Im Gebirge ein neues e-bike testen

Reisezeit: Oktober 2017  |  von Manfred Sürig

Endlich raus aus em Tal in die Berge

Aber da folgt mir ein Kunde aus dem Fahrradladen in die Buchhandlung und fragt mich auf englisch, ob ich eine Fahrradkarte brauche. Im Prinzip ja, erwidere ich, aber eigentlich, um mir ein Tagesziel vorzunehmen. Daraufhin bittet er die Buchhändlerin in einem sehr bestimmenden Ton um etwas, das ich nicht verstehe. Die Buchhändlerin kommt mit einem Fahrradatlas der gesamten Slowakei unter dem Arm zurück. Er blättert darin die Seite von Bytka und Umgebung auf und bittet mich, diese Seite zu fotografieren und mir anschließend anzeigen zu lassen. Danach bitte noch ein paar weitere Seiten, danke vielmals.
Dann zeigt er mir auf der Karte einen Weg nach Nordwesten und gerät ins Schwärmen: Europäischer Radwanderweg, alles asphaltiert, er sei ihn erst vor kurzem gefahren, sehr zu empfehlen, Übernachtungsquartier ? Kein Problem. Bedankt sich bei der Buchhändlerin und verlässt den Laden

Besser als gar keine Karte, außerdem kann das Foto so nicht nass werden.....

Besser als gar keine Karte, außerdem kann das Foto so nicht nass werden.....

Der Fahrradatlas für die gesamte Slowakei hat mich neugierig gemacht, für 12 Euro kaufe ich ihn mir mit dem stillen Hintergedanken, mir dann doch eine andere Route aussuchen zu können. Denn die Karte zeigt den empfohlenen Weg als Mountainbikeroute mit dem Zusatz "S" für sportlich, was angesichts eines Höhenunterschiedes von 700 Metern nachvollziehbar ist. Dann sind da noch diverse Pfeile zu erkennen, die auf starke Steigungen schließen lassen. Und der obere Teil ist braun, was wohl Schotterstrecke oder Fußwanderweg bedeuten soll. Fast 40 km hat meine Batterie und ich heute schon geleistet, wenn auch ohne große Beanspruchung.
Und jetzt da rauf mit dem Rest der Batterie ? Noch weitere fast 30 km ?. Später stelle ich fest, dass ich mit dem Atlas einen Ladenhüter Auflage 2006 erstanden habe. Bis 2017 könnte da ja doch etwas asphaltiert worden sein........
Im Vertrauen auf mögliche Übernachtungsmöglichkeiten in den Dörfern unterwegs mache ich mich dann doch auf den Weg.
Der Regen ist so schwach geworden, dass ich das Regenzeug ausziehe.

Der Blick auf den Stausee von der fast verkehrslosen Straße ermuntert mich weiter....

Der Blick auf den Stausee von der fast verkehrslosen Straße ermuntert mich weiter....

die Batterie schafft die mäßige Steigung locker, mein Tempo lässt sich sogar halten.

In Stiavnik habe ich ein Viertel meiner Route und locker 150 Höhenmeter geschafft...

In Stiavnik habe ich ein Viertel meiner Route und locker 150 Höhenmeter geschafft...

und genau eine Stunde später bin ich ich noch mal 260 Meter höher, ohne einmal abzusteigen, nur das Tempo hat sich auf 13 km/h ermäßigt

und genau eine Stunde später bin ich ich noch mal 260 Meter höher, ohne einmal abzusteigen, nur das Tempo hat sich auf 13 km/h ermäßigt

Nun beginnt die Strecke, von der der Mann im Laden so geschwärmt hatte: Für Autos gesperrt, nur für Radfahrer und Holzabfuhr und ein nagelneuer Asphaltweg, allerdings auch eine Steigung, die der Batterie genauso viel abverlangt wie mir- oder auch mehr.
Aber 17 % Steigung heraufzufahren und dabei sehen, wie die Höhe in kürzester Zeit zunimmt, ist schon ein tolles Gefühl.
Verschnaufpausen muss ich ab und zu einlegen, aber verglichen mit ähnlichen Steigungen ohne elektrische Unterstützung komme ich rasant voran, meine ich.
Mit zunehmender Höhe komme ich aus dem Nieselregen auch in die Wolken und die Abkühlung mit zunehmender Höhe gleiche ich mit Bewegung aus - bis auf Füße und Handgelenke.
Ganz ohne Autos ist auch dieser Weg nicht, immer wieder begegne ich parkenden Pilzsuchern, die eine so große Ausbeute gemacht haben, die sie nur noch in einem Auto abtransportieren können. In einer Verschnaufpause begegnet mir einer und fragt mich in akzentfreiem Deutsch, woher ich komme und wohin ich heute noch will. Er kennt den Weg und ermuntert mich: Nur noch 4 km, allerdings kommen da noch Kehren, an denen wird gebaut und gespritzt, da wirst Du schieben müssen.

Die ersten Kehren erweisen sich als harmlos, es geht nur mit leichter Steigung um Berge in großem Bogen herum. Regen gibt es nur noch unterhalb. Allerdings verliere ich die Orientierung bei so vielen Kurven....

Die ersten Kehren erweisen sich als harmlos, es geht nur mit leichter Steigung um Berge in großem Bogen herum. Regen gibt es nur noch unterhalb. Allerdings verliere ich die Orientierung bei so vielen Kurven....

Was der Pilzsammler mit "Spritzen" meinte, sehe ich an späteren Kehren: Da war der Weg wohl mal weggesackt, man hat ihn neu geführt und heute wird gerade die letzte Asphaltierung wieder erneuert. Zum Verschnaufen sind die Baustellen gerade richtig !
Auf einer neuen Steigung dann verabschiedet sich die Batterie. An weiter aufwärts radeln ist nicht mehr zu denken, selbst das Schieben macht nach 50 Metern schlapp. Am Ende der Steigung sehe ich keine Bäume mehr, die noch höher stehen. Sollte das die Passhöhe sein ?
Ich lasse das Rad erst einmal stehen und gehe das letzte Stück zu Fuß rauf. Oben bläst mir ein kühler Wind entgegen und auf einem Wegweiser- und Pass-Schild lese ich :

Butorky, 980 m ü M, nach Kasarna, meinem Tagesziel dahinter, nur noch 500 m abwärts ! Geschafft ! Von Bytca bis hier in nur 3 1/2 Stunden

Butorky, 980 m ü M, nach Kasarna, meinem Tagesziel dahinter, nur noch 500 m abwärts ! Geschafft ! Von Bytca bis hier in nur 3 1/2 Stunden

Ich hole mein Rad und beim Aufsteigen spielt die Batterie sogar wieder mit !
Allerdings nur 50 Meter und nicht mit voller Unterstützung. Aber eine Quälerei bleibt mir erspart.

Nun folgt die Quartiersuche, bei der Außentemperatur von 6 Grad muß das schnell gehen, wenigstens weht es 30 Meter tiefer in Kasarna nicht mehr so stark. Da gibt es sogar ein Wellnesshotel:

Das gönne ich mir heute ! Leider wird nichts draus, denn es ist geschlossen, Saison vorbei.

Das gönne ich mir heute ! Leider wird nichts draus, denn es ist geschlossen, Saison vorbei.

Aber ein paar Häuser weiter finde ich ein solides Gasthaus, bekomme ein Doppelzimmer für 12,60 € mit Frühstück, gönne mir ein Nickerchen und bin neugierig auf den Wetterbericht für morgen.

© Manfred Sürig, 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Dass man in der Ebene deutlich schneller fahren kann, war die erste Erfahrung mit dem neuen e-bike. Nach 60 Kilometern war die Batterie leer. Wie würde das wohl auf Bergtouren aussehen, wenn die Batterie das leisten muß, was ich in den letzten 16 Jahren trampeln mußte ?
Details:
Aufbruch: 05.10.2017
Dauer: 13 Tage
Heimkehr: 17.10.2017
Reiseziele: Tschechische Republik
Slowakei
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.