Zur Mandelblüte in die Pfalz
Germersheim
Heute soll es den ganzen Tag regnen – deshalb wollen wir einen Museumstag einlegen. Wir fahren nach Germersheim, wo es zur Festung ein Stadt- und Festungsmuseum gibt. Direkt gegenüber bekommen wir – obwohl gerade geschlossen – in einer Bäckerei noch ein Brot für morgen früh. Dann holen wir uns einen Plan der Stadt im Museum und beginnen den Rundgang durch die Stadt mit den zahlreichen verstreut liegenden Festungsbauten, die eigentlich gar keinen Eindruck einer Festung mehr vermitteln, da sie verstreut und und unterbrochen von zahlreichen modernen Gebäuden liegen. Es hat aufgehört zu regnen, nur manchmal nieselt es noch ein wenig.
Mit dem Weißenburger Tor zusammen bildete das Ludwigstor die beiden Eingänge zur ehemaligen Festungsstadt. Das zweistöckige Gebäude ist 73 m lang und musste wegen seines Standorts im Bereichs eines ehemaligen Morast auf einem Rost von 850 Eichenpfählen errichtet werden. Die Außenfassade des Gebäudes zieren Statuen, die zwei Krieger in ritterlich-idealisierender Darstellung zeigen, welche der Überlieferung nach den bayerischen König Ludwig [.. (1825-1848) und den Erbauer der Festung Germersheim, Ingenieur-Oberst Friedrich Ritter von Schmauß (1792-1846) darstellen. Heute ist im Ludwigstor das „Stadt- und Festungsmuseum" untergebracht.
Die Festung Germersheim
Nach einem 1815 gefassten Beschluss des Deutschen Bundes sollte Germersheim zu einer starken Festung ausgebaut werden und zusammen mit Landau das linke Rheinufer gegen Frankreich schützen. Als Mittel für den Festungsbau wurden 15 Millionen Franken zur Verfügung gestellt.
Nachdem das bayrische Kriegsministerium den Ingenieur-Major Friedrich Schmauß beauftragt hatte, einen Befestigungsplan auszuarbeiten, wurde 1834 mit den Arbeiten zum Bau der Festung begonnen. Am 18. Oktober 1834 fand die Grundsteinlegung statt.
Der Festungsbau wurde im Oktober des Jahres 1855 in den wesentlichen Teilen vollendet, die Fertigstellung der unterirdischen Minengänge zog sich noch bis 1861 hin.
Nach dem 1. Weltkrieg musste die Festung nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages geschleift (gesprengt) werden, so dass zu Beginn der 20er Jahre Teile der Festung abgetragen wurden und nur die beiden Stadttore und eine Reihe weiterer Bauwerke erhalten
geblieben sind.
Das Innere der Stadt wurde von der sogenannten »Hauptumfassung« auf einer Länge von 3200 Metern umschlossen. Diese gliederte sich in sechs Verteidigungsabschnitte (Fronten), die nach bayrischen Generälen aus der Zeit der Befreiungskriege benannt waren.
Am stärksten ausgebaut waren die Fronten, die nach Westen und Südwesten ausgerichtet waren, während die im Norden und Osten der Stadt aufgrund der natürlichen Gegebenheiten (Altwasser, Morast, vorgelagerter Rheinstrom) weniger stark ausgeführt waren.
Der Hauptumwallung im »Glacis« (Vorgelände) vorgelagert waren neun Vorwerke, die die über den Rhein führende Schiffbrücke schützten. Die Festung Germersheim war im sogenannten »polygonalen Kaponniersystem« errichtet worden, das es aufgrund vorgelagerter Grabenwehren gestattete, nahezu jeden Punkt zwischen Hauptumwallung und Grabenwehr im Falle eines Angriffs mit Kanonen- oder Gewehrfeuer zu bestreichen.
Wir laufen einmal quer durch die Stadt an der Stengelkasene und der Kirche vorbei zur Fronte Beckers.
Die ehemalige „Stengelkaserne" wurde benannt nach dem bayerischen General Karl Freiherr von Stengel (1765 -1818) und bietet auch heute noch mit einer Länge von 220 m und 270 Schießscharten einen geschlossenen Anblick.
Dieser noch vollständig erhaltene Teil der ehemaligen Festung verdeutlicht das für die Festung Germersheim typische Befestigungssystem exemplarisch und wurde benannt nach dem bayerischen General Karl August Reichsgraf von Beckers zu Westerstetten (1770-1832). Bei der Grabenwehr (heute sind darin die Städtische Musikschule und das Jugendzentrum untergebracht) handelt es sich um einen kasemattierten Verteidigungsbau, der etwa der Form eines Hufeisens entspricht, mit einem geräumigen Mittelhof. Das Gebäude hatte den Zweck, nach rechts und links mit je sechs Geschützen, die in bombensicheren Kasematten eingebaut waren, den Hauptgraben auf einer Strecke von je 200 m zu bestreichen, um damit den Gegner, der bereits die Vorwerke im Vorfeld überwunden hatte, in ein vernichtendes Kreuzfeuer zu nehmen. Erhalten sind der scherenförmig vorgelagerte Deckwall, die „Infanteriegalerie", die „Minengalerie", Grabenflanken und Waffenplatzreduits sowie ein Stück des Hauptwalls mit drei Walltraversen und Poternen.
Wieder geht es ein langes Stück weiter durch die Stadt vorbei an der langgestreckten Seysselkaserne vorbei zum Stadtpark an der Fronte Lamotte.
Die Kaserne Seyssel, benannt dem General Graf Seyssel d'Aix (1776-1855), war die größte Kriegskaserne der Festung Germersheim. Die Flügel des Bauwerks sind im Winkel von 45 Grad vorgebogen, die Länge der Gebäudefront beträgt 284 m. Heute ist in der Seysselkaserne der „Fachbereich Angewandte Sprach-und Kulturwissenschaft" der Johannes Gutenberg-Universität Mainz untergebracht.
Schließlich landen wir am anderen Ende der Stadt am Weißenburger Tor.
Das Weißenburger Tor diente während der Festungszeit als Stadttor und war nach den Plänen des Münchener Professors Friedrich von Gärtner gestaltet worden. Die Außenfassade zeigt das bekrönte und von zwei Löwen gehaltene bayerische Staats-Wappen im Halbrelief sowie die Jahreszahl der Erbauung (1839). Dem Tor vorgelagert liegt ein Waffenplatzreduit sowie südlich davon die einfache Grabenwehr der Front Lamotte. Die eichenen Torflügel sowie die Vorrichtung zum Aufziehen der einstigen Zugbrücke über den Hauptgraben existieren heute noch.
Durch die Stadt geht es dann zurück zum Ludwigs-Tor, wo wir ins Stadt- und Festungsmuseum wollen.
Aufbruch: | 27.03.2018 |
Dauer: | 9 Tage |
Heimkehr: | 04.04.2018 |