Main-Radferntour 2023
2. Tag am 19.6.2023
Fröhlich, frisch, mental und physisch wieder von den späten Strapazen des Vortags erholt, liegt die am Vortag nur schemenhaft erkennbare ominöse Immobilie gegen 7:10 Uhr früh endlich im günstigen, natürlichen Licht der hinter mir wie immer üblich im Osten schon länger aufgegangenen Sonne, die die gegenüberliegende Anhöhe über dem Maintal mit bester Strahllaune beschenkt.
Nun also, es handelt sich um Kloster Banz, gar nicht mehr ominös und in der Längenausdehnung längs zum Maintal liegend. Vierzehnheiligen lag dagegen mit der schmalen Frontseite in Richtung Maintal.
Die auf 406 m Höhe liegende ehemalige Benediktinerabtei Kloster Banz nördlich von Bamberg und gegenüber der Basilika Vierzehnheiligen auf der westlichen Anhöhe des Maintals auf dem Banzberg gelegen, ist ein Gemeindeteil der Stadt
Bad Staffellstein. Das Kloster ist im Besitz derf CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung und dient als Tagungsstätte für rund 23.000 Gäste pro Jahr für rund 600 Veranstaltungen.
Um 1070 gegründet, musste das Kloster nach dem Dreißigjährigen Krieg neu gebaut werden und vertritt die Stilrichtung des Barock im Gegensatz zum Stil des Rokoko von Vierzehnheiligen.
Übrigens bin ich nicht zum Kloster Banz hochgeradelt, weil es kein Radler-Seminar gab und ich noch viel mehr meine wiedererlangten Kräfte nicht in Höhe, sondern in Rollweite umsetzen wollte
Habe einige Zeit lang überlegt, ob ich dieses Bluterguss-Selfie vom linken Oberschenkel in den Bericht einstellen sollte, aber da anständigerweise weder Pipi, noch Popo zu sehen sind, zeige ich dieses Foto, das dann erst nach der ersten Übernachtung der Mainradtour vor dem Frühstück entstand:
Ein ganz schön großes Ausmaß, seit dem Sturz hatte ich aber Gott sei Dank nur Schmerzen, wenn ich nächtens beim Wenden im Bett auf der Stelle zum Liegen kam.
Beim Radeln selbst war alles o.k. !!!
Da hatte ich doch wegen unaufmerksamer Fahrweise ca. 14 Tage vor Tourbeginn einen Sturz mit dem Radl nicht weit von zu Hause weg.
Bevor ich vom Frühstück gestärkt wieder loskurble und den Tacho wieder auf "0" stelle, werden noch die Grunddaten auf dem Handy festgehalten.
Ich weiß ja, daß meine Durchschnittsgeschwindigkeit lächerlich ist, aber bei mir gilt das Motto:
Eile mit Weile
Zur Rechten meiner Fahrtrichtung überspannen drei auffällig in blau gehaltene Brückenbögen (Stabbogenbrücke) den Main bei km 416 (von der Mündung) in Nähe der Ortschaft Wiesen. Sie gehören zur Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt als Teil der Schnellfahrstrecke Nürnberg - Erfurt. und weiter nach Berlin.
Ja, es ist wieder soweit. Es gibt eine kleine Lektion vom Hobby-Eisenbahner:
Jeder Bogenteil hat 73 m Stützweite (insg. 219 m), ist 17,05 m hoch und wiegt 1000 Tonnen.
Die Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich beträgt 280 km/h.
Wer ist "ANGELINA" ???
Es herrscht völlige Ratlosigkeit ...
Das ist "Angelina". Es ist nicht der offizielle Name dieses ICE 4, der nicht lange auf sich warten ließ, als er gegen 9:09 Uhr aus Richtung Berlin - Halle/Leipzig und Erfurt vorbeibraust und über die Frankenmetropole Nürnberg, sowie Ingolstadt nach München Hbf strebt.
Da soll es doch Bahnenthusiasten geben, denen die Triebkopfform des ICE 4 so sehr gefällt, daß sie diese mit dem Antlitz von Angelina Jolie vergleichen.
Also "Angelina" als Spezialjargon für den ICE 4.
Für mich ist die Kopfform des ICE 4 ein klarer Rückschritt zum Vorgänger ICE 3, des immer noch optischen Design-Krachers.
Aber dies nur als kleines Auflockerungsgeschichtchen.
Angelina hat mich mit ihrem Zugende passiert und ich radle mit der echten Angelina Jolie vor Augen vergeistigt weiter
Im Rückblick ist auf der Anhöhe über dem rechten Stabbogenbrückenteil letztmalig die wieder "ominös" erscheinende Immobilie Kloster Banz mit den Zwillingstürmen (auf dem Banzberg) zu sehen.
Endlich weg von menschlichen Technik- und Designbefindlichkeiten gibt es nach kurzer Weiterfahrt bei der Ortschaft Wiesen schon wieder einen Zwischenstopp, als sich eine Ackerhummel an der Nektarausgabe eines "Gewöhnlichen Natternkopfs" bedient.
Solche Beiträge zur Botanik am Wegesrand streue ich ja schon längere Zeit in meine Reiseberichte ein - zum erstenmal während der Tour von Glückstadt an der Elbe nach Hause im Jahre 2014.
Der erste Ort war damals eine kleine Straßenausbuchtung in der Nähe der Landesgrenze von Hessen nach Bayern, als ich auf ein Wildgewächs aufmerksam wurde.
Einige km weiter erscheint in der Ferne die auffällige Silhouette der Stadt Bamberg.
Hat zwar eine touristisch gesehen sehr schöne Altstadt, liegt aber nicht direkt am Main, kann man extra mal besuchen (war ja schon zweimal dort), war nicht als Abstecher eingeplant, auch kurzfristig schlug mein Lenker nicht nach links aus.
Darum mit passierenden Gruße weiter nach rechts in Richtung Westen.
Städte kosten auf Radltour nur viel Zeit, die ich lieber in der Prärie verbringe !
Auf der anderen Brückenseite der Blick nach Westen mit den folgenden Städten.
Eltmann, Knetzgau und Haßfurt.
Bei der Ortschaft Theres gleich westlich von Haßfurt zeigt sich Familie Schwan ganz beschaulich bei der Federpflege.
Schwäne sind für mich so sehr majestätische Wassertiere, daß ich sie mit Vorliebe ablichte.
Unvergessen, als ich entlang des Neckars in Heidelberg direkt neben dem Radweg unweit der Alten Brücke einen brütenden Schwan aus gut einem Meter Entfernung ablichtete. Ein Teil von einem Ei war dabei sichtbar und der Schwan machte aber keine Anstalten mich anzuzischen oder anzugreifen. Eine direkte Nahaufnahnme wollte ich dann aber doch nicht riskieren.
Das obligatorische Fußbad an einer gut zugänglichen Stelle des Mains kurz nach Familie Schwan. Zusätzllich habe ich an solchen Stellen meiner beradelten Gewässer die gute Tradition mit den benässten Fingern der rechten Hand ein Kreuzzeichen für ein gutes Weiterkommen und Gelingen der Radlferntour zu vollführen.
Gut 25 km nach Haßfurt werde ich gegen 16:30 Uhr von einer Tafel freundlich am Eingang von Schweinfurt empfangen. In der Stadt selbst will ich nicht nur wegen der relativ frühen Tageszeit die heutige Fahrt beenden.
So radle ich noch ein kurzes Stück weiter, um an der Mainlände eine Rollpause einzulegen und da ich auch noch keine Unterkunft für den heutigen Tag hatte, startete ich per Handy-Internet die Quartiersuche mainabwärts nach Schweinfurt.
Drei bis vier günstig gelegene Unterkünfte kamen somit als Ergebnis heraus, wobei ich die telefonische der Online-Anmeldung bevorzugte.
Somit bekam eine Örtlichkeit den Zuschlag, die nach ca. 7 km weiterer Fahrt zu erreichen war und ich mich auch vom besonderen Namen der Unterkunft beeinflussen ließ. Dazu nachfolgend mehr.
Eine interessante Silhouette gibt Grafenrheinfeld mit seinen jeweiligen Zwillingstürmen der Pfarrkirche "Kreuzauffindung" und des bereits stillgelegten Kernkraftwerks ab.
Jedoch ist diese Ansicht mittlerweile (mit dem Verfassen dieses Berichts bin ich momentan Mitte September 2024 beschäftigt) seit kurzem Geschichte, da die beiden jeweils 143 m hohen Kühltürme aus 55.000 Tonnen Beton und Stahl des von 1982 bis 2015 betriebenen Kernkraftwerks Grafenrheinfeld (KKG) am 16.8 2024 kurz vor 20 Uhr gesprengt wurden.
Mittlerweile habe ich mein Zimmer in der Gasthof / Pension mit dem besonderen Namen "Alte Amtsvogtei", erbaut 1626 und eines der stattlichsten, noch erhaltenen Amtshäuser des Fürstbistums Würzburg darstellend, bezogen.
Ein sog. "Vogt" regierte und richtete als Vertreter eines Feudalherrschers in einem bestimmten Gebiet (Vogtei) im Namen des Landesherrn.
Vogtei steht hiermit für einen niederrangigen Gerichtsbezirk im süddeutschen Raum.
Auch wenn ich mich mit zwei Damen am Nachbartisch bestens über deren Hobby Tennis und meine laufende Radferntour unterhielt und die beiden sich recht ungläubig anguckten, daß man in meinem Alter ohne Elektrounterstützung noch solche Entfernungen zurücklegen will (an diesem Tag waren es schon gut über 100 km),, unterbrach ich vorübergehend den Biergartenaufenthalt und steuerte die nähere Umgebung des Kraftwerksgeländes für einige Fotos vor Ort an.
Dasselbe mit mehr Zoom.
Die Kühltürme haben übrigens am Boden einen Durchmesser von 104 m, die Austrittsöffnung oben weist einen solchen von 64 m aus.
Damit ich nicht allzusehr von der Mainradtour in eine technische Beschreibung des damaligen Atomkraftwerks im Betrieb abdrifte, noch die kurze Info - da wir uns ja am Main befinden - daß pro Stunde 160.000 m³ aus dem Main entnommenes Wasser im Kreislaufbetrieb umgewälzt wurden. Davon verdunsteten je nach Quellenangaben zwischen 0,035 bis 2 % des Wassers als weithin sichtbare Wasserdampfwolke aus den beiden Kühltürmen in die freie Atmosphäre.
Ein ausgedienter Niederdruckturbinenläufer, der über die Turbinenwelle den stromerzeugenden Generator antrieb.
Der Außendurchmesser der äußeren Schaufelräder beträgt 5,60 m, die Nenndrehzahl betrug im Betrieb 1500 U/min.
Durch An- und Rückfahrt zum Kraftwerksgelände kamen noch knapp 5 km dazu, so daß der Tag mit obiger Streckenlänge sich dem Ende neigte.
Allerdings waren die zwei Damen noch vor Ort, so daß uns die Bedienung verständlicherweise irgendwann zur finalen Getränkebestellung und Bezahlung nötigen musste, damit sie ihre Abrechnung zum Dienstende spätabends tätigen konnte.
| Aufbruch: | 18.06.2023 |
| Dauer: | 3 Tage |
| Heimkehr: | 20.06.2023 |
