Liège und Tongeren
Tongeren
Heute stand mein Ausflug an! Ich wollte mir eine Fahrkarte am Automaten kaufen, der akzeptierte aber nur Kartenzahlung, so dass ich ins Reisezentrum ging und dort eine Karte kaufte. Sie kostete nur 4,50€ und ich war überrascht von dem günstigen Preis!
Vierzig Minuten später kam ich in Tongeren an. Ich war echt gespannt - ursprünglich hatte ich Tongeren nur ausgesucht, weil es die älteste Stadt in Belgien ist und von den Römern gegründet wurde, und es dort ein interessantes römisches Museum gibt. Dann hatte ich aber auch gelesen, dass es hier gleich zwei UNESCO Welterbestätten gibt, und hatte auch erst spät gesehen, dass die Stadt in Flandern liegt, also im flämischsprachigen Teil. So konnte ich auf dieser kurzen Belgienreise sogar einen Tag in Flandern verbringen, was mich echt freute, denn aufgrund der quasi nicht stattgefunden Vorbereitung dieser Reise hatte ich darauf gar nicht geachtet.
Vom Bahnhof aus ging es erstmal auf einer langen Straße in die Innenstadt, wo der Weg zum Museum gut ausgeschildert war. Es war richtig kalt hier, darum entschied ich mich, das Museum direkt als erstes zu besuchen, in der Hoffnung, dass es später wärmer wurde - ich war echt zu dünn angezogen!
Direkt viel mir auf, dass nun alles in flämisch bzw. niederländisch geschrieben war - und dass man auf der gesamten Straße mit Musik aus Lautsprechern beschallt wurde, und zwar Schlagermusik, und das um 10.00 Uhr morgens... Oh weh!
Hier kam ich auch direkt an der super ausgestatteten Touri-Info vorbei, wo man mir eine dicke englischsprachige Broschüre samt Stadtplan in die Hand drückte.
Das Museum war schnell gefunden und die nette Frau an der Kasse händigte mir ein englisches Buch aus, in dem die Übersetzungen der flämischen Erklärungen standen.
Das Museum wurde 2011 zum Europäischen Museum des Jahres gewählt, daher hatte ich echt hohe Erwartungen. Die hat es dann nicht ganz erfüllt, da es doch kleiner war, als ich dachte, und die Ausstellungen nicht ganz so spektakulär waren. Trotzdem hat es mir aber sehr gut gefallen, da die Ausstellungsstücke doch umfassend waren und das Gebäude sehr groß und ruhig ist, so dass der Besuch sehr angenehm und entspannt war. Alles wird modern präsentiert, aber nicht so, dass die modernen Medien die eigentlichen Ausstellungsstücke in den Schatten stellen - das mag ich nämlich gar nicht, und finde, dass hier eine gute Balance aus Modernität und Tradition gefunden wurde.
Verschiedene Statuen der Kriegsgöttin Minerva, die alle das Gesicht des Monsters Medusa (mit Schlangenhaaren) auf der Brust tragen.
Nach dem Museumsbesuch zog es mich als erstes zum Marktplatz, und hurra, die Sonne kam endlich raus! Sofort hatten die Einwohner der Stadt, und auch ein paar Touristen, sämtliche Restaurants und Cafés rund um den Marktplatz besetzt und es herrschte eine richtige Ferienstimmung. Auch ich setzte mich draußen in ein italienisches Restaurant und genoss die herrliche Sonne und die tolle Atmosphäre.
Der Marktplatz wird beherrscht von der Onze Lieve Vrouwebasiliek, deren Turm im Rahmen der "Mittelalterlichen Glockentürme von Belgien und Frankreich" zum UNESCO Welterbe gehört. Die Basilika wurde ursprünglich im 13. Jahrhundert erbaut und der Turm im 16. Jahrhundert hinzugefügt. Die Kirche faszinierte mich wirklich, da sie im Sonnenschein sehr schön aussah und dem Marktplatz eine besondere Atmosphäre gab.
Am Marktplatz befindet sich auch das Stadhuis, das Rathaus aus dem 18. Jahrhundert, das jedoch zurzeit restauriert wurde - aufgrund der hervorragend gemachten Planen viel mir das aber erst auf den zweiten Blick auf!
Im Mittelpunkt des Rathauses steht eine Statur von... nein, das ist nicht Asterix, sondern Ambiorix! Er besiegte als Anführer der Gallier im Jahr 54 v.Chr. die Römer und ist heute belgischer Nationalheld.
Das Mittagessen genoss ich in dieser schönen Lage ausführlich und quatschte dabei auch mit zwei süßen alten Belgierinnen, die beide deutsches Fernsehen empfangen und jeden Tag begeistert Rote Rosen schauen! Eine Telenovela als interkulturelles Ereignis
Als nächstes ging es erstmal in die Basilika. Ich machte immer gerne den in vielen Kirchen angebotenen Rundgang per Broschüre - hier nur auf Niederländisch/Flämisch, aber das klappte auch ganz gut!
Eine Marienstatue von 1479, die immer noch verehrt und bei Prozessionen durch die Stadt getragen wird. Leider nimmt der Glaskasten meiner Meinung nach ein bisschen von ihrer Ausstrahlung.
Nun ging es zum Beginenhof, auf den ich besonders gespannt war, denn einen Beginenhof hatte ich noch nie gesehen! Beginen waren im Mittelalter Frauen, die ähnlich wie Nonnen lebten, aber kein Gelübde ablegten. Sie lebten also in einer christlichen Gemeinschaft, konnten diese aber jederzeit verlassen. Für unverheiratete Frauen war dies damals eine der ganz wenigen Möglichkeiten, ein relativ selbstbestimmtes Leben zu führen!
Die meisten Beginenhöfe wurden während der Reformation aufgelöst, einige existierten aber noch - die letzte Begine Belgiens starb erst in diesem Jahr!
Die alten Beginenhöfe in Flandern, darunter auch der in Tongeren, sind Teil des UNESCO Welterbes.
Der Hof liegt etwas außerhalb es Stadtzentrums, und nachdem auf dem Marktplatz um die Mittagszeit großer Trubel geherrscht hatte, fiel mir hier sofort die Ruhe auf. Als ich schließlich auf den Hof kam, war ich überwältigt von der Schönheit und Ruhe dieses Ortes. Auf den Fotos kommt es gar nicht so rüber, aber durch die harmonische Architektur, die warm wirkenden Backsteine und den schönen Baum mitten auf dem Hof war dies einfach ein wunderbarer Ort mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Ich setzte mich auf einer Bank für einen Moment in die Sonne und genoss einfach nur.
In den meisten Häusern leben heute normale Einwohner, aber ein Haus ist als Museum eingerichtet, in dem man sehen kann, wie die Beginnen früher lebten.
Weiter geht es durch den weitläufigen und verwinkelten Beginenhof, wo es überall etwas zu entdecken gibt. Dies ist die Beginenkirche, die leider geschlossen war.
Am äußeren Rand des Hofes liegt das Moerenpoort, das einzige erhaltene mittelalterliche Stadttor Tongerens. Es wurde 1379 gebaut. Hier gibt es auch ein Museum, das aber geschlossen war.
Tongeren ist wie gesagt die älteste Stadt Belgiens und wurde von den Römern gegründet. Das Besondere ist, dass die römische Stadtmauer aus dem 2. Jahrhundert n.Chr. noch teilweise vorhanden ist und man an ihr entlang um den Stadtkern laufen kann. Die Mauer ist heute nur noch sehr niedrig und darum auf den ersten Blick nicht so beeindruckend, aber wenn man sich ihr Alter vergegenwärtigt, ist sie trotzdem einen Blick und Spaziergang wert.
Ich lief fast die ganze Mauer entlang und damit halb um den Stadtkern herum. Auf dem Weg sah ich auch noch einige Teile der mittelalterlichen Stadtmauer. Diese endet ganz in der Nähe des Bahnhofs, so dass ich dann den Zug zurück nach Lüttich nahm.
Entlang der Mauer sind auch einige Gebäude erhalten, das Beeindruckendste davon ist der Velinx-Turm. Er wurde zwar erst im Mittelalter gebaut, jedoch aus Steinen, die aus der römischen Mauer gebrochen wurden.
Hier gab es auch einen römischen Tempel, der auf dem höchsten Punkt der Stadt lag. Heute gibt es genau an der Stelle eine Art moderne "Rekonstruktion in Ansätzen", so dass man sich die Lage des Tempels verdeutlichen kann.
Neben der römischen Mauer sind auch noch Teile der mittelalterlichen Mauer aus dem 13. Jahrhundert erhalten.
Aufbruch: | 22.10.2013 |
Dauer: | 4 Tage |
Heimkehr: | 25.10.2013 |