BALTIKUM - RUSSLAND - UKRAINE - POLEN
Estland
Vergleicht man Estland mit anderen Ländern Europas, so stellen die Esten zahlenmässig ein recht kleines Volk dar: 1,34 Millionen Menschen wohnen in dem nordbaltischen Land. Die Bevölkerungsdichte ist mit nur 30 Einwohnern pro Quadratkilometer entsprechend gering. Knapp 900'000 Einwohner leben in Städten, ein knappes Drittel der gesamten Bevölkerung wohnt in der Hauptstadt Tallin. Auch wenn Estland geografisch zum Baltikum gehört und es sich eingebürgert hat, die Völker aller drei Länder als Balten zu bezeichnen, so ist dies im Falle der Esten eigentlich nicht richtig. Im Gegensatz zu Letisch und Litauisch ist das Estnische nämlich keine baltische, sondern eine Finno-ugrische Sprache, die überhaupt nicht mit den vorgenannten verwandt ist. Auch aus kulturellen und historischen Gründen sehen die Esten selber sich nicht als Balten.
28./29./30/31.07.2013
Bald erreichen wir die grössere Ortschaft Pärmu in Estland. Am Anfang der Stadt hat es grosse Einkaufszenter, wo wir wieder mit Euro einkaufen können. Auf guten Strassen fahren wir danach nach Virtus und übernachten am Fährhafen. (GPS N 46.47'11,0 O 07.36.01,1)
Auf dem Parkplatz treffen wir einen italienischen Wohnmobilist, welcher uns erzählt, er sei in Italien am 15. Juli 13 abgefahren und ans Nordkap gefahren. Von Helsinki hätte er nach Tallin verschifft und nun wolle er durch die baltischen Staaten, Ungarn, Tschechien, Oestreich wieder zurück nach Italien in den nächsten ca. 10 Tagen! Wir wünschen den Beiden eine gute Fahrt und geniessen anschliessend den geruhsamen Abend am Hafen.
Nach einer Halbstündigen Fahrt bring uns die Fähre nach Kuivastu auf die Insel Muhu. Die Insel ist mit etwa 200 km2 die drittgrösste Insel Estlands. Von der Hauptstrasse führt eine Stichstrasse Richtung Pädaste. Der Gutshof Pädaste vom Ende des 19.Jh., seine sehr gut erhaltenen Nebengebäude sowie der unter Naturschutz stehende Park mit Trockenmauern und altem Baumbestgand bilden ein harmonisches Ensemble. Die Geschichte des Gutshofes ist eng mit der Familie von Buxhoeveden verbunden. 1227 kam die deutsche Familie nach Muhu. Der letzte Inhaber Pädastes, Axel von Buxhoeveden, wurde im Winter des Jahres 1919 brutal ermordet und seine Frau, Charlotte von Siemens, musste daraufhin nach Deutschland fliehen. Heute ist in den Nebengebäuden des Gutshofs ein luxuriöses Hotel untergebracht. Wir geniessen kurz die idyllische Anlage an der Bucht und fahren weiter.
Im Jahre 1896 wurde ein 3,6 km langer Fahrdamm zwischen Muhu und der dahinter liegenden Insel Saaremaa errichtet, sodass seither die beiden Inseln miteinander verbunden sind. Etwa einen Kilometer vor dem Damm befindet sich beim Gehöft Emu die einzige noch tätige Bockwindmühle der Insel aus dem Jahr 1881. Leider ist die Mühle am Montag jeweils geschlossen, deshalb können wir sie nicht in Aktion sehen, schade!
Über den 3,6 km langen Fahrdamm erreichen wir die Insel Saaremaa, die mit 2'672 km2 die grösste Insel Estlands ist. Fast die Hälfte der Insel ist mit Wald bedeckt. Mit ihren hübschen alten Dörfern, sowie die typischen Windmühlen zählt sie zu den touristischen Attraktionen.
Durch dichtes Wacholder-Waldgebiet erreichen wir die Hauptstadt Kuressare an der gleichnamigen Bucht im Süden. Die Stadt besticht vor allem durch ihre grossartige Bischofsburg, welche zurzeit mit Gerüsten umgeben ist und nicht besichtigt werden kann. Am Hafen befindet sich eine Skulptur, die Prospekte und Postkarten der Insel schmückt. "Der Grosse Töll und seine Frau Piret", welche 2 Sagenfiguren der Insel darstellen.
Unser nächstes Ziel ist die Steilküste bei Panga, welche mit zum Teil über 20 m die höchste der Insel ist. Wir sind hier fast die einzigen Besucher und können auf einem Spaziergang die Aussicht aufs Meer und die Stille geniessen.
Von Panga fahren wir der Küste entlang nach Triigi zum Fährhafen. Unterwegs gibt's ein kurzes Stück Naturstrasse, welche eine ordentliche Wellblechpiste ist. Auf diesem Strassenstück spickt uns ein Stein in die Schlussleuchte und hinterlässt ein Loch. Unterwegs besichtigen wir noch die Bockwindmühlen von Angla. Alle 3 Mühlen sind frisch renoviert und können besichtigt werden, nur leider sind sie heute nicht in Betrieb, denn wir hätten gerne zugesehen wie Mehl gemahlen wird. So müssen wir uns halt die Mühlen ansehen ohne Mehlstaub!
Gleich in der Nähe befindet sich die Katharinenkirche in Karja. Sie soll nicht nur das kleinste mittelalterliche Gotteshaus Saaremaas sein, sie gilt auch als die hübscheste Kirche des Landes. Von aussen eher schlicht, schmücken mittelalterliche Fresken und bemerkenswerte Steinskulpturen das Innere der gotischen Kirche. Taufstein und Kruzifix stammen aus dem 14. Jh. Und die Kanzel wurde 1638 angefertigt.
Nach diesem langen Tag mit vielen Besichtigungen und Spaziergängen machen wir es uns auf dem Parkplatz am Hafen in Triigi gemütlich.
Nach einer regnerischen Nacht nimmt uns die Fähre mit nach der Insel Hiiumaa, der mit rund 1'000 km2 zweitgrössten Insel Estlands. Nach 1 ½ Std. fahren wir im Hafen Söru wieder an Land.
Eine gute Strasse führt uns durch Wälder einsam nach Köpu zum Leuchtturm. Zunächst sollte das heutige Wahrzeichen Hiiumaas nur die Orientierung bei Tage erleichtern und war nicht mit Licht ausgestattet. Aus dieser Zeit stammt der untere Teil des Turms, ein massiver, quadratischer Kalksteinbau, der mit Strebepfeilern an den Seiten versehen war. 1538 wurde der Turm aufgestockt, doch seine eigentliche Funktion als Leuchtturm nahm er erst 1649 auf, wobei man zunächst mit Holz, später mit Öl Leuchtfeuer auf dessen Spitze anfachte. Der enorme Bedarf an Holz führte zu einer grossflächigen Rodung der Halbinsel. Anfang des 19. Jh. hat man das Gebäude umgebaut, die Räume und die Treppe im Innern wurden angelegt. Ende des 19. Jh. Installierte man eine elektrisch betriebene Beleuchtungskuppel auf der Spitze. Heute kann man den Turm besteigen und wird mit einem schönen Ausblick über die Wälder, Moore, Wälle und Dünen der Köpu-Halbinsel belohnt.
Auf dem Weiterweg machen wir Halt bei einem merkwürdigen Ort, dem Kreuzberg, oder auf Estnisch, Ristimägi. Zwar ist er kein Vergleich zu dem berühmten Berg der Kreuze in Litauen, doch umgibt auch diesen Ort eine mystische Atmosphäre. Tausende Kreuze verschiedener Grössen, allesamt aus Naturmaterialien geschaffen, stehen oder liegen entlang einem kleinen Waldweg. In der Tat erinnert er an ein trauriges Kapitel der Inselgeschichte, die Deportation der hier zuvor ansässigen Schweden. Ein Erlass Katharinas II. hatte zu der Zwangsdeportation der schwedischen Bevölkerung geführt. An dieser Stelle sollen sie zum letzten Mal einen Gottesdienst abgehalten und den Ort mit einem Kreuz markiert haben. In Gedenken an die Verbannten stellten Inselbewohner und Besucher im Laufe der Zeit immer mehr Kreuze auf. Auch Touristen sind eingeladen, ein Kreuz aus Naturmaterialien zu hinterlassen. Zweige, Kieselsteine und Tannenzapfen stehen in Hülle und Fülle zur Verfügung. Also basteln auch wir ein kleines Kreuz und stellen es zu den übrigen.
Bei der Inselhauptstadt Kärdla mit 3'700 Einw. gehen wir zur Touristen-Information und erkundigen uns nach den Fähren zurück aufs Festland. Danach spazieren wir noch etwas durch den verschlafen wirkenden Ort mit vielen Gärten und Holzhäuser. Auf dem Weg zum Hafen Heltermaa machen wir Halt bei der St. Laurentiuskirche von Pühalepa. Nachdem das Gotteshaus zu Sowjetzeiten als Speicher genutzt wurde, musste es 1991 restauriert werden. Im Inneren sind noch alte Grabsteine, Maskenreliefs sowie eine Kanzel mit Steinskulpturen aus dem Jahr 1636 erhalten. Auch der Friedhof rund um die Kirche ist interessant anzusehen. Neben einigen alten Grabsteinen sind noch Reste alter Ringkreuze erhalten. Einige tragen deutsche Inschriften. Hervorzuheben ist das Grab von Ebba-Margarethe Stenbock 1704-76, einer Urenkelin des ehemaligen Inselbesitzers Jacob de la Gardie, die den Bau des nicht weit entfernt liegenden, spätbarocken Gutshauses Suuremöisa initiierte. Das dreigeschossige Gebäude wurde Mitte des 18. Jh. Erbaut und diente zunächst der Familie von Stenbock als Landsitz. Schmuck und Zierde im Inneren des Gebäudes ist das aufwendig gestaltete Foyer mit einer aus Eichenholz gefertigten Doppeltreppe.
Nach diesen vielen Sehenswürdigkeiten sind wir etwas müde und fahren zum nahe gelegenen Hafen Heltermaa und reservieren uns einen Platz auf dem Schiff für morgen, welches um 10.00 Uhr ausläuft nach Rohuküla bei der Stadt Haapsalu. Wir übernachten wieder auf dem Fährhafengelände und werden durch starken Wind und Regen in den Schlaf gewiegelt.
Bei schönstem Wetter können wir die 90 minütige Schifffahrt geniessen. Haapsalu ist ein Kurort etwa 100 km von Tallinn entfernt. Wegen der heilenden Wirkung der Schlammbäder besuchte auch die Zarenfamilie oft die Stadt. Da wir im Moment keine Lust auf Badekuren haben fahren wir weiter dem Meer entlang durch dichten Mischwald. Überall sind Vorsichtstafeln mit Elch darauf, welche die Strassen überqueren. Leider treffen wir auf kein solches Tier. In Elbiku in einer Ferienanlage stehen wir für die Nacht im dichten Wald (GPS N 59,09,29 E 23,31,12).
01.-06.08.2013
Auf der Fahrt nach Tallinn machen wir noch Halt in Keila-Joa. Beim alten Gutskomplex aus dem Jahre 1830 stürzt der gleichnamige Wasserfall, der weniger durch seine Höhe 6 m, als durch seine Breite 70 m beeindruckt.
Nach dem Rundgang durch den schön angelegten Park fahren wir direkt nach Tallin. Zuerst suchen wir eine Gastankstelle auf, um unsere angebrauchte Gasflasche nachzufüllen, damit wir mit der Reisegruppe mit 2 vollen Gasflaschen starten können. Da Gastankstellen in Tallinn nicht häufig sind, hier die GPS Angaben N 59.25.26,8 E 24.51.13,9 Betooni Str. Auch gehen wir noch Lebensmittel einkaufen, bevor wir auf den Stellplatz beim Jachthafen Pirita (GPS N 59,28,02.0 E 024,49,31,6) fahren. Auf dem Stellplatz stehen sehr viele Wohnmobile und wir müssen uns dazwischen quetschen. Ein Teilnehmer unserer Weiterreise ist schon da und wir trinken zusammen ein Bier, denn heute ist ja unser Nationalfeiertag.
Gleich in der Nähe vom Stellplatz haltet der Sightseeing-Bus und wir kaufen Fahrkarten für 48 Std., so können wir während 2 Tage bei schönstem Wetter die Stadt und die Umgebung besuchen.
TALLINN die estnische Hauptstadt liegt am Finnischen Meerbusen im Norden des Landes und ist mit etwa 400'000 Einwohnern die grösste Stadt des Landes. Beim Spaziergang durch die Gassen des Zentrums, ist es, als ob man durch ein grosses Freilichtmuseum wandelt, gehört doch die mittelalterliche Hansestadt zu den ältesten Städten an der Ostsee. 1997 wurde sie zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt.
Tallinn ist, wie so viele Hauptstädte Europas, gleichermassen typisch wie untypisch für das Land. Wohl nirgendwo sonst in Estland liegen Moderne und Tradition, Hightech und Altbewährtes so dicht beieinander. Während Studentinnen in purpurfarbenen Trachten vor dem "Olde-Hansa" oder dem "Peppersack" die Touristen in ein mittelalterliches Restaurantambiente locken, stöckeln ihre Altersgenossinnen auf hohen dünnen Absätzen an ihnen vorbei, um sich in szenigen Bars dem Tallinner Nachtleben hinzugeben.
Die restlichen Tage bis die geführte Tour nach St. Petersburg losgeht, verbringen wir mit Fotos sortieren, schreiben, waschen und uns mit den übrigen Teilnehmern zu unterhalten.
Der Kilometerstand in Tallinn beträgt 260'205 km, somit sind wir bis hierhin 3'940 km gefahren.
Aufbruch: | 13.07.2013 |
Dauer: | 11 Wochen |
Heimkehr: | 24.09.2013 |
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