Red Rock Crazy - Abenteuer im Südweste der USA

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Markus Keune

06.05. Hole in the Rock Road

Heute klingelt kein Wecker und so gönnen wir uns auch etwas mehr Schlaf. Wir springen erst um 7:15 aus den Federn, bereit, einen Abstecher auf die Hole in the Rock Road zu wagen, doch zunächst kämpfe ich noch ein paar Runden mit den Badezimmerarmaturen. Und die Runden sind wörtlich zu nehmen. Den Wasserhahn kann man nämlich nicht zudrehen, sondern durchdrehen. Man muss etwas Fingerspitzengefühl entwickeln, um den Hahn in genau die richtigen Stellung zu bringen, damit er's tröpfeln aufhört.
Wasserhähne, Zapfsäulen, Hotelzimmertürschließmechanismen - immer wieder beliebte Spielplätze und Rätselecken auf einer Reise.

Nachdem ich meine Postkarten vor 6 Tagen in den Bistis geschrieben, Briefmarken vor 3 Tagen in Moab gekauft habe, denke ich auch heute endlich mal daran, die Dinger auch in den Briefkasten einzuwerfen. Natürlich stilecht amerikanisch, vom Auto aus.

Die Hole in the Rock Road - bis zum Ende werden wir sie nicht durchfahren. Es geht nicht so sehr um die Straße, sondern eher um die Dinge, die rechts und links daneben zu besichtigen sind. Gleich vorne rechts sozusagen zweigt die Cedar Wash Road zum gleichnamigen Arch ab. Der Abzweig kommt sehr plötzlich, so dass ich erstmal dran vorbeirausche und beim Zurücksetzen ab ins Gemüse düse. Reimt sich und schon Pumuckl wusste "was sich reimt ist gut". Denke ich auch: Gut, dass unser Auto noch fährt.
Und noch eine Parallele zum Pumuckl: Der Cedar Wash Arch verhält sich genau wie er. Kommen wir an, ist er unsichtbar. Wir laufen erstmal in die falsche Richtung und nachdem wir 20 Minuten später wieder im Auto sitzen, da sehen wir ihn geradeaus direkt vor uns.

Den Devil's Garden haken wir recht schnell ab. Haut uns nicht wirklich vom Hocker aber wir denken, das liegt eindeutig daran, dass wir die Landschaft mit zu vielen schönen Dingen vergleichen, die wir bereits auf unserer Tour gesehen haben. Ja, besser als der Düsseldorfer Stadtwald ist es immer noch. Wer merkt sich denn da schon wieder die Formulierungen, die ich gestern benutzt habe?

Bei Dry Fork zweigt eine kleine unscheinbare Straße nach links ab, die uns zu zwei sehr schönen Slot Canyons führen wird. Oder zumindest zum Parkplatz, die Slot Canyons müssen wir noch selber finden.
Es gibt zwar ganz in der Nähe noch einen dritten Canyon, aber der soll klettertechnisch schwieriger sein.
Vor uns entscheidet noch ein Fahrer, die Richtung zu ändern und so folge ich unauffällig unseren persönlichen Bump-Tester. Wobei, das erste wunderschöne Schlagloch der Straße erwische ich noch mit Ansagen. Es scheppert ein wenig, Horst ist nun wieder hell wach und kann nun unser Hab und Gut von der Decke kratzen. Junge, war das ein Loch! Und dabei bin ich wirklich nur 10 Meilen pro Stunde gefahren. Ab heute muss ich mich bei der Kritisierung von Horst's Fahrstil echt zurückhalten. Inzwischen habe ich diesbezüglich gut bei ihm gelernt.
Am nächsten Abzweig ist unser Bump-Tester etwas unsicher und fährt in die falsche Richtung. Müssen wir die Löcher eben selbst finden, was mir auch sehr gut gelingt.

Ach, es geht doch nichts über einen Ordner voll gepackt mit Reiseberichtsausdrucken. Wie profitieren mächtig von den Erlebnissen anderer Leute. Vom Parkplatz den kleinen Sandhügel runter, ein paar Schritte geradeaus und wir stehen am Eingang zur Peek-A-Boo Gulch. Über eine 5-6m hohe Wand klettern wir in den kleinen Canyon. In den Felsen eingeschlagene Stufen erleichtern die Kraxelei. Dennoch stimmt hier etwas nicht mit der Reihenfolge. Hier bin ich sprichwörtlich mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden, so dass ich es in 2m Höhe noch einmal korrigieren muss und - geschafft!

Der erste Teil ist eigentlich auch schon der interessanteste. Man kann anderen beim Klettern zusehen, die Bögen über dem Canyon zählen oder sich durch zwei kleinere Löcher zwängen, um in den hinteren Teil zu gelangen. Manchmal sind auch die kleineren Leute im Nachteil, die immer lachend auf die großen zeigen, wenn die sich am Türrahmen den Kopf andonnern. Hier sind einige Klettereinlagen nötig, um ganz hindurch zu kommen, wo man mit der Hand mal etwas höher greifen muss, um sicheren Halt zu finden. Die Kleinen können ja auf unsere Rucksäcke aufpassen, die wir hier zurücklassen. Der Canyon ist schon so eng genug.
Apropos eng: Das ist wieder ein Nachteil der Großen: Oft ist am Boden nicht mal Platz, um Schuhgröße 47 auf der gesamten Breite auf den Boden zu bringen. Lach nicht, Kleiner!

Wir laufen kurz rüber zur Spooky Gulch und versuchen auch hier unser Glück, mit möglichst wenig Schrammen viele Eindrücke zu sammeln. Obwohl auf dem Parkplatz so viele Autos stehen wie bei Aldi zum Schlussverkauf, ist's in den Canyons auffallend ruhig. Der große Andrang bleibt aus, so dass wir in Ruhe anhalten und fotografieren können. Wo sind die nur alle? Haben die den Eingang etwa nicht gefunden? Ist aber auch etwas tricky. Wir wissen, wir müssen an der Nordseite des Washes den Eingang zur Spooky Gulch suchen und nehmen auch zuerst nicht den offensichtlichen Weg, sondern suchen hinter jeden Busch nach einer versteckten Höhle.
Aber wir beweisen mal wieder perfektes Timing, als wir den Spooky dann doch gefunden haben. Das Gemisch aus Anhalten zum gegenseitigen fotografieren und Schrammenzählen stimmt, so dass wir genau zur richtigen Zeit zu einem der seltenen Sun-Beams kommen. Anders als z.B. am Antelope Canyon fallen nur für Minuten Sonnenstrahlen zum Boden, die wir mit etwas aufgewirbelten Sand noch besser zur Geltung bringen.
Auf dem Rückweg ist alles vorbei und der Canyon ist wieder dunkel wie die Nacht. Dunkel und eng und dazu sind die Wände noch mit Steinen gespickt, die wie Noppen hervorstehen. Wir fluchen, was das Zeug hält, während wir versuchen, möglichst wenig Schaden anzurichten. Nein, nicht am Canyon, sondern an uns!
Wir sind nur froh, dass uns die anderen, die vielleicht hinter der nächsten Kurve auf uns warten, uns nicht verstehen können.

Als wir den Spooky wieder verlassen, sticht uns sofort wieder die grelle Sonne ins Gesicht und wir erinnern uns an den langen Marsch durch den sandigen Wash und den kleinen Sandberg hoch zum Parkplatz, den sie innerhalb weniger Stunden fieserweise erhöht haben. Auch die Autos haben sie gleich viel weiter weg geparkt. So scheint es jedenfalls. Der Anstieg hat wieder ein paar Körnchen gekostet.

Wir sind wieder zurück auf der Hole in the Rock Road und noch immer auf den Weg Richtung Süden. Ich liebe den Süden. Der Süden ist schön. Aber nicht die Straße. Sie wird immer schlechter, je weiter wir nach Süden fahren. Das Auto tanzt im Rhythmus meiner Lenkbewegungen auf den Querrillen und ich versuche, eine gute Mischung aus genügend Tempo, um über die Querrillen zu fliegen und ausreichend Vorsicht vor Kurven und Abhängen zu finden. Ich darf mich wirklich nicht mehr bei Horst und seinem Fahrstil beschweren. Der Arme, was der heute zu leiden hat.

Der Trail zum Broken Bow Arch führt uns mal wieder über Sand hinab ins Tal. Ich freue mich schon jetzt auf den Rückweg. So sehr, dass ich mich erst einmal in den Schatten lege. Horst legt sich gleich mal neben mich. So liegen wir also da am Wegesrand, kaputt, vor lauter Erschöpfung, dabei sind wir noch nicht einmal wirklich losgelaufen. Jeder vorbeikommende Wanderer muss denken, wir wären schon längst auf dem Rückweg und drücken uns nur vor dem mächtigen Anstieg.
Kaum ausgesprochen, hören wir auch schon ein paar in weiter Ferne Liedchen singen. Was sie über uns faulen Felslieger denken, erfahren wir aber nicht. Dafür hören wir eine Mordtheorie über König Ludwig. Also das haben wir nun echt nicht erwartet. Ist euch das auch schon mal passiert? Ihr grüsst jemanden und ihr bekommt zurück "Ah, ihr seid aus Deutschland. Wollt ihr mal wissen, was ich denke, wie König Ludwig wirklich gestorben ist?"

Wir sind wirklich erstaunt, setzen aber nun unseren Weg fort und ich weihe Horst schon einmal in die Geheimnisse des Roulette Spiels ein, denn immerhin geht es in 3 Tagen nach Las Vegas. Ich texte ihn so lange zu, bis wir praktisch im Bach stehen und uns fragen, ob wir vor lauter Unterhaltung mal wieder vom Weg abgekommen sind. Just in diesem Moment kommen uns Wanderer entgegen, was praktisch bestätigt, dass wir ausnahmsweise mal richtig liegen.
Horst bestätigt noch einmal "Hier sind wir definitiv richtig" und ich beginne einen Vortrag über die Wahrscheinlichkeit, hier falsch zu liegen und dennoch gut gelaunte Wanderer zu treffen usw - bis ich mal hochblicke und den Arch auch sehe.
Sehr witzig! Wirklich sehr witzig!

Broken Bow Arch - man beachte meine Wenigkeit unter diesem riesigen natürlichen Bogen.

Broken Bow Arch - man beachte meine Wenigkeit unter diesem riesigen natürlichen Bogen.

Der Arch ist ein Monstrum. Mussten wir viele Arches fast mit der Lupe suchen, so hat man hier Probleme, ihn komplett auf ein Bild zu bekommen. Erst, als ich mich unter den Bogen stelle, gewinnen wir überhaupt mal eine Vorstellung davon, wie riesig dieser Regenunterschlupf ist. Und wie dick und massiv der Bogen ist! Wahnsinn!

Der Rückweg ist auch der helle Wahnsinn. Wir schlagen uns durch Büsche, springen von einer Seite des Baches auf die andere und versuchen krampfhaft, uns zu erinnern, wann wir den Bach verlassen müssen, denn dort, wo wir gelegen hatten, war es staubtrocken gewesen. So ein Mist, wieder vergessen GPS Daten vom Parkplatz zu nehmen. Wer konnte auch ahnen, dass sich das Tal hier so oft verzweigt.
Aber keine Sorge, wir finden unseren Sandaufstieg und danach unser Auto wieder. Sonst würde ich jetzt auch wahrscheinlich per Buschtrommeln und nicht per Internet von unseren Erlebnissen berichten.
Der Rückweg hat aber wieder ein paar Körner gekostet. Jetzt schon keine Körnchen mehr.

Weitere Bögen sind damit vom Tisch und wir fahren zurück nach Norden. Ziemlich weit nach Norden. Und mit uns alle anderen Motelschläfer. Eine kleine, schleichende Karawane zieht nach Norden. Für meinen Geschmack schleichen sie etwas zu sehr, doch überholen ist kaum ohne die Mithilfe der anderen möglich. Nur wenn der Wind günstig steht und den Staub zur Seite weht, hat man überhaupt eine Chance, nah genug ran zu kommen. Vorbeifahren ist da noch das zweite Thema, denn jeder fährt auf der Straße eigentlich, wo es ihn und seiner Bandscheibe am besten gefällt.
Irgendwie schaffe ich es aber doch an einem guten Dutzend Autos vorbei und habe freie Fahrt und ein kleines schlechtes Gewissen, meine überholten Opfer eingestaubt zu haben.

In Escalante bittet Horst um seine tägliche Ration Drogen in Form von Kaffee. Ich halte also an der nächsten Tankstelle und etwa 5 Minuten später hält ein zweiter Wagen neben mir. Wenn jetzt Blicke töten könnten. Ich glaube, mein eingestaubter Fanclub ist eingetroffen...

Übernachtung: Circle D - Escalante, UT
Bewertung: gut

© Markus Keune, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Für viele ist das Größte am Südwesten der USA der Grand Canyon, das Monument Valley oder die aufregende Stadt Las Vegas. All das haben wir auf unserer diesjährigen Tour mehr oder weniger links liegen gelassen. Wir wollten die kleineren Sehenswürdigkeiten erforschen, die unbekannten Highlights. Der Weg dorthin war nicht immer einfach und so kam zum Entdeckergeist auch eine gehörige Portion Abenteuer hinzu. Täglich waren wir auch abseits der Straßen unterwegs.
Details:
Aufbruch: 24.04.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 11.05.2006
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Markus Keune berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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