Ruine. Einen Lade-Stecker dazu bekomme ich nicht. Sollte für 2 Tage reichen, meint H. Es wird auch für 3 Tage reichen... Der jordanische Netzbetreiber heisst übrigens Zain.
Fernseh-Ecke im Taybet Zaman, sehr gemütlich ! Aber kein Sat-TV, alles arabisch. Verstehe kein Wort.
Wifi ist nur an der Rezeption. Ich bin müde, durchgefroren und nur wenig hungrig. Ich streune zum Restaurant, da läuft grosses Buffett-Fressen, worauf ich keine Lust habe. Aber ich finde die kleine, gemütliche Shisha-Bar, wo man auch nur Kleinigkeiten zu essen bestellen kann, lasse mich nieder, geniesse einen St. Georges Jordanian Rotwein und eine Mini-Pizza. H. ruft an und ich fiddele mit der Nokia-Ruine herum, erzähle dann aber erfolgreich, alles sei gut. Er informiert mich, dass sich der Guide Zaid, der mich morgen früh abholen wird, auch noch telefonisch melden wird, um die Abholzeit zu verabreden.
Heute abend falle ich mal wieder völlig tot ins Bett. Vorher gab´s noch eine kleine Steckdosen-Odyssee, um die Technik aufladen zu können. Was in Jordanien manchmal echt schwierig ist. Gott sei Dank, habe ich einen Arabien-tauglichen Adapter dabei. Aber nicht jede Steckdose sondert auch wirklich Strom ab. Hauptsache, das iphone ist geladen für den Wecker morgen um 05.30 Uhr... Zzzzz...
Aufbruch: | 10.11.2012 |
Dauer: | 7 Tage |
Heimkehr: | 16.11.2012 |