Freude und Leid einer Segelreise in die Karibik
Auf zu den Highlights der British Virgins
Gut 14 Tage Zeit bleiben uns bis zum Rückflug, da können wir uns Zeit lassen für Badepausen in schönen Buchten. Anegada, die flache Koralleninsel im Norden wollen wir auf keinen Fall auslassen.
Raumschots wird es eine Traumfahrt.
Nur bei der Ansteuerung des Ankerplatzes kurz vor der Siedlung sträuben sich beim Blick aufs Echolot die Haare. Stellenweise scheinen wir nur noch die bekannte handbreit Wasser unter dem Kiel zu haben.
Scharenweise liegen hier Yachten vor Anker, die offenbar alle aus demselben Grund hierhergekommen sind: Um an Land Lobster zu speisen. An den Anlegenbrücken für Dinghys vor den Lokalen stehen riesige Schilder mit dem Hinweis, dass man über UKW-Funk bestellen und Tische reservieren kann.
Wir machen erst einmal einen Landgang ohne vorausbestelltes Menu, dabei begutachten wir das Schlachten der Langusten auf einer der Brücken. Voriges Mal noch wurden sie lebend abgestochen und für Gruselfotos den staunenden Yachties zum Fotografieren unter die Nase gehalten.
Dieses Mal scheinen sie nicht mehr am Leben zu sein. Ob das nun auf eine Tierschutzmaßnahme zurückzuführen ist oder auf stockende Nachfrage in den Lokalen, die zu einem Abschlacht-Stau bereits gefangener Tiere geführt hat - das werden wir nicht erfahren.
Erinnerlich ist uns aber, dass sie vor drei Jahren noch größer gewesen sind, wohl ein Ergebnis des Raubbaus, es müssen immer mehr jüngere Tiere daran glauben.
Das heutige Preisniveau bestätigt unsere Vermutungen: Statt ab 25 US $ sind sie nun nur noch ab 40 US $ zu verspeisen. Da essen wir lieber chicken wings an Bord und beschließen, morgen eine Inseltour zur Atlantikküste zu machen, zumal uns der Taxifahrer versichert, dass in dem Lokal dort die Qualität die beste sei und die Krebse noch richtig schön groß.
Wir alle, auch Annmarie und Sigi, genießen es nach 3 Wochen Stress nach dem Mastbruch, endlich einmal wieder nur zu baden, zu sonnen oder im Schatten unter Strandgewächsen ein Bier oder einen Drink zu genießen. Lobster bestellen wir für 17 Uhr, Wein dazu soll bis dahin vorrätig sein. Was wollen wir mehr?
Es wird auch reichlich aufgetischt, für jeden zwei halbe Lobster mit raffinierten Gewürzen, Salaten und Wein, sogar noch zwei weitere halbe Lobster für die ganz Hungrigen. Die Qualität stimmt, wir greifen reichlich zu, mit Besteck und Händen und Fingern.
Wir sind am Ende die einzigen Gäste, als der Wirt gegen 18.30 Uhr schließen will. Die Rechnung bitte ! 592 US $ plus Bedienung bitte für 6 Personen. Nicht, dass es uns das nicht wert gewesen wäre, aber das übertrifft unsere mitgebrachten Barmittel.
Mit Kreditkarte bezahlen geht aber nicht, weil der Strom ausgefallen ist und man die Bezahlung nicht bestätigen lassen kann, also bitte cash ! Wir kratzen alles an Dollars und Euro zusammen, was wir mithaben, wobei man uns den Euro 1:1 in Dollar abnimmt, dann reicht es gerade, die Zeche zu bezahlen und der Wirt kann uns per Handy noch das Taxi bestellen.
Die 36 US $ fürs Taxi haben wir nun absolut nicht mehr, aber er läßt uns auf Kredit mitfahren und wartet am Ufer geduldig, bis Werner und Sigi von Bord noch ein paar Dollars mitbringen.
Als wir anderen mit dem Taxifahrer als Pfand zurückbleiben, nutzt Annmarie die Zeit, um dem Taxifahrer zu sagen, was uns bisher auf Anegada gefallen hat und was nun zu verfallen droht:
Viel zu teure Drinks mit viel zu viel Eis und zu wenig Rum, immer kleinere Lobster, die zudem nicht mehr so frisch garantiert seien wie bisher. Der Rückgang der Touristenzahlen sei nicht allein eine Folge der Wirtschaftskrise. Der Taxifahrer nickt nachdenklich und meint, na ja, man wolle halt noch mitnehmen, was man mitnehmen könne, solange es noch geht. Solange.......
Schwell ist in einigen Tagen vorhergesagt, da fahren wir gleich am nächsten Morgen wieder zurück.
Zudem hat Sigi sich eine Erkältung eingefangen, Annemarie muß ihn mit Medikamenten versorgen. Dass es so etwas hier bei dem Klima geben kann ? Alle anderen sind indes wohlauf.
Zur Mittagspause suchen wir uns an der Westküste von Virgin Gorda eine Bucht . Savanna-Bay, deren Ansteuerung eine navigatorische Delikatesse ist: ganz am Südzipfel ist ein schmaler Durchbruch durch ein Riff, das etwa 3 Meter, stellenweise 2 Meter unter Wasser liegt. Bei leicht ablandiger Brise tasten wir uns herein bis fast ans Nordende und ankern auf 4 Meter Wassertiefe.
Wir sind allein, wir haben in dieser überlaufenen Region sogar eine Privatbucht für uns allein gefunden !
Die Gelegenheit zum stundenlangen Baden nutzen wir ausgiebig. So schön ist es hier, dass wir hier auch übernachten wollen.
Sigi ist zufrieden, kann er doch sein Fieber weiter auskurieren.
Wolfgang und ich schwimmen mal an den menschenleeren Sandstrand und staunen dort nur, wie breit der ist, da muß es doch auch mal höhere Wasserstände geben, die eigentlich nur durch Brandung entstehen können.
Nach dem üblichen Rotwein nach dem Abendessen legen wir uns um 20 Uhr zur Ruhe.
Doch die währt nicht lange!
Nachts brist es etwas auf, aber die Dünung wird um mehrere Meter höher. Sie bricht sich auf dem Riff und wir liegen quer dazu in den Grundseen dahinter.
Die Ambassador schwankt wie eine Nußschale, wir werden aus den Kojen geworfen, irgendwelche Gegenstände kullern im Cockpit, das man nur kriechend und sich festklammernd erreichen kann. Draußen schwarze Nacht, wir haben Neumond.
Bis zur Morgendämmerung müssen wir durchhalten, denn in der Dunkelheit hier rauszufahren, ist zu riskant.
Der Anker hält, wir haben ja auch ausreichend Kette gesteckt.
Aber manche Brecher sind so steil, dass sie das am Heck hoch aufgehängte Dinghy zum Aufschwimmen bringen und im nächsten Moment in die Aufhängung krachen lassen, mal senkrecht von oben, mal schräg, je nach Wellenlage. Ein Sicherungsstropp platzt an der Relingbefestigung mit lautem Knall, anschließend schwankt das Dinghy samt Aufhängevorrichtung bedenklich stärker. Sigi sichert es zusätzlich mit einem dicken Tampen in einem gewagten Turnmanöver.
Mit dem ersten Tageslicht werfen wir die Maschine an und tasten uns zunächst parallel zur Brandung zu der Durchfahrtrinne. Jetzt sehen wir die Brecher auf dem Riff, die sich alle gegen den Horizont abheben, ein gewaltiges Schauspiel, aber doch mit einem unguten Gefühl in der Magengegend, besonders, als uns ein überschlagender Brecher genau von der Seite erwischt.
Dann erreichen wir die Rinne und mit Vollgas gegen die Dünung fahren wir raus.
Annmarie hat sich in ihrer Koje verkrochen und sich am Kissen festgekrallt. Sie erzählt uns später, das der Wellengang letzte Nacht noch höher und wilder gewesen ist als am Tag des Mastbruchs....
Im tieferen Wasser gehen wir, nur mit Genua, auf Raumschotskurs Richtung Beef Island, die Dünung ist hoch und lang, der Wind heftig, aber es läßt sich mühelos segeln.
Hinter einer Huk vor dem Flughafen ist die erste geschützte Stelle vor der Dünung, hier haben schon viele Yachten sich verkrochen, wir finden nur ganz vorn noch einen leidlich ruhigen Ankerplatz, den nutzen wir erst einmal, um den Restschlaf nachzuholen.
Bei Windstärken zwischen 20 und 25 Knoten segelt kaum noch jemand raus, also beschließen wir den Tag mit einem Landgang zum Flughafen und einem Drink auf einem Dinghyanleger.
Sigi braucht neuen Proviant, also laufen wir am nächsten Tag Road Town, die Hauptstadt der British Virgin Islands an. Im Windschatten des TUI-Kreuzfahrtschiffs "Mein Schiff 1" ankern wir.
Wohlfühlen.... na ja, wir finden es schöner an Bord unserer AMBASSADOR, auch wenn es manchmal schaukelt.
Unser Landgang ist unergiebig, denn das einzige, was wir suchen, wäre Wein, aber bitte in "bibs", Dreiliterkartons mit Zapfhahn, die sich problemlos an Bord verstauen lassen.
Genau die werden aber nirgends angeboten, also lassen wir es bei einem Bier aus Jamaika (Red Stripe), bevor wir Sigi und Annmarie schwer bepackt wiedertreffen, um an Bord zurückzufahren.
Die Zeit langt gerade noch, um nach Norman Island zu segeln.
Die Bucht (The Bight oder Pirates Bay) ist mit Muringtonnen durchzogen, an denen so viele Boote liegen, dass wir keinen Platz mehr finden. Wir ankern also draußen vor der Bucht; dort ist es so tief, dass Sigi seine gesamte Ankerkette rauslassen muß und noch eine Verlängerungsleine draufstecken muß.
Schon während des Frühstücks streben zahllose Boote wie in einer Sternfahrt neben uns auf eine Nebenbucht mit Steilküste zu. Wir motoren auch dorthin, machen an einer Tagesmuringtonne fest und finden ein schönes Schnorchelrevier vor. Der Andrang ist gewaltig, das Revier fast zu klein. Es wimmelt von Schwimmern im Wasser und unter Wasser, dazwischen fahren Dinghys und Motorboote, die hoffentlich aufmerksam navigieren.
Plötzlich hat Annmarie Hilferufe gehört. Sie weist auf eine Stelle etwa 80 m hinter uns. Wolfgang springt sofort ins Wasser und kommt mit einem älteren korpulenten Herrn am Wickel zurück, dem offenbar die Puste ausgegangen ist. Er verschnauft an unserer Badeplattform und als er zwischen Atemstößen wieder sprechen kann, kommt die übliche Begrüßung auf amerikanisch: Where do you come from ? I am coming from Boston.
Wir bringen ihn dann wunschgemäß zum Dinghy seiner Mannschaft zurück, die ihn freudig in Empfang nimmt: Oh grandpa, happy to see you. Wolfgang, der ihn hingebracht hat, kommt sich überflüssig vor. Kein Wort des Dankes, keine Geste der Anerkennung. Wir fragen uns nur, wie der alte Herr bei dessen Körperfülle nur jemals vom Wasser aus ins Schlauchboot hätte kommen können, wenn er es geschafft hätte, normal wieder zum Dinghy seiner Mannschaft zu schwimmen.
Schon mittags verholen wir uns heute tief in die Pirates Bay, um noch einen freien Bojenplatz zu erwischen. Das gelingt uns auch, heute sind wir so früh dran, dass wir schon mittags an Land der Insel Norman Island gehen können.
Außer der großen Strandbar gibt es auf der Insel keine Siedlungen.
Der Eigner oder Pächter hat die Insel touristisch erschlossen, nur Yachties hat er als Kunden, aber scheint gut davon zu leben. Man kann auf einem Landroverpfad über die gesamte zerklüftete Insel wandern und hat von oben herrliche Ausblicke auf weitere Buchten, die teils schwer ansteuerbar, teils zu flach oder ungeschützt sind, um von Booten aufgesucht zu werden.
Oder liegt es nur daran, dass es dort noch keine Strandbar gibt?
Diesen Eindruck hat man, wenn man in die Buchten auf der Nordwestseite blickt: Tiefbraues Wasser, schöne Natur und allenfalls ein oder zwei Ankerlieger. Es gibt auf den Virgins noch verträumte Plätzchen!
In der Pirates Bay dagegen geht es abends richtig los. Da liegt ein ausgemusterer Frachtsegler, als Tanzbar auf drei Decks umfunktioniert, mit Fast-food Verpflegung und umfangreichem Rumvorrat an Bord, vor allem aber mit einer gewaltigen Stereoanlage, die wohl einen eigenen Generator benötigt. Die lockt die Yachties mit Einbruch der Dämmerung an .
85 Dezibel oder mehr sind gerade richtig, um die Stimmung immer mehr anzuheizen. Selbst freiwilliger Striptease gehört dazu, zwei Mädchen spingen nackt über Bord, die eine kann noch nicht einmal richtig schwimmen, aber sie kommt zurück und wird von ihren männlichen Begleitern sofort liebevoll abgetrocknet, dann gehts - angezogen mit trockener Kleidung - weiter.
Da fallen Wolfgang und Sigi in ihren krachledernen Imitaten nur noch gelegentlich auf!
Aber sie dürfen laufend abgelichtet werden!
Mit Handzeichen können wir uns verständigen, dass wir zurück an Bord wollen, sonst hätte der letzte die 600 Meter zum Ankerplatz zurückschwimmen müssen!
In der Cane Garden Bay möchten wir noch Conch essen gehen. Das sind die großen Muscheln, die unter Naturschutz stehen, deren Schalen man nicht einmal nach Europa bringen darf.
Hier werden sie für dekorative Gartenzäune, als Andenken für Touristen oder, als Scherben, zum Beimischen auf dem Bau benutzt.
Und die lebenden "Eingeweide" sind in den Restaurants eine Delikatesse als Salatzusatz oder als Gulasch, sogar zu erschwinglichen Preisen.
Nur der Tourist darf sie beim Schnorcheln nicht aus der Tiefe holen.....
Der Törn um Tortola herum auf deren Nordwestseite wird ein Segelvergnügen fast wie in einem Binnenrevier, dazu Sonne pur, die zu einer Badepause hinter dem Inselchen Sandy Island einlädt. Ein Höhepunkt nach dem anderen !
Eine Sandbank mit einem einzigen Baum drauf, wie in einer Karikatur für Inselwitze. Nur wegen Schwells zum Übernachten nicht geeignet
Monika kennt alles noch nicht, also müssen wir auch noch zu Foxys.
Das ist eine Kneipe auf Jost van Dyke Island in äußersten Nordwesten. Genau: Foxys Tamarind Bar and Beach Restaurant. Foxy hat sein Lokal zu einem Mekka der Yachties werden lassen und darüber hinaus die British Virgin Islands weltweit als Touristenparadies bekannt gemacht.
Mit Songs zur Gitarre, in denen er teils sogar die Yankies beschimpft, die ihm aber begeistert zuklatschten, ist er durch die Staaten als gefeierter Star getingelt und hat ein Vermögen damit gemacht.
Dieses Vermögen hat er in die Insel, speziell in sein "Foxys" gesteckt und es dabei noch einmal gemehrt. Noch heute kommt er gelegentlich, vielleicht 75 Jahre alt, von seiner Hütte in den Bergen zum Strand ins Foxys und begrüßt Gäste wie alte Freunde aus alter Zeit.
Seine Nachfolger verstehen sich aufs Geschäft und den Pubikumsgeschmack.
Spareribs am offenen Feuer geröstet oder verbrannt als Fingerfood für 20 US $ in Selbstbedienung, dazu Live music mit Stereounterstützung, da hört man das Schmatzen beim Fressen nicht so.
Viele Drinks haben spezielle Namen nur bei Foxys, muß man natürlich mal gekostet haben, 7 USD pro Drink. Für die, die Vertrautes lieben, gibts natürlich auch den Painkiller, den Pina colada, neuerdings den woodwalker. Eis und Rum ist überall reichlich drin.
Die Bude füllt sich jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit......
Sonntag, 24.2.2013 wird unser letzter Tag auf den British Virgins sein. Vormittags baden wir noch einmal genüßlich in der White bay, etwas westlich von Foxys, danach kreuzen wir zurück zu Sopers Hole am Westende von Tortola. Unterwegs fischen wir ein losgerissenes Beiboot mit Außenborder auf und nehmen es bis zum Ankerplatz vor der Marina mit.
Wir haben unser Ankerbier gerade getrunken, da läuft eine Yacht aus Puerto Rico ein, im Steven steht strahlend eine Frau: "Our Dinghy". Diesmal gibt es wenigstens ein Dankeschön, aber von Finderlohn wird nicht gesprochen. Statt dessen dreht die Yacht auf dem Teller, mit dem Dinghy in Schlepp und verläßt den Hafen sofort wieder.......
Vielleicht sind die hier schwarz eingelaufen, sinniert Sigi, und wollen nicht einklarieren, da müssen sie schnell weg, um bis zu 10000 US$ Buße zu vermeiden. Könnte ja sein, nach unseren Erfahrungen......
!
Sigi gibt uns hier unsere Reisepässe zurück, um mit Annmarie allein auszuklarieren und mit ihr zu den US Virgins zu segeln. Für uns eine Gelegenheit, die AMBASSADOR mal unter Segeln zu fotografieren.
Denn wir können nicht mit ihm in die US Virgins fahren, sondern müssen die Fähre dafür benutzen. Weil nämlich...aber das ist das nächste Kapitel
Aufbruch: | 27.01.2013 |
Dauer: | 5 Wochen |
Heimkehr: | 02.03.2013 |
Niederländische Antillen
Britische Jungferninseln
Vereinigte Staaten