Die ins Wasser gefallene Erleuchtung? Thailand während der großen Flut 2011

Reisezeit: Oktober - Dezember 2011  |  von Adi Meyerhofer

Wat Dhammakaya und Bangkoks Flut: Zwischenbemerkung

Der König von Thailand

Wenn ich abschweife, bitte dies zu entschuldigen. Aber zu einer Reise gehören meiner Ansicht auch die Erkenntnisse, die man über die Gesellschaft eines gastlandes gewonnen zu haben glaubt.

Daher eine kurze Zwischenbemerkung zum König: Es heißt immer "die Thais lieben ihren Herrscher." Das mag schon stimmen, zumindest sind die Wenigsten so blöd laut etwas Gegenteiliges zu sagen, denn der Paragraph 122 des Strafgesetzbuches sieht für Majestetätsbeleidigung bindend 15 (in Worten: fünfzehn) Jahre Haft vor! Welche Zustände in südostasiatischen Gefängnissen herrschen, brauche ich nicht zu betonen. Selbst wer sagt, die jüngste Tochter des Königs sei eine Lesbe (was stimmt), wird mit fünf Jahren bedient. Ähnlich ist der Tarif wenn man sich mit einem Geldschein (auf dem sich das Bild des Königs befindet) eine Zigarre ansteckt (Beides so geschehen 1992-3).

Fairerweise muß man erwähnen, daß die "Täter" üblicherweise, wenn sie mit 60 Jahren im Knast noch leben nach etwa 3-5 Jahren begnadigt werden. Der Fall eines 70jährigen, der angeblich vier beleidigende SMS an den Haushofminister geschickt habe soll und dafür kürzlich zu 20 Jahren verurteilt worden ist erregte selbst in Thailand Aufsehen.
(Chronologie, der Mann starb nach 5 Monaten in Haft)

Es hängen Bilder von Bhumipol (Rama X.) und seines Klans in praktisch jedem Haushalt - vermutlich mehr als es bei uns vor 70 Jahren Hitlerbilder gab. Nun war ich ja zur Zeit des 84. Geburtstages, am 5. Dezember, im Lande. Nach dem chinesischen Kalender ist die Vollendung eines 12-Jahres-Zyklus ein besonders glücksverheissendes Omen, so daß überall Altäre wie der im Bild gezeigte herumstanden.

"Heil Dir im Siegerkranz ..."

"Heil Dir im Siegerkranz ..."

Für die weiteren Hintergründe und Zusammenhänge im Machtspiel zwischen König, Sangha (Mönche), Militär und die von Wirtschaftsinteressen gekaufte Regierung empfehle ich das Buch Handley, Paul M. "The King never smiles" (New Haven [u.a.], Yale Univ. Press, 2006; 978-0-300-10682-4 ). Er lächelt deshalb nicht, weil er seinen Bruder erschossen hat, um auf den Thron zu gelangen (Ja, ja, es sind zwei Bauernopfer dafür hingerichtet worden). Das Buch gibt es in Thailand aus offensichtlichen Gründen nur als Bückware.

Auch heute darf überings in Thailand kein Sterblicher (Mönche ausgenommen) seinen Kopf höher haben als Seine Majestät. Das kann man im Fernsehen immer wieder ganz nett beobachten, wenn er auf Inspektionsreise in einem abgelegenen Dorf sich zu einer kauernden, alten zahnlosen Bäuerin hinabbeugt um sie zu verstehen und sofort hinter ihm die ganzen hohen Beamten in den Schlamm fallen. Als ich vor gut zwanzig Jahren aus Japan kommend, noch vom Flughafen Don Muang aus, mit dem Bus in die Innenstadt gefahren bin, dauerte die, an sich schon zweistündige, Zuckelei noch länger, weil wir an einer Kreuzung fast eine dreiviertel Stunde anhalten mußten. Sämtliche Passanten wurden von der Polizei von den Fußgängerbrücken, die es an Bangkoks Haupstraßen zahlreich gibt, gescheucht. Dann rauschte ER - auf einer vollkommen verkehrsfreien Straße (in Bangkok !!!) - mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in seinem beigen Rolls-Royce vorbei.

Das war auch die Zeit, als der König zwei Streithähne, nämlich den Premierminister und den Militärchef, nachdem das Land zwei Wochen am Lande des x-ten Militärputsches seit 1936 gestanden hatte und am Democracy Monument scharf geschossen wurde, dadurch zum Schweigen brachte, daß er sie vor laufendender Kamera auf Knien rutschend zu sich bat. Er hatte sie nicht wie üblich stehend, sondern selbst sitzend empfangen. Zwei Tage später war die Karriere beider beendet. (Diese Klassiker gibts auf YouTube).

Es sei daran erinnert, daß der Kronprinz im Sommer 2011 Schlagzeilen machte, als sein Privatjet am Münchner Flughafen gepfändet wurde und er tags darauf zum Erdbeerpflücken ging (Titelseite des Revolverblatts tz). Dem Kronprinzen, über den sein Vater schon 1973 öffentlich gesagt hat er sei "vollkommen nutzlos," scheint es aber nicht allzu pressiert zu haben nach Hause zu kommen; ich glaube durchaus, daß ein Anruf bei Thai Airways gereicht hätte und der nächste ab München abhebende Flieger wäre von allen anderen Passagieren befreit worden, um seine kgl. Hoheit vor bösen bayerischen Beamten zu erretten. Die wenigsten Thais würden wie ein landshuter Obergerichtsvollzieher auf die Idee kommen, daß ein Unterschied zwischen Privatvermögen des Königshauses und Staatseigentum überhaupt besteht. Immerhin wird geschätzt daß die königliche Familie (ähnlich wie das japanische Kaiserhaus) an Unternehmen beteiligt ist, die etwa ein Viertel des offiziellen Bruttosozialprodukts erbringen!

Zu welchem Gesabber zu erblöden sich auch ansässige Ausländer nicht zu schade sind, zeigt der Leserbrief aus der Bangkok Post - es war bei weitem nicht der einzige!

Die Bangkok Post veröffentlichte diesen Leserbrief, denn ich hier unkommentiert als Großzitat (iSv. § 55 UrhG) stehen lasse.

Die Bangkok Post veröffentlichte diesen Leserbrief, denn ich hier unkommentiert als Großzitat (iSv. § 55 UrhG) stehen lasse.

© Adi Meyerhofer, 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein geplanter vierwöchiger Aufenthalt in einem budddhistischen Kloster nördlich von Bangkok, der dann wegen der "großen Flut" sprichwörtlich ins Wasser fiel (dh stark verkürzt wurde).
Details:
Aufbruch: 30.10.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 07.12.2011
Reiseziele: Thailand
Vereinigte Arabische Emirate
Der Autor
 
Adi Meyerhofer berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.