Türkei - Mit dem Mietwagen unterwegs
Und weiter gen Osten
Die Strecke führt uns zunächst durch trockene, topfebene Steppe. Zum Glück dauert dies nicht ewig an und es wird bergiger. In Darende kommen wir am frühen Nachmittag an und beschließen, das Forellenrestaurant am Günpinar Wasserfall aufzusuchen, dass in einem anderen Reisebericht so gelobt wurde. Wir werden zwar satt, aber die Begeisterung der beiden können wir nicht teilen. Ist halt Geschmacksache. Nett ist allerdings die Lage, wenn auch alles heruntergekommen und verwahrlost ist. Leider gibt’s aus irgendeinem Grund auch keinen Tee und so haben wir keinen Grund, uns lange aufzuhalten. Es geht weiter durch mittlerweile interessantere Landschaft Richtung Malatya.
Wild campen ist einfach nicht drin! Die Gegend ist zu trocken und zu steinig und davon abgesehen kommen wir mit unserem normalen Wagen ja auch nicht ins Gelände. Also Hotel. Der Reiseführer gibt ein paar Empfehlungen und wir versuchen unser Glück. DAS hätten wir jedoch nicht erwartet! Die Stadt ist riesig, voll mit Menschen und Autos, quirlig, eng und voller Einbahnstraßen. Es wird dämmrig, wir sind völlig gestresst, finden in dem Gewusel nicht ein einziges der beschriebenen Unterkünfte und ergreifen die Flucht. In der Hoffnung auf einen lauschigen Platz außerhalb der Stadt düsen wir weiter Richtung Süden auf der Straße nach Adiyaman. Pustekuchen, es wird plötzlich pitch dark und kein Übernachtungsplatz weit und breit. Irgendwann taucht ein verlassenes Marmorwerk auf und wir fahren auf das Gelände. Eine weitere Nacht im Auto!
Am nächsten Morgen erreichen wir nur einen Kilometer weiter den nächsten Ort mit sage und schreibe 2(!) Hotels! Naja, was soll’s – Geld gespart
Kurz danach zweigt eine kleine Straße links ab und wir fahren durch herrliche Landschaft über kleine Sträßchen durch Tabakfelder. Links und rechts der Straße hängt Tabak zum Trocknen. Die Berge werden höher und hinter einer Kurve eröffnet sich ein herrlicher Blick über den riesigen Atatürk-Stausee.
Über Adiyaman und Kâhta geht es weiter Richtung Demrut Daǧi und wir machen einen Abstecher zum Karakuş Hügel, den der kommagenische König Mithradates II. für seine Mutter und andere weibl. Angehörige als Grabhügel anlegen ließ.
Einige Kilometer weiter besuchen wir die Cendere-Brücke aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. 1800 Jahre lang stand sie dort und tat ihren Dienst, bis ein vollbeladener Tanklastzug sie zum Einsturz brachte und sie daraufhin neu aufgebaut wurde. Benutzt wird sie seitdem jedoch nicht mehr. Hierfür gibt es eine neue moderne Brücke.
Danach geht es ohne weitere Umwege nach Karadut. Nachdem wir alle dortigen Unterkunftsmöglichkeiten gecheckt haben, entscheiden wir uns für die gleichnamige Pension und schlagen unser Zelt auf. Die Übernachtung kostet nur 10 TL, alles ist zwar einfach, aber sauber und die beiden Gastgeber, Ramazan und sein Freund, Bruder oder keineAhnungwas sind einfach supernett. Der fällige Ankerschluck fällt etwas dürftig aus, weil gerade nur noch eine Dose Efes im Haus ist. Außer uns sind noch 2 englische Mädels dort, später kommen noch ein älterer Japaner und ein junger Australier, der schon seit 14 Monaten in Asien unterwegs ist, an. Auch den jungen Mann aus dem Outback gelüstet es nach Bier und wir fragen nochmals nach. Ramazan schleppt eine Literflasche an. Bulgarisches Bier!
Tags zuvor waren 4 Bulgarier seine Gäste, die ihm wohl zum Abschied diese Flasche geschenkt hatten. Nun verkauft er sie an uns weiter! Aber er wäre wohl kein richtiger Türke, wenn er das lächerliche Bierproblem nicht aus der Welt schaffen könnte. Beim Abendessen übertreffen die Jungs sich selbst. Es ist alles superlecker und wir fallen bald müde ins Zelt.
Wäschewaschen ist angesagt. Es gibt sogar eine Waschmaschine und ich bin natürlich faul und lasse sie statt mir arbeiten. Um 7 werde ich wach, bestücke die Gute und haue mich wieder hin. Auf Frühstück haben wir beide keine Lust, noch satt von gestern. Aber ein Kaffee geht natürlich. Ramazan's Kollege bringt ihn uns bis ans Zelt – was für ein Service. Gegen Mittag ist die Wäsche schon wieder trocken, wir hängen noch eine Weile ab und gegen 14.00 Uhr starten wir Richtung Gipfel. Die Straße schraubt sich steil durch die Bergwelt und nach 12 km kommen wir am Parkplatz an. Von dort warten noch 600 m Kletterei bis zum Gipfel auf uns. Kein Touri weit und breit – wir haben die Götter für uns. Wir genießen die Ruhe dort oben und fühlen uns in der imposanten Umgebung dieses riesigen Grabhügels des Königs Antiochos winzig.
Zurück in der Pension kommen neue Gäste – 2 Jungs mit süddeutschem Kennzeichen an einem VW Polo mit Dachbox. Ungewöhnliche Fuhre! Wir kommen bald ins Gespräch und unterhalten uns angeregt. Völlig platt sind wir, als sich herausstellt, dass der Onkel der beiden ein unmittelbarer Arbeitskollege von mir ist. Na, DER wird staunen! Die beiden reisen 2 Monate lang und ihr Ziel ist Armenien. Es gibt viel zu erzählen und der Abend vergeht wie im Fluge.
Großer Abreisetag in der Pension Karadut – Raphael + Alex wollen zum Gipfel und danach weiter gen Osten, der Australier will nach Istanbul um dort Freunde aus Australien zu treffen und uns zieht’s wieder nach Westen.
Abrechnen, noch ein Erinnerungsfoto von Ralf und Ramazan (Ralf ist inzwischen in die Küche integriert und macht sich dort seinen Kaffee selber!) und wir starten. Die Fahrt geht zunächst wieder über Adiyaman zurück und führt uns dann wieder über etwas kleinere Straßen durch die Berge. Baustellen weiterhin überall! So lange wir in der Türkei unterwegs sind, begleiten uns Straßenbaumaschinen. Neue Satellitenstädte schießen überall aus dem Boden und neue Moscheen werden gebaut. Kurz hinter Kahramanmaraş ändert sich ein wenig die Landschaft. Die Straße windet sich steil die Berge hinauf und es wird wieder waldiger. Herrliche Blicke auf einen Stausee und die Fahrt ist wirklich wunderschön. Wieder einmal vermissen wir unseren Bepo, weil es hier viele fantastische Wildcampingplätze gibt. Hinter einer Kurve erwartet uns die erste und bisher einzige Polizeikontrolle. Allerdings hat einer der Jungs schon die MP im Anschlag. Etwas ungewohnter Anblick bei einer normalen Kontrolle, besonders als wir bemerken, dass 15 m weiter ein weiterer Polizist mit MP im Anschlag hinter der Leitplanke hockt. Der muss nur noch abdrücken! Ok, wir sind in Kurdengebiet, ob es damit und evtl. PKK zu tun hat? Gab es vielleicht wieder einen Vorfall von dem wir wie üblich nichts mitbekommen haben? Egal, Ralf zeigt Führerschein und Fahrzeugpapiere und wir werden weitergewunken.
Heutiges Etappenziel ist Kadirli und wir hoffen, ein Hotel zu finden. Tatsächlich passieren wir am Stadtrand ein großes Werbeschild. Die Stadt ist recht groß und wir suchen alle Himmelsrichtungen nach dem Hotel ab. Nach etwas Herumfragerei werden wir fündig - es liegt auf dem Hügel hoch über der Stadt, das Sülemiş Hotel. Schwein gehabt – und nochmals Schwein gehabt, wie sich nun herausstellen wird: wir steigen aus dem Auto und Ralf bemerkt vorne links einen Plattfuß. Kurz bevor der Reifen richtig platt werden konnte, rollen wir auf den Hotelparkplatz! Wir checken ein und Ralf macht sich schnell ans Reifenwechseln. Gott sei Dank hat die Möhre wenigstens ein Reserverad und entsprechendes Werkzeug an Bord. Die Sache ist schnell erledigt, aber das Ersatzrad ist ein Winterreifen und hat eine andere Größe! Wir beschließen, im Städtchen etwas zu essen und auf dem Wege gleich mal den Reifendruck zu prüfen. Dies ist bei der BP Tanke nicht möglich, aber gleich nebenan ist eine kleine Automeile, u. a. auch eine Reifenwerkstatt. Ein älterer Mann in Pluderhose macht sich gleich an die Arbeit. Er holt den kaputten Reifen von der Felge, ortet gleich das Loch, setzt einen Stopfen rein und wechselt die Räder wieder aus. Ruckzuck ist der Fall erledigt und der ganze Spaß kostet ganze 10 Lira!
Froh gelaunt schreiten wir zur Restaurantsuche. Schnell finden wir ein nettes kleines Lokal, wo wir auf Deutsch begrüßt werden! Der Kellner hat viele Jahre in Antalya in einem Ferienhotel gearbeitet und kann etwas Deutsch. Wir bestellen unser Lieblingsgericht Iskenderkebab mit Salat, etwas Brot und Getränke. Es dauert nicht lange und das Essen kommt. Die größten Portionen bisher überhaupt! Ich kriege fast einen Schreck, frage mich, wer das alles essen soll, aber keine Panik, Ralf ist ja bekanntlich ein Vielfraß! Unser Kellner bringt uns ein Getränk – irgendeine Spezialität. Leider kann er uns nicht klarmachen, was es ist. Sieht aus wie Rotwein, ist auch trocken (naja, eher sauer), aber halt kein Alkohol. Wir trinken einen Schluck und haben Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen. Gruselig! Der Geschmack ist nicht zuzuordnen. Wir setzten Pokerface auf, halten die Luft an und ziehen uns das Zeug mit Todesverachtung rein. Wah…..echt ekelig, aber geschafft! Schnell noch einen Riesenschluck Pepsi hinterher – schon besser. Das Essen dagegen ist klasse und der Preis der Hammer! Wir sind saugut gelaunt! Ein toller Fahrtag mit herrlicher Strecke, dann ein bisschen Pech mit anschließendem Glück und zum Schluss noch tolles Essen! Wir beschließen den Tag mit einem Gläschen kappakokischem Roten auf unserem Hotelbalkon und fallen schließlich in die Betten.
Aufbruch: | 10.09.2012 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 01.10.2012 |