Auf der Spur Kolumbiens Schätze
Medellin und Umland : Ankommen
Jede Reise ist ein neues Abenteuer, das sowohl den Reisenden und seine Umwelt verändern kann.
Auf dem Weg zum Flughafen fängt es an zu schneien, so als wollten die Schneeflocken als Botschafter des Himmels, eine Reinigung der Erdoberfläche vollziehen. Für diese Reise habe ich neben den üblichen Notwendigkeiten im Rucksack viele positive Gedanken und Wünsche für die kommenden vier Wochen in Kolumbien und Ecuador im Gepäck. Es reist sich so deutlich entspannter und die Menschen begegnen mir auf einer anderen Ebene, das ist zumindest meine Hoffnung. Dass ich bereits nach drei Wochen wieder in Deutschland sein werde, weiß ich zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise noch nicht.
Mit dem Abheben des Flugzeugs merke ich, dass es die richtige Entscheidung war, diese Reise zu machen. Beim Gleiten durch die Wolkendecke eröffnet sich vor meinem Fenster der endlose Blick auf das Wolkenmeer und den blauen Himmel und mir kommt eine Kindheitserinnerung in den Sinn. Damals durfte ich für einen Moment neben dem Piloten im Cockpit sitzen. Seit zwei Jahren ist es mein erster Flug und ich denke, was das Fliegen doch für Träume und Möglichkeiten realisieren und welcher Pioniergeist dadurch entfacht werden kann. Und doch ist die Überquerung der Weltmeere und ganzer Landmassen heutzutage eine Selbstverständlichkeit, bei der die Wertschätzung und der Respekt gegenüber der anderen Kultur schnell vergessen werden kann. Dass auf der anderen Seite des Planeten trotz der Errungenschaften des modernen Zeitalters ein gänzlich anderes Kulturgut vorhanden ist und ein anderes Zusammenleben stattfindet, dürfte keine Frage sein. Der Reisende sollte sich dabei so gut es geht, und so weit es sein Horizont erlaubt, an den fremden Ort anpassen und sich selbst mehr als Beobachter in einem anderen Kulturraum verhalten. Vorausgesetzt natürlich, die Reise soll dazu beitragen, Erfahrungen zu sammeln, die auf den Eigenarten der anderen Kultur fußen. Noch vor gut einhundert Jahren war das Fliegen mehr Traum als Realität, das Flugzeug als „Massenverkehrsmittel“ existiert auch erst seit den 1980er Jahren. Das begehen fremder Kontinente war also noch vor wenigen Jahrhunderten Abenteurern und Entdeckern vorbehalten, die ihr Leben riskierend, Grenzen verschoben und Veränderungen erzeugten und in die Menschheitsgeschichte eingingen.
In Antoine de Saint-Exupérys Wind, Sand und Sterne wird die ursprüngliche Faszination des Fliegens aus Sicht des Piloten wahrhaftig beschrieben. Dort über den Wolken befindet man sich in einer Welt, fernab des Erdbodens und des Geschehens der Menschen. Mit jedem Mal im Himmel kann so ein Perspektivwechsel abseits der alltäglichen Gedanken und Probleme stattfinden. Eine neue Form der Freiheit eröffnet sich im Gleiten inmitten der unendlichen Weite des Horizonts, den Wolken und der Atmosphäre. Am Boden zeugen die Straßenadern und Siedlungsstrukturen von einem horizontalen Netz, dass man nun von oben betrachten könne. Angesichts dieser Erkenntnisse und Begeisterung kann, nachvollziehbarer Weise, jedes rationale Argument gegen das Fliegen verblassen.
Im Kontrast dazu sind die Hektik und der Stress an den Umsteigeflughäfen Amsterdam und Panama City den anderen Reisenden ins Gesicht geschrieben. Ich frage mich, wie viele von ihnen die Möglichkeiten des Flugzeugs auch wertschätzen und wie vielen von ihnen die Reisen dazu dienen, etwas, dass sie in ihrem Inneren noch nicht zu stillen geschafft haben, mit dem Reiz des Unbekannten und der Flut an äußeren Eindrücken zu überlagern. Doch liegt nicht die besondere Kraft des Reisens genau darin, dass uns verborgene Zugänge zu neuen Welten aufgezeigt werden können, in einem Umfeld einer neuen Weltsicht, in einer anderen Kultur, in fremden Denk- und Verhaltensweisen, die uns im Alltag als nicht verständlich oder greifbar erscheinen? Freilich bedarf es dazu einer Offenheit und der Bereitschaft, sich selbst mehr als wachsenden und ein Leben lang lernenden Menschen zu verstehen.
Aufbruch: | 27.02.2020 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 21.03.2020 |