Burgund - Kernland des europäischen Mittelalters
Burgund und seine Hauptstadt Dijon
Auf nach Burgund
Am nächsten Morgen scheint schon wieder die Sonne und es geht weiter in die für ihren Senf bekannte Hauptstadt von Burgund, Dijon. Die Autobahn führt durch grüne, hügelige Landschaft und ist wenig befahren. Das liegt wohl an den recht üppigen Autobahngebühren.
Wie uns der Baedeker erzählt, taucht in Schriften der Name Burgundiones ab dem 1. Jahrhundert auf. Es handelt sich dabei um ein aus Dänemark, genauer gesagt von der Insel Bornholm, eingewandertes Volk. Um etwa 500 konvertierten die Burgundiones vom arianischen Christentum zum römisch-katholischen Christentum. Bei der Stadt Autun wurden die Burgundiones 532 von den Franken vernichtend geschlagen und ihr Volk fand keinerlei Erwähnung mehr. Einzig ihr Name hat sich auf der Landkarte erhalten.
Dijon
Unser Ziel in Dijon heißt Kir Camping, 3, Boulevard Chanoine. Hier ist schon bedeutend mehr los als am Campingplatz von Belfort, aber die abgeteilten Stellplätze sind großzügig und so ist es mit unseren Hunden kein Problem. Auch nicht das Gassi gehen, denn gleich neben dem Campingplatz befinden sich Parkanlagen, durch die ein Bach fließt. Ein Reiher steht im Wasser, ist durch die Ruhestörung empört, fliegt auf und lässt auf unsere Hunde einen Sprutz regnen. Folgt man dem Bach nach rechts, erreicht man das Naherholungsgebiet des Kir-Sees.
Unsere braven Hunde müssen wieder allein im Camper warten, während wir noch am Abend mit dem Bus No. 3 ins Stadtzentrum zum Place Darcy (einfache Fahrt 1,80 €) fahren. Zur Linken befindet sich der Stadtgarten, zur Rechten durchschreiten wir das Tor Porte Guillaume. In dieser quirligen Einkaufsstraße wimmelt es von Menschen. Wir sind überrascht, wie wunderschön und lebendig Dijon ist. Unser Plan ist, heute noch die drei bedeutendsten Kirchen von Dijon zu besichtigen. Burgund, das Land der Kirchen und Klöster, in dem bereits im 4. Jahrhundert das Christentum Einzug hielt.
Kirche St. Bénigne
Das erste Ziel ist die Kirche St. Bénigne, die sich neben dem Archäologischen Museum befindet. Der heilige Benignus ist der Patron der Stadt Dijon. Er war als Missionar schon im 2. und 3. Jahrhundert in Burgund tätig, bevor er zum Märtyrer wurde. Sein Grab befindet sich in der Krypta, dem sehenswertesten und beeindruckendsten Teil der Kirche. Der Baedeker sagt uns, die Krypta war einst die Unterkirche der im 11. Jahrhundert errichteten Basilika.
Die Gesamtanlage der Krypta ist in Frankreich einmalig. Sie soll aus einem Parthenon hervorgegangen sein, der zu einer Kirche umfunktioniert wurde, und an die Anlage der Grabeskirche in Jerusalem erinnern. Acht Säulen bilden eine innere Rotunde, die nochmals von 16 Säulen umgeben ist, die zwei ringförmige Schiffe formen. Die noch im Original erhaltenen Kapitelle muten geheimnisvoll an. Echt, wir sind beeindruckt.
Dijon - Drama-Théâtre
Auf unserem Weg an der Rue Danton liegt das Drama-Theater Théâtre Dijon Bourgogne, das in der aus dem hohen Mittelalter stammenden gotischen Kirche Saint-Jean untergebrachte ist.
Mulot & Petitjean
Wir kommen an dem wunderbaren, wunderbaren, wunderbaren Feinkostladen Mulot & Petitjean vorbei. Nein, wir kommen nicht dran vorbei. Wir fallen in den Laden ein. Gekauft werden Süßigkeiten und Lebkuchen. Kreuzritter sollen einst den lecker gewürzten Lebkuchen aus dem Morgenland mit nach Frankreich gebracht haben.
Kirche Notre Dame
Durch die Altstadt mit ihren mittelalterlichen Stadtpalästen, die hôtel heißen und Wohnsitze der burgundischen Herzöge waren, geht es zu „einem der bedeutendsten Bauten der burgundischen Gotik“, zur Kirche Notre Dame. Die Fassade ist wirklich ungewöhnlich, geschmückt mit vielen Treppchen, Türmchen und Figuren. An der Ostseite ist eine kleine Eule angebracht. Es soll Glück bringen, sie mit der linken Hand zu streicheln.
Kleine, goldene Eulen sind auch auf den Straßen in den Boden eingelassen und weisen den zahlreichen Touristen den Weg zu den Sehenswürdigkeiten.
Gegenüber der Kirchenostseite befindet sich Maitte, eine berühmte Senffabrik mit angegliedertem Laden. Es gibt Senfsorten in allen nur erdenklichen Geschmacksrichtungen, süß, scharf oder mittel, von Himbeere über Estragon bis Chillie. Auch die Größen der Senfgläser sind variabel. Wir verfallen an diesem Abend bereits in unseren zweiten Kaufrausch. Souvenir! Souvenir!
Nun aber auf zur Kirchenbesichtigung. Es findet zwar gerade eine Andacht statt, trotzdem können wir „eine der ältesten erhaltenen Holzmadonnen Frankreichs“ aus dem 11. Jahrhundert und andere Kunstwerke bewundern.
Place de la Libération
Kurz darauf erreichen wir das Herz Dijons: den halbkreisförmigen Place de la Libération, an dem der herzogliche Palast (Palais des Ducs) mit dem Museum der Schönen Künste (Musée des Beaux-Arts) liegt, und der von einem Springbrunnen mit dahinter liegenden Cafés und Restaurants gesäumt ist. Wow! Wir sind geplättet! So prächtig und außergewöhnlich hatten wir uns Dijon nicht vorgestellt!
Kirche San Michel
Für eine nähere Besichtigung ist jetzt keine Zeit. Heute arbeiten wir uns an den Kirchen ab und marschieren zur nicht weit entfernten Kirche des heiligen Michael, die durch ihre reich gestaltete Außenfassade besticht.
Marché
Und jetzt geht’s zurück zum großen marché, um den sich viele Restaurants gruppieren. Endlich klappt es mit einem französischen Essen. Ein Kotelett mit Pommes und Salat kostet schlappe 27 Euro. Der Wein ist auch nicht billig, aber köstlich.
Museums der Schönen Künste
Der nächste Tag ist der Besichtigung des Museums der Schönen Künste und des Palasts der Herzöge gewidmet, wo heute etliche Hochzeiten stattfinden.
Museum der Schönen Künste
Erfreulich: Der Eintritt des Museums ist frei. Allerdings befindet sich das ganze Gebäude im Umbau und so sind nur eine begrenzte Anzahl der Räumlichkeiten zugänglich. Die bedeutendsten Ausstellungsstücke sind die beiden Gräber der burgundischen Herzöge aus schwarzem Marmor mit ihren figürlichen Darstellungen, einmal das herausragend gestaltete Grab Philipp II. des Kühnen (1342 bis 1404) und das Doppelgrab von Johann ohne Furcht (1371 bis 1419), ein Sohn Philipp des Kühnen, und seiner Gemahlin Margarete von Bayern (1363–1423), aus dem Straubinger Zweig der Wittelsbacher.
Bestattungszeremoniell
Die Bestattung der Valois-Burgund-Herzöge erfolgte nach altem Zeremoniell. Die Eingeweide der Verstorbenen wurden in einer Kirche beigesetzt, z.B. von Philipp II. des Kühnen in der Kirche Notre Dame, der restliche Leichnam wurde einbalsamiert und in einen Bleisarg gelegt. Die Begräbnisstätte Philipp II. des Kühnen befand sich in der Kartause von Champmol, wohin er in einem Trauerzug aus Flämisch-Brabant (heute Belgien), wo er ermordet worden war, gebracht wurde. Die Trauerprozession, die auch über die Abtei Fonténay führte, dauerte zweieinhalb Jahre, bis sie an ihrem Ziel Champmol eintraf. Der Zug bewegte sich betend und singend nur langsam vorwärts. Jeden Morgen wurde vor dem neuerlichen Aufbruch am Sarg eine Totenmesse gelesen. Am Grabmal Philipp II. des Kühnen wurde dieser Trauerzug, les pleurants, von dem berühmten Bildhauer Claus Sluter (1350 bis 1406) auf unnachahmlich künstlerische Weise dargestellt.
Zeit der burgundischen Valois-Herzöge
Insgesamt vier Valois-Herzöge waren in der Zeit von 1363 bis 1482 die Herrscher Burgunds: Philipp II. der Kühne (Reg.zt. 1363 bis 1404), Johann ohne Furcht (Reg.zt. 1404 bis 1419), Philipp III. der Gute (Reg.zt. 1419–1467) und Karl der Kühne (Reg.zt. 1467–1477 ). Nach dem Tod Karl des Kühnen fiel Burgund zurück an die französische Krone. Karls Tochter Maria von Burgund (1457 bis 1482) war die letzte ihres Stammes und starb schon im Alter von 25 Jahren. Ihr Schicksal beschreibt der dreiteilige Historienfilm Maximilian – das Spiel von Macht und Liebe (Regie Andreas Prochaska, 2017).
Philipp III. der Gute stiftete 1430 den Orden vom Goldenen Vlies, der bei seiner Gründung nur 24 Ritter umfasste, aber schon bald zum „prestigeträchtigsten Ritterorden des Abendlandes“ wurde, dem nach und nach die Elite des europäischen Hochadels angehörte.
Doch große Teile der Bevölkerung waren arm und dies galt als Schande, was Ächtung und häufig die Verurteilung zu Zwangsarbeit zur Folge hatte. Aufgrund von Hungersnöten kam es immer wieder zu Volkserhebungen, Bauernprotesten, Handwerkeraufständen, die alle blutig niedergeschlagen wurden.
In die Zeit der Herrschaft der burgundischen Valois-Herzöge fiel der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich (1337 bis 1453), der Teilen Frankreichs schlimme Verwüstungen brachte und in dessen Verlauf mehrmals die Gefahr bestand, dass England Frankreich schlucken und sein Reich auf das europäische Festland ausdehnen könnte. Die rettende Wende brachte das Eingreifen der Jungfrau Jean d'Arc, die dafür als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde und der heute als Nationalheldin und Retterin Frankreichs verehrt wird.
Zurück ins Museum. Nachdem wir die pleurants ausgiebig gewürdigt haben, widmen wir uns den auf insgesamt drei Stockwerken ausgestellten mittelalterlichen sakralen Bild- und Holzschnitzkunstwerken.
Nach so viel Kultur gibt’s bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein zur Stärkung einen großen Eisbecher mit Sahne auf der Plâce de la Libération, während wir Kinder und Hunde beobachten, die mit den Fontänen der Brunnenanlage ihren Spaß haben.
Zurück am Campingplatz werden wir freudig von unseren Hunden begrüßt, mit denen wir einen Spaziergang zum Lac Kir mit seinem Badestrand unternehmen. Zum Abendessen genehmigen wir uns und auch unseren braven Hunden eine Pizza vom Holzofengrill, gebacken im Campingplatz eigenen Pizza-Mobil.
Aufbruch: | 18.09.2018 |
Dauer: | 13 Tage |
Heimkehr: | 30.09.2018 |