Prag - Ostern
Spaziergänge 3 u. 4 - Malá Strana und Burg
Ostersonntag: Eigentlich wollte ich heute morgen schnurstracks an die Moldau und sofort rüber auf die Kleinseite Malá Strana, aber der Souvenirmarkt an der Havelka hält mich doch noch kurz auf, ich kann´s nicht lassen und schlendere einmal auf und ab.
Tram vor dem Klementinum - riesiger Gebäudekomplex mit Bibliotheken, Kapellen, 2 Kirchen, Observatorium und Konzertsaal, bei meinem Besuch leider geschlossen. Die alten Tramwagen werden übrigens nach und nach durch moderne ersetzt, deren Design von Porsche stammt.
Zur Karlsbrücke muss ich ein paar Worte verlieren: Sie ist etwas über 500 m lang und 10 m breit, Baubeginn war ebenfalls 1357. Bis 1741 war sie die einzige feste Verbindung der Stadtteile über die Moldau. Von 1683 bis 1938 wurden nach und nach die (21) Statuen hinzugefügt, von denen bis heute schon einige Kopien sind, weil der Zahn der Zeit so an ihnen genagt hatte. Etliche weisen blankpolierte Stellen auf, weil es Glück bringen soll, diese Bereiche anzufassen. Die Brücke wird heute links und rechts von fliegenden Händlern flankiert, die z.T. echt aussergewöhnliche Souvenirs anbieten. Maler und Karikaturisten sind ebenfalls vertreten. Bis 1950 fuhr sogar die Straßenbahn über die Brücke. Sie hat so einiges überstanden in den letzten Jahrhunderten, Kriege, Hochwasser, alles mögliche und sie steht immer noch. Als eine der ältesten Steinbrücken Europas. Und es macht Spaß, über die Brücke zu schlendern. Es ist der "Laufsteg" Prags nach dem Motto "sehen und gesehen werden". Es wird zuweilen allerdings auch ganz schön voll und damit ist die Brücke auch ein perfektes Revier für Taschendiebe, also Vorsicht im Gedränge !
Die Nikolauskirche ist prachtvollster Barock. Ich besuche die Kirche, bevor ich dem Regierungsviertel einen kurzen Besuch abstatte.
Auf der Kleinseite Malá Strana befinden sich fast alle Regierungsgebäude der tschechischen Republik, der Senat, das Parlament und etliche Ministerien. Viele sind in alten, wunderschönen und riesigen Palais untergebracht. Außerdem sind fast alle ausländischen Botschaften und Konsulate in diesem Viertel angesiedelt. Man sollte meinen, hier sei alles streng bewacht, Polizei und Militär würden sehr präsent sein. Nö. Gar nichts dergleichen. Zwar ist naürlich alles kamera-überwacht, wie ansonsten eigentlich ganz Prag, aber irgendein auffälliges Aufgebot an Sicherheitskräften ist überhaupt gar nicht zu sehen. Klar, Ostern und Wochenende..
Die Burg liegt oben auf einem Hügel und es gibt 3 Wege, um hochzukommen: Die steile Gasse Nerudová (benannt nach dem Dichter Pablo Neruda) oder die Treppe Zámecke schody mit vielen Stufen. Wer nicht so gut zu Fuss sein sollte, kann auch mit der Tram hochfahren (Linie 22 oder 23). Der öffentliche Nahverkehr mit Metro, Tram und Bussen ist - das sei an dieser Stelle gesagt - super-easy zu handhaben. Ein System, das quasi selbsterklärend ist, nur die Tickets sollte man sich an einer Metrostation besorgen, weil Haltestellen der Tram nur selten mit Automaten ausgestattet sind (im Bus kann man das Ticket beim Fahrer lösen, in der Tram nicht - und es wird kontrolliert ! Auch ich bin kontrolliert worden). Bitte nicht schwarz-fahren, es ist soooo billig !
Hat man sich einmal auf den Burghügel hochgeschleppt, belohnt das Prag-Panorama von oben.
Ab jetzt sollte man wissen, was man will und vor allem, wieviel Zeit man investieren möchte für den Besuch. Der Eintritt auf das Burggelände ist nämlich frei. Wer nur von außen gucken will (nicht zu empfehlen), braucht kein Geld zu investieren. Selbst der Gang in den Veits-Dom ist bis zur 2. Seitenkapelle frei. Auf diese Weise verpasst man aber die "Sahnestücke". Mehrere Ticketschalter befinden sich im Burgareal, am besten kauft man das Ticket jedoch gleich im 1. Burghof. Zu 12,50 EUR erwirbt man das Ticket für fast alles (ausser Schatzkammer des Veitsdoms) und für 9 EUR die Kurztour (nur Königspalast und Goldenes Gässchen, wegen nur 3,50 EUR Unterschied lohnt sich das Kurzticket eigentlich nicht.
Zur Burg an sich: Sie erstreckt sich auf einem Gelände von 7,28 ha und ist damit die größte der Welt. Ihre Geschichte ist über 1000 Jahre alt. Kaiser, Könige, Fürsten, Bischöfe und Erzbischöfe gaben sich hier die Klinke in die Hand. Heute ist es der Präsident der tschechischen Republik, der hier residiert. Ganze Romane könnte man schreiben zur wechselvollen Geschichte der Prager Burg, aber das führt zu weit. Einfach nur spazieren, gucken und staunen !!!
Kapelle des Heiligen Kreuzes, hierdrin ist jetzt die Schatzkammer des Veitsdomes untergebracht, kostet extra Eintritt, ist aber sehenswert, fotografieren leider verboten
Imposantes Portal des Veitsdoms, rein kann ich erst nach dem Ostergottesdienst nach 12.00 Uhr, also erst alles andere vorziehen
Die Georgsbasilika ist die zweitälteste Kirche Prags, angeschlossen ist ein Kloster. Der Stil ist romanisch. Sie wurde bereits im Jahr 925 der Fürstin Ludmila geweiht, die auch in einer Seitenkapelle hier begraben ist. Schön ist einfach, stilistisch mal wieder eine ganz andere Art von Sakralbau zu sehen.
Ich besuche (teilweise im Schnelldurchlauf) auch andere Austellungen in den verschiedensten Gebäuden der Prager Burg, als da wären die Gemäldegalerie, das Museum zur Geschichte der Prager Burg, den alten Königspalast, die Ausstellung im Pulverturm und sämtliche Häuser im Goldenen Gässchen. Man könnte noch mehr, aber irgendwann reicht´s echt. Man hätte auch noch auf den Turm des Veitsdoms gekonnt, aber das lasse ich schon allein wegen meiner Höhenangst.
Nochmal schöner Blick über Prag, wieviel schöner wäre es mit Sonnenschein und blauem Himmel gewesen !
Über der Häuserzeile des Goldenen Gässchens verlief ein Verteidigungswall, heute Ausstellung für Ritterrüstungen, mittelalterliche Waffen, Schilde usw. Außerdem kann man sich hier im Armbrust-Schiessen beweisen, was Kinder toll finden, die ansonsten ja nur noch mit Laser-Schwertern umgehen können...
Im Goldenen Gässchen wohnten ganz früher die Ärmsten der Armen in einfachen Verschlägen. Erst im 16. Jahrhundert wurden aus den Hütten feste Häuser, in die vorübergehend die Burgwache einzog. Danach lebten hier ein paar Goldschmiede und deswegen heisst sie auch bis heute Goldenes Gässchen. Im 19. Jahrhundert änderte sich wieder die Bewohnerstruktur und Wahrsager, Künstler und Handwerker mieteten sich ein, darunter auch Franz Kafka oder die Hellseherin Madame de Thebes, die den Untergang des 3. Reiches vorhersagte und daraufhin von der Gestapo erschlagen wurde. Eine echt geschichstträchtige Gasse also, die einem heute einfach nur wie eine Puppenstube vorkommt.
Turm des Veitsdoms - wir nähern uns dem Höhepunkt der Tour und es ist 12.00 Uhr vorbei - jetzt kann ich hinein ! Die Warteschlange ist nicht sehr lang und sie bewegt sich schnell, gut für mich Ungeduldige..
Chrám Sv. Vita - Veitsdom: Grundsteinlegung war 1344. Letztlich beendet waren die Baumaßnahmen erst 1929, seitdem steht der Dom so da, wie er jetzt ist. Ein gotisches Tohuwabohu aus Strebe- und Tragpfeilern, Maßwerken, Säulen und Wasserspeiern. Und wunderschönen Bleiglasfenstern. Besonders die poppig bunten Fenster haben es mir angetan.
So, raus hier ! Ich bin überflutet mit Eindrücken, Informationen und Sehenswürdigkeiten. Normalerweise sollte man jetzt abbrechen und etwas total Sinnloses tun, wie shopping, sich ´ne Kochsendung im Fernsehen anschauen, PC-Spiele spielen oder einfach nur schlafen. Geht nicht, ich bin in Prag und werde magnetisch angezogen von weiteren must-see´s. Ist ja auch total egal, dass mir vor Hunger der Magen knurrt, mir sowohl Füße, als auch Knie wehtun. Ich bin schon süchtig nach weiteren highlights und schleppe mich hinaus aus der Burg und weiter hügel-aufwärts auf den Hradschin. Wenigstens die berühmten Bibliotheken des Klosters Strahov will ich noch sehen. Aber leider heute geschlossen. Nützt nichts, muss ich also morgen noch mal hier hinauf. Zufuss laufe ich wieder ganz zurück hinunter und über die Karlsbrücke zurück nach Josefov für den 2. Versuch eines Besuches auf dem jüdischen Friedhof. Bis 17.00 Uhr geöffnet, es ist 16.00 Uhr und ich reihe mich ein in die Warteschlange, die gar nicht mal lang ist, aber es bewegt sich nichts, gar nichts. Auch 10 Minuten später ist keine der Personen vor mir aufgerückt oder hineingekommen. Hmm. Die Erklärung dafür ist, dass der Friedhof sehr klein ist und nur eine bestimmte Anzahl Personen gleichzeitig aufs Gelände gelassen wird und das auch noch von mehreren Zugängen. Ich gebe auf, checke die Öffnungszeiten nochmals und will es dann morgen früh ab 09.00 Uhr wieder versuchen.
Deutsche Botschaft Prag: Von einem Balkon (nicht dieser) verkündete der damalige Außenminister Genscher am 30.09.1989 "Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise..." Der Rest ging im frenetischen Jubel von 6000 Ostdeutschen, die sich in die Botschaft geflüchtet hatten, unter. Ein wahrhaft geschichtsträchtiger Moment und unvergessen !
Letzter Programmpunkt: Irgendwas zu essen organisieren. Am Altstädter Ring erwerbe ich für 3,50 EUR einen riesigen Döner und teile ihn in dem kleinen Park hinter dem Rathaus mit den Tauben. Auf dem Weg zurück ins Hotel stellt sich nur noch die Frage: Soll ich handbemalte Ostereier kaufen ???
Schön sind sie ja, aber nee, was soll ich damit ? Also nicht kaufen und stattdessen Füße hoch, Fernseher an, zuhause anrufen und früh zu Bett.
Aufbruch: | 29.03.2013 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 02.04.2013 |