USA - Kanada 2015 - Teil 4

Reisezeit: Mai - Juli 2015  |  von Uschi Agboka

Teil 4-Streckenverlauf Minnesota/N.Dakota/Montana: 26.06.2015 - Teil 1 - Ennis - Missoula, Montana

26.06.2015 - Teil 1 - Virginia City - Jefferson Valley - Philipsburg, MT

26.06.2015 Ennis – Virginia City – Nevada City - Alder – Sheridan – Twin Bridges - Jefferson Valley – Jefferson River – Silver Star (Postamt) – Anaconda – Silver Lake – Beaverhead Mountains – Philipsburg – Nez Perce Jones - Drummond – Clark Fork River – Missoula (Montana)
7 Std. – 226 Meilen (364 km)

Um 7 Uhr stehen wir auf und sind bereits um 8 Uhr auf dem Weg nach Virginia City. Unterwegs sind wieder viele Rehe zu sehen. Kurzer Halt an der Pioneer Bar, wir wollen Rozy Ade sagen. Rozy sitzt am Tresen und zählt Geld. Unter der Decke hat er einen Revolver liegen, sollte jemand auf die Idee kommen, zu stehlen.

Vor der Bar parkt ein Motorrad mit einem Katzenkorb auf dem Rücksitz. Die Besitzerin eines kleinen Ladens nimmt so ihre Katze immer mit zur Arbeit. Witzig.

In dem der Bar angegliederten Virginia City Cafe frühstücken wir, gut und lecker. Heute Morgen ist wieder ein herrliches Wetter und laut Wettervorhersage soll es auch so bleiben. Wir sind glücklich darüber, denn bei Hagel, Gewitter, Regen Motorrad zu fahren macht keinen Spaß.

Zwischen 1864 und 1889 wurde Montana als Territorium organisiert. Es entstand aus der Umbildung des größeren Idaho-Territoriums. Im ersten Jahr als Territorium war Bannack die Hauptstadt. Es wurde jedoch schon 1865 von Virginia City als Capitol City abgelöst. 1875 wurde die Hauptstadt nach Helena verlegt. Die Aufnahme als Bundesstaat in die USA erfolgte 1889 - Montana wurde somit 41. Bundesstaat.

In Virginia City wurde 1863 Gold gefunden, viel Gold, und die Stadt wurde richtig groß, mehr als 9.000 Einwohner und eine der reichsten Städte der Region. Als der Goldsegen dann schon 10 Jahre später nachließ, war sie eine der Verliererstädte, nur noch 800 Einwohner. Man hatte nicht rechtzeitig für eine gesunde Infrastruktur gesorgt und sich damit selber die Grundlage für ein Leben ohne Gold entzogen.

Gegen Ende des 19. Jh. erreichte der Tagebau Virginia City und brachte einen erneuten Aufschwung, der 1937 mit dem Ende dieses Abbaus wieder endete, wenn auch in den Folgejahren mit dem Abbau von Quarz noch weiterhin Bergbau betrieben wurde. Die Stadt drohte jedoch wie so viele andere zur Geisterstadt zu werden.

Bis 1940, denn da kam die Rettung. Charles und Sue Bovery begannen die Stadt systematisch aufzukaufen und haben damit eine der ersten „Denkmal-Schutz-Aktionen“ des Westens gestartet. 1961 wurden ihre Bemühungen belohnt: Das Stadtgebiet wurde als „National Historic Landmark“ anerkannt und damit unter öffentlichen Schutz gestellt. Nun ist die Hauptstraße wirklich gut restauriert, die alte Bausubstanz ist gut erhalten oder unauffällig erneuert worden.

Die Zeiten des Goldrauschs Ende des 19. Jahrhunderts sind in Montana vielerorts noch gegenwärtig. Virginia City und Nevada City liefern zwei malerische Beispiele dafür.

Beide Städtchen entstanden 1863, nachdem Bill Fairweather, Henry Edgar und sechs weitere Prospektoren am Alder Creek auf Gold gestoßen waren. Zu tausenden strömten die Menschen in der Folgezeit zum wohl größten Goldrausch in der Geschichte Montanas zusammen. Doch nicht nur Goldsucher kamen in der Hoffnung auf Reichtum, sondern auch eine gesetzlose Bande - angeführt vom ortseigenen Sheriff -, die skrupellos Raubüberfälle und Morde beging. Die Goldsucher nahmen in ihrer Not Zuflucht in der Selbstjustiz. Als "Vigilantes" (Bürgerwehr) gingen sie mit Erfolg gegen die Outlaws vor.

Heute sind Virginia City und Nevada City mit ihren gerade einmal 100 Einwohnern freundliche Städtchen und mehr oder minder begehbare Museen. An der Hauptstraße finden sich noch original Holz- und Backsteinfassaden aus den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts, hinter denen sich Restaurants, Hotels und Geschäfte verbergen. In den "tourist claims" können sich die Touristen im Goldwaschen üben.

Von Virginia City zum nur zwei Kilometer entfernt liegenden Nevada City verkehrt eine historische Bahn, die gemächlich an der Kulisse des 19. Jahrhunderts vorbeizieht. Hier ticken die Uhren noch ein wenig langsamer als in der Schwesterstadt und wer die perfekte Zeitreise unternehmen möchte, quartiert sich im Nevada City Hotel ein. Dieses ist Teil eines kleinen Museumsdorfes - mit Holzhäusern, Blockhütten und historischen Werkzeugen - und gibt auf beschauliche Weise Einblick in die Lebensumstände zur Zeit des großen Goldrauschs.

Noch einige Bilder des schönen Örtchens, dann machen wir uns um 9.30 Uhr auf den Weg. HW 287 Alder, Sheridan, Twin Bridges, HW 41.

Wir fahren durch das Jefferson Valley, am Jefferson River entlang. Eine traumhaft schöne Gegend.

Der Jefferson River ist einer der beiden Flüsse, aus deren Zusammenfluss im Missouri Headwaters State Park bei Three Forks der Missouri River entsteht. Der Jefferson River ist mit seinem rechten Quellfluss Beaverhead River (126 km) und dessen Quellfluss Red Rock River (151 km) 375 km lang. Er hat seine Quelle in den Centennial Mountains (Rocky Mountains).

Der Jefferson River erhielt seinen Namen 1805 von Lewis und Clark zu Ehren des US-Präsidenten Thomas Jefferson. Das Jefferson Valley ist von einer geologischen Vielfalt und enthält einige der ältesten (2.700.000.000 Jahre!) und jüngsten Felsen in Nordamerika. Die Gegend war nur zeitweise von Indianer bewohnt. Bis heute hat sich das Jefferson Valley viel von seiner landschaftlichen Schönheit und der Vielfalt der Tierwelt bewahrt. Das Tal entlang des Jefferson River ist Teil des Lewis and Clark National Historic Trails.

Nun kommen wir nach Silver Star. Dies ist ein Mini-Ort, jedoch immer noch mit einer eigenen Postleitzahl und einem Postamt, das uns sofort ins Auge fällt, so dass wir halten.

Silver Star, einer der ältesten Orte in Montana, war ein wichtiger Versorgungspunkt für die Arbeiter, die in den Silberminen zwschen Virginia City und Helena schürften. Einheimische behaupten, dass Edward, Prince of Wales, Sohn der Königin Victoria, 3 Tage 1878 im Hotel Silver Star übernachtete.

Green Campbell entdeckte um 1866 in den nahen Hügeln Gold. Silver Star entwickelte sich zu einem Boom Miner Camp als andere reiche Minen entdeckt wurden. George und Bill Boyer nannten ihre Mine Silver Star. Goldsucher, Abenteurer und andere Einwohner entschieden eines nachts im General Store, die beiden Hauptcamps Silver Star und Rag Town, später Iron Rod, zu benennen.

Während ich mich mehr für das historische Postamt interessiere, herrlich bunt, mit vielen Blumen, wendet Rolf sich den riesigen Rope Drive Compressor Wheels der Leonard Mine aus Butte (MT) zu. Männer haben eben doch andere Prioritäten als Frauen. Diese gigantischen Wheels sind entlang des Highways aufgereiht, es sieht schon sehr beeindruckend aus. Infos dazu dürfen natürlich nicht fehlen. Das machen die Amerikaner wirklich gut.

Das Postamt, integriert in Granny’s Country Store, ist nicht nur von Außen eine Augenweide. Im Laden selbst gibt es mal wieder alles, ich liebe diese Geschäftchen. Der Inhaber, ein freundlicher älterer Herr, freut sich über den Besuch, auch wenn ich nichts kaufe. Wie Ihr wisst, die die Kapazitäten auf dem Motorrad begrenzt. Ein paar Hunde, hinter einem Zaun eingesperrt, wollen wohl mit uns weiterfahren. Ist ja auch ätzend, eingesperrt zu sein.

Heute ist wieder ein herrlicher Tag. Die Sonne lacht vom Himmel. So ist es genau richtig für uns. Und es geht weiter, HW 41 / HW 2 (old highway 10).

Nächster Halt kurz vor Butte am Thompson Park Schild. Hier beginnt der Wanderweg Pipestone Trailhead. Der Park umfasst 14.164 km² und veranschaulicht frühere Minen-Aktivitäten, herrliche Landschaften mit besonderen Felsformationen und einer vielfältigen Tierwelt. Auf über 41 km können Wanderer, Reiter oder Mountain-Biker die Gegend erforschen.

Der Philantrop William Boyce Thompson schenkte 1922 einen Teil seines Landes dem Staat, um daraus einen Park zu errichten – den Thompson Park in der Nähe von Butte. Noch heute wird er u. a. von der Newmont Mining Corporation fianziell unterstützt.

Der Philantrop, William Boyce Thompson, geboren 1869 in Virginia City und aufgewachsen in Butte, arbeitete zunächst in der Mine seines Vaters. Später besuchte er ein College in New York und wurde Minen-Ingenieur. Er entwickelte sich zu eiemn Self-Made-Millionär, der es zu ungeheurem Reichtum brachte. Er finanzierte damit Minen auf der ganzen Welt und gründete die Newmont Mining Corporation, die zu Zeiten seines Todes 1930 eine wichtige Rolle in der Weltkupferproduktion spielte. Heute ist die Gesellschaft der größte Goldprouzent in den USA.

Thompson besuchte Russland vor der Revolution und direkt nach der Revolution, als die Auswirkungen von Missernten und Hungersnöten an der Tagesordnung waren. Thompson war ein Mitglied des Amerikanischen Roten Kreuzes, einer Organisation, die hoffte, durch ihre Hilfe eine demokratische Regierung in Russland zu fördern. Man sah das Leid der Menschen und die Unfähigkeit der sozialdemokratischen Regierung unter Alexander Kerenski, die hungrigen Menschen mit Nahrung zu versorgen. Obwohl er mehr als 1.000.000. Dollar aus seinem Privatvermögen dem Hilfsfond unter der US-Regierung Woodrow Wilson zur Verfügung stellte, war er nicht in der Lage, den Präsidenten zu überzeugen, mehr Hilfe zu geben. Doch andere Geldgeber, wie JP Morgan, unterstützen ihn.

Kurz danach fiel die Kerensky Regierung und die Bolschewiki kamen an die Macht. Die Hoffnung auf Demokratie in Russland wurde so beendet. Die russischen Erfahrungen zeigten Thompson, dass Landwirtschaft, Lebensmittelversorgung und soziale Gerechtigkeit eng miteinander verknüpft sind. Er prophezeite, dass politische Stabilität in der Welt von ausreichend Nahrungsmitteln für alle Menschen abhängen würde. Diese Überzeugung, zusammen mit dem Glauben an die Wissenschaft, prägten sein nächstes philantropisches Projekt, die Errichtung des Boyce Thompson Institue for Plant Research. Er stattete die Einrichtung mit 10 Mio. Dollar aus seinem Vermögen aus.

Heute ist das Institut ein unabhängiges Forschungszentrum, dass die Pflanzenwissenschaften nutzt zur Verbesserung der Landwirtschaft, der Umwelt und der menschlichen Gesundheit. Das Institut arbeitet u. a. mit der berühmten Cornell Universität zusammen.

Thompson war nicht nur ein kluger Geschäftsmann, der berühmteste Spieler seiner Zeit, nein, er hatte auch großes Interesse an der Wissenschaft und er wollte ein Pfeiler sein für das Gute in der Welt. Er unterstützte verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen, unterstützte div. Forschungsinstitute und Studenten an vielen Universitäten. Er spendete Geld für Parks und Bibliotheken. Nach seinem Tod setzen seine Erben (Frau und Tochter) diese Wohltätigkeit fort.

1940 wurde seine 80 m lange Luxus-Yacht, The Alder, von seinen Erben der US Marine übergeben, um die Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Zur damaligen Zeit galt die Yacht als die größte und luxuriöste Yacht der Welt.

Aus der Yacht wurde die USS Jamestown PG 55, ein Patrouillenkanonenboot und später ein Jamestown-Klasse-Schnellboot. Letztendlich war ihre Aufgabe, eine „homebase“ für Torpedoboote in entlegenen Teilen des Ozeans während des Krieges zu schaffen, um die Boote mit den notwendigen Dienstleistungen wie Treibstoff, Lebensmittel und Reparaturen zu versorgen.

Es ist eine wunderbare Landschaft, die uns bis Butte begleitet. Ein schönes Tal mit bizarren Felsen und ein würziger Pinienduft liegt in der Luft. Ab Butte folgen wir der Interstate 90 West, biegen ab HW 1, Richtung Anaconda. Kurz vor dem Ort machen wir Halt an einer Rest Area. Der Lion’s Club serviert allen Reisenden dort frischen Kaffee und leckere Plätzchen. Ein uriger alter Kauz bietet uns Platz an seinem Picknick-Tisch an, so kommen wir ins Gespräch. Ursprünglich stammt er aus Oregon. Seit 2 Jahren reist er durch die USA, er ist Rentner. Zu Zeiten seines Arbeitslebens – 48 Jahre – hat er nie Urlaub gemacht. Unvorstellbar für uns. Solche Begegnungen sind für mich immer wieder ein besonderes Erlebnis.

Weiter HW 1, nächster kurzer Halt am Silver Lake, der eine herrliche blaue Farbe aufweist. Am Horizont leuchten die schneebedeckten Gipfel der Beaverhead Mountains, sieht phantastisch aus. Die Beaverhead Mountains haben ihren Namen von einem Felsen, der aussieht wie ein Biberkopf. Die höchsten Erhebungen sind der Scott Peak mit 3.474 m und Eighteenmile Peak mit 3.398 m. Das Gebirge beiderseits der Wasserscheide liegt in Montana und Idaho.

Leider gelingt es mir nicht, vom dem schönen Georgetown Lake Bilder zu machen. Zu viele Bäume stehen störend herum. Gegen 14 Uhr kommen wir nach Philipsburg. Dies ist ein historischer Minenort.

Über den Besuch in Philipsburg gibt es ein sep. Kapitel.

Bilder auf der Homepage meines Mannes, www.harley-rolf.de oder auf meiner Facebook Seite - www.facebook.com/Uschi.Rolf.USA.Canada

© Uschi Agboka, 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reise durch folgende Staaten (USA und Kanada): Colorado / New Mexico / Arizona / Nevada / Arizona / New Mexico / Texas / Oklahoma / Kansas / Missouri / Illinois / Wisconsin / Michigan / CANADA – Ontario / Minnesota / North Dakota / Montana / Idaho / Utah / Wyoming / Utah / Colorado Motorrad-Tour-Verlauf – 10.250 Meilen = 16.503 km
Details:
Aufbruch: 13.05.2015
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 08.07.2015
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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