Kap wer, Cabo wo, Cape wie ? Kapverden - Cabo Verde - Cape Verde !

Reisezeit: Januar 2015  |  von Sabine H.

schlimmster Segeltörn, ever...

Eigentlich hatte man mir gesagt, ich würde um 09.15 Uhr abgeholt werden, aber bereits eine halbe Stunde früher klingelte das Telefon und ich musste mich sputen. 2 weitere Gäste waren schon im Minibus, von den 4 weiteren Abzuholenden blieben 2 komplett verschollen und die anderen 2 konnten erst beim 2. Anlauf auf deren Hotel eingesammelt werden. Also insgesamt nur 5 Passagiere, 2 Pärchen und ich.
Über die einzige asphaltierte Hauptstraße, die quasi mittig durch die Insel verläuft, fahren wir zum natürlichen Hafen von Palmeira. Ich weiß echt nicht, was mich erwartet, außer wohl eine richtig tolle Yacht.

Okay, das ist der Hafen. Trotz des starken Windes, der mich heute morgen nach dem Aufstehen schon beunruhigt hat, sieht die See recht ruhig aus, aber das ist ja nur das Hafenbecken...

Okay, das ist der Hafen. Trotz des starken Windes, der mich heute morgen nach dem Aufstehen schon beunruhigt hat, sieht die See recht ruhig aus, aber das ist ja nur das Hafenbecken...

Unser Kapitän stellt sich vor. er ist Portuguiese, spricht sehr gut englisch, ist meiner Schätzung nach ca. Mitte 50 und macht einen souveränen Eindruck. Leider ist er einem winzig kleinen, weißen Schlauchboot mit Mini-Außenborder entstiegen und ich habe die Befürchtung, dass wir in genau dieses kleine Gummiboot gleich einsteigen müssen, um zu der versprochenen Yacht zu kommen. Das Schlauchboot ist kleiner, als mein gelbes, kleines Gummiboot, das ich als Kind als Spaß-Badeutensil in den 70ern auf der Ostsee regelmäßig benutzt habe... Oh, oh. Naja, ich bin ja ein echtes Küstenkind, Meer, Wind, Wasser, Wellen gewohnt, also komme ich auch mit dem weißen Schlauchboot klar. Das Umsteigen über eine Miniplastik-Leiter auf die Yacht ist schon etwas umständlich, aber hallo ? Ich halte mich noch immer für eine heldenhafte Expertin. Das wird sich bald ändern...

An Bord der "White Times" geklettert und auf dem Achterdeck Platz genommen. Der Typ mit der roten Weste ist der Segelgehilfe an Bord, zuständig für´s Kurbeln und das Catering.

An Bord der "White Times" geklettert und auf dem Achterdeck Platz genommen. Der Typ mit der roten Weste ist der Segelgehilfe an Bord, zuständig für´s Kurbeln und das Catering.

Wir dümpeln am Anker, bis auch die beiden letzten britischen Gäste per Schlauchboot hier angekommen sind und sich auf die Yacht gehievt haben. Alle sitzen bequem auf dem Achterdeck, Schwimmwesten hält hier niemand für notwendig, security-Hinweise auch nicht. Es wird einfach nur das Schlauchboot am Heck vertäut, der Anker gelichtet und der Motor angeschmissen. Wir tuckern aus dem Hafen. Der männliche Bestandteil des belgischen Pärchens ist sehr segelerfahren und quetscht den Captain über seine Yacht aus. Der Belgier ist auch sehr Kapverden-erfahren und erzählt unheimlich viel Seemannsgarn, aber alles wahr und echt selbsterfahren, da bin ich mir sicher. Der Eigner erzählt die Geschichte des Bootes und seine eigene. Währenddessen haben wir die Hafenausfahrt hinter uns gelassen, der Motor wird gekillt und die Segel gesetzt.

Ich mag echt gerne segeln. Kennt Ihr das Geräusch, wenn der Wind plötzlich in die Segel knallt ? Das ganze Boot scheint sich dann aufzuplustern, legt sich in die Wellen und es wird dann plötzlich ganz ruhig. Das Boot dreht sich in den Wind und der Spaß fängt an.

Zur White Times: Es ist eine 17m-Yacht mit einem fast 5m-Kiel, gebaut in Italien, eine Grand Soleil 52, hochseetauglich, ausgerüstet mit allem elektronischen Pipapo. Ein irre reicher Schweizer hat sie bauen lassen, sie nach seinem Herkunftskanton Aargau benannt, war damit ein einziges Mal segeln, hat sich die Seele aus dem Leib gekotzt und das Schiff nie wieder betreten, sondern sofort verkauft. Irgendwann hat Eugenio - "Eugene"- die Yacht gekauft und hat mit ihr definitiv seinen Spaß in Portugal, auf dem Atlantik, zwischen den Kanaren und den Azoren gehabt. Aber auch er muss Geld verdienen, der Unterhalt eines solchen Babies ist nicht billig. Er segelte zu den Kapverden, denn nur hier kann er ganzjährig segeltechnisch unterwegs sein und auch fast jeden Tag kommerziell.

I am sailing...hach, es ist so schön und entspannt. Das Gesicht in die Sonne halten, Eugene dumme Fragen stellen nach Walen, Delfinen usw. Der Wind ist stark, aber wir segeln am Wind und es ist relativ ruhig. Es geht bis zum sogenannten Lion´s Head, dort wird gewendet und dann geht die Post ab ! Die Wellen knallen jetzt volle Breitseite gegen das Boot, es legt sich sehr schräg, was ich gar nicht mag und es geht natürlich jetzt auch schön auf und ab durch die Wellenberge und -täler. Zudem hat der Wind noch merklich aufgefrischt und nun ist auch überall die weiße Gischt zu sehen.

Mittig zu sehen: Das kleine weiße Schlauchboot

Mittig zu sehen: Das kleine weiße Schlauchboot

Eines der Versorgungsschiffe der Kapverden, denn buchstäblich alles muss hierher verschifft oder per Luftfracht gebracht werden

Eines der Versorgungsschiffe der Kapverden, denn buchstäblich alles muss hierher verschifft oder per Luftfracht gebracht werden

Mir geht es gut...

Mir geht es gut...

Segel sind gesetzt...

Segel sind gesetzt...

Es dauert nicht lange, bis die junge Engländerin grün im Gesicht wird. Flugs wird ein griffbereit stehender Eimer angereicht und die Frau kotzt hinein. Sowas kann ich ja gar nicht gut ab. Andere Leute kotzen sehen, ist für mich Horror ! Und da wir auf sehr engem Raum zusammen sitzen, kann man sich dem Anblick und den entsprechenden Geräuschen leider nicht entziehen. Gerüche weht der Wind allerdings unbemerkt davon. Die mitsegelnde Belgierin outet sich als Krankenschwester und kümmert sich um die junge Frau, die sich verständlicherweise sehr elend fühlt. Erst jetzt kommt der Gedanke auf, man hätte ja Tabletten gegen Seekrankheit verteilen können, aber der Captain hat es leider vergessen und nun ist es eh zu spät.

Ich werde nie seekrank, meinem Magen geht es hervorragend, ich trinke auch das angebotene Glas Weißwein und mampfe Oliven. Aber mulmig ist mir inzwischen auch, weil ich die Schräglage des Bootes beunruhigend finde. Dabei segeln wir gar nicht so furchtbar weit draußen, Land ist jederzeit in Sicht, aber diese Tatsache nützt im Zweifelsfall nicht wirklich viel. Die Strömungen sind hier extrem und meine Kräfte würden niemals reichen, um an Land zu schwimmen, da mache ich mir nichts vor. Meine gute Laune schwindet zusehends dahin, ich verfalle in dumpfes Schweigen und habe offenbar einen ziemlich fiesen Gesichtsausdruck, denn auch ich werde jetzt dauernd gefragt, ob es mir gut gehe. "Do you need the bucket ?" Nö, den Eimer brauche ich definitiv nicht, Mir ist kein Stück übel, ich habe nur Angst und das sage ich jetzt auch.

Diese leichte Schräglage ist noch harmlos... als es schlimmer wurde, hatte ich nicht mehr den Nerv´zum Fotografieren...

Diese leichte Schräglage ist noch harmlos... als es schlimmer wurde, hatte ich nicht mehr den Nerv´zum Fotografieren...

Nun kotzt auch der Ehemann der Engländerin in den Eimer. Na, toll ! Mir wird indessen erklärt, dass die heutigen Bedingungen traumhaft sind, keinerlei Gefahr besteht, der Mast sich auch bis auf 140 Grad neigen könne, die Wellen ruhig über die Reling schwappen können, ohne dass auch nur das Geringste passieren würde. Das Boot würde sich immer wieder aufrichten - "that´s, what it´s designed for !" Ja, glaube ich gerne, aber Angst habe ich trotzdem ! Fähren sind auch dafür "designed", nicht zu sinken, Flugzeuge dafür, nicht abzustürzen, Fischerboote dafür, nicht umzukippen, Autos dafür, nicht zu crashen - und trotzdem passiert es andauernd und immer wieder. Ich mag nicht mehr ! Der Engländerin geht es beschissen, sie liegt flach, zugedeckt mit einem Handtuch, denn sie hat - glaube ich - sogar Schüttelfrost. Ihr Ehemann reißt sich wohl einfach nur zusammen, um nicht als Weichei dazustehen, aber es geht ihm auch nicht gut, er ist sehr blass. Dem belgischen Pärchen geht es blendend, sie genießen den Törn in vollen Zügen. Ich jammere jetzt echt rum. Ich will in den Hafen zurück und festen Boden unter den Füßen haben. Wie ein kleines Kind frage ich "wie lange noch ?" "1 Stunde, dann drehen wir um und segeln zum Hafen zurück". Meine beiden britischen Mitstreiter sagen nichts, aber ich glaube, sie sind nicht unfroh, dass ich angefangen habe, zu quengeln.

Ich kürze jetzt ab: Unser Skipper hatte ein Einsehen, der Mehrheit an Bord ging es nicht gut, die Belgier waren verständnisvoll und wir kehrten in den Hafen von Palmeira wesentlich früher zurück, als geplant. Es dauerte zwar noch eine ganze Weile, bis wir wirklich in ruhigen Fahrwassern waren und es wurde teilweise noch sehr turbulent, als wir den Wind und die Wellen direkt von achtern hatten, außerdem mussten wir gegen den Wind kreuzen, um die Hafeneinfahrt zu treffen, aber ich war einfach nur happy, als wir wieder sicher vertäut am Anker lagen.

Zum Abschluss gab es noch einen Schnaps in der Kajüte, dann wieder die Schlauchboot-Nummer zum Hafen und dann habe ich den Boden unter meinen Füßen geküsst. Nein, Quatsch ! Aber ich war heilfroh, wieder an Land zu sein !!!

zurück im Hafen und wieder aalglatte See... als wäre nichts gewesen. Nur zur Information: Vor 2 Wochen ist zwischen 2 Inseln der Kapverden eine Fähre gesunken, es gab wohl 12 Überlebende, mindestens 10 Tote und etliche Passagiere sind noch nicht gefunden. Gestern war Aufruhr am Pier von Santa Maria, ein Fischerboot mit 2 Personen ist nicht zurück gekommen, es gab keinen Handy-Kontakt mehr

zurück im Hafen und wieder aalglatte See... als wäre nichts gewesen. Nur zur Information: Vor 2 Wochen ist zwischen 2 Inseln der Kapverden eine Fähre gesunken, es gab wohl 12 Überlebende, mindestens 10 Tote und etliche Passagiere sind noch nicht gefunden. Gestern war Aufruhr am Pier von Santa Maria, ein Fischerboot mit 2 Personen ist nicht zurück gekommen, es gab keinen Handy-Kontakt mehr

Überlebt !

Überlebt !

Kugelfisch

Kugelfisch

Vielleicht wäre dieses Schiff jetzt besser für mich gewesen...

Vielleicht wäre dieses Schiff jetzt besser für mich gewesen...

© Sabine H., 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Resturlaub verbraten - nur wo ? 1 Woche Zeit, bereits im Januar 2015 müssen zwingend 7 Urlaubstage um die Ecke gebracht werden. Ich will Sonne und Strand + x
Details:
Aufbruch: 19.01.2015
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 28.01.2015
Reiseziele: Kap Verde
Der Autor
 
Sabine H. berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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