around the world 2013/14
Chile-Costa Rica
Chile-Costa Rica
5. Reisebericht
Wir haben gerade festgestellt, dass seit dem letzten Reisebericht schon wieder zwei Monate vergangen sind, in denen wiederum einiges passiert ist...und so rund wie im ersten Teil unserer Reise ist es nicht mehr gelaufen...
Die ersten zwei Wochen nach unserem "Wiedersehen" verliefen noch relativ ruhig. Wir genossen die Fahrt von Puerto Montt nach Santiago und fanden immer wieder lauschige Plätzchen zum Übernachten. Die üppig grüne Landschaft mit vielen Kühen erinnerte uns etwas an unsere Heimat.
Endlich waren wir wieder so unterwegs, wie wir uns das vorgestellt hatten: Campieren mit unseren Dachzelten mit herrlichen Grillabenden. Da wir uns Santiago bereits im Januar angeschaut hatten, umfuhren wir die Hauptstadt dieses Mal und steuerten unsere Emma in die Berge, was im chilenischen Sommer mit sehr angenehmen Temperaturen verbunden war. In der Nähe von Los Andes, nahe der argentinischen Grenze, gefiel es uns so gut, dass wir uns einen Ruhetag gönnten. Wir lernten ein paar chilenische Hasenjäger kennen, die ihre Fallen stellten und mit denen wir einen lustigen Abend verbrachten. Am nächsten Tag fuhren wir auf der Panamericana Richtung Norden weiter bis zur Küstenstadt Antofagasta, wo Emma plötzlich so stark überhitzte, dass wir sofort den Motor abstellen mussten. Als hätte sie es gespürt, befand sich nur wenige hundert Meter von uns entfernt eine Mitsubishi Garage, dessen Werkstattchef sich mit dem Namen "Loosli" vorstellte und uns in Empfang nahm. Da er Schweizer Vorfahren hatte, die vor zwei Generationen nach Chile ausgewandert waren, fand er besonderen Gefallen an uns, umso mehr, als wir ihm von unserer langen Reise erzählten. Die Mechaniker stellten fest, dass zwei Wasserschläuche ein Leck hatten und wechselten sie sofort aus, so dass wir noch am gleichen Tag weiter fahren konnten.
Unser nächstes Ziel hiess Salar de Atacama, der trockenste Ort der Erde. Zunächst ging es einmal mehr hoch auf knapp 3000 Meter und wir waren heil froh, dass Emmas Kühlung wieder in Ordnung war, da sie unser Gesamtgewicht von fast drei Tonnen hinaufschleppen musste. Auf der Hochebene angekommen, erwartete uns eine atemberaubende, von ausgetrockneten Salzseen übersäte weisse Wüstenlandschaft, von deren Anblick wir zuerst einmal überwältigt waren. Natürlich nutzten wir die Gelegenheit für ein Nachtlager, von dem aus wir einen wunderschönen Sternenhimmel geniessen durften. Am nächsten Tag besuchten wir das Valle de la Luna, ein weiteres Naturwunder, und die nahe gelegenen heissen Quellen, wo wir uns ein Bad gönnten. Von dort aus hatten wir die glorreiche Idee, eine vermeintliche Abkürzung Richtung Küste zu nehmen, was sich wieder einmal als Fehlentscheid herausstellen sollte. Die Fahrt über eine schmale und äusserst schlecht präparierte Passtrasse führte uns auf über 4500 Meter über Meer und endete in einer Sackgasse. Wir staunten nicht schlecht, als wir feststellen mussten, dass der Weg vor uns von einem Erdrutsch verschüttet war und mussten zuerst ein ganzes Stück rückwärts fahren, bis wir schliesslich an einer etwas breiteren Stelle mit Müh und Not und etwa zehn Mal hin- und herwiegeln wenden konnten. Die Schweissperlen standen uns im Gesicht, als wir dieses Manöver am Abgrund von mehreren hundert Metern ausführten und dabei immer hofften, dass die Strasse nicht noch mehr abbrechen würde...
Einerseits erleichtert, dass nichts Schlimmes passiert war und andererseits verärgert über unseren dummen und zeitaufwändigen Entscheid mussten wir nun natürlich trotzdem den Umweg fahren. Nun ging es vorerst noch einmal auf 4200 Meter über Meer, wo ich das Gefühl hatte, ich könnte noch ein leichtes Training absolvieren (ein bisschen Bewegung nach solchen Autotagen schadet ja nichts...). Ich ignorierte Bindi's Bedenken, dass dies in dieser Höhe vielleicht nicht ideal sei und dass ein guter Freund von ihm so einen Hirnschlag erlitten hätte. Als ich in der bitterkalten Nacht mit starken Kopfschmerzen aufwachte, erinnerte ich mich an Bindis Bedenken und bekam echt Schiss, testete immer wieder, ob ich noch bei klarem Verstand war...Nach einer Schmerztablette und einem Liter Wasser liessen die Schmerzen jedoch zum Glück nach und ich hatte hoffentlich etwas dazu gelernt...
Endlich wieder an der Küste angekommen fuhren wir auf der Panamericana weiter bis nach Arica, wo wir uns am überraschend schönen Strand wieder einmal ein Bad gönnten.
Weiter ging es Richtung Altiplano, wo wir die höchstgelegene Millionenstadt der Welt, La Paz in Bolivien, ansteuern wollten. Kurz vor der Grenze fiel mir noch ein, dass ich die chilenischen Ansichtskarten einwerfen sollte. So führte uns das Schicksal in das wunderbare Bergdorf Putre, wo wir eine Mittagspause einlegten und nach einigem Suchen in einem kleinen Laden eine Art Briefkasten fanden. Als Bindi mich die Karten einwerfen sah, bezweifelte er, dass diese je in der Schweiz ankommen würden, womit er vermutlich recht bekommen sollte. (sind offenbar bis heute noch nicht eingetroffen...)
Wir schafften es wieder einmal, so lange herumzududeln, dass wir erst gegen Abend die bolivianische Grenze erreichten, wo wir es schliesslich dem Goodwill eines uns äusserst wohlgesinnten Zöllners zu verdanken hatten, dass wir als letztes Fahrzeug gerade noch so durchschlüpften. Die Szenerie des mit Schnee bedeckten Vulkans im Hintergrund und einem Bergsee mit Flamingos in der Abendstimmung war atemberaubend schön. Kaum auf bolivianischem Boden angekommen, gaben wir unser Glück sofort einem irischen Geschwisterpaar weiter und verhalfen den beiden Motorradfahrern zu einer Unterkunft, da sie sich ohne ein Wort Spanisch zu sprechen kaum zurecht fanden. Wir selber verkrochen uns bei inzwischen kaltem und regnerischem Wetter in unsere Dachzelte und verbrachten eine weitere Nacht auf über 4000 Meter über Meer.
In La Paz wollten wir unsere nicht ganz einfache Weiterreise Richtung Manaus, Brasilien, planen. Also besorgten wir uns das dafür notwendige Kartenmaterial, damit wir die nur schwer zu befahrenen Strassen Richtung Amazonas finden würden. Da schien uns ja ein weiteres Abenteuer bevorzustehen. Doch der Wettergott machte uns einen Strich durch die Rechnung und liess unser Vorhaben scheitern, bevor es überhaupt begonnen hatte. Die Regenzeit, die dieses Jahr zeitlich verschoben eingesetzt hatte, sorgte dafür, dass sämtliche Zufahrtsstrassen Richtung Manaus überschwemmt und unbefahrbar waren. Die Bilder von schwimmenden Autos, die im Fernsehen gezeigt wurden, bestärkten unseren Entschluss, Emma von einer Schlammschlacht zu bewahren.
Etwas widerwillig und schweren Herzens nahmen wir den klassischen Weg über's Altiplano nach Peru in Angriff. Besonders Bindi war etwas gefrustet, da er schon zwei Mal zuvor in Peru war, aber es blieb uns aus zeitlichen Gründen nichts anderes übrig. Leider kommt es selten gut, wenn man von einem Vorhaben nicht überzeugt ist. Die Fahrt entlang des Titicaca Sees wurde vom bewölkten und regnerischen Wetter und den peruanischen Bauern getrübt, die uns das Leben beim Campieren schwer machten. Der Weg führte uns weiter zu den berühmten Linien von Nasca und ins Maria Reich Museum, bevor wir in Ica einen Zwischenhalt für ein Mittagessen einlegten. Der Wirt riet uns noch, unser Fahrzeug unmittelbar vor dem Restaurant zu parken, da es hier oft zu Diebstählen käme. Da wir bereits Platz genommen und die ca. 15 Meter weit entfernte Emma gut im Blickfeld hatten, fanden wir dies jedoch nicht für nötig, was sich als grosser Fehler herausstellen sollte. Als wir nämlich nach dem Mittagessen die Fahrertüre öffnen wollten, mussten wir feststellen, dass diese aufgebrochen war und unsere beiden Fotoapparate und Bindi's Handy entwendet wurden. Unsere Nachlässigkeit war sofort bestraft worden. Wir hatten jedoch Glück im Unglück, dass der Dieb meinen Laptop nicht gesehen hatte und wir sämtliche Fotos vor zwei Tagen gesichert hatten. Anstatt weiter zu fahren, verbrachten wir nun den Nachmittag auf dem Polizeirevier und versuchten den zwar freundlichen, aber äusserst gemächlich arbeitenden Beamten auf Spanisch zu schildern, was vorgefallen war. Am nächsten Tag besorgten wir uns in Lima zuerst einmal einen neuen Fotoapparat und wollten Peru so schnell wie möglich verlassen. Vielleicht ein bisschen zu schnell, wie wir bei einer Verkehrskontrolle feststellen mussten, als Bindi vor den Augen von zwei Beamten, die er leider zu spät sah, zu einem Überholmanöver über eine doppelte Sicherheitslinie ansetzte. Obwohl dieses Manöver in Peru zur Tagesordnung gehört und von der Polizei selber praktiziert wird, waren wir natürlich ein besonderes Fressen und die beiden Beamten konnten ihr Glück kaum fassen, als sie die überhöhte Busse von 250 Dollar (erst noch runtergehandelt, da sie uns zuerst auch noch mit einem falschen Wechselkurs über den Tisch ziehen wollten...) von uns einkassierten. Da wir beim komplizierten Zahlungsverfahren einen weiteren Tag verloren hätten, entschlossen wir uns für eine Barzahlung, worauf der Beamte den zuvor in aufwändiger Arbeit verfassten Bericht vor unseren Augen zerriss und sich mit einem freundlichen Händedruck bei uns verabschiedete (bleibt nur zu hoffen, dass er das Geld für seine Familie einigermassen sinnvoll einsetzen wird...) so läuft das!
Nun hatten wir aber endgültig genug von Peru und wählten den direkten Weg Richtung Norden. Bald schon überquerten wir problemlos die Grenze nach Ecuador, wo wir von heftigen Regenfällen begrüsst wurden. Zu allem Überfluss beschmissen sich die Leute die ganze Zeit mit Wasserbeuteln, was offenbar ein Brauch zu sein schien. Erst später merkten wir, dass man hier so den Carneval feierte, was ich persönlich nicht mehr lustig fand, als ich bei offenem Fenster beim Handorgel spielen begossen wurde...
Ausser dem meist bewölkten und regnerischen Wetter fühlten wir uns relativ wohl und sicher in Ecuador, ein angenehmes Land zum Reisen, wenn auch nicht ganz einfach für uns, geeignete Schlafplätzchen zum "wilden Campieren" zu finden.
Wir beschlossen, einen Tag in Quito zu verbringen, wo wir leider immer noch vom kühlen und unfreundlichen Wetter begleitet wurden. Offenbar hielt auch in Ecuador die Regenzeit länger an als normalerweise an, was uns auch die Medien bestätigten. Von Quito aus steuerten wir Emma auf der Panamericana weiter Richtung Norden über das weiterhin hügelige Bergland, als sich aus dem Motorraum plötzlich ein "Tack Tack" Geräusch bemerkbar machte und uns schliesslich veranlasste, anzuhalten. Wir schafften es gerade noch bis nach Bolivar, wo uns der einzige Mechaniker erklärte, dass er unser Problem nicht beheben könne. Also liessen wir uns bis nach San Gabriel, dem nächst grösseren Ort, abschleppen. Dort wurden wir zu zwei angeblichen Dieselmotorspezialisten (Vater und Sohn Quiroz) verwiesen, die in einem Hinterhof so eine Art Garage betrieben. Sie versicherten uns, dass es für sie kein Problem sei, unser Dieselfahrzeug zu flicken und begannen sogleich mit dem Zerlegen des Motors. Als wir nach und nach die Einzelteile ungeschützt auf dem mit Öl und Dreck verschmierten Boden liegen sahen, erschien es uns immer unwahrscheinlicher, dass den "Mechanicos" ihr Vorhaben gelingen würde...
Mit ihrer liebenswürdigen und humorvollen Art beruhigten sie uns jedoch immer wieder, wenn wir unsere Bedenken (die nicht ganz unberechtigt waren, wie sich später herausstellen sollte...) äusserten, wie sie denn je wieder die richtigen Schrauben finden würden, die wild zerstreut im Hof herumlagen. Doch sie liessen sich nicht aus der Ruhe bringen und arbeiteten in einem äusserst gemächlichen, so richtig südamerikanischen, Tempo weiter. Allmählich wurde uns bewusst, dass wir uns auf eine längere "Zwangspause" einstellen mussten. Nachdem wir in der ersten Nacht noch beide im Dachzelt geschlafen hatten, wechselte ich bald in ein nahe gelegenes 15 Dollar Hotel, von wo aus ich die nächste Verschiffung vorbereiten konnte, während Bindi tapfer die Stellung bei Emma hielt, was ein Schachzug war. So konnte er den beiden Mechanikern etwas Beine machen und ihnen bei der Arbeit mithelfen. Nach drei vollen Arbeitstagen war der Motor endlich auseinander gebaut und der Familienbetrieb rief zu einer Sitzung ein, was auch gleich mit einem Nachtessen verbunden wurde. So lernten wir immer mehr Mitglieder der Grossfamilie kennen, von den Enkeln bis zu den Grosseltern, und wir wurden von deren Warmherzigkeit und Grosszügigkeit immer mehr überwältigt. Beinahe etwas feierlich verkündeten uns Vater und Sohn Mechaniker nach dem Essen, dass sie am nächsten Tag mit Bindi und mir nach Quito fahren müssten, um die erforderlichen Ersatzteile (für Fachkundige: revidierte Bleuelstangen, diverse Zahnräder und Dichtungen) zu besorgen und die Kurbelwelle zu zentrieren. Uns blieb nichts anders übrig, als in den sauren Apfel zu beissen und die knapp fünf Stunden Weg in die "falsche Richtung" auf uns zu nehmen. Sie trichterten mir ein, dass ich um 04.00 Uhr vor dem Hotel bereitstehen sollte. Als sie schliesslich um 05.15 Uhr mit einer südamerikanischen Selbstverständlichkeit, ohne sich zu entschuldigen, gemütlich vorfuhren, war es mit meiner Laune bereits nicht mehr zum Besten bestellt. Ich riss mich jedoch zusammen und machte gute Miene zum bösen Spiel, da ich ja in meinem Leben auch schon Leute warten liess und nun meine gerechte Strafe zu bekommen schien. Also presste ich mich neben Bindi auf den Hintersitz (ohne Nackenstützen) des Kleinwagens, hinter uns ungesichert die Einzelteile der öl- und dreckverschmierten Einzelzeile des zerlegten Motors. Doch der absolute Tiefpunkt stand mir erst noch bevor, als es mir nämlich bereits nach wenigen Kurven auf der Bergstrasse Richtung Quito "kotzübel" wurde, da der Sohn Machaniker offenbar gerne Rennfahrer geworden wäre. Dermassen einer idiotischen und leichtsinnigen Fahrweise ausgeliefert zu sein und das erst noch mit diesen Sicherheitsmängeln, war für mich eine Höchststrafe. Meine Stimmung war auf dem Tiefpunkt und auch Bindi schaute nicht mehr sehr glücklich drein. In solchen Momenten fragten wir uns jeweils schon, wieso wir diese Weltumrundung unbedingt machen wollten...Erstaunlicherweise schien diese aggressive Fahrweise seinen Vater offenbar nicht im Geringsten zu stören, denn er machte auf dem Beifahrersitz ein gemütliches Nickerchen.
Zum Glück geht alles einmal vorbei und wir erreichten schliesslich heil Quito, wo wir dann noch stundenlang die entsprechenden Garagen suchten. So war es auch nicht erstaunlich, dass wir in einem Tag nicht alles erledigen konnten und wir mussten dort übernachten. Es blieb uns offenbar im Moment nichts erspart. Die "Mechanicos" schienen diesen Ausflug in die Hauptstadt jedoch zu geniessen und führten uns stolz auf den Stadthügel, den sogannten Mittelpunkt der Welt, von wo aus man eine tolle Aussicht auf die ganze Stadt geniessen kann. Mit ihrem schelmenmässigen Humor schafften sie es sogar, uns wieder zum Lachen zu bringen. Sie meinten es ja eigentlich gut mit uns und wir konnten ihnen einfach nicht böse sein. Am nächsten Tag gelang es nach einigen Schwierigkeiten (sämtliche Hebel mussten in Gang gesetzt werden, um die richtigen Ersatzteile zu bekommen, da das südamerikanische Modell zum Teil leicht vom europäischen abweicht und bestimmte Teile einfach nicht ganz passen, obwohl man sie optisch kaum voneinander unterscheiden kann) alles Nötige zu besorgen und die Rückreise anzutreten. Als wir spätabends wieder in San Gabriel eintrafen, glaubten wir, den Tiefpunkt überwunden zu haben, was sich später als Fehlüberlegung herausstellen sollte...
Nach insgesamt 10 Tagen war der Motor erstaunlicherweise wieder zusammengebaut (obwohl Bindi immer wieder mit dem Velo Schrauben besorgen musste, da die Originalversionen nicht mehr auffindbar waren, was uns wie gesagt nicht weiter erstaunte) und er sprang sogar gleich auf Anhieb an, was uns wie ein kleineres Wunder vorkam. Die Familie, mit der wir mittlerweile schon ganz gut befreundet waren, machte uns einen äusserst fairen Preis, liess uns jedoch noch nicht weiter ziehen. Sie überredeten uns, noch am Kindergeburtstag des einjährigen Christians teilzunehmen und ich sollte mit Handorgel und Ukulele Musik machen. Die Feier begann am Samstagmittag und endete erst spätabends, als die Kinder schon lange schliefen. Wir staunten nicht schlecht, mit welchem Aufwand in Ecuador ein Kindergeburtstag gefeiert wird und mit welcher Energie gesungen und getanzt wird. Gerne hätte ich meine Musikkollegen dabei gehabt, um mich bei diesem Marathon etwas zu unterstützen.
Am nächsten Tag begleitete uns fast die ganze Familie noch an die kolumbianische Grenze, wo uns die beiden gläubigen Grossmütter (die grosse Angst um uns hatten, da wir in das gefährliche Kolumbien reisen wollten, was sie nicht ganz verstehen konnten...) mit Heiligenbildern beschenkten und die eine oder andere Träne wurde beim herzlichen Abschied vergossen. Die "Zwangsferien" in den Bergen Ecuadors werden wir wohl nie mehr vergessen...
Ohne grössere Probleme überquerten wir noch die Grenze nach Kolumbien. Wir hatten unseren ecuadorianischen Freunden versprochen, dass wir nur an bewachten Plätzen übernachten würden. Da wir vorerst nichts Geeignetes fanden, mussten wir bereits am ersten Abend in Kolumbien in die Nacht hinein fahren, genau das, was wir eigentlich vermeiden wollten. Dazu kam, dass wir weiterhin durch's Gebirge fahren mussten, was für den neu revidierten Motor nicht gerade ideal war. Nachdem die Temperaturen von Emma zunächst völlig normal waren (und wir die Mechaniker schon mit Lob überschütteten), schnellten sie von einem Moment zum anderen in den roten Bereich und wir mussten den Motor auf der Stelle abstellen, mitten in der Nacht im kolumbianischen Bergland, wo anscheinend die Guerilla Truppen hausen sollten, na bravo...Nachdem der Motor etwas abgekühlt war, stellten wir bei der Niveaukontrolle fest, dass Emma sowohl massiv zu wenig Öl als auch Wasser im System hatte. Wir hätten einfach nur noch weinen können. Wasser füllten wir sofort nach, aber Öl hatten wir leider nicht mehr genug dabei. Also stieg Bindi aufs Velo und machte sich auf den Weg zum nächsten Tankstellenshop, der nicht mehr weit weg sein sollte. Ich bewachte in der Zwischenzeit Emma (oder sie mich...) und ich zuckte bei jedem auffälligen Geräusch zusammen.
Zum Glück kam Bindi bald zurück und berichtete, dass die nächste Tankstelle in der Nähe sei und wir auch gleich dort übernachten könnten. Also wagten wir es, die kurze Distanz noch hinter uns zu bringen, nachdem wir Emma einmal mehr anrollen mussten, da die Batterie keine Spannung mehr zu haben schien. Immerhin konnten wir uns vorerst mal in einem relativ sicheren Nachtlager etwas vom erneuten Tiefschlag erholen, auch wenn wir beide von brennenden Motoren und Guerilla Truppen träumten...
Am nächsten Tag hatte Bindi endgültig genug und er nahm die Sache selber in die Hand. Irgendwie schien die Kühlung immer noch nicht zu funktionieren und er begann, das Expansionsgefäss auszubauen, was ich etwas skeptisch zur Kenntnis nahm. Staunend stellten wir fest, dass das Gefäss und die Zuleitungen mit Dreck verstopft waren und wunderten uns doch etwas, dass die Mechaniker dies nicht bemerkt hatten. Nach entsprechender Reinigung hatten wir das Gefühl, die eigentliche Ursache all unserer Motorenprobleme endlich gefunden zu haben, worüber vor allem Bindi zu recht stolz sein konnte. Doch wir hatten schon wieder vergessen, dass Emma ja auch eine Menge Öl verloren hatte und als wir den Motor starteten, starrten wir ungläubig auf die beträchtliche Öllache am Boden. Wir mussten feststellen, dass eine Leitung undicht war. Mein inzwischen in Sachen Reparaturen selbstsicherer Reisepartner versuchte nun, mit Backpulver, Leim (was er von den Ecuadorianern gelernt hatte...), einem Stück Veloschlauch und seinen heiss geliebten Kabelbindern (seit dem nenne ich ihn nur noch den "Kabelbinder"), das Leck zu flicken. Unterstützt von einem liebenswürdigen italienischen Motorradfahrer, der eine Art Knetmasse beisteuerte, mit der wir die Leitung zusätzlich stärkten, gelang es uns schliesslich tatsächlich, das Leck zu flicken. Nun konnte es endlich weiter gehen und wir fuhren immerhin noch bis zur nächsten Tankstelle, wo wir zusammen mit den Lastwagenfahrern übernachteten. Leider mussten wir am nächsten Morgen wieder ca. zwei Liter Wasser nachfüllen, was uns vor Augen führte, dass das Wasserproblem immer noch nicht gelöst war, frustrierend.
Als ich ein Hotel aufsuchte, um via Skype meinem Vater zum 80. Geburtstag zu gratulieren, erhielt ich von unserem Verschiffungsagenten eine Mail mit dem Hinweis, dass er noch einen Platz in einem Container für uns hätte, wenn wir bis Donnerstagmittag im Hafen von Cartagena sein könnten. Inzwischen war es Dienstagabend und es erschien uns auf den ersten Blick nicht machbar, in knapp zwei Tagen am anderen Ende von Kolumbien zu sein. Da wir aber so wieder etwas von der verloren gegangenen Zeit aufholen wollten, versuchten wir es. Leider ging es vorerst nochmals so richtig in die Berge und wir wurden von diversen Lastwagenstaus und Baustellen aufgehalten. Als wäre das nicht schon genug Ärger, lief nun auch Emmas Motor immer wieder heiss, da wir permanent Wasser verloren. Mit Müh und Not, wenig Schlaf und mehrmaligem Wasser Nachfüllen, schafften wir es schliesslich doch noch, quasi auf dem letzten Zacken in Cartagena einzufahren. Emma sollte nun vorerst mal eingeschifft werden und sich ein paar Tage von den Strapazen erholen können, bevor wir uns dann wohl oder übel noch einmal um ihr Kühlproblem kümmern mussten. Auch wir konnten nun ein paar Tage durchatmen, so dachten wir wenigstens...
Wir trafen uns mit unserem Agenten Manfred, einem richtigen Seebären, der zwar etwas griesgrämig zu sein schien, aber seine Arbeit auf seine spezielle Art zuverlässig erledigte und dem pensionierten österreichischen Ehepaar Armgard und Erich aus Schladming, die mit uns den Container teilen sollten. Auf Anhieb waren wir uns gegenseitig sympathisch und innerhalb von zwei Tagen gelang es uns, mit Manfred's Hilfe, unsere Fahrzeuge zu verschiffen. Obwohl alles ziemlich reibungslos ablief, ist es eigentlich schon unglaublich, was eine Verschiffung von knapp 500 Kilometern von Kolumbien nach Panama für einen grossen zeitlichen und finanziellen Aufwand nach sich zieht, nur weil keine Strassenverbindung (es würden nur noch gut 100 Kilometer fehlen) gebaut wird und die eigentlich bereit stehende Autofähre vom Staat keine Bewilligung erhält...(zu viele Stellen verdienen offenbar ein Häppchen an der Verschiffung und so besteht eben auch kein Interesse, etwas zu verändern). Auf jeden Fall hatten wir nach der Drogenkontrolle, bei der wir unsere Fahrzeuge vollständig aus- und wieder einräumen mussten, um endlich in den Container fahren zu können, wieder einmal einen beachtlichen Stapel Papier in den Händen...
Nun schien es also tatsächlich so, als hätten wir ein paar Tage "Ferien", bis unsere Fahrzeuge in Panama ankommen würden. Manfred machte uns schmackhaft, die Reise nach Panama anstatt im Flugzeug mit einem Segelboot in Angriff zu nehmen und vermittelte uns den jungen belgischen Weltenbummler Philip als Captain. Wir waren so begeistert von der Idee, dass wir uns noch am gleichen Tag mit ihm trafen, um alles einzufädeln. Auf Anhieb waren wir uns gegenseitig sympathisch und auch unsere österreichischen Begleiter wagten sich mit uns auf dieses Abenteuer. Wenn wir gewusst hätten, worauf wir uns da wieder einlassen, hätten wir vielleicht nicht so schnell und sorglos zugestimmt. Das ganze Unterfangen tönte wunderbar, sogar ein Abstecher auf die San Blas Inseln wurde eingeplant. Als wir jedoch unsere Kojen bezogen und das äusserst schmutzige Boot etwas genauer begutachteten, wurde uns bereits das erste Mal ein bisschen übel. Zwar hatten wir Reisetabletten genommen, aber diese schienen nicht besonders zu wirken und spätenstens nach der Hafenausfahrt, als wir so richtig auf hoher See hin- und hergeschaukelt wurden, stand einer nach dem andern von uns (ausser Seewolf Bindi, der bis zuletzt standhaft blieb...) würgend an der Reling...
Dazu kam, dass das Boot allgemein in einem bedenklichen Zustand zu sein schien und einiges nicht wirklich so funktionierte, wie es sollte. Als ich nachts aufwachte, nahm ich mit Schrecken zur Kenntnis, dass wir ohne ein einziges Positionslämpchen, sozusagen als Geisterschiff, in der Karibik hin- und hergeschaukelt wurden und der Captain nach reichlichem Bierkonsum friedlich vor sich hin döste...Als ich ihn aufweckte, beruhigte er mich damit, dass hier selten mal ein anderes Schiff kommen würde und dass er sich alle 15 Minuten von seinem Handy kurz aufwecken liesse...
Nach langen zwei Tagen und Nächten, auf denen ausser Bindi kein Passagier mehr etwas zu sich nehmen konnte, erreichten wir schliesslich tatsächlich die San Blas Inseln, wo wir uns einen Tag lang erholen konnten. Zum Glück hatten wir den grössten Teil des Weg's bereits hinter uns gebracht und schafften es schliesslich, nach einer weiteren Nacht, in Portobelo anzulegen. Dort sahen wir als erstes die Autofähre, die unverrichteter Dinge bereit stand...wieso einfach, wenn es kompliziert auch geht oder wie Sven, unser norwegischer Reisebegleiter in China, immer zu sagen pflegte: "it's tooooo easy..." und wir hätten ja kaum etwas zu erzählen...womit er auch wieder recht hatte. Wenn es vorbei und vor allem gut gegangen ist, kann man schon bald wieder darüber lachen, was wir als eine Art Schicksalsgemeinschaft auch taten. Auf jeden Fall werde ich auch dieses Abenteuer nicht mehr so schnell vergessen. Wir verabschiedeten uns von Philip, der sich in der ersten Bar mit dem von uns verdienten Geld schon gleich mal einen Drink nach dem anderen bestellte, anstatt vielleicht mal etwas in sein verlottertes Boot zu investieren...Wird er so sein grosses Ziel einer Weltumsegelung, sobald er etwas Geld gespart hätte, wohl je einmal verwirklichen können? Na ja, das war jetzt nicht mehr unser Problem. Wir wollten nur noch möglichst schnell nach Colon gelangen, um unsere Fahrzeuge aus dem Container zu holen. Die Fahrt mit einem öffentlichen Bus, der einer fahrenden Disco glich und bei dem die Boxengrösse der Musikanlage das Allerwichtigste zu sein schien, war sehr amüsant. Auf jeden Fall genossen wir es, wieder festen Boden unter unseren Sitzen zu haben.
Dank den hilfreichen Anweisungen unserer Agentin in Panama und dem freundlichen Hafenpersonal gelang es uns innerhalb des nächsten Tages, unsere Fahrzeuge aus dem Container zu holen. Natürlich war alles wie immer wesentlich komplizierter als im Mail angekündet und der Durchmesser unseres Papierstapels nahm von einer Stelle zur nächsten beachtlich zu.
Erleichtert konnten wir nun die Fahrt in Zentralamerika in Angriff nehmen. Doch halt, wieder mal zu früh gefreut...fast hätten wir vor lauter Segeln vergessen, dass Emma's Kühlproblem ja noch immer nicht beseitigt war...Erich, unser österreichischer Freund und Hobbymechaniker, half uns freundlicherweise, den Thermostaten auszubauen in der Hoffnung, dass der Wasserkreislauf dann wieder richtig funktionieren würde. Doch auch diese Hoffnung war nur von kurzer Dauer, als wir bereits nach nicht all zu langer Fahrzeit Richtung Panama Kanal feststellen mussten, dass die Temperaturanzeige schon wieder hoch schnellte. Wir kamen wohl nicht darum herum, nochmals eine Garage aufzusuchen, was wir aufgrund des bevorstehenden Ölwechsels sowieso im Sinn hatten. Leider schafften wir es nicht einmal mehr bis zum nächsten Ort, da uns nun nebst dem Kühlproblem auch noch die Elektronik nach und nach ausstieg, bis Emma schliesslich vollständig den Geist aufgab. Unsere schlimmsten Befürchtungen, dass unsere Freunde aus Ecuador doch nicht so gut gearbeitet hatten, wie wir gehofft hatten, machten sich bei uns breit. Zum Glück schleppten uns die beiden Österreicher mit ihrem starken Toyota Landcruiser bis in die 50 Kilometer weit entfernte Stadt David ab, was bei mehrmaligem Reissen des Abschleppseils gar nicht so einfach war. Dort fanden wir schliesslich einen kompetenten Mechaniker, der sofort herausfand, dass die Zylinderkopfdichtungen ausgewechselt werden mussten, was Erich übrigens auch schon befürchtete, als er hinter uns herfahrend ab und zu weissen Rauch aus Emma's Auspuff entweichen sah.
Wir bedankten uns herzlich bei den beiden liebenswürdigen Österreichern und verabschiedeten uns herzlich voneinander, da wir wieder einmal eine "Garagenpause" einlegen mussten. Zum Glück war wenigstens die Wasserpumpe, wie von uns befürchtet, nicht kaputt, was gemäss Erich eine noch grössere erneute Reparatur zur Folge gehabt hätte. Wir sagten dem Mechaniker, dass die Zylinderkopfdichtungen eigentlich bei der letzten Reparatur bereits ausgewechselt wurden. Mit einem Lächeln erklärte er uns, dass man jedoch bei diesem Eingriff immer gleich auch den Motorblock plan schleifen müsse, sonst könne das gar nicht richtig dichten und das Wasser würde so entweichen, was offenbar passiert war und uns absolut einleuchtete. Innerhalb von zwei Tagen war die Reparatur gemacht, auch gleich noch eine neue Batterie eingebaut und Öl und Filter gewechselt. Zum Glück entdeckte Bindi noch, dass der Kühler von Dreck und einem Ameisennest (kein Witz, habe es mit eigenen Augen gesehen...) verstopft war, was natürlich für eine funktionierende Kühlung auch nicht gerade förderlich war...
Nun hatten wir bei Emma dann bald alles ersetzt, was möglich ist, dachten wir zumindest. Als wir jedoch beim Starten des Motors gleich wieder einen Spannungsverlust feststellten, konnten wir die Welt nicht mehr verstehen, da doch gerade erst eine neue Batterie eingebaut wurde. Also ging die "Never-Endig-Story" weiter zum Autoelektriker, der sogleich herausfand, dass der Alternator nicht mehr funktionierte. "Sorry, Emma, wie konnten wir nur vergessen, diesen auszuwechseln?"...
Nachdem der Alternator innerhalb von zwei Stunden geflickt war, konnten wir tatsächlich weiter fahren und wir schaffen es noch am gleichen Tag (übrigens Bindi's Geburtstag), relativ problemlos, die Grenze nach Costa Rica zu überqueren. Emma rollte nun wieder pannenfrei und die Temperaturanzeige blieb auch bei brütender Hitze im Keller.
Endlich konnten wir unsere Reise wieder so geniessen, wie wir uns das eigentlich vorgestellt hatten. Wir fanden ein paar lauschige Plätzchen an den schönen Pazifikstränden im Süden, wo wir wieder einmal so richtig grillieren und uns danach mit vollen Bäuchen in unsere bequemen Dachzelte rollen konnten. Einfach herrlich, wie unbeschwert so eine Reise doch sein konnte...
Da Costa Rica als relativ sicheres Land eingestuft wird, war es nicht verwunderlich, dass wir immer wieder mit anderen "Gringos" in Kontakt kamen, die zum Teil auch auf der Panamericana unterwegs waren und konnten so wertvolle Reiseinfos austauschen, was doch bedeutend mehr Spass machte, als wochenlang in Reparaturwerkstätten herumzuhängen, was schliesslich auch Emma einzusehen schien...
Auch mein Geburtstag, den ich zusammen mit meinem Reisepartner und gutem Freund Bindi, auf den ich mich in jeder Situation verlassen kann, unbeschwert an einem einsamen Traumstrand verbringen durfte, ist bereits Geschichte und wir rollen im Moment gemütlich Richtung Nicaragua weiter.
Auch wenn wir jetzt noch die letzten rund zwei Monate unserer Weltumrundung geniessen wollen, freuen wir uns dann schon auch wieder sehr auf die Heimat und das Wiedersehen mit unseren geliebten Freuden.
Wir wünschen allen Lesern weiterhin einen schönen Frühling und das wichtigste:
"Hebet Sorg und bliebet gsund!"
Liebe Grüsse
Bindi und Hefel
Aufbruch: | 22.07.2013 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | Juli 2014 |
Kirgisistan
Singapur
Französisch Polynesien
Costa Rica