der Böhmerwald mit Rad und Auto
Flucht vor Dauerregen - die Rückreise
Der Wetterbericht gibt eine vage Hoffnung, dass es weiter nördlich besseres Wetter geben könnte. Auf dem Hinweg hatten wir uns ja vorgenommen, den großen Osser von der böhmischen Seite aus zu besteigen. Machen wir morgen mal einen Versuch, wenigstens in die Ausgangsposition dafür zu kommen!
Das Auto machts möglich, wir reisen Slalom über die Grenze Richtung Passau, geraten bei Freyung in eine Umleitung, mit der unser Navi nicht fertig wird und nehmen uns dann auf Nebenstraßen Bayerisch Eisenstein als Ziel. Wenn die Straße mal trocken wird, keimt Optimismus auf, aber kaum sind wir wieder in Tschechien in Zelezna Ruda, da trübt es sich wieder ein. Wir lassen den Osser links liegen und rollen erst einmal weiter nach Norden. Da wir Zeit und eigentlich kein Ziel haben, fahren wir Nebenwege immer möglichst dicht an der Grenze zu Bayern.
Doch da geraten wir mit dem Auto an Grenzen: Immer wieder sind Straßen gesperrt und riesige Umwege empfohlen, die wir vermeiden wollen und am Ende doch nicht können. Eins aber ist interessant: Nie hätten wir gedacht, dass es mitten in Mitteleuropa so einsame Ecken geben kann wie hier. Ortschaften, die in der Karte eingezeichnet sind, erweisen sich als einige wenige verstreute Häuser, dazwischen manchmal Ruinen oder nur noch Grundrisse von ehemaligen Häusern, im übrigen alles überwuchert von Sträuchern und kleinen Bäumen. Es sind Gebiete, in denen früher Sudendeutsche gelebt hatten, die 1945 aus der Tschechoslowakei vertrieben wurden.
So dicht am Eisernen Vorhang siedelten sich aber keine Tschechen an oder durften es nicht. Im Ergebnis war die Gegend von 1945 bis 1989 nahezu unbesiedelt und ist es auch heute noch. Zwar wird Getreide stellenweise angebaut, aber weite Bereiche sind auch Brachland oder Buschwald geworden. Erst jetzt beginnt man mit der Erschließung, und dazu müssen als erstes die alten Schotterstraßen teils repariert, teils ganz neu gebaut werden. Dass dabei Straßensperrungen vorkommen, die 40 und mehr km Umweg erfordern - wen störts bei so wenig Bevölkerung.
Das müßte ein Abenteuerrevier für Radler sein, aber auf Komfort muß man verzichten: Keine Unterkünfte, keine Restaurants, aber immerhin schon ein paar Wegweiser. Mit Zelt und Rucksack könnte man hier noch Ursprüngliches erleben. Doch bei der heutigen Wetterlage bleiben wir lieber im Auto, fahren noch mal nach Domaslice zu einem Stadtrundgang.
Es wird Zeit, uns nach einer Unterkunft umzusehen. Fahren wir noch weiter nach Tachov und dann wieder nach Westen ins Grenzgebiet, die Karte zeigt da einen großen Naturpark "CHKO Cesky Ies", da müßte es ja genausoviele Quartiere geben wie im hohen Böhmerwald.
In Tachov fahren wir an einem Hotel vorbei, nicht ahnend, dass es das letzte sein wird. Kurz danach wieder eine Umleitung, Straße gut, aber kaum Verkehr. Um nicht im Kreis umgeleitet zu werden, biegen wir einmal links ab und kommen auch wieder auf die Straße Nr. 199, die zur deutschen Grenze führt. Auch hier wieder Dörfer, die nur aus einzelnen Häusern bestehen, wir fragen nach ubitovany (Übernachtung). Antwort: vielleicht in Tachov, 30 km zurück! Kommt für uns ja nicht in Frage, also weiter nach Westen. Doch dann ist auch die Straße 199 gesperrt - ohne Umleitung.
Wir fahren erst einmal geradeaus weiter und kommen bis zur deutschen Grenze. Na bitte!
Doch dieses Mal ist die deutsche Straße gesperrt, wir sehen nur Bulldozer und riesige Kiesberge vor uns. Aber von rechts biegt ein Auto scheinbar aus dem Straßengraben auf unsere Straße und fährt in Richtung Tschechien davon. Sehen wir doch mal nach, woher der gekommen ist !
Wir finden eine Piste durchs Gras, die auf einen Feldweg entlang der Grenze auf deutscher Seite führt, talabwärts eine Ortschaft: Bärnau.
Hier finden wir ein Hotel, das einen beträchtlichen Investitionsstau erkennen läßt, aber zu bundesdeutschen Hotelpreisen - egal, wir kehren ein und machen noch einen kleinen Stadrundgang, der uns zu einer Kuriosität führt: Deutsches Knopfmuseum.
Bärnau ist tatsächlich eine Stadt. Fremdenverkehr ist nicht gerade hoch entwickelt. Immerhin erfährt man einiges, zum Beispiel das ein Radweg auf der Trasse einer früheren Schmalspurbahn entlangführt, für die man vor 100 Jahren großes Potenzial gesehen hatte. Könnten wir uns morgen vielleicht mal ansehen.
Ein Blick auf die Wetterkarte für morgen läßt uns alle Hoffnungen fahren. Ausgerechnet rund ums Fichtelgebirge hat sich eine Regenfront festgesetzt, die sich in den nächsten Tagen abregnen wird. Im Norden dagegen herrscht seit Tagen trockenes Spätsommerwetter.
Da hält uns nichts mehr, wir treten den Heimweg an, die ersten 400 km in strömendem Regen, erst ab Magdeburg wird es heller und von Ludwigslust bis Neumünster haben wir das Wetter, das wir uns eigentlich schon vor 10 Tagen gewünscht hätten.
Ziehen wir nun Bilanz der kombinierten Rad- und Autoreise, so können wir sagen, dass wir bei dem vielen Regen mit dem Auto eigentlich noch ganz gut weggekommen sind. Zumindest hatten wir unterwegs öfter die Hoffnung, dem Regen davonfahren oder aus dem Wege gehen zu können.
Richtig funktioniert hat das eigentlich nur zum Schluß. Aber wie wäre es gekommen, wenn wir das Auto nicht gehabt hätten ? Augen zu und durch mit nassen Klamotten, wären wir vielleicht weiter nach Osten zur Thaya gekommen und hätten Znaim und die Südostecke Tschchiens noch erkundet. Wir hätten mehr Kilometer geradelt, bis von unserem Gepäck das meiste naß gewesen wäre, nein, eine Radtour steht und fällt mit trockenem Wetter.
So haben wir noch das Beste daraus machen können.
Aufbruch: | 30.08.2014 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 10.09.2014 |
Tschechische Republik