Liège und Tongeren
Liège, Lüttich, Luik... Die Hauptstadt der Wallonie hat viele Namen. Ursprünglich angelockt vom inzwischen nicht mehr ganz neuen Bahnhof Liège-Guillemins verbrachte ich drei Tage dort und machte zudem einen Ausflug nach Tongeren, der ältesten Stadt Belgiens.
Eine Brücke in den Ardennen...
Kleine Vorgeschichte
Diesen Reisebericht veröffentliche ich sage und schreibe fast sieben Jahre später!
Während meines Studiums war ich ein begeisterter Nutzer von umdiewelt.de und veröffentlichte hier mit großer Freude einige Reiseberichte. Der Berufsstart brachte dann zwar endlich Geld mit sich, um noch mehr zu reisen, auf der anderen Seite aber auch viel Stress, viele Sorgen und viel weniger Zeit, ungeplante Herausforderungen und manch anderes Ungemach. So las ich zwar weiter ab und an Berichte hier, das Schreiben ging aber einfach unter.
Cut to 2020: Corona sperrt uns ein und macht das Reisen unmöglich, das Fernweh wird jeden Tag schlimmer. Martins Newsletter lässt mich ein wenig auf umdiewelt.de schmökern. Ich logge mich ein - ich weiß sogar noch mein Passwort - und finde unzählige halb fertige Berichte, manche, die sogar schon fast fertig gestellt sind.
Lange Rede kurzer Sinn: Wie könnte man die Zeit bis man endlich wieder Reisen kann besser überbrücken als damit, von vergangenen Reisen zu erzählen?
Der folgende Bericht war tatsächlich schon komplett fertig und wartete nur auf seine Veröffentlichung. Heute würde ich sicherlich nicht mehr so ausführlich erzählen und auch ansonsten lässt mein Stil mich manchmal schmunzeln. Und vor allem den Fotos sieht man ihr Alter an - Filter, Bildbearbeitung usw. waren "damals" fast noch Fremdwörter für mich. Ich lasse aber alles so wie es ist und hoffe, dass ihr trotzdem Spaß beim Lesen habt und ich vielleicht den einen oder anderen für Lüttich begeistern kann, das ich sogar ein Jahr später noch einmal besuchte - davon handelt dann aber ein anderer Bericht
Eine Brücke in den Ardennen...
Wer einige meiner Reiseberichte hier gelesen hat, weiß, dass ich nie vor obskuren oder unscheinbaren Resezieren zurückschrecke... Dennoch fragt man sich vielleicht, warum ich ausgerechnet Lüttich/Liège für meine erste Reise nach Belgien ausgesucht habe, und nicht Brüssel, Antwerpen oder Brügge. Lüttich ist die Hauptstadt des armen Landesteiles Wallonie, eine alte Industriestadt, deren Glanzzeit vorbei ist, die nicht gerade für ihre Schönheit bekannt ist... Warum also Lüttich?
Irgendwie landete die Stadt mal auf meiner Liste, als mir bewusst wurde, dass sie weniger als zwei Stunden von meinem Wohnort entfernt ist, aber eine Reise wurde erstmal nicht daraus. Als ich dann 2012 insgesamt dreimal mit dem ICE durch Lüttich fuhr (auf dem Weg von und nach London), sah ich den neuen, wirklich faszinierenden Bahnhof, und somit rückte Lüttich wieder ins engere Blickfeld, ich bekam richtig Lust, dort mal nicht durchzufahren, sondern auszusteigen. Und als ich im Herbst 2013 ganz spontan nach einem Reiseziel suchte, entschied ich mich sofort für Lüttich, denn für mein Vorhaben war die Stadt perfekt. Ich hatte gerade das Zweite Staatsexamen gemacht und fühlte mich vollkommen schlapp und ausgelaugt, und wollte einfach nur ein paar Tage irgendwo hinfahren, wo es günstig war, wo ich auf andere Gedanken kam, es sollte aber keine typische Touristenstadt sein, denn auf großen Rummel und Reizüberflutung, sowie das Gefühl, jetzt möglichst viel von einer berühmten Stadt erkunden zu müssen, hatte ich überhaupt keine Lust. Ich wollte einfach nur einen Tapetenwechsel. Da war Lüttich doch ideal!
Außerdem gehörte Belgien zu der Gruppe von Ländern, die ich als Kind irgendwann mal besucht hatte und unbedingt wieder sehen wollte, weil ich keine richtige Erinnerung daran hatte und so das Gefühl hatte, gar nicht wirklich da gewesen zu sein. Das erste dieser fünf Länder konnte ich mit diesem Trip also auch noch von der Liste streichen - perfekt!
Nur eine Woche vorher buchte ich den Zug und bekam trotzdem noch sehr günstige Tickets. Meine Suche nach Einzelzimmern in Hostels oder Pensionen war ergebnislos, aber auf Booking.com entdeckte ich ein sehr günstiges Hotelangebot und schlug zu. Da ich sehr früh morgens anreisen und am letzten Tag erst abends abreisen würde, hatte ich netto fast vier Tage, also war auf jeden Fall noch ein Ausflug drin (Ausflüge mache ich auch eigentlich immer, wenn ich in einer größeren Stadt bin), da bot sich schnell Tongeren an, was auch auf meiner "Belgien-Liste" stand und nur vierzig Minuten Zugfahrt von Lüttich entfernt ist. Ansonsten war ich einfach zu kaputt, um irgendetwas vorzubereiten und fuhr einfach am Dienstagmorgen los mit einem Rough Guide to Belgium and Luxembourg im Gepäck, der sich in meinem Besitz befand - keine Ahnung, wann und wo ich den gekauft hatte! Auch mein Französisch hatte ich eigentlich ein bisschen auffrischen wollen, denn seit meinem Abi vor sieben Jahren hatte ich kein bisschen Französisch mehr gesprochen... Aber auch dazu kam es nicht mehr.
In aller Frühe ging es also zunächst mit der Regionalbahn nach Köln, wo ich in den ICE Richtung Bruxelles-Midi stieg. Das kannte ich ja alles schon von den Fahrten nach London. Eigentlich war es jetzt nur noch eine Stunde bis Liège und ich freute mich, so früh da zu sein... Eigentlich!
Nach einer halben Stunde der Stop in Aachen, der einzige Stop vor Liège - im Zug war alles ruhig. In meinem Wagon war eine große Gruppe Dortmund-Fans, die zum Champions League-Spiel gegen Arsenal nach London anreisten, aber auch sie waren noch etwas müde.
Wir rasten durch den Grenzbahnhof nach Belgien und fuhren in die Ardennen ein, deren bewaldete Hügel in den herbstlichen Farben sehr schön aussahen. Plötzlich ruckelte der Zug und wir standen still. Und standen... Und standen... Ok, ein Signalproblem - wir kommen nicht auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke, wie uns auf Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch/Flämisch erklärt wird. Wir müssen zurück zur Grenze und es nochmal versuchen. Guter Plan! Aber nach einer halben Stunde stehen wir immer noch am selben Fleck, mitten auf einer halb verrosteten Brücke mit buntem Wald drumrum... Der Weg zurück ist nicht frei gegeben und der Zugführer weiß nicht warum.
Auf einer Brücke in den Ardennen... Fast zwei Stunden lang durfte ich diesen Ausblick bewundern!
Nach einer Stunde immer noch das Gleiche! Herrlich. Ok, für mich ist es egal, komme ich halt einfach etwas später nach Liège... Aber für die Fans und alle anderen, die noch den Eurostar nehmen müssen, ist das echt ärgerlich!
Irgendwann gibt es ein kostenloses Freigetränk nach Wunsch und mir ist inzwischen so langweilig, dass ich mich in die Schlange der Wartenden einreihe und mir einen Tee hole. Nach anderthalb Stunden und x weiteren Durchsagen (Zu ihrer Information... Leider haben wir keine weiteren Informationen!) rollen wir endlich ganz langsam wieder zurück nach Deutschland... Und wieder vor... Und werden schneller... Ein ganzer Zug hält die Luft an! Und dann haben wir es über die Brücke geschafft!
Mein kostenloses Freigetränk mit der Aufschrift "Unterwegs genießen"...
Für mich war nun alles gut, eine Viertelstunde später kamen wir in Liège an, zwar mit zwei Stunden Verspätung, aber ich hatte ja keinen Termin und mehr als genug Zeit, insofern war mir das echt egal. Für die Weiterreisenden war es jedoch mehr als stressig: Aufgrund der hohen Verspätung war Liège nun Endstation dieses Zugs, alle mussten aussteigen und in den nächsten ICE umsteigen, dann nach Brüssel fahren, und dort in Windeseile in den Eurostar umsteigen... Aber der Sieg am Abend hat die Borussia-Fans hoffentlich für alles entschädigt!
In Liège angekommen, stand ich erstmal mit leuchtenden Augen da und bestaunte den Bahnhof Liège-Guillemins. Und ich genoss das fantastische Gefühl, eine Idee einfach umgesetzt zu haben und tatsächlich nun hier ausgestiegen zu sein, so wie ich es auf dem Weg nach London im letzten Jahr gedacht hatte - sowas macht mir mit am meisten Spaß am Reisen!
Ich beschloss, nach dem Einchecken noch einmal hierher zu kommen und ganz in Ruhe Fotos zu machen.
Ankunft in Liège-Guillemins
Mein Hotel war zum Glück nur eine Minute vom Bahnhof entfernt, fast direkt gegenüber, und so fand ich es schnell und ganz ohne Probleme. Im Zimmer angekommen, verlor ich keine Sekunde, sondern packte nur das allernötigste aus und machte mich kurz frisch, dann ging ich sofort wieder zum Bahnhof. Endlich in Liège, wollte ich nun keine Zeit mehr verlieren!
Best Western Univers Hotel in toller Lage direkt am Bahnhof!
Mein Zimmer im vierten Stock
Wenn man aus dem Fenster nach links schaut, sieht man noch den Bahnhof!
Aufbruch: | 22.10.2013 |
Dauer: | 4 Tage |
Heimkehr: | 25.10.2013 |