Wüstentour - Namibia mit Muskelkraft auf zwei Rädern
Wenn Namiba, dann auch Sossusvlei!
Der Ruhetag in Lüderitz war mehr als überfällig. Gelegenheit also sich ein bisschen mit deutscher Kolonialgeschichte zu befassen. Schon der Name der Stadt lässt ja nicht gerade auf einen afrikanischen Namensgeber schließen. Der Bremer Kaufmann Lüderitz kaufte hier in der Hoffnung, Bodenschätze zu finden, riesige Landstriche und gründete die Stadt, die nach seinem Tod, als Diamanten gefunden wurden, aufblühte und Anfang des 20. Jahrhunderts sehr schnell aufgebaut wurde. Der Boom ebbte ab, die typisch deutsche Bausubstanz blieb erhalten und prägt bis heute das Stadtbild.
Lesehalle und Turnhalle werden bis heute ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechend verwendet
Nach dem Ruhetag folgt der lange Rückweg aus der 125km langen Sackgasse. 1500 Höhenmeter sind zu überwinden und so hilfreich der Wind bei der Tour nach Lüderitz war, so unangenehm erwarte ich ihn für die Gegenrichtung. Falsch gedacht. Nach ein kurzen Gegenwindstrecke dreht der Wind und ich kann es kaum fassen, dass er mich zügig den Berg hochschiebt. Schnell wird der Plan über den Haufen geworfen, die Strecke nach Aus in zwei Etappen zu fahren. Ich versuche, es an einem Tag zu schaffen. Ist bei der permanenten Steigung schon schwer genug. Wo ich zwei Tage vorher geradezu Lüderitz entgegenflog, treffe ich den ersten anderen Radreisenden der Tour, der sich gegen den Wind bergab quält. Ein Südafrikaner, der auf Rundreise durch das südliche Afrika ist. Seine erste Tour. Man sieht es an seiner unglauglich umfangreichen Ausrüstung.
Man kann sich ja trefflich darüber auseinandersetzen, welches Equipment nützlich ist und welches man besser zu Hause lassen sollte. Als er mir aber erzählt, dass ihm ein neues MacBook vor der Reise zu teuer war und er deswegen seinen Desktoprechner auf dem Trailer verstaut hat, kann ich nicht anders, als laut aufzulachen. Er ist allerdings auch der Meinung, das der doch ein bisschen schwer ist...
Die letzten 20 km haben es noch einmal richtig in sich und bei Dunkelheit erreiche ich eine Lodge kurz vor Aus. Der Campingplatz ausgebucht! Weiterfahren ist heute nicht mehr drin, zumal ich auch nicht weiß, ob ich in Aus eine Unterkunft finde und so miete ich mich - trotz Radlerrabatt - reichlich teuer in ein Gästehaus ein. Auch das Essen gehört zu den Teuersten der Reise - aber immerhin zum Sattwerden. Und das gelingt bei einem Radreisenden auch nicht immer.
Ich verlasse den Asphalt nach knapp 500km wieder und Schotter und Staub haben mich wieder. Ich fahre parallel zur Namibwüste und entsprechend karg ist die Landschaft. Auf einer "kleinen" Farm mit Campingplatz, wo ich ein leichtes Mittagessen und einen Plattfuß bekomme (diese kleinen fiesen Dornen gehen durch jeden Reifen), erfahre ich, dass man hier ca. 50ha Weideland benötigt, um ein Rind satt zu bekommen. Bei der durchschnittlichen Größe deutscher Bauernhöfe hieße das ca. 4 - 5 Rinder...
Zum Ausgleich für die Luxusunterkunft folgen Übernachtungen am Straßenrand zum Nulltarif oder als Exklusivgast auf einer kleine Guestfarm. Hier muss ich allerdings erstmal Feuer im Ofen machen, um eine warme Dusche zu bekommen.
Die sanitären Einrichtungen eines ganzen Campingplatzes - für einen Camper soll es wohl reichen. Feuerholz für die heiße Dusche ist im Preis von 5 Euro pro Nacht inbegriffen
Mein nächstes Ziel und gleichzeitig einer der Höhepunkte der Reise ist der Sossusvlei. Hier kommen die typischen Namibiabilder mit den riesigen roten Sanddünen her. Allerdings trennen mich von diesem touristischen Hotspot nach mehr als 200km und bei den Straßenverhältnissen hier heißt das zwei bis drei Tagesetappen. Die Piste ist eine Katastrophe. Grober Schotter und Wellblechprofil lasse ich mir ja noch gefallen. Wenn dazu noch Steigungen, Gegenwind und lange, tiefe Sandpassagen kommen, die nicht mehr fahrbar sind, ist der Spaß endgültig vorbei. Vor anderthalb Tagen hatte ich noch ein Angebot eines holländischen Paares abgelehnt, das mich zum Sossusvlei mitnehmen wollte. Jetzt bin ich froh, dass ein riesiger Van anhält und der Fahrer mir anbietet, mich mitzunehmen. Wie das? Im Wagen sind schon fünf Personen und auf und am Fahrzeug vier Mountainbikes. Kein Problem für Andrew aus Durban, Sportsmann durch und durch. Irgendwie wird es schon gehen. Und es geht...
So komme ich sehr komfortabel zum Campingplatz am Eingang zum Sossusvlei. In diesem Wagen merkt man auch bei 100km/h nichts von der üblen Piste. Allerdings fliegt die Landschaft auch nur so vorbei und man hat keine Zeit zum Genießen - wobei der Genuss auf dieser Strecke mit dem Rad auch sehr eingeschränkt wäre. Und die zahlreichen Oryxantilopen lassen sich direkt am Fahrbahnrand auch nicht stören.
Das Sossusvlei ist eine 65 km lange Sackgasse. 60km Asphalt, 5km richtig tiefer Sand, in dem auch viele Allradfahrzeuge stecken bleiben. Dazu kommt, dass das Licht auf den Dünen bei Sonnenaufgang am besten ist. Übernachten in der Wüste ist nicht erlaubt. Deswegen organisiere ich mir eine Transportmöglichkeit mit den Fahrern, die vom Ende der Teerpiste Besucher bis zur Düne bringen. Abfahrt morgens um 05.00 Uhr, die berühmte Düne 45 lassen wir in der Dunkelheit links liegen und vor Sonnenaufgang stehe ich mit andere Touristen mitten in dem Dünenmeer. Und das frühe Aufstehen hat sich gelohnt! Dem Herdentrieb widerstehend mache ich mich nicht mit den anderen auf den Weg zu den riesigen Dünen (Big Daddy) oder ins Dead Vlei, sondern stapfe im tiefen weichen Sand allein etwas abseits auf eine kleine Düne. Keine schlechte Wahl! Seht selbst...
Meine Spuren im Sand... Vorteil, wenn man nicht der Masse folgt, hat man eine an diesem Morgen noch jungfräuliche Düne für sich allein
Natürlich lasse ich mir die seit Jahrhunderten abgestorbenen Bäum im Dead Vlei nicht entgehen - alles zu seiner Zeit, hier kommen die Sonnenstrahlen ohnehin erst später an
Das Beste ist allerdings der Abstieg. Nach oben quält man sich auf dem Dünenkamm ungefähr eine halbe Stunde lang - der direkte Weg nach unten dauert vielleicht drei Minuten. Wenn man ganz genau hinschaut, erkennt man auf dem Dünenkamm Menschen
Gegen Mittag ist das Licht zum Fotografieren nicht mehr besonders und ich mache mich auf den Rückweg. Einer der Fahrer wollte mich wieder mit zum Eingang nehmen. Bei den Fahrzeugen treffe ich aber wieder Andrew mit Familie und ein zweites Mal mache ich es mir in ihrem Auto bequem - toll, diese selbstverständliche Hilfsbereitschaft.
Heute lohnt es sich nicht mehr, noch auf die Piste zu gehen, deswegen bleibe ich noch eine zweite Nacht auf diesem nicht gerade ansprechenden Campingplatz der Nationalparkverwaltung und nutze den Nachmittag zu einem kleinen Abstecher zum nahen Sesriem-Canyon, eine kleine Schlucht, an deren Grund auch jetzt in der Trockenzeit noch ein Rest Wasser in der Wüste zu finden ist.
So, Sand habe ich jetzt genug gehabt, es ist also nicht nötig, dass er sich mir noch einmal auf der Pisten in den Weg legt. Es soll reichen, wenn mich die vielen Autos, die hier zusammenkommen, in eine dichte Staubwolke hüllen werden. Meine nächsten Stationen sind Walis Bay und Swakopmund, wieder an die Küste und dazu natürlich noch einmal durch die Namib - ich werde weiter berichten,
Absolut perfekt wäre es natürlich gewesen, diese beiden Kameraden auf den Dünen zu begegnen. Spuren waren ja genug da. Sie zogen allerdings den Sesriem Canyon vor
Aufbruch: | 06.06.2016 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 18.07.2016 |